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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0275

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Krcisverkündiglmgsblatt fiir üen Kreis Heiüelberg unü amtliches Äerkünüigungsblatt für üie Amts- nnd Amts-
Gerichisbezirke Heidelberg und Wiesloch mid den Amtsgerichtsbezirk Neckargemiinü.


Mittwoch» l i Leptember



* Pokitifche Umfchau

* dtachdem in den letzten Wochen in unserm
engeren Vaterlande (Baden) nur die Kreisver-
sammlungsivahlen, und im weiteren Vaterlande
(Deulschland) der leidige Gasteincr Vertrag ei-
nige Bewegung in das politische Leben gebracht
hatte, scheint jetzt allmählich auch für das Aus-
land die völlige Stille in der Politik zu Ende
zu sein. ThatsLchliche Ereignisse von besonde-
rer Bedeutung sind zwar nicht zu berichten,
allein es stclleu sich verschiedene Anzeichen in
vorbereitender Weise für Ereignissc ein, in nicht
ungünstiger Weise auf ein bewegtes Völkerlebcn
hindeutend. Jn Frankreich macht das Decen-
lralijationsprogramm Fortschritte. Auch in
Oest^rreich wird dccentralisirt; nur thun eS
hier nicht die Liberalen, sondern dieConserva-
tiven. Jn Spanien gehen die Parteien einer Ab-
klärung. eutgegen: die radicale progressistische
(oder Fortschritts-) Partei hat sich von der
liberal-progressistischen getrennt, unter dem Ju-
bel der Moderados (Gemäßigt-Conservative
im Gcgensatze zu den Ultra-Neactionären.) Zu
gleicher Zeit neigt sich die Regierung jetzt Na-
poleon III. zu (obwohl der Bonapartismus stets
nur Unheil über Spanicn gebracht hat) und
es ist stark die Rede von einer Quadrupelalli-
anz der romanischen Staaten unter der Acgide
des Tuilerienherrschers. Diese Allianz soll
noch besonders durch eine Vermählung der
Tochter der .stönigin von Spanien mit einem
Sohne deS Königs von Jtalien befestigt wer-
den — welcher Verbindung aber neuestens wi-
dersproch'en wird.

Hr. v. Biömarck endlich ist nach Biarritz zu
Napoleon III. gereist, dem Anschein nach zu
dem Endzwecke, um — wie man argwöhnt —
gegcn Rückga'be von Nordschleswig an Däne-
mark sich der Uebereinstimmung des französi-
schen Kaisers mit den preußischen Annexions-
projecten zu versichern.

Die Blätter der Herzogthümer berichten täg-
lich von Entlassungen der unter der bisherigen
Ne'gierung provisorisch angestellten Beamten in
Schleswig. Der Grund der Absetzung ist ihre
augustenburgische Gesinnung. Man will einen
rrgebcnen, preußisch-gesinntenBeamtenstand schaf-
sm, ja einer Zeitungsangabe zufolge wäre
'Lmcktlichen nicht osfenkundig preußenfreund-
liM Justizbcamtcn für Mitte dieses Monats
Mndigt. Was jedoch am meisten Unwillen
! und nach einigen Correspondenzen eine außer-

DaS Wrnkelrieddeukmal.

Luzern, 3. Sept. Heute war unsere Stavt,
drren Gasthöfe ohnekieß von Flemden gefüllt sind,
der Schauplatz besondern Gedränges an den Quais
vor vem Schi-eizerhof, auf der langen Brücke, an
^en Landungsplätzen bcr Dampfboote und beim
^ahnhofe. Der Tell, der Gotthard unb wie sie
^lle heißen, die Dampfboote vom See prangtcn
Flaggcnschmuck und fuhren fast stündlich mit
riner frstlichen Mcngc hinüber nach Stansstad. Dort
E-ahnten Triumphdogen und Anschristen, welche
^ie Gäste willkommen hießen, an rine bedeutungs-
volle Fcier. Es war dte Enthüllung des Win-
lelrieddenkmals, wclche im Flecken Stans
üattfinden sollte. Unter der Obstbaumallee, wclche
^onr altrn Thurme zu Stansstad bis dahin führt,
vinimelte es von Festbesuchcrn, Hier einzeln, hier
Srupprnwrise, hier.in grvßen Festzügrn; Ehaisen,
^inspänner, Baurrnfuhrwcrke fuyrrn dazwischen
^>rch und bahnten sich den Weg zum freundlich
grlegcnen, mit Triumphbogen, Blumen, Inschrif-
geschmuckten Klecken mit seinem Kirchthurm,
^rr schyn den Urbcrgang voni 12. in's«L3. Iahr-

ordentÜche Ausregung verursacht, ist', daß die
vacanteu Stelleu großenthcils mit Leuten be-
setzt werden sollen, welche sich als dänische Crea-
turen den Haß und die Verachtung dcs Lan-
des zngezogen haben.

