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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 6
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Ausgewählte Bilder aus Wiener Sammlungen: (Gruppenbild von K. Renesse, Trecentistisches Altarwerk, Magdalena von Cereso in der Galerie Czernin, Rembrandt und M. Sweerts in der Galerie Harrach)
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0133

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Nr. 6.

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BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

sehen beiden Darstellungen besteht.
Das Bild, das Waagen meint, ist seit'
her in die Londoner National Gallery
gelangt und photographisch nachgebildet
worden. Die Haltung und Anordnung
der Hauptfiguren ist auf beiden Bildern
sehr verwandt. Das ist aber Giotteske
Überlieferung, und es fällt nicht schwer,
sogleich in der Nationalgalerie zu
London selbst ein Giotteskes Bild zu
finden, das in bezug auf die Darstellung
ganz enge mit der Krönung Mariens
auf dem Altarwerk in Wien zusammen^
hängt. Ich meine das Bild Nr. 568, auf dem
zwar die Hauptfiguren etwas anders be^
wegt sind, als auf dem Wiener Bilde,
das aber unten, gleich dem Czernim
bilde, kniende musizierende Engel auf--
zuweisen hat. Weitere ähnliche Fälle
wären leicht zu finden, z. B. bei Bernardo
Daddi und anderen Trecentisten. Man
weiß es, daß die Maler aus Giottos Schule
über ganz Italien verbreitet waren und die
neue Malweise auch in viele Orte trm
gen, wo sie nicht gewachsen war. Um so
schwieriger die Zuweisung ihrer Werke
an bestimmte Örtlichkeiten, wenn eim
mal jede sichere Überlieferung abge^
rissen ist. So liegt die Sache auch hier.
Waagen läßt das Wiener Altarwerk
aus einem Kloster in der Nähe von
Padua stammen. Ich fürchte, daß es
sich dabei um eine geratene und nicht
gewußte Herkunft handelt. Freilich
kann ich den Gegenbeweis gegen
Waagens Behauptung nicht erbringen,
etwa damit, daß ich in der Paduaner
Ortsliteratur dieses Werk nicht erwähnt
gefunden habe, aber ich mache auf foh
gendes aufmerksam: warum übersieht
Waagen die nähere Herkunft aus
der Wiener Sammlung Josef Da^
niel Böhm, um statt dessen eine Am
gäbe zu machen, für die er keine
Quelle nennt. Die Herkunft aus Böhms
Sammlung ist mit Sicherheit naefv
weisbar. Der Medailleur Josef Daniel
Böhm hatte mit Geschick und vielen

Kenntnissen zahlreiche gute Italiener,
Deutsche, Niederländer, Spanier zm
sammengebracht. Um 1850 gehörte
seine Sammlung zu den bedeutendsten
in Wien. Daß sie 1865 versteigert
wurde, ist allbekannt, weniger der
vorhergehende fortwährende Wechsel
im Bestände seiner Sammlung. Dies
und das wurde vorteilhaft verkauft, um
etwas zu erwerben, das gerade die
Kauflust besonders reizte. So trennte
sich denn Böhm auch gegen 1846 von
dem großen Giottesken Altarwerk,
dessen Eintritt in die Galerie Czernin
sich einigermaßen zeitlich bestimmen
läßt. In der Inventur der Czerninschen
Bilder von 1845 kommt es noch nicht
vor. Dann aber, bald darauf bekam
man im „Kunstblatt“ von 1846 (S. 28)
zu lesen: „Wien. Der Kustos Engert

am Belvedere restauriert ein vortrefF
liches Bild aus der Schule Giottos vom
Jahre 1344, welches in die gewählte
Galerie des Grafen Czernin gehört.“
Die Herkunft aus Böhms Sammlung
wird durch R. v. Eitelberger in den
„Österreichischen Blättern für Literatur,
Kunst, Geschichte, Geographie, Statistik
und Naturkunde“, IV (1847), S. 1015 h
mitgeteilt. Eitelberger spricht von
dem kleinen Benozzo Gozzoli (das
Bild ist jetzt in der kaiserlichen Galerie
zu Wien), dann von Dürers kleinem
Krucifixus (dieser hängt seit lange in
der Dresdener Galerie) und von am
deren Gemälden der Sammlung
Böhm, als deren Bestandteil er
auch das Giotteske Altarwerk
von 1344 beschreibt. Und dazu merkt
er an: „Jetzt in der Galerie Czer^
nin.“ Diese Angelegenheit kann damit
als erledigt gelten. Ob Böhm das
Altarwerk aus dem Paduanischen nach
Wien gezogen hat, vermag ich nicht
zu sagen.

Ich mache noch einige beschreib
bende Angaben, die sich auf den Er^
haltungszustand und auf die Technik

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