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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 1
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Zwei französische Bildchen aus der fürstlich Georg Czartoryski'schen Sammlung
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Aus der Zeit der guten Technik: ein Brief Alexandre Calames
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Wann ist Giorgiones "Venus" aus Venedig fortgekommen?
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0043

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Nr. i.

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

13

bei vermittelt wird, zeigt links oben in
hellen gelblichen Zügen die Jahreszahl
1549, von der die „1“ fehlt. Ohne
Zweifel ist diese Ziffer bei Gelegenheit
einer Verkleinerung des Bildes durch
die Säge mitgenommen worden. Nach
einer Erinnerungsnotiz auf Eichenholz
gemalt. Grüner Hintergrund.

AUS DER ZEIT DER GUTEN
TECHNIK.

Ein Brief Alexandre Calames.

Beim berühmten Landschaftsmaler Ca-
lame war ein Bild durch Josef Stekel in Ofen
bestellt worden. Im Oktober 1862 wurde es
aus Genf als Eilgut abgesandt. Calame zeigt
die Sendung dem Besteller in folgendem Briefe
an, der dadurch interessant wird, daß er auf
die Sicherheit Bezug nimmt, mit der Calame
auf die Beständigkeit seiner Werke rechnen
konnte. Der Brief lautet:

Geneve, 15 8 1862.

Monsieur.

J’ai le plaisir de vous annoncer la remise
au chemin de fer, grande vitesse, du tableau
que vous m’avez fait l’honneur de me com-
mander. II vous parviendra je m’assure promp-
tement et en bon etat de Conservation; je
serai heureux de l’apprendre comme aussi
de savoir si’l repond au que vous attendiez
de moi. Je Tai soigne de mon mieux et desire
vivement avoir rencontre vötre goüt. Le sujet
est pris au bord du lac des quatre cantons,
pris du Grüttli, en face de Brunnen. La pein-
ture n’etant point embue, il ne rera pas ne-
cessaire de le*) vernier avant 4 ou 5 ans —
et encore faudra-t-il alors n'en mettre qu' une
couche tres legere.

Recevez Monsieur, l’assurance de ma con-
sideration distinguee

A. Calame.

Die Adresse lautet:

„Hongrie.

Monsieur Jos. Stekel,

Ofen,

Wasserstadt, Hamptstraße Nr. 20.“

Das Bild, das gemeint ist und das sich
in der Sammlung Peteri zu Budapest be-

*) le und nicht: la»

findet, sieht heute noch sehr frisch aus. Es
hatte nach der Vollendung nicht eingeschlagen
(es war „point embue“), was der Maler durch
Unterstreichen des „embue“ betont. Auch war
Calame sicher, daß man vor vier oder fünf
Jahren keinen Firnis brauchen würde. Wo-
hin sind diese Zeiten gekommen? Solide
Technik wird heute nur wenig geübt. Mit
diesem Tadel ist nun gewiß kein Angriff auf
die ganze moderne Malerei gemeint. Diese hat
ja so viel Wertvolles geleistet, so viel Glänzendes
geschaffen. Aber gerade weil der Kunstfreund
wünschen wird, die Werke modernster Art
recht lange erhalten zu sehen, muß immer
wieder darauf hingewiesen werden, daß man
nur Bildern von erprobter technischer Mache
eine lange Lebensdauer verheißen kann.

Zur Datierung des Briefes bemerke ich,
daß die „8“ nicht den achten Monat, also
August bedeutet, sondern eine in dieser ein-
fachen Ziffer ungewöhnliche Kürzung für Ok-
tober ist. Dies geht mit Sicherheit daraus
hervor, daß Calame am 22. September 1862
sich bei Stekel brieflich anfragte, in welcher
Form er das Bild (und es kann nur dasselbe
sein das wir meinen) nach Ofen senden solle.
Aus dem Briefe vom 22. September erfahren
wir überdies, daß das verhältnismäßig kleine
Bild 1000 Franken gekostet hat.

WANN IST GIORGIONES „VENUS“
AUS VENEDIG FORTGEKOMMEN?

Bisher ist nur darauf hingewiesen worden,
daß eines der berühmtesten Werke des Gior-
gione, die liegende Venus der Dresdener Ga-
lerie, noch gegen 1648, als Ridolfis „Maravig-
lie delT arte“ erschienen waren, der Familie
Marcelli in Venedig gehört hat. 1722 ist das
Bild in Dresden nachweisbar. Darüber gibt
Wörmanns Katalog mit musterhafter Genauig-
keit Auskunft. Desgleichen nennt er die wich-
tigste Literatur, vom alten Jacopo Morelli bis
zum neuen Giovanni Morelli (Lermolieff). Der
Verbleib des Gemäldes zwischen 1648 und
1722 blieb unklar. Aus einer Erwähnung des
Bildes, die sich 1660 in Marco Boschinis „Carta
dell navegar pittoresco“ findet (auf S. 665),
geht nun hervor, daß das Venusbild des Gior-
gione sich noch gegen 1660 in Venedig
befunden hat, und zwar noch immer in der
Familie Marcelli, in der es nach der ältesten
Quelle schon 1525 bewahrt worden war. Die
Lücke im Herkunftsnachweise ist also nun-
mehr auf die Zeit zwischen 1660 und 1722
eingeengt.
 
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