Nach der „Allg. Ztg." hätten zwei franzö-
sische Negimentcr, dermalcn in Paris stchend,
dcn Befehl erhalten, sich nach Mexico marsch-
ferlig zu halten, diese Neuigkeit ist jedoch mit
den lautesten Aeußerungen von Mißvergnügen
begrüßt. Notorisch ist, daß dieser Krieg von
jcher unpopnlär war in der Armee.

Dem Weitergreifen des Feuers in Konstan-
tinopel sind nun von allen Seiten Schranken
gesetzt. — 2800 Häuser und öffentliche Ge-
bäude sind niedergebrannt, und 22,500 Pcrso-
nen haben kein Obdach mehr. Sie müssen
zum Theil auf freiem Felde übernachten.

Deutfchland.

Karlsruhe, 11. Sept. Jhre Königlichen
Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin
nebst Höchstihren Kindern sind> nach Beendi-
gung der Badecur zu Trouville über Paris —
wo Höchstdieselben einige Tage verweilten —
gestern Vormittag 10 Uhr in erwünschtem Wohl-
sein in Badcn wieder eingetroffen.

* Heidelberg, 12. Sept. Der „BadiMe
Beobachtcr" widmet den Wahlberichten immer
noch viel Naum. Es macht aber in der That
einen komischeu Eindruck, mit welchem Eifer und
mit wclchcn Mitteln der „Beobachter" versucht,
die Nicderlage der clericalcn Partei zu vcr-
decken, ja wo möglich seine Leser glauben zu
machen, als hätteu dic Reactionäre vielfach nen-
neuswerthe Siege errungen. — Da findet man ,
eine Neihe fett gedruckter Ortc, von.dencn Wahl-
berichte vorliegen, betrachtet man die OrtS-
namen aber genauer, so erweisen sich dieselben
als kleine, meistens unbedesttende Gemeinden,
und selten nur ist dem „Beobachter" die Freude
vergönnt, Gemeinden von größerer Bcdcukung
anzuführen, in welchen in rcactionärer Rich-
tung gewählt wurde. — Natürsich übersieht das
Blatt auch in den meisten Fällen, die Erfolge
dcr Liberalen zu nennen, nur vereinzelt findet
man unter den ultramontanen Siegesberichten
die Notiz, daß die clericale Partei da und dort
uttterlegen sei. All' diese Windbeuteleien zeigen
sich jedoch recht deutlich als solche, wenn man
die Wahlergebniffe in den Bezirken zusammen-
stellt, und entnehmen wir dcr „Karlsr. Ztg."

den Bruber Llaus von dcr Flühe erwrckendenKirche,
fetztc fich ber Zug mit Militär, Bunves- und Ean-
tonalabgeordneten, Waibeln und altfränkischen Ge-
stalten in Bewegung und sammelte fich auf dem !
Platzc bei der Kirche. Von den Hügeln hallte bas !
Fcuer der Artillerie, von ihnen und ben Dächern ^

mende Mengr auf das Gewühl auf bem Platze. ^
Am Schluffe der weithin vernehmbaren Fcstrede !
fiel die Hülle von der Nische, welche das durch
Abbildungrn schon bekannte Standbild schützt. Der
Eindruck bieser Abbildungen schien mir stcts ma- >

eincm erschlagenen Greise liegend, die Brust mit
Lanzen durchbohrt, deren abgebrochene Schäfte einem >
über den Sterbrnden mit geschwungener Art hin- ^
schreitenden 'Iüngling eine Gaffe bereiten. Von
dem Denkmal begab sich der Festzug zur einfach
gcschmücktru Festhüttr, während bte cinheimische
Menge unv die frrmben Gäste thrils Gruppen vor ^

