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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 5
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Frimmel, Theodor von: Waldmüllerstudien
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0106

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76

Nr. 5.

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Auch das älteste Töchterchen Aloisia ist später
von Vater Waldmüller in einem ungefähr
lebensgroßen Bildnis dargestellt worden. Dieses
ist noch so gut wie unbekannt und wird weiter
unten abgebildet.

Die Ehe mit der Sängerin war jedoch
keine glückliche, „da sie durchaus nicht har-
monisch war“, wie der Künstler selbst sich
darüber äußerte. Als ein Engagement in Wien
erreicht war, lebten die Eheleute zwar noch
einige Zeit zusammen (bis etwa 1822 *), später
aber ging jeder Teil seine eigenen Wege. Von
den mancherlei Verbindungen, die Waldmüller
nun anknüpfte, führte die mit Anna Bayer
zu einer zweiten Ehe, die nach dem Tode der
ersten Frau geschlossen wurde. Das Engage-
ment seiner ersten Gemahlin in der Residenz
war für Waldmüller von Wichtigkeit: er hatte
ja in seiner Kunst so ziemlich noch alles zu
lernen. In Wien strebte der Künstler sich zu-
nächst dadurch zu vervollkommnen, daß er
nach alten Meistern kopierte. Er kopierte gut
und fand Beifall und Abnehmer. In der kaiser-
lichen Galerie wurde unter anderen Riberas
Christus unter den Schriftgelehrten, in der
Esterhazygalerie (seither nach Pest übertragen)
Riberas Martyrium des heiligen Andreas ko-
piert. Diese verkleinerte Nachbildung gehört
der Wiener Akademie. Auch in der Dresdener
Galerie war Waldmüller als Kopist tätig. Auf
das Studium eines Gerard Honthorst und
G. Dou weist ein Bildchen mit Kerzenlicht-
wirkung hin, das sich im Besitze Herrn Pro-
fessors Jos. Gierster in Wien befindet.**) (Es
wird anbei zum ersten Male nachgebildet.)
S. Hoogstraeten wurde durch Waldmüller nach-
geahmt in einem Gemälde mit Mütterchen am
Fenster. (Abgebildet in der Zeitschrift „Die
graphischen Künste“, Bd. X, S. 75-) Wie sehr
er sich in die Weise älterer Künstler einzu-
leben vermochte, beweist auch ein Bildchen
mit einem Hieronymus in der Höhle, das
Waldmüller auf Grundlage eines gänzlich ver-
dorbenen Werkes der Utrechter Schule ganz

*) In F. H. Böckhs Nachschlagebuch „Wiens
lebende Schriftsteller“ (1821) und in den analogen Ab-
schnitten der „Merkwürdigkeiten von Wien“ (1823)
wird für den „Porträt-Mahler“ Ferdinand Waldmüller
und für die ,.k. k. Hof-Opern-Sängerinn Mad. Katha-
rina Waldmüller'* dieselbe Adresse angegeben, näm-
lich „im Comödien-Gäilchen Nr. 1040“. Viel später
hatte Waldmüller sein Atelier in einem Hause der
Renngasse und zuletzt in einem Hause an der Wien,
nahe der Schleifmühlgasse. (Mitteilung von Eugen
Felix und Fr. Friedländer.)

**) Die Signatur in dunkler Schrift findet sich
unten an der Laterne. Das d im Namen zieht seinen
Bogen über das vorhergehende 1 zurück. Die Jahres-
zahl daneben kann nach meiner Ansicht nur als 1825
gelesen werden. Der Versuch mit Wiedergabe ver-
schiedener Kerzenlichtwirkungen ist trefflich gelungen.
Die Flamme selbst wird fast ganz durch die eine
Leiste der Laterne verdeckt. Im Original ist das Durch-
wirken des Lichtes durch die Fingerränder (eine be-

im Geiste der Maler aus der Poelenburggruppe
ergänzte und vollendete (vor einiger Zeit
in der Sammlung Kropf-Strache in Dörn-
bach). Waldmüllers Kopien nach Ruisdael sind
vorzüglich. In seinen reifen Jahren war Wald-
müller gegen jene Kopistentätigkeit seiner
Jugend ungerecht. Ja, er betont sogar, daß
anfangs die Hintergründe von einem ihm be-
freundeten Landschaftsmaler ausgeführt wur-
den. Kaum, daß er es eingestand, wie ihn
das Kopieren zu einem gewandten Techniker
gemacht habe. Seinen Schülern widerriet er
das Nachbilden alter Meister entschieden. Er
war, etwa in der Zeit zwischen 1819 und 1831,
nach und nach zur Erkenntnis gelangt, daß
ein gewissenhaftes Studium der Natur für
den bildenden Künstler von weit größerer Be-
deutung ist, als das Nachahmen dessen, was
andere gemacht haben. Man kennt datierte
Landschaftsstudien und Bildnisse aus der an-
gedeuteten Periode, die einen beginnenden
Naturalismus und eine stets wachsende Technik
erkennen lassen. Zu den frühesten erhaltenen
selbständigen Arbeiten gehört ein kleines Holz-
bild: „Gmunden mit dem Traunsee“ von 1819,
das ehedem in der berühmten Galerie Gsell zu
finden war, ferner ein kleines Bildnis einer
alten Dame aus dem Jahre 1822 (Wien, kaiser-
liche Galerie). Beides Ölbilder. Eine miniatur-
artige Wiedergabe (gleichfalls in Öltechnik
ausgeführt) der Hohenbergschen Ruine in
Schönbrunn dürfte 1822 fallen. Die Jahres-
zahl ist ein wenig undeutlich. Als eine ver-
hältnismäßig früh entstandene Landschaft
Waldmüllers ist eine zu betrachten, die nach
der Überlieferung im Prater gemalt ist und
durch die Datierung als Arbeit aus dem Jahre
1831 näher bestimmt wird (anbei die Abbil-
dung). Daß sie im Sommer gemalt wurde, ist
überklar. Das sonnige Bildchen gehört der
Sammlung Figdor in Wien und bildete
vordem einen Bestandteil der Wiener Galerie
Gsell. Im Katalog der Versteigerung Gsell (1872)
ist es als Nr. 396 beschrieben. Dann kam es
nach zuverlässiger Eintragung zu Karl Sarg,
mit dessen Sammlung es 1886 versteigert wurde
(Katalog Nr. 117). Die Inschrift lautet „Wald-
müller 1831“.

kannte Erscheinung) gut beobachtet* Vorne liegt, was
in der mit Absicht unretouchiert gebliebenen Abbil-
dung und auch im Original nicht ganz deutlich ist,
ein offener Tabaksbeutel. Der junge Mann, der eine
Pelzmütze auf dem Kopfe hat, zündet in der Laterne
sein Pfeifchen an. Der Hinweis auf die Firma Winter
gehört selbstverständlich der Nachbildung an. Das
Bild mißt 36X29*5 (Eichenholz quergefasert).

Fräulein Emmy Slamecka hatte die Freundlich-
keit, mich auf einige Bilder bei Herrn Prof. Gierster
aufmerksam zu machen und ich sage ihr dafür besten
Dank.

Herr Prof. Gierster teilt mir gütigst mit, daß er
das Bildchen seit seiner Kindheit, seit etwa 60 Jahren,
in der Familie weiß.
 
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