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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 178-204 August
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eidrlberger Zeilung.

Kreisverkllildigungsblatt für den Kreis Heidclberg und a!Ntliches BerkündiguiigSblatt für dic Aints- und Amts-
Gcrichtsbezirke Heidelbcrg und Wiesloch und dcn Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.

M 18«


Donncrstag, s 'August


Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann man sich
noch für die Monate
August und Sesttember mit 42 Kreuzern abon-
niren bei allen Postanstalten, den Boten und
Zeitungsträgern, sowie der Expedition (Schiff-
gasse Nr. 4).

* Po!itisetze Nnrschan.

* Die äußerst langmicrige und langweilige
schleSwig - holfteinische Frage hat schon wieder
eine neue Wendung genommen. Es ist von
einem Einlenken Preußens nicht mehr die Nede,
und in Wien wird die Erbitterung deßhalb
immer größer. An Hrn. v. Halbhuber, in dem
der österreichische Mitbesitz in den Elbherzog-
thümern gerädezu verhöhnt worden ist, sollen
daher auch entschiedene Jnstructionen abgegan-
gen sein, worübxr wir jedoch die Bestätigung
abwarten müssen. Vor AÜem sollte, unseres
Erachtens, endlich einmal die österreichische Bri-
gade dem preußischen Oberbefehl entzogen wer-
den, damit der österreichische Commissär nach
eigencm Ermessen über sie verfügen kann. Bis-
marck könnte eines Tages auch auf den Ein-
fall kommen, daß die Herzogthümer zu schr mit
Truppen belaftet seien, und deßhalb der öster-
reichischen Brigade den Befehl ertheilen — ab-
zuziehen, und es wäre dieses nicht der schlech-
teste seiner bisherigen Witze und Curiositäten.
Zeit wäre es überhaupt einmal, daß das zu
Stande gekommene östcrreichische Ministerium
cin'rntscheidendes Wort fpräche, wen'n auch nur
im eigenen Intercsse. Das gesammte öfter-
reichische Volk wartet darauf, und Deutschland
nicht minder, am meistcn aber die Schleswig-
Holsteiner selbst, für die es am erfreulichsten
wäre, wenn sowohl das österreichische wie das
preußische Armeecorps das arme Land nicht
serner aussaugen, vielmehr ihren Bewohnern
Lebewohl sagen würden.

'Der Großherzog von Baden ist unter
dem Namen eineS Grafen von Eberstein in
Trouviüe angckommen.

Die Neuwahlen für die Gemcinderäthe in
Frankreich sind noch entschiedener als die
ersten Wahlen im Sinne der Opposition aus-
gesallen.

D e n t s ctz l a n d
^ Vom Neckar, 30. Jnli. Jn der
gestrigen Nummer dieser Zcitung haben wir

Die Arndt-Feier in Bonn.

Bonn, 29. Juli. Heute wurbe das Ernst
Moritz Arndt vahiex errichtete Standbild auf
feierltche Weise enthüllt. Die heutige Feier nimmt
unter ven Festen der letzten Tage eine hervortre-
tende Stellung ein; dieselbc hat elne hohe Bedeu-
tung und laßt wahre Beg.eisterung zu.

Die Nation ehrt fich selbst, indem sie einen ihrer
bedeutendsten Männer chrt, und Sang und Klang,
das begeistcrte Wort des RednerS und der Zubel
der Menge, all dte Aeußerungcn etnes frcudig und
tief bewegten Jnnern gehen bewußt oder unbewußt
aus dem nationalen Stolze hervor, daß der Mann,
drffrn Drnkmal fich nunmehr am Ufer deS Rhrin-
stromes erhrbt, der Unserige war.

