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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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Utidtlbrrgrr Ieitung.

Kreisverkündigmgsblatt für den Kreis Heidelberg und amtliches Verkiindigungsblatt fiir die Aints- und Autts-
Gerichtsbezirke Heidelberg und Wiesloch und den Amtsgerichtsbezirk Neckargemtind.

Nl- 2K8. Dienstag. 14 November 18«S

* Politische UmschiAU.

* Vor emigen Tagen erst haben wir dcr Be-
strebungen NapoleonS HI. gedacht, die rö-
mische Frage auf dcn Grund der Septembcr-
Convention zn einem definitiren Abschlusse zu
bringen. Mannichfache Symptome wcisen aber
daranf hin, daß die Politik dcs Tuileriencabi-
netS sich mehr und mehr auch aus ihrcn andern
vorgcschobencn Positionen zurückziehcn will, um
sich für die nächste Zeit in der Defcnsive zn
halten. Man denkt an der Seinc ernstlich an
Verringerung der'Ansgaben und Aufbesserung
deS StaatShaushalteS, und in Folge dcssen an
das Aufgeben kostspieliger Occupationen fcrn
gelegener Ländcr. Jnsbesondere an der rvmi-
schen und mexikanischen Frage laborirt die na-
poleonische Politik seit etwa 5 Jahren. Nun
hat die napolconische Politik schon seit dem
September v. I. diplomatisch operirt, um Rom
Schritt für Schritt dahin zu.drängen, wo es
eben steht, und allmälig der Nothwendigkcit
überhoben zu fein, das Papstthum gegen Jta>
lien zu vertheidigen. Wie wir neulick schon
gczeigt haben, so zweifelt heute Niemand mchr,
daß binnen Jahr und Tag die Septembercon-
ventio'i vollzogen nnd der Frieden zwischen
Rom und Florenz hergestellt scin werde. —
Was Mexiko betrifft, so hat der Kaiser dcr
Franzosen längft schon eingesehen, daß er einen
für Frankreich sehr kostspieligen Mißgrifi ge-
macht. Seit der Einnahme von Richmond hat
ihn sicher kein Gedankc so sehr beschäftigt, als
der, scine Truppen, wieder mit heiler Haut über
den Ocean zurück zu schaffen. Man täuscht
sich in den Tuilerien nicht mehr darüber, daß
die Fortsetzung der Jntervention in Mexiko
schließlich zu einem Kriege mit Nordamerika
führen würde, und war schon die mexikanische
Expedition in Fraukreich höchst unpopulär, so
täuscht man sich an der Seine auch nicht dar-
über, daß ein Conslict in Frankreich nur Eut-
rüstung und selbst Gefahren für den Thron der
Napoleouiden heraufbeschwören könne. — Eine
dritte Verlegenheit für Frankreich ist Algerien.
Die Behauptung dieser Colonie ist für Frank-
reich fort und sort sehr schwierig. Die Auf-
stände der Eingeborenen dortseldst nehmen kein
Ende, und eben jetzt stehcn wieder 50,000 Axa-
ber in Waffen gegcn die französische Militär-
herrschaft. Schon seit geraumer Zcit beschäftigt
sich daher dcr Kaiser der Franzosen mit dem

Gedanken, Algerien theilweise sich selbst zurück-
zugeben und die Herrschaft Frankreichs auf die
Meeresküste und die wichtigsten Plätze im Jn-
nern zu beschränken. Man sondirt die öffent-
liche Meinung, und wird den betreffendcn Plan
sicher in BLlde zur vollendeten Thatsache wer-
den lassen.

Nach der „Heff. L--Ztg." findet die Einbe-
rufung dcr Stände auf den 4. Dec. Statt.

Daö „Memorial diplomatique" widcrspricht
der Nachricht, Kaiscr Marimilian habe den
Prinzen Augustin Jturbide als Thronfolgcr
adoptirt.

König Victor Emanuel ist iw Neapel einge-
troffen und mit Jllbel empfangen worden.

Ein königl. Dekrel verschiebt die Eröffnung
dcs italienischen Parlaments bis zum 18. Nov.

Man versichert, die Canadische Regierung
organisire cine Mili; von 40,000 Mann zum
Schutze der Grenzen.

Der französische Generalprocurator Dupin,
dessen Tod am 10. Nov. erfolgte. war am 1.
Februar 1783 zu Varzy (Nievre) geboren. Er
gelangte im Jahre 1814 in den gesetzgcbenden
Körper und war einer der Vcrthcidiger des
Marschalls Ney. Unter der Nestauration führte
er die Vertheidigung der angeklagten Pariser
Zeitungen in deren wichtigsten Prozessen.

Seward hat eine Bekanntmachung erlasscn,
daß kein Staat seine Privilegien als Mitglicd
dcr Union wieder erhaltcn werde, der eine Ver-
bindlichkeit für irgend einen Theil der conföde-
rirlen Schuld anerkenne.

Deutfchland.

Karlsruhe, 11. Nov. Durch höchsten Befehl Sr.
Königl.^H^hei^deS G r o ß v e r^z o vo,>i 9^. d^M. wird

Karlsruhe» 11. Nov. Se. Königl. Hoheit
der Großherzog siud heute Nachmittag 2^/^
Uhr mit dem Schnellzug abgereist, um die näch-
sten Wochcn zu einem Aufenthalt am Genfer
See zu benützen und, vor Eintritt des strengen
WinlerS, durch Luftveränderung und äußere
Ruhe die völlige Wiedergenesung von den Nach-
wirkungen rheumatischcr und neuralgischer Af-
fectionen zu fördern.

