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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-177 Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0018

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Hand, daß dic Kreisversammlungen mittelbar
eincn energischen Einfluß auf den ganzen Gang
der innern Staatsverwaltung ausübeii können
und daß, weiügstens für die erste Zeit, der
Schwerpunkt ihrer Bcdeutung weniger in der
Jnteressenpflcgc, alS eben in dieser politischen
Stcllung zur Regierung liegen dürfte.

* Politische ttmscha«.

* Die auswärtigen Angelegenheiten der Staa-
ten können nie abgesondert, sondern müssen stets
im Zusammenhange behandelt werden. Eine
außerc Frage kann in ihrer Vereinzelung ge-
ringfügig erscheinen, währcnd sie im großen
Organismus der Weltpolitik oft eine sehr her-
vorragende Wichtigkeit gewinnt. Die bis zur
Ermüdung der Mitwelt besprocheue Herzog-
thümerfrage theilt dieses Schicksal. Das Aus-
land zcigt sich geneigt, diese als cine innere
deutsche Fragc zu behandeln, und wäre sie nur
dicses in der That, so könnte man sich bei der
unendlichen Langsamkeit, mit welcher deutsche
Angelegenheiten sich abzuwickeln pflegen. auf
lange Jahre bis zu ihrcr deftnitiven Schlich-
tung noch leichter vertrösten. Abcr auch diese
Frage steht im innigsten Verbande mit der all-
gemeincn Politik; sie ist eine Wunde Deutsch-
lands, die, so lange sie offen erhalten wird,
dem Auslande Gelegeuheit zu den vielseitigsteu
Einmischungen geben kann. Es ist unverkenn-
bar, daß namentlich Frankreich diese Wunde
mit innerlichem Behagen anschaut; sie dient
ihm nameutlich als Bürgschaft gegen die Even-
tualitat einer nordischen Allianz; denu so lange
Oesterreich und Preußen über die Herzogthümer-
frage hadern, ist eine solche Allianz sehr un-
wahrscheinlich. Verwickelter noch dürften die
Combinationen leicht werden, wenu Napoleon
dem Drucke der öffentlichen Mcinung nachgibt,
und seine Truppen aus Mexiko zurückzieht, und
dadurch wieder freiere Hand in Europa ge-
winnt.

Das preußische Abgeordnetenfeft, zu welchem
die Präsidentcn und sämmtliche Abgeordneten
der freisinnigen Majorität (deutsche Fortschritts-
partei und linkes Centrum) eingeladen werden,
wird am 22. d. mit einem Bankette im großen
Gürzenichsaale zu Köln eingeleitet und am fol-
genden Tage mit einer Festsahrt iN's Sieben-
gebirge fortgesetzt und beschlossen.

Wie das „Fr. I." vernimmt, hat der Senat
von Frankfurt dem von Preußen Namens des
Zollvereins mit dem Königreich Jtalien abge-
schlossenen Handels- und Zollvertrag, vorbehalt-
lich der verfassungsmäßigen Zustimnmng der
übrigen Staatskörperschasten, seine Genehmi-
gung ertheilt.

Die „Allg. Ztg." gibt eine Uebersicht der
„Wandlungen der preußischen Ansichten über
die schleswig-holsteinische Nechtsfrage vom 1.
Dec. 1863 bis 1. Juni 1865" mit den Beleg-
stellen. Das Capitel spielt rn folgenden 10
Abtheilungcn: 1. „Christian IX. ist allein zur
Erbfolge in Schleswig-Holstein, kraft des Lon-
doner Vertrags vom 8. Mai 1852 berechtigt";
2. „Christian IX. hat nie ein Necht auf die

thnlen brsetzt; zwei Musiskörper, die badische Re-
gimrntsmusik aus Konstanz und die Schaffhauser
Militärmusik, spielten ihre Weisen. Dann trat der
Frstprasident Peyer im Hof auf die Rednerbühne
und brachte den Toast auf das Vaterland aus; er

Gegensätze dcr Cantone, der Sprache, der Religion,
der Beschäftigung und der Sitten, selbst dic feind-
seligen Kämpfe dtr Eisenbahnbestrebungen — um
dann zu schildern, wie übrr all' diesen Gegensatzen
fiegend und durchschlagend die Jdee des Vaterlan-
des sich erhebe und zu Wort und That begeistere.
Dann brachte Casimir Pfvffer von Luzern «in
Hoch auf den Canton Schaffhausen auS, welcher

tonrn ebenbürtig sei. Ständerath Aunnann von
Schaffhausen gedachte des letzten festgebendenOrtes,
Lachaurbefonds, und des ganzen Eantons Neurn-
burg. Ihm antwortete Girard, Vicepräsident des
abtretenden Comites von Lachaurdefonds. Damit
schloß die Rethe drr Toaste, etwa um 2 Uhr.
Schon die beiben letzten Rrden konnten kaum mehr