Die Brtheiligung am Krste ist eine große. Sämmt-
liche Turnstädte dcS Rheinlandes und Westphalens
find vertreten. Die Sängrr, Studenten und sonstige,
fich mit Karten versrhende Festtbeilnehmer find nach
Hunderten zu zählen. Die Stadt Köln tst durch die
drci Stadtverordneten W'Meurcr, Claffen-Kap-
pelmann und W. A. HoSpelt, dte deutschen Ele-
mrnte tn Belgien und Rußland durch Deputationen

nachgewiesen, daß das den Gemeinden eingc-
väumte Recht der Pfarrwahlen ein Gegenstand
der Unzufriedenheit vielcr Geistlichen ist. Heute
wollen wir darauf aufmerksam machen, daß
aber auch den Gemeinden dieses Recht bisweilen
so verleidet wird, daß sie lieber auf die Aus-
übung dcsselben verzichten, als in verkümmerter
Weise Gebrauch davon zu machen; und daß in
diescr Beziehung die Schuld zum Theil auf die
oberste Kirchenbehörde zurückfällt, wenn auch
-erselben keine absichtliche Kränkung der Ge-
meizlde und ihres RschteS zur Last gelcgt wcr-
dcn kann. So war z. B. den öffentlichen Be-
richten zufolge die Gemeinde Zhringen am
Kaiserstuhle gegen das Ende des vorigen Mo-
natS zum ersten Male in der Lage, von dem
Ncchte der Pfarrwahl Gebrauch zu machen; sie
sah sich jedoch durch einen cigenthümlichen Fall
veranlaßt, davon abzustehen. Um die dortige
erledigte Pfarrstelle hatten sich nämlich nur
drei Bewerber eingestellt, also gerade so viele,
als, der Kirchenverfassung gemäß, die oberste
Kirchenbehörde der Gemeinde vorzuschlagen hat.
Da aber der eine jener Bewerber in der Zwi-
schenzeit von einer andcren Gemeinde gewählt
worden war, so waren nur noch zwei Bewer-
ber zum Vorschlag übrig. Die Gemeinde glaubte,
um zu ihrem vollen, ungeschmälerten verfas-
sungSmaßigen Rechte zu gelangen, ein noch-
maligcs Ausschreibcn der Pfarrei verlangen zu
können; der Oberkirchenrath ließ sich jcdoch nicht
darauf ein, sondern ordnete die Wahl an.
Allein nach der durch eine zweckmäßige An-
sprache des Decans eingeleiteten Wahlhandlung
fandcn sich lauter leere Stimmzettel vor.
Die zur Wahl berufcne Kirchengemeindever-
sammlung legte offenbar durch diese Maßregel
eine wiederholte thatsächliche Protestation
gegen die oberkirchenräthliche Anordnung ein
und gab zu erkennen, daß sie auf einem noch-
maligen Ausschreiben der Pfarrei bestehe, was
nun auch, nach einer einjährigen provisorischen
Verwaltung der Stclle, geschchen muß. Es
fragt sich hier nur, wer von beiden in dem
vorliegendcn Falle Recht hatte, die Kirchenbe-
hörde oder die Gemeinde? Das Gesetz hatte
eincn solchen Fall, der freilich nicht häufig vor-
kommen wird, aber doch möglich ift, nicht vor-
geschen; und es handclt sich daher nur um die
verschiedene Auslegung eines Gesetzes, welches
dcr klarcn Bestimmtheit entbehrt. Der Ober-
kirchenrath kann sich darauf berufcn, daß das

nicht.

Um halb 11 Uhr heute Morgens setzte fich der

mal angebrachten Sitzen Platz genommen. Als der
Festgefang verrauscht war, lettete tzer Eurator Be-
scler die Feier mtt riner kurzen, ziemlich sarblosen
Ansprache ein. AppellationSgerichtSrath v. Ammon
htclt dte Weiherede. Er hob die Lage der Ver-
hältniffe, unter welchen Arndt gewirkt hatte, her-
vor und betonte die lange SuSpenfion der amt-
lichen Wirksamkeit, we che über den verehrtrn
Volksmann verhängt worden. Sein Wahlspruch
ist noch heute der unsertge: „Recht muß Rrcht
bletben."

