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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-177 Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0055

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ridklbkrgtr Ikilung.

Kreisverküiiüiguiigsblntt für den Kreis Heiüelberg unü amtliches Lerkündigungsblatt für die Auits- und Auits-
Gerichtsbezirkc Heidclberg und Wiesloch und den Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.


Sonntag, IS Juli


Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für das mit 1.
Juli 18«S begonnene 3. Quartal
werden fortwährend angenommen.

Die Expedition

Zur gegenwärtigen Lage in
Spanien.

Aus Baden, 13. Juli. Die gegenwär-
tigen Vorgänge in Spanien, dem alten festen
Hort des Nomanismus und Jesuitismus, sind
wohl geeignet, unser lebhaftes Jnteressc in An-
spruch zu nehmen, da sie wie kaum etwas An-
deres den außerordentlichen Umschwung der
Jdeen und der Anschauungsweise der Menschen
in unsern Tagen in's Licht stellen. Bekannt-
lich hat das gegenwärtige gemäßigt liberale
Ministerium unter dem Marschall O'D onnell,
das durch das Drängen der öffentlichen Mei-
nung nach dem Sturze der reactionären Ver-
waltung des Marschalls Narvaez zur Leitung
des Staates bcrufen werden mnßtc, in sein
Programm ncbst Anderem auch die Anerken-
nung des neuen Königrcichs Jtalien und die
unverzügliche Ausführung des von den Cortes
zwar längst votirten, aber bald in's Stocken ge-
rathenen Gese.tzes über Einziehung und Verkauf
der Kirchengüter aufgenommen. Hiermit hatte
die neue Verwaltung ihren entschiedenen Gegen-
satz zu den Ansichten und Tendenzen der streng
kirchlichen Partei, welche bisher die Königin
Jsabella fast ausschließlich beherrschte, ausgespro-
chen, aber auch den tödtlichen Haß der Partei
von vornherein sich aufgeladen. Ein Führer der-
selben, ein Hr. Nocedal, hatte deßhalb in
den CorteS das Ministerium auf's heftigste an-
gegriffen und eiUen auf den Sturz dieses Mi-
nifteriums gerichteten Antrag gestellt. Dcr
Antragsteller vergaß sich soweii zu erklären.
daß er und seine Freunde nie einen Act der
Regierung odec der Cortes als gesetzlich ver-
bindlich erachten würden, der die Anerkennung
des revolutionären Jtaliens und seines excom-
municirten Königs zur Folge hätte.

Am 7. Juli kam nun die Sache in der Siz-
zung ver Cortes zur Entscheidung. Der spa-
nische Minister des Auswärtigen, Bermudez
de Castro, setzte in übcrzeugender Weise die
Gründe auseinander, welche die Regierung be-

^ Heidelberg, 14. Juli. Die Mitglieder des Mu-
seums waren qestrrn sehr zahlreich iin großen Saale
deS VereinSlocaleS versammelt, um sich der von einigen
Sängern des Mannhcimer Theaters ausgeführten musi-
kalischen Abendunterhaltung zu erfreuen. Die Vorträge
wechselten zwischen Solopiecen und Quarletten, in denen
Hr. Schlösser den ersten, Hr. Rocke dcn zweiten
Tcnor, und die Herren Stepan und Ditt ersten und
zwcitrn Baß sangen. Hr. Ditt ist trotz seiner vorge-
rückten Johrc im Besitz ciner so markigen, klangreichen
und mächtigen Stimme, daß gcrade ihm ein Haupttbeil
an der Ehre des gestrigen AbenbS gebührt. Die Ro-
manze vom Zwerg Perkeo, deren Dichter Scheffel, der
bekannte Verfasser des Trompeler von Säckingen ist, und
die für uns Heidelberger von besonderem, weil localem
Jnteresse ist. trug Hr. Ditt in tiefgefühlter, und was
das Technische des GesangeS betriffi. in wahrhasi mei-
sterhafter Weise vor.^ Der Sloff.^der an fich uicht ge-

brachie auf die Znhörer einen üefttr Eindrnck h'ervon
Außerdem glänzte Hr. Ditk in Gemeinschaft mit Herrn
^ocke^in einem komischen Duett „Fragen und Anlwor-

Theil sehr seltsam humoristische Bescheide ^ertheilt
und j,i dxr Wahl der untergelegten Melodien verräkh
stch viel Sinn für Komik. Es blieb hier auch nicht bei
°km bloßen Gesang, sondern namentlich Hr. Ditl be-
^vte de» Vortrag durch reiche und den verschiedenen
^Uuationen entsprechende Mimik. Nur wünschen wir.

stimmten, mil der italicnischen Regierung ge-
ordnete unv regelmäßige Verbindungen anzu-
knüpfen; die Jnteressen des Staates, nament-
lich die Handels- und Verkehrsbeziehungen Spa-
niens zu Jtalien, verlangteu dies dringend; vor
derForderung der öffentlichen Wohlfahrt müßten
alle andern Rücksichteu zurücktreten. Hierbci
gab der Minister in Bezug auf die Drohuug
der katholischen Partei die sür einen spanijchen
Staatsmann denkwürdige Erklärung ab: Diese
Faction proclamire den Ungehorsam gegen die
Gesetze des Landes und appellire an die Nevo-
lution und den Bürgerkrieg, nicht indem sie sich
auf die Straße stürzt, sondern indem sie vie
Gewissen beunruhigt und beirrt, und das sur
cine religiöse Frage ausgibt, was nichts als
eine politische Frage sei. Der Eindruck dieser
Worte auf die Versammlung war so gewallig,
daß die sich so nennende katholische Partei für
gut fand, sofort dic Tcgel zu streichen, und
ihren Antrag zurückznziehen. Jtalien wird von
Spanien anerkannt, die überreichen Kirchcn-
güter werdcn zum Vortheil des Staates und
zur Förderung der öffentlichen Wohlfahrt ver-
Lußert werden.