Seine Großh. Hoheit der Prinz und Jhre
Kaiserliche Hoheit die Prinzessin Wilhclm, Se.
Großh. Hoheit der Markgraf Max, sowie die
Mitglieder des StaatSministeriums hatten sich
zur Verabschiedung am Bahnhof eingefunden.

Seine Königliche Hoheit sind von dem Lega-
tionsrath Freiherrn v. Ungern-Sternberg, dem
Flügeladjutanten Major v. Freydorf, und dem
Leibarzte, Geh.-Rath Dr. Schrickel, begleitet,
werdere heute Nachtquartier in Basel nchmen
und zunächst in Vevey Wohnung beziehen.

Der Großherzog gedenkt an Weihnachten in
der Reftdcnz wieder einzutreffen. (Karlsr. Z.)

KarlSruhe, 10. Nov. Der „Schw. M."
schreibt: Der Entwurf eineS PreßgesetzeS,

welches den Ständcn untcrbreitet werdcn soll,
rührt, wie man mit Bestimmtheit hört, von
Ministcrialrath Jolly her, einem Beamten, der
durch seine academische Thätigkeit und durch
sein literarisches Wirken gleich vertraut ist mit
den wissenschaftlichcn Bedingungen der moder-
nen Preßgesetzgebung wie mit ihren politischen
Voraussetzungen. Man darf also mit Zuver-
sicht erwarten, daß der Entwurf nach bciden
Seiten hin den Anforderungen der Zeit gerecht
werde. Näheres darüber dürfte vorerst kaum
bekannt werden, da die Vorlage noch in einem
vorberathenden Stadium sich befinden soll. —
Jn einem der Wahlbezirke des Schwarzwalds
soll der frühere Abgeordnete, NechtSanwalt
Eckhard von Offenburg, in einem solchen des
Odenwalds KreiSgerichtsrath Hufschmied von
Mannheim große AuSsicht haben; beide Män-
ncr wären große Gewinne für die geistigen
Arbeitskräfte deS Hauses. Fcrner berichtp

Stadt-Theater in Heidelberg.

Wir haben über die letzten Vorstellungen
zum Theil reckt ErfreulicheS zu berichtcn. Äm
Kreitag, den 3. Nov., hörten wir die volksthüm- ^
lichste ber dcutschcn Opern, den Freischütz. Vor >
der Besprechung der gcsnnglichen Leistungcn gestatte j
man uns eine kurzc Bemerkung über daS Orchester. ^
Daffelbe hat uns vurch Präcision und Reinbeit des ^
Spiels schon oft erfreut, und selbst die nicht ganz j
leichte Aufführüng dreier Mozart'schen Ouvertüren ^

während des Gesanges zum Oeftery daS Accom-
pagnement zu stark hervortrat; die orchestralen
Mächte müffen vor den gesanglichen zurücktreten,
weil uns sonst, besonders bei Arien, manche fei-
neren Einzelheiten drs Vortrags vrrloren gehen.
Die Aufführung bot im Einzelnen viel Gelunge-
nes. — Jn der Rädcrffchen Zauberposse .der ar-
tesische Brunnrn" ward uns ein für ^die größere
Mrnge eines Sonntagspublikums ganz geeigneteS
Stirck vorgeführt. Die ergötzlichen Leistungen deS

Dialog ist stellenweise scharf pointirt und nicht arm
an glücklichen Bildern unb Wendnngen. Diese glän-
zende Außensette vermag aber nicht den Mangrl

ist, die inSgesammt von etner ungesunden Senti-
mentalität angekränkelt find. Vor AUem ist die
Eharakterzeichnung deS Mozart eine burchauS ver-
fehlte, da fie der historischen Realität durchauS
nicht entspricht. Mozart, etn heiterer leichtcr Wan-
dervogel, ertrug sein Leben lang die Ungunst der
Verhälkniffe, die ihn oft bedrängte, mit seltener :
GemüthSfrische und nicht ohve Humor; von alle- !
dem tst tn dem Stücke keine Spur. Unter diesen >

! brtngen, nicht ganz erfolglos war; abgesehen da°
! von, daß Einzelne in nicht ganz genügender Weise
! memorirt hattcn, war dte Aufführung einc im
AUgkmeinen befriedigende zu nennen. Von den
drei kleinen Blüetten der Mittwochvorstellung er-
^ regte Rudolph Hahn'S „Nachtigall und Nichtc"
j durch Komik der Sikuationen und daS charakte-
ristische Splel der Frau St.einecke, sowie des Hrn.

! Frcimüller eine außerordrntlich hochgespannte Hei-
' trrkeit im Publikum. Auch daS Moser'sche Lust-
^ spiel: „Jch werde mtr den Major einladen", blieb
! nicht ohne Wirkung. Weniger gefiel das für den
heutigen Geschmack wohl allzu naive Holtey'sche
! Vaudcville „die Wirner tn Berlin", obgleich daS
neckische und schalkhafte Spiel des Frl Adrian,
die Sicherheit, mit drr Frl. Eisenrichter den Wie-
! ner Dialekt handhabte und die rcht .berlinerische"
! Erschetnung des Hrn. Freimüller wiederholten Bei-
fall fanden.

Darmstadt, 8. Nov. (Die Afrikanertn.)
Während man in Wien, Berlin und anbcrn Städten
 
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