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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 2
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Frimmel, Theodor von: Ein Pentiment bei Raffael
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0047

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Blätter für Gehäldekuhde

ZU BEZIEHEN DURCH
DIE BUCHHANDLUNG
GEROLD & Co., WIEN,
I. STEPHANSPLATZ 8.

VON

Dr. THEODOR v. FRIMMEL.

ZUSCHRIFTEN AN DEN
HERAUSGEBER WER-
DEN GERICHTET NACH
WIEN, IV. PANIGLG. 1.

1904.

APRIL.

Heft 2.

EIN PENTIMENT BEI
RAFFAEL.*)

Die meisten alten Maler, nicht zu-
letzt die des XV. und XVI. Jahrhun-
derts, stellten ihre Bilder in höchst
überlegter, sorgfältiger Weise her. Ent-
würfe, Skizzen, Studienzeichnungen ver-
schiedener Art gingen gewöhnlich der
Schöpfung eines Kartons voraus; dieser
wurde dann säuberlich auf den weißen
Grund der Tafel übertragen und dann
erst erfolgte in mehreren Ansätzen und
Schichten das Malen. So hatte denn
jede Figur, jeder Kopf, jede Hand, jeder
Fuß, ja überhaupt jede große Form
schon ihren Platz angewiesen, bevor
man ans Fertigmalen schritt. Demnach
waren Änderungen auf dem Bilde selbst
nicht häufig. Es blieb der freieren,
rascheren Pinselführung späterer Jahr-
hunderte Vorbehalten, die Formen wäh-
rend des Fertigmalens zu verschieben,
wesentlich zu ändern, das heißt Reue-
züge, Pentimente, Repentirs**) an-
zubringen. Solche sind in der Malerei
des XVII., XVIII. und XIX. Jahr-

*) Mit Benützung eines eigenen Feuille-
tons „Aus allerlei Galerien“ in der Wiener
..Montagsrevue“ vom 28. März 1904.

**) Hierzu mein „Handbuch der Gemälde-
kunde“, 2. Auflage, S. 117, ferner meine „Metho-
dik und Psychologie des Gemäldebestimmens“,
S. 17. Weiteres im Anhang zu diesem Artikel.

hunderts keine auffälligen Seltenheiten
mehr. Gewiß aber erregen sie unsere
erhöhte Aufmerksamkeit, wenn wir sie
an Bildern der großen Meister um 1500
antreffen. Ein Pentiment bei Raffael
ist, so meine ich, der Beachtung wert,
und ein solches soll uns diesmal be-
schäftigen. Es findet sich auf dem
kleinen Bilde mit den drei Grazien
im Musee Conde zu Chantilly. Das
kleine Bild ist eine der zartesten
Schöpfungen Raffaels, ein überaus kost-
bares Täfelchen, das aus der Galerie
Borghese stammt, dann lange ein un-
stetes Leben in England führte*), bis

*) Über das berühmte Werk und seine
Wanderungen wird man unterrichtet durch
Passavants „Raphael“ (französische Ausgabe,II,
S. 50 f. und 635), durch Burger (Thore)
„Tresors d’art en Angleterre“ (S. 56 f.), durch
Redford „Art Sales“ (I, S. 410 nach der „Times“
vom 15. Dezember 1885), durch die „Gazette
des beaux arts“ von 1862 und 1892, durch
Lützows „Kunstchronik“, XXI, Sp. 237, und
Band IV der neuen Folge, Sp. 20, durch das
„Repertorium für Kunstwissenschaft“, IV
und XIV, durch F. A. Gruyers „Chantilly,
Musee Conde“, durch die bekannten Werke
über Raffael von Crowe und Cavalcaselle,
Eugene Müntz, Anton Springer. Vergl, über-
dies Eugene Müntz „Les historiens et les
critiques de Raphael“ (1883), S. 103, auch Giov.
Morelli (Lermolieff): „Kunstkritische Studien
über italienische Malerei“ (die Galerie zu
Berlin), S. 239, Koopmann „Raffaelstudien“
(1860), Carlo Pulszky „Beiträge zu Raffaels
Studium der Antike“ (1877), S.20. Das „Journal
des beaux arts“ vom 31. Jänner 1874 handelt
 
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