Erbfolge in Schleswig - Holstein besessen"; 3.
„Der Erbprinz von Augustenburg hat das beste
Recht auf die Thronsolge in Schleswig-Hol-
stein"; 4. „Möglicherweise hat der Großherzog
von Oldcnburg ein Necht auf die Erbfolge in
Schleswig-Holstein"; 5. „Christian IX hat
jedenfalls Besitzrecht, vielleicht auch Erbrecht"';
6. „Bevor das 'Gutachten der Kronsyndici vor-
licgt, ist für Preußen keine sichere Entscheidung
zu treffen; 7. „Das Recht des Erbprinzen von
Augustenburg ist zweifelhaft"; 8. „Preußen
hat selbst Erbansprüche"; 9. „Christian IX. war
formell zur Thronfolge berechtigt kraft des
Thronfolgcgesetzes vom 31. Juli 1853"; 10.
„Kraft der Cession Christian's X. sind der
König von Preußen und der Kaiser von Oestcr-
reich Herzog von Schleswig-Holstein." Zur
Ergänzung dieser pikanten Mittheilung der
»Allg. Ztg." bemerkt das „Fe. A.", daß sich
ganz dieselben Wandelungen in der österreichi-
schen Politik nachweisen lassen.

Die Anordnung der Regierung der vereinig-
ten Staaten von Nordamerika, wonach mit
Ausnahme der als Einwanderer unmittelbar
zur See in einem amerikanischen Hafen ein-
trefsenden Passagiere keinem Reisenden gestattet
war, ohne Paß aus einem fremdeu Lande in
die Vereinigten Staaten einzutreten, ist kürzlich
zurückgcnommen worden.

D e u t sch l a n d

Karlsruhe, 4. Juli. Sc. K. Hoheit der
Großherzog haben unterm 30. Juni gnädigst
geruht, den Postverwalter Joseph Vitali in
Donaueschingen in den Nuhestand zu versetzen;
ferner unter gleichem Datum den Postofftzialen
Joseph Huber in Mannhcim der Direction der
Verkehrsanstalten zur Verwendung bei der Rech-
nungsrevision zuzutheilen.

Karlsruhe, 4. Juli. Bei Jhrer Königl.
Hoheit der Frau Großherzogin Sophie hat das
schon längere Zeit bestehende, aber durch öftern
istillstaud einen mildenVerlauf nehmende Brust-
leiden iu Folge eines unvermuthet auftretenden,
sehr lebhaften rheumatischen Fiebers eine be-
denksiche Wendung genommen, welche in hohem
Grade Besorgniß erregt. (K. Z.)

Karlsruhe, 4. Juli. Die neueste Nnmmer
(30) des Regierungsblattes vom 1. d. M. ent-
hält eine Bekanntmachung des großh. Mini-
steriumS des großh. Hauses und der auswär-
tigen Angelegenheiten, wodurch die Verträge
zwischeu dem deutschen Zollverein und Oester-
reich vom 11. April veröffentlicht werden.

Stuttgart, 4. Juli, Mittags. Die Ab-
geordnetenkammer nahm heute einstimmig den
Antrag an: Dic Regierung um Ertheilung des
Wahlrechts an die Kapital-, Renten', Dienst-
und Berufseinkommen versteuernden Staats-
bürger unter Aufhebung des Erfordernisses des
Ortsbürgerrechts zu ersuchen; ebenso nahm die
Kammer mit 74 gegen 5 Stimmen den Antrag
an, die Regierung um Einführung der gehei-
men Stimmgebung zu bitten.

Wiesbaden, 3. Zuli. Die gestrige Ur-
wahl in unserer Stadt, bei welcher die Fort-

i gehört werden, weil mit dem Scklag 1 Uhr in den
! nahen — fast allzunahen — Schießständen ein leb-
! haftes Knattcrn der Büchsen begonnen hatte. Es
! wurde ven Nackmittag über stark geschossen und

statt. Es stand nämlich an rinem ziemlich frisch
brrasten Grabe eine junge, hübschr, in Halbtrauer
grkleidete Krau und gab sich dem maßlosestcn Kum-
mer hin. Manckrs Auge haftcte auf der schönen
Traucrndcn und Jedermann ehrte ihren heiligen
! Schmerz, als plötzlich eine alte Frau rrschien und
! dir Dame verwundcrt anblickt. WaS haben Sie

schrittspartei in allen drei Klassen mit emincn-
ter Mehrheit siegte, war das Werk weniger
Stunden. Der Beginn der Wahlen war auf
9 Uhr bestimmt worden; um 11 Uhr war be-
reits der Sieg cntschieden, obgleich die Staats-
und Hofdiener, Officiere rc. zuerst zu wählen
hatten. Die evangelische Geistlichkeit, ein Theil
des Officiercorps, die Mitglieder des Hof- und
Appellationsgerichts, des Oberappellationsge-
richts und der Landesbankdirection haben sich
(bis auf einige AuSnahmen) der Wahl enthal-
ten. — Aus deui Lande lauten die Nachrichten
überaus günstig; selbst im Rhcingau, der Do-
mäne der Clericalcn, sind diese unterlegen. Die
Fortschrittspartei wird, wie man jetzt mit Sicher-
heit aunehmen kann, 17 oder 18 Sitze in der
zweiten Kammer einnehmen.

