Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 231-256 Oktober
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0415

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Donn-rstag. 19 October 18«S


* Politische Umschau.

Der Abg. Forstmann veröffentlicht in der
Rhein. Ztg." eine Erklärung, in der er, mit
Bezug aus den letzten Abgeordnetentag und die
disher erschienenen Erklärungen preußischer
Abgeordneten, seinen Standpunkt in der schleS-
wig-holsteinischen Frage ausführlich cntwickelt.
Am Schlusse derselben heißt es: „Der Weg,
auf dem Preußen zur Hegemonie in Deutsch-
land gclangen kann, ist allein dersenige der
moralischen Eroberungen, nicht die Blut- und
Eisenpolitik. Jch sage „der moralischen Ero-
berungen" , so sehr man jetzt auch über einen
solchen Zdealismus die Achstln zucken mag.
Wenn Preußen ernstlich auf diesen Weg cin-
lenkt., wird es den Partikularismus besiegen,
mcht dcn der deutschen Dynastien und ihrer
Höfe, so doch den der deutschen Stämme.
Meinen Wählern aber rufe ich zum Schluß
das Wort zu, welches sie mir so manchmal
als Motto entgegengetragen haben: Recht
muß doch Recht bleiben."

. Nach der „Schleswig-Holsteinschen Zeitung"
hat der Gouverneur, Generallieutenant von
Manteuffel, kürzlich in einer Tischrede geäußert,
Preußen wolle die Annerion der Herzogthü-
mer und fürchte dabei keinen Feind.

Eine Correspondenz der „Köln. Ztg." will
wissen, es seien nur 10,000 Thlr. Ueberschuß
dcr lauenburg. Staatscasse, die nach Berlin
überführt werden sollen, und nicht 100,000
Thaler.

Die Nachricks, der Justiz-Commission sei
vom General-Polizeimeister Treppow dic Mit-
lheilung zUgegangen, daß der Kriegszustand
im Königreich Polen Neujahr 1866 aufgeho-
bcn werden würde rc., wird von der „N. Pr.
Z" für total falsch erklärt.

Der französischen Regierung macht jetzt
Algier mehr Sorge, als der vermeintliche Pro-
test Sewards gegen neue Truppensendungen
nach Mexico. Der Marschall Mac-Mahon,
Gouverneur jener Colonie, ist nach Pgris be-
rufen, wo er sich längere Zeit aufhalten wird,
um den Verhandlungen über die Reorganisa-
lion der algerischen Regiernng beizuwohnen.
Die kaiserlichen Proclamationen haben die Ara-
ber sehr aufgeregt, und man erwartet, daß sie
dcn Kolonisten zusetzen würden, so viel sie
können. Zch sprach heutc mit Jemand, dcr
die Brandlegungen, von denen vor einigen

kart August und die graue piquesche.

Goethe's, starb 1818. — Es ist bekannt, daß sich

"ahm im BorkenhäuSchen und im römischen Hause
S"n auf längere Zett Quartier, und wie sehr ihm
bicse Einsamkeit behagte, davon legen seine Vrtefe

roulischen Hause und kehrte dem Wege, .der gerabe
i'iuter ihm zur Stadt führte, den Rücken zu, wie
i'as sy setne Gewohnhcit war. Behaglich lehnte er
>m Schaukelstuhle, die Thonpfeife im Munde, die
Hände in den Taschen seiner stereotypen grauen Pi-
^ueschx, und das Herz jhm auf beim Anblick
Abendhimmels und bei all dem Grün und dem
^ogelgesang ringsumher.

war so vertieft, daß er den Mann ntcht be-
^erkte, der vom Dorfe Obrr-Weimar baher kam.
^ war der Sattlermetster H-, der ausgcgangen
'"ur, um den schönen Nachmittag zu genießen, aber

Tagcn die Zeitungen voll waren, an Ort und
Stelle studirt hat, und der sich nicht genug
über die Allgemeinheit derselben wundern
konntc. Einzelne Brandstifter sind eingezogen
und werden süh vor den KriegSgerichten zu

Durch ein königl. Decret ift die Deputirten-
kammer in Spanien aufgelöst, die neuen Wah-
len sind auf den 1. Dcc. und die folgenden
Tage ansgcschrieben und die Cortes auf den
27. December einberufen.

Deutschl.rnd.

Karlsruhe, 16. Okt. Die „N. F. Z."
bringt von hicr nachstchende auffallendc Nach"
richl, deren Bestätigung noch abzuwarten sein
dürfte: Sie werden sich wundern, über Frank-
'furter Verhältnisse von hier aus eine Mitthei-
lung zu erhalten. Da jedoch die in Jhrer
Stadt crjcheinenden Blätter nichts davou mel-
den, so wird es Jhnen nicht unlieb sein, von
mir über die nächsten Folgen des Abgeordne-
tentagcs für die sogenannte sreie Stadt etwas
zu erfahren. Es haben nämlich Oesterreich
und Preußen eine Note an den Frankfurter
Senat erlassen, worin sie ihn auffordern, der
politischen Agitation, die in Frankfurt ihren
Herd habc, wie die häufigen Versammlungen,
die Haltung dcr Preffc, die Vereine bcweisen,
ein Ende zu machen; widrigenfaüS würden dic
beiden Mächte selbst d.ie Regierung ver sreien
Stadt in die Hand nehmen. Mehren andern
deutschen Regicrungen hat man die Ehre an-
gethan, ihnen von der Sache Kenntniß zu ge-
ben. Nach den neuesten mir zugekommenen
Nachrichten soll der Frankfurter Senat mit
Einer Stimme Mehrheit beschlossen haben, sich
dem Ansinnen der beiden Groß- und Vormächte
zu fügen.

