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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 7
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Wiedergefundene Bilder aus berühmten Sammlungen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0150

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120

BLATTER FÜR GEMALDEKUNDE.

Nr. 7.

mernd, wohl träumend zu denken, ein
liegender Mann, über dessen Haupt
ein Stern bemerkt wird und von dem
Strahlen gegen Amor hinauszugehen
scheinen.

Wie ich das Bild im Original ent'
deckte, das ereignete sich nun so: bei
einer Durchsicht der interessanten Samm-
lung Peteri in Budapest (es ist die
alte Sammlung Ignaz Pfeifer, aus der
zahlreiche Bilder 1902 in der großen
Budapester Kunstausstellung zu sehen
waren), gewahrte ich an
einem dunklen Pfeiler
ein Bild, dessen Dar'

Stellung mir bekannt
schien, und bei dem ich
mich alsbald an eine
kleine Radierung im
Bilderinventar der alten
Stallburggalerie in Wien
erinnerte, zu der ich das
Vorbild bisher vergeh'
lieh gesucht hatte- Sofort
fiel mir auch ein, daß
Bilder aus kaiserlichem
Besitz durch den Palatin
Erzherzog Joseph nach
Ungarn gekommen sind.

Die Bilder wurden nach
dem Tode des Palatins
versteigert und gelangten
danach in mehrere unga'
rische Sammlungen. Ich teilte Herrn
Dr. Peteri sofort meine Vermutung mit,
daß das Bild aus kaiserlichem Besitze
stamme und fügte hinzu, daß es wohl auf
der Kehrseite die eingebrannte Marke:
K. K. mit einer Rosette darüber tragen
dürfte. Man nahm das Bild von der Wand
und das tatsächliche Vorhandensein der
erwähnten Marke wurde festgestellt.
Sie kommt auf allen wohlerhaltenen
Bildern vor, die aus dem Besitz des
Palatins Joseph stammen. Soweit war
die Sache klar. Aber es galt noch, die
Fäden aufzudecken, die zu älteren Im
ventaren des kaiserlichen Gemälde'

besitzes hinführen mußten; die Ver'
gleichung der Darstellung, die bisher
nur in meinem Gedächtnisse ausge'
führt worden war, mußte überprüft
werden. Ich zeichnete mir also das Bild
der Sammlung Peteri in mein Notizbuch,
suchte zu Hause das Bilderinventar mit
der kleinen Radierung hervor (es ist der
„Prodromus“ von Stampart und Prenner
aus der Zeit von 1728 bis 1735), das
eine Übersicht über die kaiserliche Ga'
lerie gibt, soweit sie um jene Zeit in
der Wiener Stallburg
aufgestellt war. Die Dar'
Stellung stimmte genau
überein auf meiner
Zeichnung und auf der
kleinen Radierung. Eine
Notiz wies mich dann
darauf hin, daß das
fragliche Bild schon
im Inventar der
Sammlung des Erz'
herzogs Leopold
Wilhelm von 1659
verzeichnet steht. Das
Inventar wird aufge'
schlagen, um neuerlich
die Übereinstimmung
bezüglich der DarsteL
lung festzustellen und
die Maße zu finden. Im
alten Verzeichnis von
1659 steht folgendes:

„Nr. 291. Ein Stückhel von Öhl'
färb auf Leinwath, warin eine Zauberin
halben Leibs blosz mit einem grünen
Rockh, hinter ihr ein Manszpersohn,
welcher von dem Cupido ausz der Lufft
mitt zwey Pfeillen geschoszen ist, und
ober seinem Kopff ein Stehrren stehet.
— In einer ganz glatt verguldten Ramen,
2 Spann 9 Finger hoch und 2 Span
1 Finger bräidt. — Man hälts von dem
alten Palma.“

Die Maße, in moderne Werte um'
gerechnet, ergeben eine Fläche von
6o-32cm Höhe und 43-68 cm Breite.

Nachbildung aus dem „Prodromus“ von
Stampart und Prenner (1728 bis 1735).
Nach einem italienischen Gemälde, das
1659 im Besitze des Erzherzogs Leopold
Wilhelm gewesen.
 
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