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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 283-207 December
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Kreisverkündigungsblatt fiir den Kreis Heidelbrrg und auitliches Verkündiguagsblatt für dkc Aints- und Aints-
Gcrichtsbczirkc Hcidelberg und Wicsloch mid den Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.

RL 2»«. SnmSag, Dccember 18«S

- Politische Umscka»

. * Der vorlauftg durch vie Entfernung von
Richard Wagner erledigte Strcit über das Ca-
binetSsccrctariat in München hatte eine Aus-
dehnung erlangt, die nian kaum für möglich
haltcn follte. Ueberall im Lande wurde für
uild gegen Partei genvmmen, und zwar mit
einem an Leidenschafllichkcit grcuzenden Eifer.
Schlimm ift es, wenn cine Fragc, die ihrcr
Natur nach in daS Gebiet dcS constitutionelleu
Staatsrechts gehört, zu einer Sache des per-
sönlichen und des ParteigetriebcS gcmachl wird>
Daß eS dcm Könige unbenommen sein muß,
sich Sccretärc zu halteu, und diese auch mit-
untcr alS Rathgeber zu benützen, zvird im
Ernste Niemand bcstreiten. Vom. constitutio?
nellcn Standpunkte kann aber verlangt werden,
daß keine Erlasse ohne die Gcgcnzeichnung dor
verantwortlichen Viinister aus dcm Cabinet hcr-
vorgehen, und eS gcht daber dic Fragc üder
den größeren oder geringercn Einfluß deS Ca-
binetSsecretariats hauptsächlich die Minister
an. Die Minister werden die Berantwortlich-
keit von Maßrcgeln nicht übernehmen wollen,
die fie nicht billigcn. Wenn sie cS aber doch
thun, so ist das ihre Sachc, und sic haben dann
jedenfalls die Folgen davon zu lragen. DieS
ist der constitntionclle islandpunkt in der Sache,
der in München von den Parteien und sonst
an maßgcbendcn Orten allerdingS mitunter
außcr Acht gelafsen wurde. WaS schließlich die
Person des Richard Wagncr betrifft, so soll
dieselbe, nach den ncucstcn Nachrichtcn cines
demokratischen BlatleS seincn Einfluß bei
dem Könige übrigenS nichts wcniger als durch-
gängig in liberalem Sinnc benützt, diesen viel-
mchr sehr oft zu perfönlichcn und felbst incon-
stitutioncllen Zweckeu mancherlei Art mißbraucht
habcn.

Mit dem 1. Jannar k. I. wird der neue
Nheinzolltarif in Kraft tretcn. wonach der
Rheinzoll und dic SchiffSgebühren von gcnänn-
tem Tage an un, die Hälfte hcrabgesctzt sind.

Ein feit einigen Tagen in Berlin verbreite-
tes Gerncht bestätigt sich nunmehr doch. Die
„Börscnztg." schrcibt darüber u. A. Folgendcs:
„Nach dem zweiten Umgang des Brautzuges
bei den am Sonnabend im k. Schlosse began-
genen Vcrmählungöfeierlichkeitcn zu Ehren der
Prinzcß Alerandra und dcs Prinzen von Mcck-
lenburg vcrließen der engl. n. der französ. Bot-
schafteramBerlinerHofe mit ihren Damen u. dem

Personal der Botschaft<?n das Fest, nnd zwar, wie
gedachtcS Blatt erfährt, weil die Botschafter be-
anspruchtcn, als pcrsönliche Vertreter ihrer resp.
Souveräne, direct an der königlichen Tafel zu
sitzcn, was die vorerwähntcn Hofbeamten ihnen
versagen zu müssen glaubten.

Die „Kieler Ztg." meldet, 'daß sic wegen der
gegcn sie verhängtcn Befchlagnahmen die Ent-
scheidung der Gerichte angerufen habe, und
sagt: Man kann fragen, welches System schlim-
mcr ist? . Jn Schleswig will man durch daS
Verbot der am Landeörecht testhaltenden Zei-
tungen die Gewiffen mit Kolben crschlagen; in
Holstein wstl man sie durch Confiscirung jeder
einzelnen ZeitungSnummcr mit einschläfernden
Mitteln lcise betäuben.