Herr von der Pfordten und gewisse andere
deutsche Staatslenker sollten sich an dem wackern
spanischen Staatsmanne ein Exempel nehmen.
Aber auch unser Lindau und Genossen könn-
ten zu ihrem und unseres Landes Heil und
Ehre Etwas lernen, wenn gewiffe Leutc über-
haupt Vernunft annehmen wollten!

* Politische llmfchau.

* Es hat sich herausgestellt, daß die Nach-
richt von dem abermals projectirten Congreffe
zuerst in einem minder bedeutenden Londoner
Blatt „Pall Mall Gazette" cnthalten war. Bei
der Hartnäckigkeit, mit welcher der französische
Kaiser seine politischen Absichten zu verfolgen
pflegt, hatte diese Nachricht auch am Anfange
durchaus nichts UnwahrscheinlicheS. Gleich-
wohl ist sie vom „Moniteur" mit Stillschweigen
überzangen worden, und ein anderes Pariser
Blatt „la France", das Organ des Ministers
deS Auswärtigen (Drouyn de Lhuys) hat so-
gar erklärt, daß keinerlei Mittheilungen im
Sinne jenes Londoner Blattes erfolgt seien.
Manche behaupten nun, es sei damit noch kei-
neswegS gesagt, daß ein hierauf bezügliches
Project in den Tuilerien nicht wirklich aus-

Haktung den Gesammteindrilck in keincr Weise durch
Forciren einzelner Stimmen den andern gegenüber zu
becinträchtigen gewobnt sind. Daß außerdem SLnger
von gediegencr musikalischer Bildung und im Befitz sehr
bedeutender Stimmmittel wirklich große Effecte im Quar-
tettgesang zu erzielen wissen, bedarf kanm einer Erwäh-
nung. Unter den gewählten Nummern heben wir her-

gedacht und berathen worden sei, und hal-
ten die Congreßnachricht immer noch für keine
bloße „Zeitungsente", sondern nur für verfrüht.
Es halten diese für wahrscheinlich, daß Napo-
leon !>!. mit seiner LieblingSidee ciner Versetzung
Europas auf den Friedensfuß wicder hervor-
trete, indem dieselbe gegenwärtig weit mchr
Aussicht habe, als im vorigen Sommer. Sehr
im Widcrspruche mit dieser Ansicht steht cin
Artikel der „Europe", welcher „früher oder
später" einen Kampf Rußlands gegen daS Abend-
land in Aussicht stcllt, mit dem Beisatze, Ruß-
land sei mit Nordamerika bezüglich der orien-
talischen Frage einverstanden, was England
und Frankreich zum Abschluffe einer neuen Con-
vention auf 2 Jahre veranlaßt habe. — Zu-
gleich wird in andern Blättern das Verhältniß
zwischen Preußen und Oesterreich als immer
gespannter und feindseliger geschildert, und in
der „D. Allgem. Ztg." waren sogar Gerüchte
von Armirung der Schlesischen Festungen ent-
halten.

Bei den weitern Wahlen der Großgrundbe-
sitzer zur erften Kammer in Nassau siegte überall
die Fortschrittspartei.

Der Abg. v. Bockum-Dolffs hat die erbetene
Entlassung aus dem Staatsdienst crhalten.

Sämmtliche Mächte, auch die Vereinigten
Staaten, sind eingeladen worden. sich durch Ab-
sendung von Kriegsschiffen an der Flottenrevue
der Westmächte zu betheiligen.

D e u t s ch l a n d
Karlsruhe, )4. Juli. Heute Mittag wurde
im Großh. Schloß in Baden die Taufe des
neugebornen Prinzcn vollzogen. Die Handlung
wurde, wie dieses durch die ernsten Ercignisse
der jüngsten Tage geboten war, in einem en-
gern Kreise begangen. Der feicrliche Act wurde
mit cinem Gesang des Großh. Hofkirchenchors
eröffnet. Prälat Holtzmann vollzog alSdann in
der Großh. Schloßkirche die feierliche Taufe, in
welcher der neugeborne Prinz die Namen Ludwig
Wilhelm Karl Friedrich Berthold erhielt. Die
heilige Handlung wurde nach dem Schlußge-
sang des Chors mit dem Segensspruch des
Geistlichen geschlossen. Zhre Königl. Hoheiten
der Großherzog und die Frau Großherzogin
geruhten sodann, die Glückwünsche der anwe-
senden Gäste entgegen zu nehmen, und veran-
laßten, daß dcnselben der TLufiing gezeigt


Quedlinburg, 3. Juli. Geftern Nachmittag kam
auf dem hiefigen Bahnhofe ein großer, schwarz-
bärtiger Mann zur Frau des Gastnspectors Wolf.
Nachdem er fich erkundtgt, ob der Mann zu Hause
sei, ergriff er unter den Worten: „Ich komme mich
zu rächen, Sie find doch sein Liebstes," etn Feder-
meffer und scknitt der Frau beide Pnlsadern durch.
Dcr ohnmächtigen Frau wurde tndeffen bald Hilfe,
und ernste Gefahr soll nicht vorhanden sein. Der
Uebelthäter ist spurlos verschwunden.

(Hagestolzen - Strike.) Jn Marseille
gelobten einige Tausenv Männer von 20 biS 40
Zahren, das Heirathen etnzustellen, bis die Ehe-
standS-Eandidatinnen auf dte larmenden Toiletten,
den übertriebenen Lurus, daS „hohe Damen spte-
len" verzichtet haben und zur Einfachheit guter
Hausfrauen und braver Mütter zurückgekehrt setn
werden.
 
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