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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0477

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Ueidelbtrgrr Zeilung.

Kreislicrküudigungsblatt siir den Kreis Hcidelberg imd aintliches ^erkiinüigungsblatt für die Amts- und Aints-
Gerichtsbezirke Heidelbcrg und Wicsloch und den Amtsgcrichtsbezirk Neckargemünü.

M.- 2ÄO. Samstag, «. November


18«L

^ Nuf die „Heidelberger

tz ^ Zeitung" kann man sich

noch für die Monate
November und December mit 42 Kreuzern abou-
niren bei allen Postanstalten, den Boten nnd
Zeitungsträgern, sowie der Expedition (Schiff-
gasse Nr. 4).

* Politische Umschau.

Die heutigen Berliner Abendblätter stellen
übereinstimmend die Nachricht über die Bethei-
ligung der Bcrliner Disconto - Gesellschaft an
Verhandlungen mit der österreichischen Regie-
rung BetreffS eincr Anleihe in Abrede.

Der Bci von Tunis hat den in.den vorjäh-
rigen Aufstand Verwickelten Amnestie gewährt.

Die „France" widerlegt heute in entschie-
denster Weisc das Gerücht, der französische Bot-
schafter in Wien, Herzog v. Giammont, habe in
einer vertraulichen Unterredung mit dem Grafen
Mensdorff eiue Jntervention in der Frankfurter
Angelegenheit versucht.

Die Nachricht des französischen „Moniteur",
daß Juarez über dic Grenze ffeflohen sei, be-
ruht auf einem wiederaufgewärmten Gerücht,
das überdieß durch neuere Nachrichten über
Neuyork bereits als grundloS erwiesen ist.

Deutschland.

Karlsruhe. 2. Nov. Se. Excellenz der
Hr. Staatsminister des großh. Hauses und der
auswärtigen Angelegenheikn, Frhr. v. Edels-
heim, ist heute nach Wien abgereist, um in
seiner bisherigen Eigenschaft als großh. außer-
ordcntlicher Gesandter und bevollmächtigter Mi-
nister am kaiserl. Hofe Sr. Maj. dem Kaifcr
sein Abberufungsschreiben zu überrcichen.

Von Wien wird sich Se. Exccllcnz zu glei-
chem Zweck an dcn königl. Hof nach Dresden
begeben. (Karlsr. Z.)

Karlsruhe, 1. Rov. Es steht, wie das
„Fr. I." crfährt, die Einberufung unserer
Kammer auf Dlenstag den 28. Novbr. bevor.
Die Wahlen werden Mitte d. M. vorgenommen
werden. — Das Gerede von cinem SysteM-
wechsel der «Staats-Regierung in der Kirchen-
oder in der Schulfrage ift so vollständig aus
der Luft gegr-iffen, daß es kaum noch lohnt
ein Wort über daffelbe zu verlieren. Die Ent-
fernung des Herrn Knie'S von der Spitze des
Oberschulraths darf um so weni'ger der Vor-
wand zu solchen Gerüchten abgebcn, weil der-

selbe nicht der Leiter der inneren Politik ""der
Staatsregierung gcwesen ist. Es sind eben,
wie die „Karlsr. Ztg." andeutete, wesentlich
dienstliche Gründe gewesen, wekche zu seiner
Entfernung führten. Er mußte jedenfalls wei-
chen, sobalv er seincm vorgesetzten Minister
Grund zu dcrAnnahme gab, doß die Geschäfts-
führung des Oberschulraths nicht vollständig
den Anschauungen dcr Staats-Regierung ent-
spreche.