Karlsruhe, 16. Oct. Der „Schw. M."
schreibt: Der Präsident dcs Finanzministe-
riums, Staatsrath Vogelmann, scheint über
die gleichzeitige Anforderung dcr Besserstel-
lung für die Volksschullehrer ^rnd für die (wie
wir hörenDolksthümlichen) Zwecke des Kriegs-
ministeriums Bedenken gehegt zu haben, welche
indessen jetzt beseitigt sein sollen. Der Ver-
kündigung der Ernennung des Hrn. v. EdelS-
heim sieht man jeden Tag entgegen. Wenn
die Energie des Mannes halbwegs seiner
Lußern Erscheinung entspricht, so werden
etwaige Gegner einen schwcren Stand haben.

da bab' ich Dich ja, Du nichtsnutziger Kammer-
diener. Ietzt sollst Du dafür büßen, daß Du armer
Teufel mit der Tockter eines Sattlermeisters schön

ich nicht großherzoglicher Hofsattler geworden bin —
warte, jctzt sollst Du die schönsten Prügel bekom-
men." Im Fliederbaum sLlägt eine Nachtigall.

näher kommt der Rächer daher geschlichen und dnrch
die Luft zkscht der Knotenskock. . .

Wie der Wind stand der Großherzog anf den
Füßen. Er griff nach seinem Rücken, die Pfeife

Erst taumelte er gegen einen Baum und lag eine
Secunde wte lebloS da, abrr dann raffte rr fich

— Wie man hört, soll die Lchrstelle de r VolkS
wirthschast am Polytcchnikum dcfinitiv besetzt
werden, jedoch eine bestimmle Wahl unter den
zu Berufenden noch nicht getroffen sein. —
An der eben stattftndenden ersten juristischen
Prüfung nehmen 19 Kandidaten Theil.

/X Freiburg, 17. Oct. Herr Bencficiat
Becker beabsichtigt in dcm Lehrinstitut Adel-
hausen einen neuen Cyclus seiner Thätigkeit
zu ^röffnen. Gestern machte er in der Kloster-
kirche von der Kanzel herab den Kindcrn be-
kannt, daß er abermals versuchen werde im
Lehriustitut Adelhausen den Religionsunterricht
zu ertheilen, und daß sich die vierte Klaffe von
8 — 9 Uhr und die sechstc Klasse von 9 —10
Uhr in der Klostcrkirche zu versammeln hälten.
Heute erschien nun Beneficiat Bc cker und Dom-
kapitular Weickum zur festgesctzten Stunde,
sie fanden aber die Kirche leer, nnd als sic die
Kinder aus dem Schulzimmer abholen wollten,
murde ihnen der Eintritt in dasselbe verwehrt.
Dcr Ortsschulrath hattc, um dic L-chüler und
Lchrerkknen vor diesen Gästen und ihrem un-
geeigneten Auftreten zu schonen, die Schulthüre
verschlossen, und denselben in aller Ruhe er-
klärt, daß nach Beschluß der höchsten zuständi-
gen Staatsbchörden Beneficiat Becker in diesem
Lehrinstitut keinen ReligionSunterricht mehr er-
theilen könne. Dte beiden geistlichen Herren
waren sehr aufgebrachl über dieses unerwartete
Hinderniß, mußten sich aber in die Nothwen-
digkeit fügen. Auf Verlangcn gab der Orts-
schulrath den beiden Herren den Grund seines
Handelns schriftlich mit. Doch auch abgesehen
von diesem Vorfalle würde das neuc Unter-
nehmen des Beneficiaten Becker schwcrlich proS-
periren. Viele Eltern sind nämlich über das
leidenschaftliche Treiben dieses Herrn ungehalten
und unzufriedcn und schicken ihre Kinder nicht
mehr in seinen Neligionsunterricht. DaS ist
denn auch das Einfachste, um einem solchen
Treiben endlich ein Ende zu machen. So sehr
von klerikaler Seite der Satz in den Vorder-
grund gestellt wird, daß die Eltern das erste
Recht aus Bestimmung der AuSbildung und
Erziehung ihrer Kinder haben, so wenig tragen
dieselben in ihren Entschließungen und Hand-.
lungen dcmsclben Rechnung. Dieses zeigt sich
auch wieder im vorliegenden Falle. Diese
Herren sagen nur immer, Becker hat unser
Vertrauen. Ob abcr auch dic Eltern der Kin-
der, denen Becker Neligionsunterricht ertheilte,

rückkehrte, bertchtetc cr den Namen und Stand deS
Unglücklichen, den er noch eingeholt hatte. „Er hat
Hoheit für mich gehalten, weil ich^Jhre abgclegten
Piqueschen tragcn darf. Und weil ich arm bin, will
er mtr seine Tochter nicht geben, obgleick-wir unS
sehr licb haben, und er glaubt auch, ich hätte Hoheit
bcredet, ihn nickt zum Hofsattler zu machen. Darum
hat cr mich durchprügcln wollen."

Der Herzog rteb sich noch immer den Rücken.
„Also so lieb habt Ihr Euch? Hm! Freilich, von
Deinem Einkommen können Frau und Kinder nicht
satt werden. Aber höre, es ist mir doch lteber,
wenn Du meine alten Röcke nicht wteder anzkehst.
Solche Verwechselung könnte fich am Ende wieder-
holen."

Am nächsten Morgen trat der Kammerdiener mit
dem Befehle tn die Werkstatt, der Metster H. solle
 
Annotationen