Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

DOI Heft:
Heft 4
DOI Artikel:
Missbrauchter Mondschein
DOI Artikel:
Ausstellungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0097

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 4.

67

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

bei wirklichem Mondschein entsprochen hätte.
Man könnte ja solche heute herstellen trotz
der geringen Lichtstärke des Mondscheines.-1')
Die Fachleute von der Photographie wissen
das. Aber eine solche Herstellung ist noch
immer unbequem und zeitraubend. Die weich-
seligen Gemüter retouchieren lieber eine Tag-
aufnahme und machen irgendwo einen Voll-
mond hinein. Dann sieht es aber auch danach
aus, und der optische Nonsens ist fertig. *) **)
Ganz abgesehen von einem Zuviel an Einzel-
heiten, wie man sie auch beim hellsten Voll-
mond nicht unterscheiden könnte, bestand
immer ein unvereinbarer Gegensatz zwischen
dem Ort der angeblichen (hinein getuschten)
Lichtquelle und der Beleuchtung, die wirklich
auf der Ansichtskarte gegeben war. Gewöhn-
lich wies diese Beleuchtung auf eine Licht-
quelle (es war gewiß die Sonne) hin, die man
sich schief hinter und über dem Beschauer
vorstellen mußte. Die Tönung aller Flächen
und Formen spricht ja eine unzweideutige
Sprache. Im Bildchen aber herrscht märchen-
haftes unwahres Mondlicht, das durch bläu-
lich getöntes Papier vorgetäuscht wird. Und
ziemlich gerade vor uns, meist nahe dem
Horizont steht die künstlich ausgewaschene
Scheibe des Vollmondes! Wäre der Mond die
maßgebende Lichtquelle bei der Aufnahme
gewesen, so müßten doch die Schlagschatten
der Gegenstände nahezu in der Richtung
gegen den Beschauer zu ausgebreitet sein.
Nichts aber davon, sondern ungefähr das
Gegenteil. Guter Mond, der Du gewöhnlich so
stille gehst, schlage einmal Lärm und be-
schwere Dich über den schnöden Mißbrauch,
den gedankenlose Retoucheure mit Deinem
milden Lichte treiben. Ebenso der Künstler,
wie der Physiker werden Dich dafür dank-
baren Blickes anschauen.

Ich beabsichtige heute keinerlei ein-
gehende Abhandlung über die Darstellung
des Mondscheines im Bilde. Nicht soll Aart
v. d. Neer gelobt, nicht die Tenierssche
Nachtlandschaft in Dresden getadelt werden
(wie es schon durch Julius Hübner 1861 unter
Beigabe einer C. Krügerschen Radierung ge-
schehen ist). Ich möchte lieber einen prakti-
schen Zweck erfüllen und dem Überhand-
nehmen der einfältig auf Mondschein
verfälschten Karten entgegentreten.
Für jedes geschulte Auge sind derlei Karten
ein Greuel.

*) Diese geringe Helligkeit und ihre Behandlung
durch den Maler sind besprochen bei Helmholtz in
„Vorträge und Reden", Optisches über Malerei
(IV. Aufl., Bd. II, S. 10S ff.).

**) Schon 1900 in der „Montagsrevue" vom
10. September (Nr! 37) bin ich gegen diese Karten mit
Mondschein aufgetreten.

AUSSTELLUNGEN.

Franz Matsch hat in Wien im Laufe
des Mai eine Ausstellung neuer Arbeiten in
seinem Atelier (Silbergasse 55 und 57) abge-
halten für den engen Kreis geladener Gäste.
So viele andere aber, die nicht den erklärten
Kunstkreisen angehören, hätten sich für die
ausgestellten Werke interessiert. Sah man
doch dort eines der Bilder für die vielbespro-
chene Saaldecke in der Wiener Universität.
Das riesige Mittelbild war vor einigen Jahren
bei Matsch zu sehen, als es eben fertig ge-
worden. Nunmehr ist auch von den vier
Seitenbildern das eine, die Theologie, vollendet,
eine Arbeit von Matsch, die wohl in der be-
trächtlichen Höhe von 20 m, in der es anzu-
bringen ist, noch eine vortreffliche Wirkung
tun wird. So kann man es nach der groß-
zügigen Ausführung und übersichtlichen An-
lage erwarten. Die drei weiteren Seitenbilder
mit der Philosophie, Medizin und Jurispru-
denz, sind von Gustav Klimt begonnen und
durch Ausstellungen der Wiener Sezession
bekannt. Ich hoffe auf diese Bilder zurück-
kommen zu können, wenn sie einmal probe-
weise an der Auladecke festsitzen. Im Atelier
von Matsch sah man unlängst neben der
Theologie noch vieles andere, einige eigen-
artige Skulpturen (Matsch führt selbst den
Meißel) und zahlreiche Gemälde, zwei Land-
schaften von besonders feiner Farbenstimmung
(beginnender Regen in Sankt Gilgen und ein
Weg durch die Felder auf der Hohen Warte).
Sicher nicht in letzter Reihe sind mehrere
Bilder zu nennen, auf denen Meister Matsch
seine artigen, frischen vier Kinder dargestellt
hat. Eines dieser Gemälde wird anbei abge-
bildet. Es trägt den Namen Matsch und die
Jahreszahl MDCCCCIII. Sogar die stark ver-
kleinerte Nachbildung gibt einen guten Be-
griff von der lebensvollen Auffassung dieses
Werkes, das allerdings im Original gesehen
werden muß, um voll gewürdigt zu werden.
Ich knüpfe daran die Bitte, der Künstler möge
doch einmal die Reihe seiner besten Arbeiten
öffentlich zur Schau stellen. Irgend welches
Gezänke ist ja dabei sicher nicht zu vermeiden,
aber Matsch steht in seiner Bedeutung so hoch,
daß er dem Treiben mit Ruhe Zusehen kann.

Der Kunstverein in München hat
dem Gedächtnis Lenbachs eine Sonderaus-
stellung gewidmet, deren erste Reihe 65 Num-
mern, meist Porträte enthält. Darunter sind
auch solche aus der frühesten Zeit sowie das
letzte Selbstbildnis aus der Weihnachtszeit 1903-
(Dankenswerte Mitteilung der Vereinsführung.)

In Amsterdam werden seit einiger Zeit
durch E. W. Moes im Kupferstichkabinett
 
Annotationen