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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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Utidklbi'rgtr Zeilung.

Kreisverkündigungsblatt für üen Kreis Heidelberg und anitliches Berkündignngsblatt für die A>nts- unü Auits-
Gerichtsbezirke Heidclbcrg und Wiesloch mid dcn Anitsgerichtsbezirk Neckargemünd.

R» 228. Donn-rstag, 28. September

* Polilische Umfchau.

Der Rücktritt des Hrn. v. Roggenbach
von seinem Ministerposten wird dem „Fr. I."
wiederholt als sicher und zwar in nächster Zeit
bevorstehend, wenn auch noch nicht als vollendete
Thatsache bezeichnet. Ein Uebertrilt Roggen-
bachs in den preußischen Staatsdienst soll je-
doch in keiner Weise in Aussicht stehen, viel-
mehr werde dersclbe seine Thätigkeit ausschließ-
lich dem badischen Landtag zuwenden.

Die Dinge in Griechenland erhalten in
einer Correspondenz der Allg. Ztg. aus Athen
folgcnde erbauliche Beleuchtung: „Wir sind in
voller Auflösung begrisien! Das Ministerium
fällt auseinander, trennt sich in seine Bestand-
theile, die sich gegenseitig bekampfen — der
König mit seinem rathlosen Rathgeber ist von
Corfu telegraphisch nach Athen zurückberufen
worden — die Schichten der Bevölkerung von
Furcht und Angst durchbebt über die Dinge,
die da kommen werden und die von den Re-
gierungSorganen förmlich angekündigt stnd."

Wahlberichte.

* Heidelbera, 27. Sept. Jn liberalem
Sinne fielen die Wahlcn der Abgeordneten zu
den Kreisversammlungen ferner aus in Bonn-
dorf und Stühlingen. An ersterem Orte fielen
auf den Gewählten 34 Stimmen von 36; dem
Fortschritt günstig sind weiter die Wahlergeb-
nisse in Gengenbach und Haslach i. K., in
Ladenburg gingen aus der Urne hervor Kreis-
und Hofgerichtsrath H uffschmidt von Mann-
heim, als Ersatzmann Prof. Schmezer —
beide liberal — ebenso sind die in Lörrach ge-
wählten Abgeordneten Freunde der neuen staat-
lichen Einrichtungcn. Ueberlingen, Neckarbi-
schofsheim, der 1. und 2. Wahlbezirk vom Amte
Radolfzell — im 3. Wahlbezirk konnte wegen
einer beanstandeten Kreiswahlmännerwahl die
Wahl der Abgeordneten noch nicht erfolgen —
Weinheim, «Lchiltach und Hausach, beide Amt
Wolfach, die Amtsbezirke Meßkirch und Stockach
entsenden nur -freisinnige Abgeordnete zu den
Kreisversammlungen. — Jm Amtsbezirk Offen-
burg sind gewählt 1 Klerikaler. 3 Antiklerikale,
im ersten Wahldistrict' von Wiesloch ein Anti-
klerikaler; im Amtsbezirk Bühl ein Klerikaler,
zwei Antiklerikale. Von einem Bezirk dieses
Amtes ist das Resultat noch nicht bekannt; im
Amt Schopfheim haben die Liberalen zwei Ab-

geordnete. dic Schwarzen einen durchgesetzt.
Jm Amtc Waldshut sind beide Parteien gleich
stark vertreten. Jn Engen wurde der dortige
Bürgermeister — Farbe unbestimmt — ge-
wählt. Jm Amte Tauberbischossheim sind in
3 Bezirken die Wahlen klerikal, im Wahlbezirk
Tauberbischossheim dagegeN liberal ausgefallen.

* Eberbach, 25. Sept. Als Kreisabge-
ordnete wurdM für den hiesigen Amtsbezirk,
und zwar mit Einstimmigkeit hier gewählt:
Weinhändler Th. Frey und als Ersatzmann
Fr. Heuß, und in Neckargerach durch Stim-
menmehrheit: Bürgermeister Münch von Wald-
katzenbach und als Ersatzmann Rathschreillcr
Dicmer von Schollbrunn, lauter entschieden
liberale Männer.