Mannheim, I.Novbr. Heute, am Tage
Allerheiligen, fand dahier im Saale des evang.
SchulhauseS die Diözesansynode der Städte
Heidelberg und Mannheim statt. Die Ver-
hanvlungen begannen gegen 9 Uhr durch Vor-
lesen einer zur Eintracht mahnenden Bibelstelle
und durch ein kurzes von dem Vorsitzenden
Stadtpfarrer Ziktcl aus Heidelberg gesprochenes
Gebet. Hierauf folgte die Verlesung des um-
fassenden Jahresberichts über das kirchliche und
sittlich-religiöse Leben der beiden Städte. Der
Bericht erkennt an, daß die unehelichen Gebur-
ten in beiden StädteN sich gemiudert und daß
namcntlich Ehescheidungen nUr in ganz gerin-
gem Verhältnisse zur Bevölkerung der Städte
vorgekommen seien. Ferncr hebt der Bericht
hervor, daß die Gottesdienste von Seiten der
männlichen Bevölkerung so wenig besucht wer-
den und glaubt, daß die sonntäglichen Feuer-
wehrübnngen daran cine Schuld lrügen. Die
Synode erklart jedoch,, daß für Mannheim die-
ses Hinderniß nicht bcstehe und daß eine An-
sprache von der Kanzel als Aufforderung zu
einem fleißigercn Besuche des Gottesdienstcs
an die männliche Bevölkerung eher den gottes-
dienstlichen Bcsuch gefährden, als förd.ern könne.
Daß die Schüler der Bürgerschule nicht mehr
von Sciten der Direklion angehaltcn werden,
die öffentlichen Gottesdicnste unter Aufsicht der
Lehrcr zu besuchen, hierüber entspann sich eben-
falls eine lebhafte Diskussion. Um dem noch
bestehenden Gesctz über den Besuch des Gottes-
dienstes der Schüler öffentlicher Lehranstalten
zu genügen, einigte sich die Synode dahin, die
Sache dcm Kirchengemeindcrathe, eventuell dem
Oberschulrathe zur Erledigung vorzulegen. Herr
Stadtpfarrer Schellenberg aus Heidelberg ver-
liest alsdann einen gutachtlichen Bericht über
ein von Großherzogl. Oberkirchenrath vorge-
legtes ncues Wahlgesetz zur Generalsynode,
wornach die bisher vereinigten "Städte Heidel-
berg und Mannheim getrennt werden sollen.

Nach einer allseitig und lang ausgesponnenen
Besprechung hierüber einigtc -man sich mit gro-
ßer Mehrzahl der Stimmberechiigten dahin:
Großh. Oberkirchenrath zu bitten, die nöthigen
Einleitungen dazu zu treffcn, daß cine Tren-
nung des bisherigen Diözcsanverbands der
Städte Heidelberg und Mannheim nicht geschehen
möge. Herr Kirchenrath Schenkel auS 5)eidel-
berg, der di; Verhanvluugen durch seine Geistes-
schärfe und seincn sich klar bewußten Stand-
punkt zu kirchlichen und religiöscn Dingen stets
zu beleben uud aufs höchste Jnteresse zu hcben
wußte, bemcrktc bei dieser Gelegenheit: Meine
Herren! Es sind dieseS Jahr nach dem Haupt-
berichte-so wenig Ehescheidungen vorgekommen
und wir selbst leben schon seit vielen Jahren
in friedlichster Ehe; so wollen wir uns auch
heute nicht scheideu! Mit der Erledigung dieses
Gegenstandes trat eine hälbstündige Pause ein,
nach welcher die Verhandlungen mit einem
höchst wichtigen, tief ins Schul-und Gemeinde-
leben einschneidenden Gegenstande eine lebhafte
und höchst intereffante Fortsetzung fanden. Der'
Abgeorduete Moll hatte schon früher einen An-
trag auf Revision unseres Landcskatechismus
bei den Synodalvcrhandlungen eingebracht, der
aber auf dic heutige Syuodalvcrsammlung ver-
schoben wcrden mußte. Der Synodalausschuß
brachtc nuu heute über diesen Gegenstand etwa
folgende Aulräge ein: Die Synodc erkennt an,
daß der Kalechismus nach Jnhalt und Form
dem heutigen Bcdürfnisse eines religiösen Lehr-
buchs nicht entspreche, sie erkennt an, daß er
zu umfangreich sei und dem Ncligionslehrer
vorgreife und die .Gcwisien beschwere, sie er-
kennt aber auch die Schwierigkeiten an, die
der Beschaffung eines neuen, allen kirchlichen
Anschauungen entsprechenden Katechismus ün
Augenblicke im Wege stehen und richtet deShalb
an Großh. Oberkirchenrath dje Bitte: 1) das
Maß der auswendig zu lernenden Katechismus-
fragen auf das Minimum herabzusetzen, dage-
gen eine größere Zahl kerniger Bibelsprüche,
dic leichter erfaßt werden und im bürgerlichen
Leben stets eine Trostquelle jrieten, hinzuzufü-
gen; 2) dem Geistlichen beim Religionsunter-
richte den Gebrauch andercr Lehrbücher zu ge-
statten, damit ihr Gewiffen nicht beschwert
werde. Diesen Anträgen entgegen stellte Herr
Kirchenrath Dr. Schwarz den Antrag, den Ka-
tcchismus in seiner jetzigen Geftalt und Be-
schaffenheit sort als Lehrbuch zu gebrauchen.

