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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 3
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Frimmel, Theodor von: Einige Werke der Sofonisba Anguissola
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0071

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Nr. 3.

41

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Wien. Das Bild in Neapel scheint das-
selbe zu sein, das um 1680 im Palazzo
del giardino zu Parma gehangen hat. *)
Ebendort befand sich zur selben Zeit
das Hauptwerk unter den erhaltenen
Bildern der Sofonisba Anguissola, die
große Schachpartie, bekannt als Bestand-
teil der Raczynskischen Sammlung.
Auch dieses Bild war eine Zeitlang in
Neapel gewesen. Dort hat es der Dilet-
tant im Kupferstich Denon gesehen
und nachgebildet, als er um 1770 der
französischen Gesandtschaft am neapoli-
tanischen Hofe als Attache zugeteilt
war. In der Folge gelangte das Bild an
Lucien Bonaparte, von dem es Graf
A. Raczynski um 3000 Franken ge-
kauft hat. **) Jahrelang war es im Palais
Raczynski zu Berlin aufgestellt (dort
habe ich es 1880 kennen gelernt), später
kam es mit der ganzen gräflichen
Sammlung in die obersten Räume der
Berliner Nationalgalerie, und 1903 machte
es wieder mit der ganzen Sammlung
die Wanderung nach Posen mit. Auf
diesem Bilde, das man bei einiger
Nachsicht mit den Schwächen der
Zeichnung ein recht gutes, interessantes,
gewiß ein sehr liebenswürdig erfundenes
Werk nennen kann, hat sich Sofonisba
selbst mit ihren Schwestern dargestellt.

Noch andere Selbstbildnisse sind
bei Campori beschrieben, wieder andere
sind in allbekannten Galerien erhalten,
z. B. eines im Museo Poldi-Pezzoli zu
Mailand. Ein Anguissolabildnis aus
späterer Zeit befindet sich in der Ga-
lerie Borghese zu Rom. Auch dieses
ist beschrieben und abgebildet. ***)

*) Das Inventar, in dem es vorkommt,
ist durch Campori veröffentlicht worden in
der „Raccolta di Cataloghi ed inventarii inediti“
(1870, S. 230).

**) Nach den Mitteilungen des Besitzers
im Katalog, der nach Raczynskis Tod erst
gedruckt wurde (1876).

***) vgl. die Studie von Fournier-Sarlovez,
die 1899 in „Revue de l'art ancien et moderne“

Vor einigen Jahren meinte ich eine
Kopie nach einem Bilde der Sofonisba
Anguissola in Wien beim Händler
Hirschler gesehen zu haben. Das er-
wähnte Stück trug eine falsche Signatur :
Jose de . . . Morales. Es schien mir
nach der Komposition und Darstellung
auf unsere cremonesisch.e Malerin hin-
zuweisen. Zwei junge Damen und zwei
Kinder bei einem Spinett waren in
lebensgroßen Brustbildern und Halb-
figuren dargestellt. Daß Bilder aus dem
Kreise der Anguissola, Kopien nach
ihr, auch Originale von ihrer Hand
mit Spanien in Verbindung gebracht
werden, kann uns nicht wundernehmen.
Die Künstlerin hat doch eine Zeit am
spanischen Hofe gelebt und gemalt,
wohin sie 1559 berufen worden war.
Danach möchte ich auch ein bisher
verkanntes Bild, das man für spanisch
gehalten hat, auf unsere Cremoneser
Künstlerin beziehen. Ich meine das
merkwürdige Genrebild mit den zwei
Kindern, das in der gräflich Brunsvick-
schen Galerie als Murillo gegolten hat
und später einfach als spanisches Bild
katalogisiert wurde. Der Versteigerungs-
katalog von 1902 beschreibt es, wie folgt:
„Ein junges Mädchen sucht einen
kleinen Knaben, wohl ihren Bruder,
zu trösten, den eine Seekrabbe gezwickt
hat.“ Es war ein Breitbild mit ungefähr
lebensgroßen Kniestücken. Daß das vor-
liegende Bild gerade von Sofonisba
Anguissola selbst gemalt ist, kann ich
nicht beweisen, aber nach der Malweise
ist diese Annahme recht plausibel.
Ganz gewiß aber hängt die Komposition
mit einer Zeichnung der Anguissola
zusammen. Denn schon Vasari beschreibt
eine Zeichnung der Sofonisba mit der-
selben Darstellung, wie sie sich auf
dem Bilde der Galerie Brunsvick fand.
Die Beschreibung der Zeichnung steht
im Leben der Properzia de Rossi (Vasari,

erschienen ist und auch in einer Sonderaus-
gabe vorliegt.
 
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