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Anhang
eine mit Gold ausstaffirte und gesteppte Sammetdecke gebracht
hatten, welche den Sarg, auf dem ein Kruzifix lag, und die ganze
Bahre bedeckte. Gegen Mitternacht, Alle eng um die Leiche sich
schaarend, ergriffen plötzlich die ältesten und ausgezeichnetsten
Künstler eine grosse Menge von Fackeln, die ihnen gebracht
wurden, und die Jüngeren erfassten mit so grossem Eifer die Bahre,
als priese sich Jeder glückselig sich ihr nähern und sie auf die
Schulter nehmen zu dürfen, um sich in kommenden Zeiten rühmen
zu können: ich habe die Gebeine des grösten Mannes, den es
jemals in unserer Kunst gab, getragen. Das Gerücht von der
Übertragung verbreitet sich, und eine so grosse Menschenmenge
eilte herbei und füllte die Kirche S. Croce so, dass der Sarg nur
unter grössten Schwierigkeiten in die Sakristei gebracht werden
konnte. Dort entschloss sich der Präsident der Akademie, um
Vielen sich gefällig zu erweisen und auch, wie er selbst gestand,
aus dem Wunsche, den Mann, den er lebend nicht oder in einem
Alter, das ihm keine Erinnerung gelassen, gesehen, wenigstens todt
zu sehen, den Sarg öffnen zu lassen. Und, als dies geschehen,
sahen wir den Leichnam, den er und wir Alle schon verwest und
zerstört zu finden erwarteten, da er schon 25 Tage todt und 22 in
dem Sarge war, in allen seinen Theilen unversehrt und ohne jeden
üblen Geruch, so dass wir glaubten, er ruhe vielmehr in einem
süssen, ruhigen Schlafe. Nicht allein, dass seine Gesichtszüge noch
ganz wie im Leben waren, äusser dass die Farbe ein wenig die
eines Todten war, auch keines seiner Glieder war beschädigt oder
zeigte irgend etwas Abstossendes. Und das Haupt und die Wangen
rührten sich nicht anders an, als sei der Tod nur wenige Stunden
vorher eingetreten".
„Er war in einen Rock von schwarzem Damast gekleidet, trug
an den Beinen Stiefel und Sporen, und auf dem Kopf einen alt-
modischen Seidenhut mit langen schwarzen Filzhaaren", heisst es
in den „Memorie fiorentine inedite". (Gaye III, 133.)
Der Sarg wurde in der Kirche beim Altar der Cavalcanti in
einer Grabstätte vorläufig beigesetzt und die Stätte am nächsten
Tage durch zahlreiche Gedichte geehrt. Am 16. März beschliessen
in einer Sitzung die Akademiker, die Exequien feierlich in S. Lorenzo
zu begehen und weiter am 9. Mai, dass einstweilen, da der Herzog
noch kein Geld gesandt, Ammanati auf seine Kosten die Ausgaben
für die Gemälde, welche die Leichenfeier verherrlichen sollen, über-
nehme. (Mil. Prosp. Cron. 402, 403.)
„Man kam zu dem Beschlusse, nicht etwas Prunkhaftes und
Kostspieliges, sondern vielmehr etwas durch die Erfindung der
Kunst Würdiges zu machen" — so erzählen die kleine, 1564 bei
den Giunti erschienene Schrift: „Esequie del divino Michelagnolo"
Anhang
eine mit Gold ausstaffirte und gesteppte Sammetdecke gebracht
hatten, welche den Sarg, auf dem ein Kruzifix lag, und die ganze
Bahre bedeckte. Gegen Mitternacht, Alle eng um die Leiche sich
schaarend, ergriffen plötzlich die ältesten und ausgezeichnetsten
Künstler eine grosse Menge von Fackeln, die ihnen gebracht
wurden, und die Jüngeren erfassten mit so grossem Eifer die Bahre,
als priese sich Jeder glückselig sich ihr nähern und sie auf die
Schulter nehmen zu dürfen, um sich in kommenden Zeiten rühmen
zu können: ich habe die Gebeine des grösten Mannes, den es
jemals in unserer Kunst gab, getragen. Das Gerücht von der
Übertragung verbreitet sich, und eine so grosse Menschenmenge
eilte herbei und füllte die Kirche S. Croce so, dass der Sarg nur
unter grössten Schwierigkeiten in die Sakristei gebracht werden
konnte. Dort entschloss sich der Präsident der Akademie, um
Vielen sich gefällig zu erweisen und auch, wie er selbst gestand,
aus dem Wunsche, den Mann, den er lebend nicht oder in einem
Alter, das ihm keine Erinnerung gelassen, gesehen, wenigstens todt
zu sehen, den Sarg öffnen zu lassen. Und, als dies geschehen,
sahen wir den Leichnam, den er und wir Alle schon verwest und
zerstört zu finden erwarteten, da er schon 25 Tage todt und 22 in
dem Sarge war, in allen seinen Theilen unversehrt und ohne jeden
üblen Geruch, so dass wir glaubten, er ruhe vielmehr in einem
süssen, ruhigen Schlafe. Nicht allein, dass seine Gesichtszüge noch
ganz wie im Leben waren, äusser dass die Farbe ein wenig die
eines Todten war, auch keines seiner Glieder war beschädigt oder
zeigte irgend etwas Abstossendes. Und das Haupt und die Wangen
rührten sich nicht anders an, als sei der Tod nur wenige Stunden
vorher eingetreten".
„Er war in einen Rock von schwarzem Damast gekleidet, trug
an den Beinen Stiefel und Sporen, und auf dem Kopf einen alt-
modischen Seidenhut mit langen schwarzen Filzhaaren", heisst es
in den „Memorie fiorentine inedite". (Gaye III, 133.)
Der Sarg wurde in der Kirche beim Altar der Cavalcanti in
einer Grabstätte vorläufig beigesetzt und die Stätte am nächsten
Tage durch zahlreiche Gedichte geehrt. Am 16. März beschliessen
in einer Sitzung die Akademiker, die Exequien feierlich in S. Lorenzo
zu begehen und weiter am 9. Mai, dass einstweilen, da der Herzog
noch kein Geld gesandt, Ammanati auf seine Kosten die Ausgaben
für die Gemälde, welche die Leichenfeier verherrlichen sollen, über-
nehme. (Mil. Prosp. Cron. 402, 403.)
„Man kam zu dem Beschlusse, nicht etwas Prunkhaftes und
Kostspieliges, sondern vielmehr etwas durch die Erfindung der
Kunst Würdiges zu machen" — so erzählen die kleine, 1564 bei
den Giunti erschienene Schrift: „Esequie del divino Michelagnolo"