Müncherr, 3. Juli. Bei der heutigen Ver-
handlung der Reichsrathskammer in der schles-
wig - holsteinischen Angelegenheit erklärte Herr
v. d. Pfordten: Für uns fragt es sich, ob,
wenn das Bundesrecht des Herzogthums Hol-
stein nicht gewahrt wird, es sich dann mit der
Ehre, der Würde uud der Zukunft Bayerns
vereinbart, sich an seine Bundespflichten gebun-
den zu erachten? Die Kammer hat hierauf
den Antrag der Abgeordnetenkammcr bezüglich
der schleswig-holsteinischen Angetegenheit ein-
stimmig angenommen.

Berlin, 3. Juli. Der heutigc „Staats-
anzeiger". enthält eine Uebersicht der Beschwer-
den'der Nordschleswiger und sagt: „Falls eine
Abhilfe im Wege. der Jnstanzen auf unerwar-
tete Schwierigkeiten stoßen sollte, müsse die
preußische Regierung die von den Nordschles-
wigern beantragte unpartheiische, aus preußi-
schen, österreichischcn und nicht-schleswig-holstei-
nischen Beamten zusammenzusetzende Unter-
suchungscommission in Wien befürworten. Die
preußische Regierung würdc niemals zugeben,
daß fanätische Parteigänger Augustenburgischer
Tendenz jetzt dieselben Bedrücknngen gegen die
dänischen Unterthanen ausüben, worüber früher
die Deutschcn geklagt haben. Das Treiben sol-
cher Partei sei das wescntliche Hinderniß der
Consolidation der Herzogthümerzustände und
dazu geeignet, über die Zukunft der Herzoy-
thümer, wenn dieselben einen selbstständigen
Staat bilden sollten, Besorgniß zu erwecken.
Die Bedrückung der dänischen Nationalität wäre
nicht allein unbillig, sondern politisch auch höchst
unklug, weil sie die Blicke der Nordschleswiger
dauernd nach Dänemark richteten, ihre Sym-
pathien den Herzogthümern verloren gehen und
Dänemark zugethan bleiben würden. So lange
dies der Fall, sei der Bestand dieses Staates
immer neuen Erschütterungen ausgesetzt."

Wien, 26. Juni. Die Zugeständniffe, zu
denen sich Oesterreich neuerdings (Depesche vom
5. Juni) in der schleswig-holsteinischen Frage
Preußen gegenüber bereit erklärt hat, werden
von dem officiösen Correspondenten der „Karlsr.
Ztg." wie folgt präcisirt: Oesterrcich wendet
nichts dawider ein, daß Preußen den Hafen
von Kiel für scine Marinezwecke benutze; über
etwaige sonstige maritime Leistungen der Her-
zogthümer (Marineconscription rc.) hält es eine

an diesem Grabe zu barmen nnd zu jammcrn?
fragte die Alte pikirt. Störcn Sie mich nicbt, hicr
schlummert mein Heißgeliebter — sie konnte vor
Schlucbzen nickt weitcr sprechen. So? Schämen
Sie sich! scdnaubte dic Alte. — ES kam zu Er-
klärungen. Die junge Wittwe hatte das Grab ihreS
Gatten verweckselt und mit ihren Thränen eine
Stunde lang den Rasenhügel eines im vier und
siebenzigsien Iabre in die Ewigkeit abgefahrenen
Lohnkutschers begossen. Der richtige Gegenstand
ihres Trennungsschm>'rzeS schlummerte wenigstenS
zwanzig Schritt seitwärts.

(Aus einem Mädcheninstitute.) Ein Herr
besuchte, wie die „Hess. Ldsztg." meldet, neulich
seine Tochter, welche sich in einem der ersten In-
stitute Darmstadts befand. Die Vorsteherin lud ibn
zum Abendesscn ein, und es cntspann sich dabei
ein kleineS Zwiegespräch, das wir — als die Ver-
köstigungen seitens dieser Anstalten kennzeichnend
— hier kurz wiedergeben wollen. — Herr: „Darf
ich fragen, ob daö Kaffee oder Thee ist, was Sie
soeben die Güte hatten, mir einiuschenken?" —
Dic Vorsteherin (verwundcrt): „Wie soll ich diese
Fragc verstehen?" — Hcrr (mit einer höflichen Ver-
beuaung): „Ich meine nur, Madame, wenn es
Kaffee ist, so möchte ich Sie um eine Taffe Thee
bitten, ist es abcr Thee, so möchte ich lieber den
Kaffee versnchen."
 
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