darüber ferner folgcndc Notizen: Jn dem Amts-
bezirk Adelsheim sind unter 63 Wahlmännern
19clerical. in Gengenbach unter 63—13, Em-
mendiugen unter 100—2, Breisach unter 87
17, Lörrach unter 142—25, Radolfzell unter
71 —15, Neustadt unter 59—6, Donaucschingen
unter 977—4. Zm Bezirk Heidelberg sind von
227 Wahlmännern nur 8 clerical, im Pczirks-
amt Karlsruhe gehören sämmtliche Wahlmänner
der liberalen Partci, an mit Ausnahme der in
den Gemeinden Beiertheim, Bulach und Dax-
landen gcwählten, cbenso sind im Bezirksamt
Stockach die Wahlcn in sämmtlichen Gemeinden
mit Ausnahme von dreien in liberaler Rich-
lung ausgefallen. Wir können noch die Aemter
Wcinheim, Kork, Meßkirch, St. Blasien und
Wolfach anführcn, wo ganz überwiegend liberal
gewählt wurde. Nur in den Bezirksämtern
Walldürn und Buchen dürften, soviel bis jetzt
bekannt, dic Ultramontanen einen Sieg errun-
gcn haben, während in Bruchsal nur etwa die
Hälfle der Wahlmänner zur clericalen Partei
gehörl. — Jst es nicht lächerlich, solchen An-
gaben gegeuübcr von einem Sieg der ultra-
montanen Partei in Badcn sprechen zu wollen?

Schwetzingen, 10. Sept. Die in meh-
rere Blätter übergegangene Nachricht von einem
hiesigen Wahlsiege der Clerikalen ist nach dem
Mannh. I. eine unwahre und erheischt Berich-
tigung. Schwetzingen wählte in zwei Distric-
ten. Jm District 1. ist es den Clerikalen ge-
lungen, sicben ihrer Candidaten durchzudrücken;
im District 2. dagegen siegten mit durchwcg
namhaftercr Stimmenzahl sämmtliche sieben
Vcrtrauenömänner der Liberalcn — lauter Na-
men von Gewicht! Wo bleibt der Sieg der
Clerikalen?

Wolfach, 10. Sept. DaS Gesammt-
rcsultat der KreiSwahlmänner im ganzen Amts-
bezirke lieferte 79 Liverale und 21 .Schwarze.
Sämmtliche Kreisabgeordnetenstcllen, auch die-
jenigcn von den Gcmeindevertretern zu wäh-
lcnde, sind der guten Sache gesichert.

Vom Bodenfee, 6. L>cptbr. schreibt dcr
Schw. M.: Die Wahlen für Wählcr der KreiS-
versammlungen sind im Seekreis ini Allgemei-
nen liberal ausgefallcn. Jn den Amtsstädten
Konstanz, Radolfzell, Ttockach, Psullendors,
Ueberlingen hat die liberale Partci gesiegt, nur
in Meersburg und Engen fiel die Wahl nltra-
montan aus. Jn Ueberlingen ist besonderS
der Sieg auffallend,, da in dieser Stadt der

dcm Denkmal bildeten, theils in den WirthShäu-
sern fich zerstreuten, theils m der Festhütte den
Rcden lauschtcn, die Schlag auf Schlag Hochrufe
und Kanonendonner hervorriefen und mit den Ge-
sängen zahlreicher Veretne bis in die Nacht ab-
wechselten. Diese unterbrach nur theilwcise das
festliche Gelage, und als die fcrne Wohnenden auf
den Dampfern über den spicgelglattcn See fuhren,
glanztcn mächtige Fcucrsignale vom Pilatus unv
Rigi heruntcr, spiegelten fich in den Waffcrn und
erinnerten die Hcimkehrenden noch fcrnhin an die
Feier, dic burch die Thcilnahme aller Cantone
und den herrschendcn Geist zu eincm wahren Na-

Ein Eorrespondent des „Iournal ke Rouen" rr-
zählt. diesem Blatte eine Thatsache, welchc zeigt,
wie viel Heidfiisches noch in den Gebräuchen her
französischen Dorfbewohner sich erhalten hat. Ich
war — so erzählt der GcwährSmann — kürzltch
auf ver Hochzeit eines Vcrwandten, im Eanton
Boes, zu Ncuville-Ehant-d'Otsel. Das Brautpaar
sollte zu skinem großen Schreckcn die neue Matrte
einweihen. Vor ihnen war daselbst noch keine Ehe
 
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