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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 7
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Wiedergefundene Bilder aus berühmten Sammlungen, [3]
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Frimmel, Theodor von: Aus der Sammlung Dr. Gotthelf Meyer in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0151

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Nr. 7.

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

121

Davon sind für den Rahmen 5 bis 6 cm
an jeder Seite abzuziehen, so daß für
die Bildfläche ungefähr 48-32 X 31'68
übrig bleibt. Das stimmt so ziemlich
zu den Abmessungen, die für das Bild
der Sammlung Peteri in einem Katalog
angegeben sind, mit 48 X 36. Wenn
es in bezug auf die Dimensionen nicht
ganz genau klappt, so muß man immer/
hin bedenken, daß die Bilder in der
Stallburg sich in vielen Fällen eine
starke Formatisierung gefallen lassen
mußten, um sich den Wandflächen am
zubequemen. Einschlagen der Leim
wandränder, Anstückelungen verschie-
dener Art und Absägen der Mal-
bretter sind ohne Zweifel damals sehr
oft ausgeübt worden. So darf man sich
denn über eine geringe Differenz gar
wohl hinwegsetzen, und ich trage keiner/
lei Bedenken anzunehmen, daß das
Bild der Sammlung Peteri ehemals
Bestandteil der Galerie Leopold Wik
heim gewesen ist.

Eine Benennung des Gemäldes ist
nicht leicht zu geben. Wie wir oben
lasen, wurde es 1659 mit Vorsicht und
Vorbehalt dem älteren Palma zuge-
wiesen. Um 1730 steht es als Correggio
verzeichnet. Der Katalog Peteri, der zu
Beginn der 1880er Jahre gedruckt ist,
sagt: venezianische Schule. Nach dem
Bilde selbst zu urteilen, ist das alles
nicht haltbar und ich mochte vorschla-
gen, in der Richtung des Annibale
Carracci zu suchen.

AUS DER SAMMLUNG DR- GOTT-
HELF MEYER IN WIEN.

Bei vielen Kunstfreunden der alten, viel-
leicht auch manchen der neuen Welt klingen
wohl noch einige Eindrücke nach aus der Aus-
Stellung von Gemälden alter Meister, die 1873
in Wien abgehalten worden ist. Man sah dort
etwa zweihundert gute Bilder verschiedenster
Art aus Wiener Sammlungen, und es waren
nicht wenige Besucher, die damals, zur Zeit

der Wiener Weltausstellung von 1873, den
alten Meistern einige Stunden oder auch Tage
widmeten. Man hatte eine Auslese des besten
Privatbesitzes vor sich, wie sie seither in Wien
nicht wieder so bequem zu genießen war.
Einige Bilder, die Beachtung gefunden haben,
waren aus dem Besitz Doktors Gotthelf Meyer
ausgestellt, der schon in jener Zeit ruhigen
und billigen Sammelns einige bedeutende
Stücke erworben hatte, z. B. zwei Bilder von
Hans Brosamer und zwei niederdeutsche Brust/
bilder. Sie waren mit den Nummern 180, 182,
187 und 196 ausgestellt. Auf die Schicksale
der Meyerschen Sammlung gehe ich nicht ein,
doch bemerke ich, daß nach allerlei Wand-
lungen des Sammlerschicksals heute eine Reihe
von Bildern bei Meyer zu finden ist, die den
regen Anteil der Kunstwelt verdienen. Ob
uns Dr. G. Meyer wohl einen Katalog seiner
Sammlung drucken lassen wird? Da gäbe
es Italiener und einige Niederländer von Inter-
esse. und die Deutschen aus mehreren be-
deutenden Kunstperioden bilden wohl den
wertvollsten Teil des Besitzes.

Was ich hier mitteile, bezieht sich zu-
nächst auf einige deutsche Gemälde, womit
nicht ausgeschlossen ist, daß bei Gelegenheit
auch von Niederländern und Italienern die
Rede sein wird.

Sogleich an dieser Stelle möchte ich dem
Besitzer der besprochenen Gemälde, Herrn
Generalkonsul Gotthelf Meyer und seinem
Sohne Herrn Dr. Stephan Meyer besten Dank
für ihre Beihilfe bei der Herstellung der Abbil-
dungen aussprechen. Herr Dr. Stephan Meyer
stellte mir die Negative für sämtliche Illustra-
tionen zur Verfügung. Herr Generalkonsul
vervollständigte in freundlichster Weise meine
eigenen Notizen in bezug auf die Abmessungen,
auf einige Inschriften der Kehrseiten sowie auf
die Herkunft der Bilder.

Zu den ältesten Stücken der Meyerschen
Bilderei gehört eine kleine altschwäbische
Tafel mit einer Gruppe von Heiligen. Im
Freien unter einem Baldachin sitzt Anna, die
Marien (wenn dieseDeutung zutrifft) in sonder-
bar kleiner Gestal t vor sich sitzen hat. Anna hält
Marien mit der Linken. Ihre Rechte umfaßt
das Christkind. Über ihr die flatternde Taube
des heiligen Geistes. Links vom Beschauer aus
stehen Sankt Bartolomäus und Johannes Bap-
tista. Rechts ziemlich symmetrisch aufgestellt
die heilige Ursula mit dem Pfeil und Sankta
Dorothea (oder Elisabeth) mit einem Blumen-
korb. Vor ihr ein Kindchen im Hemde, womit
etwa im Zusammenhang mit Anna, Maria
und Christus Jacobus minor gemeint sein
könnte, oder, wohl wahrscheinlicher, das Kind,
das von Elisabeth bekleidet wurde. Unten zwei
 
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