MoSbach, 26. Sept. Für den AmtS-
bezirk Mosbach wurden gestern mit eminenter
Stimmenmehrheit als Kreisabgeordnete gewählt:
im Wahldistricte Mosbach: Rechtsanwalt W al-
lau dahier. im Wahldistricte Obrigheim: Dr.
Lillengaß von Breitenbronn, im Wahlbe-
zirke Dallau: Bezirksrath Bürgerm. Schoder
von Dallau, im Wahlbezirke Billigheim: Be-
zirksrath Merkle von Neudenau. Da sämmt-
liche Gewählte regierungsfreundlich gesinnt sind,
so unterlag die klerikale Partei bei dieser Wahl
vollständig, obwohl dieselbe sich, namentlich in
letztgenanntem Wahldistricte, wo mehrere Geist-
liche Wahlmänner waren, alle erdenkliche Mühe
gab, ihren Candidaten »Dekan Chriftophl von
Neudenau durchzusetzen. welcher als Ersatzmann
des Kreisabgeordneten Merkle gewählt wurde.

1- Boxberg, 26. Sept. Zn dem 1. Wahl-
bezirk des Amtes Boxberg wurde gesteru Be-
zirksrath Löwenwirth Thoma und als Ersatz»
mann Bezirksrath Walz von Sachsenflur als
Kreisabgeordnete gewählt, beide constitutionell
gesinnte Männer. Jn dem 2. Wahldistricte
Krautheim siegte dagegen die ultramontane Par-
tei init 20 gegen 12 Stimmen. Gewählt wurden
daselbst Dekan Holler von Oberwittstadt und
als Ersatzmann der kathol. Pfr. Pfreund-
schuh von GommerSdorf. NLHeres über diese
Wahl morgen.

Akastatt, 26. Septbr. Die Wahlen
der Kreisabgeordneten im Amte Rastatt sind
in drei Wahlbezirken in regierungSfreund-
lichem Sinne, und in zwei Wahlbezirken in
klerikalem Sinne, und zwar die letzteren mit
einer unbedeutenden Mehrheit ausgefallen.

-j- Müllheim, 26. Sept. In allen drei

Wahldistricten deS hicsigen Amtsbezirks ist die
Wahl der Kreisabgeovonclen cntschieden regie-
rungsfreundlich ausgefallen. DaS Gleiche ist
von der auf nächsten Donnerstag angeordneten
Wahl durch die Gemeindevertreter. die zwei
Mitglieder zu wählen haben. mit Bestimmtheit
zu erwarten.

: I : Waldkirch, 26. Sept. Erst heute
kann ich die, jedoch nur erfreuliche Mittheilung
machen, daß hier KaufmannFehrenbach, in
Gutach Bürgermeistcr Weis von Altsimons-
wald, und in Elzach Bürgermeister Bühler
allda alS Kreisabgeordnete gewählt wurden,
lanter Männer deS Fortschrittes.

Deutschland.

Karlsruhe, 25. Septbr. Ueber das in
jüngster Zeit verbreitete Gerucht von dem Rück-
tritt dcS Präsidenten v. Roggenbach äußert die
B. L.-Ztg.: Der Stand der Frage von dem
Verbleiben des Hrn. v. Roggenbach im Mini-
sterium ist für die nicht amtlichen Kreise noch
immer in Dunkel gehüllt und man weiß nur,
daß der Rücktritt dcs Präsidenten des auswär-
tigon Ministeriums einen Gegenstand ernstlicher
Erwägung gebildet hat oder noch bildet. Un-
ter ^iesen Umständen bleibt der ernste Eindruck
der erstLw-Non Frankfurt und Wien fast gleich-
zeitig gemeldeten Nachricht im Lande zurück.
Was Roggenbach in der deulschen Frage, was
er für Schleswig-Holstein, für Kurhessen ge-
than, ist noch in Jedermanns Gedächtniß: er
war der erstc deutsche Staatsmann an der
Spitze eines Ministeriums, im activen Dienst,
der offen, furchtlos und mannhaft die unab-
wcisbaren und doch ewig bei Scite gesetzten
Volksrcchtc vom Markte der gewöhnlichen Be-
sprechung wegnahm und sic als einen Glau-
benssatz der politischen Gegenwart auch für die
Regierungen anerkannte. Dieses Verdienst
bleibt Roggenbach für alle Zeiten, und daß
sein mannhafter Muth in diesem Punkte fast
vereinsamt stand, kann nur vazu dienen, den
ihm geschuldeten Dank zu vergrößern. Auch
in den Fragen der inneren Entwickelung unse-
res Landes stand Roggenbach stets treu
und energisch auf Seite der vollsten vcrfas-
sungsmäßigen Freiheit; alle großen Arbeiten
auf diesem Gebiete hatten auf seine energische
Mitwirkung zu r-echnen. Nur bezüglich der
Schulfrage glaubte man während der letzten
Monate in ihm den Vertreter einer „Verstän-

