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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 5.1908/​1909

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Wolter, Franz: Die X. internationale Kunstausstellung in München 1909, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.53749#0389

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338 »w X. INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG IN MÜNCHEN ^3

kommt in erster Linie A. Kühles in Betracht.
Er gehört zu den wenigen Malern, welche die
Natur als Basis ihres Schaffens wählen, weder
sie nachmachen, noch ihre Motive sklavisch
benützen, sondern ihre Ideen, ihre Welt in
die Werke hineintragen, die uns mehr inter-
essieren als das alte Winkelwerk der Städte
und Burgen selbst, welche Kühles z. B. als
Vorwürfe wählt. Die Kunst hängt mit dem
menschlichen Empfinden so eng zusammen,
daß sie, sollte sie den Anschluß an die
Empfindungen des Gemütes verlassen, einer
wurzellosen Pflanze gleicht, die schnell dahin-
welkt. Am schönsten hat Kühles diesen An-
schluß in dem von idyllischem Zauber um-
wehten Bilde »Im Krug« gefunden. Auf
diesem Wege weiterschreitend, wird er uns
noch manch schön gemaltes Gedicht schenken.
Von den zahlreichen Bildnissen sind wenige
charaktervolle Leistungen zu verzeichnen,
manches wirkt direkt gleichgültig. Hervorra-
gend ist das umfangreiche Gemälde von Hub.
von Herkomer »Die Jury der K. Akade-
mie der Künste in London 1907.« Der leidige,
branstige Ton, den auch die Landsberger Bil-
der besitzen, kehrt auch hier wieder, sonst ist
das gewaltige Bild mit jener alten Faustfer-
tigkeit gemalt, wie wir sie von dem zum Eng-
länder gewordenen Deutschen kennen. Alois
Erdtelt ist neben seinem trefflichen Selbst-
bildnis mit einem tüchtigen Kinderporträt ver-
treten ; Alexan der Fuks mit dem schönen
vom Kunstverein her bekannten Porträt seiner
Gattin, ebenso Frank-Kirchb ach’s Bildnis
seines Bruders, ferner H. Best, Leonhard
Blum. Recht kräftig im Ton ist das Reiter-
bildnis von Richard B. Adam, vornehm
und zart in der malerischen Behandlungsweise
das Porträt des Freiherrn von Münchhausen
von R. Schulte im Hofe. Von diesem
Werke aus finden wir den Anschluß an die
Luitpoldgruppe. Eine merkliche Trennung
von dieser und der Genossenschaft ist durch-
aus nicht bemerkbar. Im Gegenteil, die ältere
Korporation gewinnt von Jahr zu Jahr mehr
an Frische, wogegen die Luitpoldgruppe an
Blutleere zu erkranken droht. Nichtsdestowe-
nigerfinden wirhier die alten, bewährten Kräfte
und meist sogar an derselben Stelle wie alle
Jahre, gerade so, als ob diese gepachtet wäre.
Es läßt sich daher über die meisten Künstler
nichts Neues sagen; zumal bleibt Fritz Baer
seiner Art treu. Das Bild vom Pilsensee so-
wohl als die »Morgenstimmung in den Bergen«
schließen sich seinen früheren Bildern an; das
Vorherrschen der technischen Mache, das Ar-
beitenlassen des Materials war von jeher Baers
Stärke, damit soll der großen Anlage und An-

schauung nicht zu nahe getreten werden. Eben-
falls mit stark technischen Mitteln arbeitet Hans
H e i d e r, sein herbstlicher Tannenwald ist wohl
unter den übrigen Bildern das beste. Weit ein-
facher und schlichter erscheint die großge-
dachte Landschaft von Ernst Gerh ard »Sturm
im öden Land«. Eine ernste, fast dämonisch
wirkende Stimmung liegt über der trostlos
weiten Ebene. Karl K ü s t n e r hat in die ver-
schiedenen neuartigen Motive eine Bereiche-
rung hineingetragen, die erfreulich zeigt, wie
selbst ein schon längst zur Reite gediehener
Künstler weiterschreiten kann. Koloristisch in-
teressant und wirkungsvoll sind die tiefbeseel-
ten Landschaften von Wenzel Wirkner;
sie stechen um so bestimmter aus der Menge
heraus, die nur aufgenommen worden zu sein
scheint, um für die besseren Bilder eine halb-
wegs günstige Bei- oder Unterordnung zu
schaffen.
Recht gute Naturstudien, positive Malereien,
die Routine und Technik voraussetzen, sind
die drei Arbeiten von H e i n ri c h B r ün e. Es
wird wohl niemand geben, der die beiden weib-
lichen Akte, vom modern technischen Stand-
punkte aus betrachtet, nicht vortrefflich fin-
den wird. Diese Studien sind mit den einfach-
sten Mitteln kräftig und sicher herunterge-
schrieben. Von einer Studie oder Skizze kann
man schlechterdings nichtmehrverlangen. Aber
schließlich soll das alles nur Mittel zum Zweck
sein, denn die Notwendigkeit, mit den zeit-
genössischen Errungenschaften eine geistige,
gedankenvolle antinaturalistische Kunst zu
schaffen, die Technik, Form und Linie in den
Dienst der Idee stellt, dürfte wohl nicht un-
berechtigt sein. Brüne hat das Talent dazu und
wir können bei seiner Jugend hoffen, noch
einmal schöne Resultate seiner Kunst in edle-
rem Gewände zu sehen. Ähnliches gilt von
Georg Mayer- Frank en, der aber im Ko-
lorit noch nicht das Lockere, Leichte erreicht
hat. Rudolf Schiestl erfreute hier, wie
ebenso sein Bruder Matthäus in den ande-
ren Räumen der Genossenschaft mit einem
köstlichen Bildchen von echt deutscher Bieder-
keit; R. Will mann mit einem in altmeister-
lichem Charakter gehaltenen »Fasan und Perl-
huhn«. Edel und vornehm in der Form ist
der allerdings nicht modern gemalte, dafür
um so ansprechender in der beabsichtigten
Idee gehaltene Frauenakt »Vanitas« von Alb.
Lang. W a 11 e r T h o r s eigenartige Mosaik-
technik kommt wieder am schönsten in eini-
gen Bildnissen zur Geltung, unter denen das
Doppelbildnis des Malers und seiner Frau am
glänzendsten und ausgeglichensten, auf einer
erstaunlichen Höhe des Könnens angelangt ist.
 
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