Stadt-^heater in Heidelberg.

Theatcrgenüsse beginnen wir mit etner Besprechung
der Darstellung des „Don Juan". Ueber.den blet-
benden Werth deS Werkes unseres unsterblichen
Lompontsten selbsr uns zu äußern, hieße unnütze
Worte verschwenden. Die Aufführung bot im Ver->
gleich zur ersten, die bekanntlich theilweise eine ver-
unglückte war, viel Erfreuliches; besonderS trug
Herr Stmon seine Arie mit Gefühlswärme und
technischer Eorrecthcit vor. Hr. Wrede besitzt die
für rinen Darsteller des „Don Juan" unentbehr-
liche Bühnenroutine. Die tugendhafteDonna Anna,
die heißblütige Donna Elvtra und die leichtfüßige
Zcrline fand in den Frl. Pichon, Muckhardt, Adrtan
geeignete Vertreterinnen. — Die Nestroy'sche Posse
„Till Eulcnspiegel" hatte am Sonntag ein zahl-
reiches Publikum angezogen, daS dem Spiele der
Hrn. Freimüllrr, Albinus und dcr Frl. Adrian
reichen Beifall zollte. — Der Dienstag brachte uns
Flotow's „Stradeüa" Was man auch über den
Kunstwerth des Wcrkcs 'denken möge. immerhi«
wird eS durch drn Reichthum gefälliger Melodien,

Hrn. Simon, Hagen und Pichon l. Der Darsteller
! der Titelrolle, Hr. Simon, vessen wciche, sympa-
thische Stimme und anziehende Vorttagsart ganz
! für den lyrischen Lbaraktcr deS italtentschen Sän-
gers paßt, befriedigte wenigstens nach der gesang-
lichen Seite htn vollkommen. Daher erschien uns
beim meisterhaften Vortrage der Schlußbymne der
enthufiastische Beifall des Publikums ziemlich ge-
rechtfertigt. Derselbe war nicht wenigcr dem Frl.
Pichon gegenüber verdient, die ihren Tönen die
ganze LiebeSgluth »cs SüdenS einzuhauchen wußte.

! Das Banditenpaar ergötzte durch dic Präcision seines
! ZusammenspielS und dte natürliche Munterkeit seiner
i Scherze.

DaS zweite Abonnement wurde am Mittwoch mtt
! dem Wrrke eines neueren DichterS eröffnet, welcheS
! hier zum ersten Mal über die Bretter ging. Die
! Eglanttne deS Hrn. Mautner ist jedenfalls eins
' der besseren nruen Stücke, für deffcn Darstellung
! auf hiefigrr Bühne wir der Direction zu Danke

es auch höchst lobenswerth, daß man jungen Ta-
lenten Gelegenheit gibt^ bekannt zu werden und
dem Urtheil eineS gebildeten Publikums fich dar-
bicten zu können. Man nahm das Stück sehr bei-
^fällig auf, und mit vollstem Reckt. Eine edle
Sprache, eine zwcckmäßige Anordnung des Stoffs,
Gefühlsticfe und Gedankenreichthum berechtigten
dazu. Dabei war die Darstcllung eine tn allen
Theilen gelungene zu nennen. Besonders hervor-
zuheben ist die Leistung des Frl. Brand als Eglan-
tine. Sie hattc fich in die poetisch tief angelegte
Rolle hineingelebt und entwickelte mit Wahrheit
und ergreifender Gefühkswärme den innern Kampf,
den Eglantine zu bestehen hat, che fie zu dem Ent-
schluß gelangt, tbre Liebe auf dem Altare der Kunst
zu opfern. Neben Frl. Brand zeichnete fich Frl.
Altmann alS Prinzesfin Llartffe auS; ihre Dar-
stellnng bot ein anztehendes Bild jugeudlicher
Liebenswürdigkeit und Naivetät. Auch Fr. Stein-
 
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