Nach Beendigung der ergreifenben, mehrmalS
durch lebhaften Brifall unterbrochenen Rede siel
dte Hülle des DenkmalS unter dem lautesten, von

Gesetz kein wiederholtes Ausschreiben verlangt,
wenn weniger als drei Bewerber vorhanden
sind. Die Gemeinde kann geltend machen, daß
hier drei Bewerber vorhanden waren, und der
eine dcrselben erst zwischen der Meldnng und
der Wahl abhanden kam; daß aber nach dem
Rücktritt desselben sich leicht manche neue Be-
werbcr einstellen können, die viellejcht nur da-
rum zurückgeblieben waren, weil sie jenen dreien
gegenüber keine Hoffuung hatten, in Vorschlag
gebracht zu werden. Wir unsererseits müssen
osfeu gcstehen, daß wir die Anschauung der
Gemeinde für wohlbegründet halten; denn das
ohnehin schon sehr beschränkte Rrcht, unter drei
Lorgeschlagenen zu wählen, sollte nicht noch
mehr dadurch beschränkt werden, daß man ihr
nur unter Zweien die Wahl läßt.' Anders
verhält sich sreilich die Sache, wenn sich von
vornherein keine drei Bewerber einstellen, denn
in diesem Falle läßt sich voraussetzen, daß keine
weilcren Lust zu dieser Stelle hatten, uud ein
wiederholtes Ausschreiben würde vorauSsichtlich
erfolglos sein, oder erscheint doch nicht als ge-
bolcn. Um aber künfligen Mißständen dieser
Arl vorzubeugen, wäre ein erläulernder Zusatz
zu dem Gesetze wünschenswerth.

AuS dem Kraich^au, 31. Juli. Gcstern
dtachmittag wurde in dem Dorfe Kirrlach ein
wanderndes Kasino gehalten, das von mehre-
ren hundert Landlcuten, sowie von dcm be-
kannten Kaufmann Lindau aus Heidelberg und
einer Anzahl ultramontaner Geistlichen besucht
war. Die Vcrsammlung endete mit einer
lärmenden Nauferei, wobei einige wenige
Nichtkasinotheilnehmervon der aufgeregten Masse
auf das Gröblichste mißhandelt wurden. Eine
gerichtlichc Untersuchung ist dem Vcrnehmen
nach bereits eingeleitet. (Schw. M.)

Darmstadt, 31. Iuli. Bei dem gestrigen
Festbankett, welches in heiterster Stimmung
verlief, traten unter Anderen als Festredner
auf Dr. Louis Büchner und ein Correspondent
der „Times", welcher die Versammlung in ge-
brochenem Deutsch ansprach. Das heute Mor-
gen abgehaltene Preisturnen verzögerte sich
durch einen unglücklichen Zufall um mehr als
zwei Stunden, wodurch dic Geduld des äußerst
zahlreich versammclten Publikums bei der wie-
der auf einen hohen Grad gestiegencn Hitze
auf eine harte Probe gestellt wurde. Man
wurde aber für das langc Harren durch zum
Theil wahrhaft erstaunliche Leistungen entschä-

einem Tusche der Musik begleireten Zubelrufe aller
Anwcsenden. Die milden und doch so ernsten Züge

ihre Wirkung auf die Anwesenden nicht.

Möge dieses stummberedte Erzgebild noch zu recht
vielen Beschauern sprechen, wie eS zu uns und ge-
wiß zu der Mehrzahl der Festtheilnehmer gesprochen
hat; rs thut wahrlich Noth, daß in unsercr skep-
tischen und vielfach so glaubens- und gemüthlosen
Zeit, in welcher sich eine Art von geistigem SanS-
culottenthum breit macht, ein Mann, wenn auch
nur durch den Anblick seiner Züge und Gestalt,
wie weiland Cid, den Feinden alles Wahren und
Eolen Furcht etnjagt und die Besscren, die fich in
sein Leben und Strcben versrnken, zu neuem Auf-
schwunge der Scele und des Geistes ermuthigt.
Die Erzstatue erhebt sich auf granitnem Piedestal,
deffen vier Seiten mit goldenen Znschriften ge-
schmückt find. Auf *der Ostseite prangt der Name:
Ernst Moritz Arndt, in goldnen Lettern, auf ber
Westseite liest man dte Worte, welche Arndt wäh-
rend deS Wienrr Longrrffes geschrirben: „Der
 
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