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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 5
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Frimmel, Theodor von: Waldmüllerstudien
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0109

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Nr. 5.

79

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE,

zu einer Zeit, als er den Wert guter alter Vor-
bilder schon zu unterschätzen anfing. Das
Restaurieren der Gemälde überließ er (nach
Eitelbergers Mitteilung) jungen Akademikern,
und alles Kopieren widerstrebte ihm. Der so
mühsam errungene eigene Stil, den er sich
durchs Naturstudium erworben hatte, machte
ihn stolz und einseitig. Doch folgte er seinen
Überzeugungen einstweilen noch ohne
kriegerische Haltung, und 1833 wurde
er Professor, 1835 gar „ordentlicher
akademischer Rath“ an der Wiener
Akademie, nachdem einige seiner
Sittenbilder, z. B. „der erste Schritt“
und einige gelungene Bildnisse in den
weitesten Kreisen Aufsehen erregt hat'
ten. Nach guter Überlieferung zu
schließen, wurde Waldmüller 1833
durch Kaiser Franz nach Persenbeug
berufen, um dort einige Mitglieder der
kaiserlichen Familie zu porträ-
tieren. An den Aufenthalt in Persen-
beug knüpft sich überdies Wald-
müllers Bekanntschaft mit dem Schiff-
meister (Donauadmiral) Matthias
Feldmüller und dessen Familie, eine
Verbindung, die zur Herstellung
mehrerer guter Bildnisse Anlaß bot.
Feldmüllers Porträt, gegenwärtig
beim Buchdruckereibesitzer Herrn
Friedrich Jasper in Wien, ist 1833
gemalt. Die kleine Studie über „Ver-
steckte Werke vonF. G. Waldmüller“
handelt noch des weiteren davon und
bringt zwei Abbildungen. Als ein
gutes Beispiel für die Bildniskunst des
Meisters in jenen Jahren ist auch ein
Miniaturbild anzuführen, das zwei
Knaben darstellt. Anbei die etwas
verkleinerte Abbildung. Die Inschrift
auf dem kleinen Kunstwerke, das der
Sammlung Figdor angehört, lautet
„Waldmüller 1833“.

In der nun folgenden Periode
seines Schaffens entstanden ganze
Reihen von fein empfundenen un-
endlich gemütvollen Bildern, die
man vielleicht nur dann ganz versteht und
würdigt, wenn man gute Menschen, deren
Blütezeit in den Wiener Vormärz fällt, kennen
gelernt hat und dem Leben des österreichischen
Landvolkes nicht völlig fremd gegenübersteht.
Wer nach dem modernen Denken und Fühlen
urteilt, wird leicht eine falsche Sentimentalität
in Waldmüllers Bildern entdecken wollen, die
aber tatsächlich ihnen nicht zur Last gelegt
werden darf. Es sind wahre Ausdrücke für
das Gefühlsleben der Landleute, auch wenn
uns heute einzelne Modelle allzu sauber ge-
waschen erscheinen mögen. Waldmüller ist

eine Art Berthold Auerbach, noch mehr ein
Rosegger der Malerei, ein feiner Beobachter
der Kinderseele und der Sitten des Landvolkes
sowie der freien Natur. Viele der Waldmüller-
schen Sittenbilder sind in den weitesten Krei-
sen bekannt geworden, sei es durch graphische
Nachbildungen, sei es durch (gewöhnlich stark
veränderte) Wiederholungen von der Hand

des Künstlers selbst. Der Wiener „Verein
zur Beförderung der bildenden Künste“
ließ sogleich für seine erste Verlosung (1832)
ein Waldmüllersches Gemälde stechen und
hat auch weiterhin mehrere Bilder Wald-
müllers für Prämienblätter nachbilden lassen.
Zahlreiche Sammler bewarben sich um die
Werke des Künstlers, so daß er viele seiner
beliebtesten Gegenstände mehrmals zur Dar-
stellung brachte, bald mit derselben Kompo-
sition, bald in ganz neuer oder wesentlich ab-
geänderter Anordnung, so „Das überraschte
Liebespaar“ (1837,1846,1850,1857), „Der Bettel-

Aquarell Waldmüllers aus dem Jahre 1833 (Sammlung Figdor
in Wien).
 
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