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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 5
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Ein Altwiener Tassenkopf mit einer Kopie nach Domenico Pellegrini
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Der Linzer Miniaturmaler Wolfgang Josef Kadorizi
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0123

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Nr. 5.

BLATTER FÜR GEMALDEKUNDE.

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Die Signatur „Herr" ist zwar Verhältnis'
mäßig wenig interessant, aber das Bildchen
auf der Mantelfläche des Tassenkopfes geht
auf ein vortreffliches Original zurück, das sich
in Wien nahezu ein Jahrhundert lang bis
1895 nachweisen läßt. Es ist das Bild „The
power of love“, die Macht der Liebe, von
Domenico Pellegrini dem jüngeren. Vor
Jahren habe ich mich um die Benennung und
die Geschichte des Bildes bemüht, das sich
damals im Besitz des Herrn R. Seyff in Wien
befunden hat. In der Familie Seyff hat sich
die Kunde davon erhalten, daß dieses Bild
1819 durch einen Holländer Van der Ley nach
Wien beziehungsweise in Seyffschen Besitz
gelangt ist. Die Einwanderung nach Wien ist
wohl schon bald nach 1800 geschehen, aber
nicht viel früher. Denn nach einem alten
Stiche weiß man, das Bild sei 1798 in der
englischen Sammlung John Häring gewesen.
Die Mitteilungen R. Seyffs sind abgedruckt im
„Monatsblatt des Wiener Altertumsvereines“
von 1892 (Nr. 4 vom April, S. 173). Wer heute
das Bild aufsuchen will, muß sich nach Graz
bemühen und dort in der Landesgalerie die
Bilder durchsehen, die durch das Legat Be-
nedek in die Sammlung gelangt sind. Denn
der Domenico Pellegrini mit dem siegreichen
Amor ist 1895 zur Baronin Julie v. Benedek
gelangt und nach deren Tode in die steier'
märkische Landesgalerie übergegangen. Meine
Vergleichung der Darstellungen auf der Schale
und auf dem Bilde in Graz wurde ursprünglich
im Gedächtnis ausgeführt. Ich bat der Sicher'
heit halber um eine mehr unmittelbare Gegen-
Überstellung mittels Photographie des Bildes,
und Herr Ingenieur Neugebauer in Graz
Werkstättenchef der Südbahn, hatte die große
Freundlichkeit, die Vergleichung des Photo
mit dem Gemälde durchzuführen. Die Ab-
weichungen sind nur geringe und man darf
wohl annehmen, daß das Bild selbst, und
nicht der Stich von 1798, als Vorlage gedient
hat. Die unmittelbare Vergleichung mit dem
Stich ist allerdings noch nicht durchgeführt.
Neuestens brachte die Zeitschrift „Kunst und
Kunsthandwerk“ eine Abbildung der Schale
mit dem siegreichen Amor, die Eigentum
Gottfried Eisslers in Wien ist. Der Eigen-
tümer war so gütig, die Vorderseite des Tassen-
kopfes für mich nochmals photographieren
zu lassen. Anbei die neue Abbildung.

Die Datierung der Tasse ergibt sich aus
dem Jahresstempel, der wohl 1803 oder 1808,
kaum 1805 zu lesen ist. Als Seriennummer
wird von Eissler die Zahl 47 genannt.

Der Maler Herr ist Laurenz Herr, der
im ersten Viertel des XIX. Jahrhunderts in
Wien der Kleinmalerei oblag, derselbe der in
F. H. Böckhs Nachschlagebuch von 1821

(Wiens lebende Schriftsteller, Künstler und
Dilettanten im Kunstfache) verzeichnet steht
als „Herr, Lorenz, Historien-Mahler in der
k. k. Porzellan-Manufactur und Inhaber einer
lithographischen Anstalt“. Dieser Herr wohnte
„in der Alservorstadt Nr. 203“.

DER LINZER MINIATURMALER
WOLFGANG JOSEF KADORIZI.

Die beigegebene Abbildung einer mäßig
großen Deckfarbenmalerei von Wolfg. Josef
Kadorizi hat für die Gemäldekunde mehr-
seitiges Interesse.

Die Darstellung in ihrer Mannigfaltig-
keit mit allerlei Malgerät und Hausrat ver-
dient Beachtung, und die Signatur und Datie-
rung sagen uns, von wem die Dinge alle ge-
malt sind. „Wolfg: Joseph Kadorizi inv: et pin-
xit Lincij 1707“ steht auf der umgestürzten
Wiege, die der klein gewachsene Maler als
Schemel benützt. Er malt an einem großen
Bilde, auf dem er einen etwas derben Scherz
über ein Weib (ob über seines, ist nicht recht
klar) in Formen gebracht hat. Das Weib, das
es sogar mit dem Teufel aufnimmt, kann nur
vom Tod gebändigt werden. An der Hinter-
wand hängen, wenig gepflegt. Bilder mit aller-
lei Fratzen, Stilleben, Landschaften und an-
dere Dinge. Rechts im Bilde die ältliche Gat-
tin, die beim Farbenreiben eingeschlum-
mert ist. Das Bildchen gehört Herrn Emil
Weinberger in Wien.

Der Name des Malers war bisher, so-
weit ich sehe, nahezu unbekannt. Herr Dr. Anton
Heiser in Linz, der neben seinem ärztlichen
Fach auch die bildenden Künste mit Begei-
sterung pflegt, hatte die große Freundlichkeit,
mit Eifer nach den Spuren Kadorizis in Linz
zu forschen. Er fand in den Steuerbüchern, daß
Wolfg. Josef Kadorizi 1700 im Hause des bürger-
lichen Malers Matth. Prechtler zu Linz wohnte
und drei Gulden Steuer zahlte. Im Zusammen-
hang mit der Prechtlerschen Behausung wird
der „Mitbürger und Miniaturmaler“ Wolfg.
Josef Katoriza auch 1702 erwähnt. 1710 und
1730 ist er noch immer als Linzer Mitbürger
und Miniaturmaler genannt. 1720 wird sein
Erbe erwähnt im Zusammenhänge mit einer
Verpfändung von 1736. Dr. Heiser hat auch
in den Sterberegistern der Stadtpfarre und in
den Eheregistern nachgesucht; er ermittelte,
daß Wolfg. Josef Catoriza am 4. Febrnar 1697
sich mit Eva Elisabeth Brechtlerin vermählte.
Ich will sogleich an dieser Stelle Herrn
 
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