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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 5
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Frimmel, Theodor von: Waldmüllerstudien
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0111

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Nr. 5.

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

81

im Besitz Ludwig Lobmeyrs in Wien bef-
ändet. Es gehört zu den sorgfältigst durch-
gebildeten Arbeiten Waldmüllers, bietet man-
ches Interesse durch die Darstellung und den
gelungenen Ausdruck kräftigen Sonnenscheins.
Links unten in dunklen kleinen Zügen „Wald-
müller 1845". Ein weiteres Bildchen aus Taor-
mina, das derselben Schaffens-
periode des Künstlers angehört,
ist vor einigen Jahren aus der
Sammlung Moritz Mayr ins
Wiener Hofmuseum gelangt.

Ein kleines Bildnis aus
dem Jahre 1836 erinnert uns
daran, daß Waldmüller auch
in jener Zeit seines Lebens,
die hauptsächlich dem Genre
gewidmet war, die Porträtkunst
nicht ganz vernachlässigte.’1')

Das zunächst abgebildete Stück
ist durch die Inschrift „Wald-
müller 1836" beglaubigt und
datiert. Vor kurzem ist es aus
dem Besitz der Familie Stadler
in die Sammlung Figdor ge-
langt. Dieselbe Sammlung be-
herbergt seit nicht langer Zeit
ein Waldmüllersches Bildnis
aus dem Jahre 1837 (rechts am
Tisch: „Waldmüller 1837“).Herr
Dr. Albert Figdor nennt die
Dargestellte Frau v. Spindler
(vgl. die Abbildung).

Ein großes, vielköpfiges
Bildnisgemälde aus dem Jahre
1838 hat sich in der Familie
Gierster in Wien erhalten.*) **)

Mittendurch wurden auch noch
immer Landschaften gemalt
und das Werke von feinster
Naturbeobachtung und unge-
wöhnlich wahrer Farben-
stimmung, ab und zu ein Still-
leben, selten eine religiöse Dar-
stellung, wie z. B. eine kleine
Auferstehung (bis vor einiger
Zeit beim Rektor Lollok im
Pazmaneum zu Wien) und eine große Kreuz-
abnahme (1877 im Besitze der Frau Ampier

*) Um jene Zeit malte er auch den Grafen Andrea
Razumowsky (das Bildchen befindet sich in Troppau).
In das Jahr 1835 fällt das Familienbildnis, das in
Hevesis Buch: „Hundert Jahre österreichischer Kunst“
abgebildet ist.

Es hat gelitten und läßt stellenweise die hell-
braune Grundierung offen liegen. Links gegen unten
die Signatur und Datierung „Waldmüller 1838“. Dar-
gestellt sind sieben Personen aus der Familie Gierster.
Der Familienvater erscheint in der Uniform der Bürger-
garde. Der Knabe vorn ist der jetzige Professor i. R.
Jos. Gierster, das Mädchen rechts die nachmalige Ba-
ronin Fries.

in Linz). Mit seinen biblischen Bildern hatte
Waldmüller wenig Erfolg, wie er denn selbst
auch wenig Neigung zu religiösen Gebräuchen
hatte. Waldmüller war ein Mann von freier
Denkungsart, der jede geoffenbarte Religion
verschmähte und im Alter, als sich das Be-
dürfnis einer religiösen Anlehnung einstellte.

eine Art Sonnenkult trieb. Im Leben wie
in der Kunst war Waldmüller eine feste, un-
erschütterliche Natur, nicht gerade nachgiebig,
eher ein wenig streitsüchtig. Damit hängt es
wohl zusammen, daß er die unleugbaren
Mängel des Unterrichtes an der Wiener Aka-
demie sehr scharf kritisierte und die ganze
veraltete Anstalt reformieren wollte. 1834 hatte
Jos. Ant. Koch gegen die Akademie gewettert,
in kräftigen Ausdrücken (vgl. „Rumford'sche
Suppe“ S. 33ff.). Waldmüller muß von diesen
Angriffen vernommen haben und Kochs Ge-
danken mögen bei ihm noch lange nach-

Waldmüller: Doppelbildnis von 1836 (Sammlung Figdor).
 
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