Der Marterpferch zu Andersonville.
(Fortsetzung.)

-f* Stadt-Theater in Heidelberg.

Gestern, am 26. Septembcr, wurde unser Thea-
ter in sehr würdiger Weise durch die Aufführung
von MozartsDonIuan eröffnet. Der Ein-

Director Widmann Glück wünschen, daß es ihm
gelungen ist, eine solche Menge tüchtigcr Kräftc zu
vrreinigen. Herr Wrede ist ein geschulter Ba-
riton, welcher die Titelrolle zu allgemeiner Befrie-
digung durchführte, ebenso die Herren Pichon I.
und II. Fräulein Richter alS Donna Anna ent-
faltrte cine reine, sehr hohe Sopran-Stimme mit
vortreffljcher Eoloratur, auch Fräulein Muckhardt
uls Donna Elvira hat vortrefflicbe Stimm-Mtttel.
Zu bedauern war, daß Fräulein Adrian als Zer-
line wegen Heiserkeit nicht zu singen vermochtc,
während ihr Spiel nichts zu wünschen übrig ließ.

Sängerin sehr gefallen hat. Vor Allen aber find
wir Herrn Kapellmrister Heber für srine wirklich
uuSgezeichnrte Leitung der Oper zu Dank verpflichtet.

vollständigen und Farben dazu liefern.

Dr. Iohn E. Bates, Arzt aus Georgia, ward
am 22. September 1864 zum Hospitaldienst in
Andersonville commandirt. Unter Anderm sagt er

ergriffen. Viele der Kranken lagen theilweise nackt,
von Unflath und Ungeziefer bedeckt, auf dem bloßen
Sand; andere waren in kletne Zelte zusammen-
gepackt, die sich im elendesten Zustande befanden...
Oft bettelten mich die Patienten um einen Thee-
löffel voll Salz, oder um eine Hand voll Kleie
an . . . . Wenn ich da stand, wo die Flcischratio-
nen zubereitct wurden, drängten fich die Leute um
mich und baten mich um Knochen.... Kleider

sehen, schrieb ich an den Oberarzt Dr. Stevenson
einen Bericht, worin ich die Dinge schilderte, wte
sie waren, und erhielt dafür lediglich eincn stren-
gen Verweis. Dic Zahl der Kranken betrug, als
ich hinkam, 2000—2500. Die Krankheiten waren
Skorbut, Wassersucht, Diarrhöe, Hospitalbrand rc.
Ich muß nach Pflicht und Gewiffen sagen, daß
volle 75 Procent der Kranken bei geeigneter Ver-

ging bis zur völligen Faulniß; viele der daran
Erkrankten konnten nicht mehr essen, weil ihre
Zähne losgclöst waren, fie bäten oft und vcrgcbens
um solche Nahrungsmittel, die fie zu fich zu neh-
men im Stande sein würden . . . Wegen Mangels
an Lcbensmitteln oder ungesunder Beschaffenheit
derselben starben manche Hungers. Die Amputa-
tioncn in Folge von Hospitalbrand waren außer-
ordentlich zahlreich... In nächster Nähe des
Pferchs stand Holz in Menge, um Blockhütten für
die Gefangenen zu bauen und ihnen Brennmaterial
zu liefern. Oft ward Wirtz flehentlickst gebeten,
einen Trupp Gefangener unter Bedeckung Holz
schlagen zu lassen, aber er verweigerte es."

(Schluß folgt.)
 
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