Nqch dcr „KarlSr. Ztg." sei zwischen Pren-
ßen uttd Oesterrcich eine Vereinbarung bezüg-
lich deS Consularschutzes für die schleSwig-hol-
stcinischen StaatSangehörigen dahin getroffen
worden, daß die schleSwig'schen Unterthanen sich
jcderzeit an den betreffenden prenßischen, die
Holsteiner dagegen an den österreichischen Consul
zu wenden habcn; nur in dcm Falle, daß ent-
weder nur cin österrcichischer oder nur ein preu»
ßischer Consul vorhanden, sind diesc angewicsen,
sich ohlle Unterschied der Holsteiner wie der
Schleswiger anzunehmen.

Die Bcrliner „Zcidler'sche Correspondenz"
schreibt: Präsident Johnion verlangt von Na-
poleon die Anerkennnng deS Princips der Nicht-
intcrvention in Betreff MexikoS. Dic Vereinig-
ten Staaten würden alsoann dasselbe Princip
rücksichtlich der innercn Verfassung MerikoS
proklamiren. Frankrcich könnte hierauf seine
Truppen au- Mexiko zurückziehcn, und Nord-
amerika wü^de bei dcm Kampfe zwischen dcn
Kaiserlichen und dcn Nepublikanern neutral
bleibcn. Dic darauf bezüglichen Verhandlun-
gen seien schon älteren Datums. DaS herzliche
Einvernehmcn zwischen Frankreich und Amerika
könnte scine Spitze daiz.n gegen dcn eigentlichen
Nivalen — England — kehrcn, und Kaiser
Napoleon würde dann freic Hand crhalten für
seine kontinentalen Pläne. Schließlich sei hie-
von das Schicksal Bclgiens abhängig.

Bci dem Leichenbegängniß deS KönigS Lco-
pold I. wird der Kaiser der Franzosen durch
eine zahlreiche Mission, den Marschall Vaillant
und den Obcrkämmcrer Hepzog von Bassano
an der Spitze, und die Königin von England
durch den Prinzcn von WatcS, den Prinzen

' Drittcs Ilbonnements-Concert.

Heidelberg. 14. December. Das gcstrtge dritte
Abonnrments-Concert des hicsigrn Instrumental-

stungen immer mchr Sichrrhrtt und Abrunbung.
Die mitwirkenden Dilettanlrn stehrn zum Thetl
den Musikrrn von Fach nicht mehr wcit nach, und
; der Cifer, der Alle unter der energischen Anregung
und Leitung deS unermüdlichen Hrn. Boch beseelt,
verleiht dem Gkbotenen einen immcr intensiverrn
Kunstwertü. Den ersten Theil deS ConcerteS füllte
die Aufführnng der herrlicken Beethovkn'schen Adur-
Eymphonie aus. Auf die rcichcn Schönheiten und
dte außerordentliche Tiefe dieser unsterblichen Ton-
bichtung naher einzugrhrn, fehlt unS der Raum.
Wtr bkgnügen unS, der Rrproduction dkffclbkn,
^ie troh rinzklner Mängel befrtedigte, unser Lob
äuSzusprkchkN. Es folgte dann die Anfführung der
herrlichrn Mendelssohn'schkn Eomposition der Go-
khe'sLen WalpurgiSnacht. Dic Lhöre, um ihrer zu-
nächst zu gedrnken, brkundeten die sorgfältigstr Bor.
brreilung, fie entsprachen an Rrinheit der Zntona-


Kchwurgerichtsverhandlungcn.

' Mannheim, 12. Dec. Vor dem Schwurgericht
kamen heute folgknde Fälle zur Aburtheilung:

1) Anna Maria Lenz von Wallstadt, geboren
den 4. März 1850. Als Schulkind war fie still

ziemlich gut. Nach ihrer Schulentlassung nahm sie
Dienste alS Magd, ln welcher Stellung sie bei-
läufig 2 Zahre bci NikolauS Landrnbcrger in Hrd-
deSheim war. Zm Laufe dcS lrtzten JahreS zcigte

Unterschridung der Strafbarkeit ihrer Handlungen
erforderliche AuSbiloung erlangt haben konntr. Zn

Alfred und den Obcrstkämmerer der Königin
Lord Sidney, vcrlrcten sein.

