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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 1
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Wiedergefundene Bilder aus berühmten alten Sammlungen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0037

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Nr. i.

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

7

Netzdruck wiedergegeben wird, stellt die
Samariterin dar, die bei Christus am
Brunnen steht. Im Laufe des vorigen
Jahres ist es durch einen Münchener
Kunsthändler in die Galerie des Prager
Großindustriellen Gustav Ritters von
H o s c h e k gelangt. Das Werk ist künst^
lerisch so vorzüglich, daß man davor
all die eingelernten Redensarten
von der abgeleiteten Kunst der
Carracci vergißt. Auch die größeren
Vorbilder der Carracci hatten alle
wieder ihre Vorgänger, von denen
sie lernten, eine Erwägung, die
nicht ganz übersehen werden sollte,
wenn von den „Epigonen“ und
„Eklektikern“ die Rede ist. AnnL
bale Carraccis Bild in der Samrm
lung Hoschek verfügt über einen
Farbenzauber, der an Correggio
nahe heranreicht. Eine unvergleich^
liehe Sicherheit in Zeichnung und
Modellierung und eine gute Cha^
rakteristik fesselten immer wieder
den Blick, so oft ich in die Nähe
des Bildes kam. Ich war gewiß
nicht der erste, der an dem Wer^
ke Gefallen fand. Handelt es sich
doch um ein altbekanntes Stück,
das schon einer Nachbildung im
Stich würdig erachtet wurde, als es
noch bei Oddi in Perugia war,*)
um ein Bild, das man später wieder
stechen ließ, als es sich in der Galerie
Orleans im Palais royal zu Paris
befand.**) Die Schicksale der Galerie
Orleans waren keine freundlichen.

*) Damals, 1649, ist es als Werk des
Annibale Carracci von Carlo Maratta gestochen
worden mit der Bemerkung „Perusie in Aedi-
bus D. D. de Oddis“. — In Beiloris Lebens^
beschreibungen wird eine Samariterin von
Annibale Carracci sehr gelobt. Es ist nicht
mit Bestimmtheit zu entscheiden, welches Bild
gemeint ist, da Carracci denselben Gegenstand
mehrmals behandelt hat.

**) Der Stich in J. Couches „Galerie du
palais royal“ (1786) ist von R. Delaunay. Die
Komposition ist genau dieselbe, wie auf dem
Bilde, das dem Carlo Maratta Vorgelegen hat.

Man weiß das ein wenig ungenau aus
der älteren Literatur und so sicher,
als möglich, aus einem neuen Buche
von Champier. Die meisten Bilder der
Galerie mußten sich an ein langes
Wanderleben gewöhnen. Einige haben
Ruhe gefunden, wie Correggios „Leda“
in der Berliner Galerie und’eine Reihe

von vorzüglichen Gemälden der Lom
doner Nationalgalerie, z. B. die große
„Erweckung des Lazarus“ von Sebastiano
del Piombo und Werke von Paolo
Veronese, Annibale Carracci, Lodovico
Carracci, Giulio Romano, Rinaldo Manto^
vano, Tizian, Rubens, Kaspar Netscher.
Die berühmte „Colombine“ von einem

Ohne Zweifel handelt es sich um dasselbe Bild,
das zuerst von Maratta, dann von Delaunay
gestochen worden ist.

Annibale Carracci: „Die Samariterin am Brunnen/*. Im
Besitz des Herrn Gustav Ritters von Hoschek in Prag.
 
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