Alle Decrete und Verordnungen, welche biS
zur Thronbesteigung deS ncuen Königs erlassen
worden, sind „?m Namen des belgischcn VolkeS"
von den im Conseil versammelten Ministern
unterzeichnet. Kein anderer conftitutioncller
Staat anerkennt und bethätigt in so schlagender
Weisc daS Princip der Volksfouveränctät.

Nach der „France" hat der Kaiser den nach
Mexiko zurückkehrenden Gefandten deS KaiserS
Marimilian, Hrn. Hidalgo, geftern empfangen.

Nach dem „Moniteur" werden dic Herrcn
Graf Lallemand und Dr. Fauvel die Bertreter
Frankreichs auf der SanitätSconfercnz sein, die
demnächst in Konstantinopel zusammcntreten
wird.

Deutschlnnd.

Berlin, 12. Dcc. Die „Bankzeitnng" er-
fährt, daß dcr preußische Antrag, die Fahrzeuge
der Herzogthümcr jollen die preußischc Flagge
führen, gcscheiterl ist. Das volle Recht der
schleswig-holsteitt'schen JnterimSflagge wurde
von öfterreichischer Seite gewahrt. — Anderer-
seilS wird ein österreichischcr Antrag am Bunde
in Sachen der Herzogthümer signalisirt.

Berlin, 13. Dec. Dic „Prov.-Corresp."
bespricht dic Alpcnbahnprojecte und crklärt, die
Theiluahme PreußenS hängc davon ab, welche
der prvjcctirten Linien AuSstcht auf Verwirk-
lichung habc. Die GotthardSlinie sei für die
Jnteressen PreußenS das Vortheilhafteste, die
Lukmanierlinic sei wcuiger vortheilhaft, während
die Splügenlinie den preußischen Jntereffen
zuwiderlaufe. — Ferner erklärt die ministerielle
Correspondenz die an den Thronwechsel in
Belgien geknüpften beunruhigenden Gerüchte
für durchauS grundlos, und bemcrkt über die
BackSmanu'sche Affaire, daß die Nachricht, preu-
ßische Beamte und Offiziere hätten sich an einer
einem Vertrauten deS Erbprinzen von Augusten-
burg zugefügten Vernntreuung von Papieren
betheiligt, sich als eine boShafte Erfindung er-
wiesen habe. Ferner dementirt die Corrcspon-
denz die Nachricht über eine in SchleSwig an-
geblich bevorstehende Rekruten-Aushebung; von
derselben sei weder bei der Zusammenkunft der
Minister v. BiSmarck und v. Roon mit dem
Gouverneur v. Mantcuffel in Hamburg, uoch
in Berlin die Nede gewesen. — Dic Verhand-
lungcn über Abschluß eineS HandelSvertrageS

der Woche vor drr auf den 13. Aug. d. Z. fallrn-
den Kirchweihr zu Neckarau suchte Maria Lenz um
die Erlaubniß nach, dteselbe auf 2 Tage zu be-
suchen, was ihr jedoch abgcschlagen wurde. Dic
Weigrrung brwirkte, daß sie fich in dirser Woche
besonderS mürrtsch und trotzig zeigte. Am Morgen
deS 10. August um 4'/r Uhr brgab sich NikolauS
Landenberger, nachdem er zuvor Futter sür die
Kühe hereitet hatte, zum Drrschen in daS HauS
seinrr Mutter; rine Viertelstunde später holte die

sür die Kühe. Etwa um H Uhr brachte die Maria
Lenz den Kührn die Tränke in drn Stall. Stall
und Schruer befinden sich unter einem Dach. Nach-
dem Marta Lrnz die Kühe grtränkt hatte, brgab
fie sich über den Hof in die Scheuer. Bei der
Tenpe waren Garbrn ntcht auSgrdroschener Frucht
btS zu einer Höhe von 7 Fnß aufgeschichtet, u»d
zwar in der Wckfe, taß der Theil der Gardrn,
wo der Halm abgrschnitten ist, den Tenne zuge-
kehrt war. Die Lenz zlindete mit einem Strrich-
zündhölzcken <ie Garben an, riegelte dann die
Schruerthüre zu und theiltr der Frau Landenbergrr
mit, daS Stroh -renne. Dicse eilte in dlr Schrurr
 
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