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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-177 Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0061

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Ueidrlberger Zeilung.

Kreisverkündigungsblatt für den Kreis Heidelberg unü alntliches Äerkünüigungsblatt für üie Amts^ und Aints-
Gerichtsbezirke Heidelbcrg und Wicsloch und den Amtsgerichtsbezirk Neckargemünü.

M 1««


Dicnstag, 18 Zuli


Bestellungen auf -ie „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für das mit 1.
Juli 186S begonnene 3. Quartal
werden fortwährend angenommen.

Die Expedition

Ungarn

ist der wundeste Punkt Oesterreichs. Venetiens
Entreißung läßt sich hiemit nicht entfernt ver-
gleichen. Ungarn bildet einen wesentlichen Theil
Oesterreichs und eine Lähmung Ungarns ist zu-
gleich eine Lähmung Oesterreichs. Die Deutsch-
Oesterreicher gefallen sich häufig darin, das Ver-
hältniß Ungarns zu den kaiserl. Erblanden aufzu-
fassen als die Unterwerfung eines uncultivirten
Stammes unter deutsche Cultur; sie nehmen die
Theilnahme ihrer deutschen Stammesgenossen fnr
diesen Unterwerfungsact inAnspruch und betrach-
ten es als Verrath an der deutschen Nationali-
tät und am Liberalismus zugleich, wenn wir
sie in dieser Auffassung nicht unterstützen. Eine
Unterwerfung aber in diesem Sinne wird nie
gelingen, die Magyaren sind ein begabtes Volk,
sie sind der höhcrn Cultur zugänglich, und stre-
ben ihr entgegen, sie sind tapfer. hochherzig und
frciheitsliebend. Nächst England im Besitze der
ältestcn eigenthümlichen Constitulion in Europa,
haben sie in langer Geschichte ihre Befähigung
zu einem politischen Leben gezcigt. Sie haben
auch bewiesen, daß sic im Stande sind,
was an ihrer Verfassung veraltet ist, den An-
forderungen der neuen Zeit gemäß umzuge-
stalten. Der Vcrsuch einer Unterdrückung Un-
garns durch Deutsch-Oesterrcich war daher eiue
Selbstzerfleischung Oestcrreichs; die ungarische
Frage — welche jetzt wieder in den Vorder-
grund getreten — besindet sich genau in der-
selben Lage, in der sie vor 4 Jahrcn durch den
Schluß des Landtags und die Deak'sche Adresse
abgebrochen wurde. Jeder Ungar, vom altcon-
servativen Magnaten bis zum extremsten An-
hänger Kossuth's, ist einig darin, das Patent
vom 26. Febr. 1861 als dem Landrecht wider-
strebend zurückzuweisen. Deak führte damals
auö, daß die magyarische Verfassung, ob-
gleich ihre Anwendung 13 Jahre lang unter-
brochen war, dennoch voll zu Recht bestehe.
Deak hat seinen Standpunkt unverändcrt inne-
gehaltcn, dafür hat er wiederholt Zeugniß ab-

Perfonaüen

Jhrer Königl. Hoheit der Frau Großherzogin
Sophie Wilhelmine,

Wittwe des durcklauchtigsten Großerzogs
Leopold von Baden,
geb. Königliche Prinzessin von Sckweden.

DaS Lcben einer hohen Fürstin, ausgkzrichnrt
durch die schönsten Gaben vrs Herzrns und Gristrs,
hat vor wenigen Tagen gerndet; die Grufk, welckcr
vor dreizehn Jahren die stcrblichen Rrste des edlrn
Fürstlichen Gemables der hohrn Verewigten über-
gebrn wurdrn, ist zubereitrt, um die irdische
Hülle der erhabenrn Frau aufzunrhmen, die mit
Zhm Frrud und Lrid in einer Gemetnschaft von
33 Jahren getbrtlt hat.

Dir nunmehr verrwigte Frau Großherzogin Sophie
Wilhelmine von Babcn war die am 2l. Mai 180!
Zu Stockholm geborne älteste Tocktrr des wriland
Königs Gustav IV. Adolph von Sckweden und der
Königin Friedericke, Tochtcr des Erbprinzen
Karl Ludwig von Badcn.

Die hohe Verewigtr, wicwohl in Schweden ge-

gelegt, zuletzt uvch vor 3 Monaten in einem
langen Aufsatze iu der Pesther Nevue: „ein
Beitrag zum ungarischen Staatsrecht." Mit
Deak steht der bei weitem größte Theil der un-
garischen Nation auf diesem Standpunkte. An-
derseits werden die uncndlichen Schwierigkeiten
der öfterreichisch-ungarischen Frage dadurch er-
leichtert, daß ein anerkannter Führcr der ist,
dessen Namen ein Programm ist. Alles wird
bei eincr Lösung dieser Fräge darauf ankom-
men, ob und in wie feru Deak dafür ist, daß
das besteheude ungarische Staatsrecht auf ge-
setzlichem Wege den Aenoerungen unterworfen
werde, Lie durch den Anschluß an Oesterreich,
beziehungsweise desscn neue Entwicklung seit
1860 geboten sind. Für das Gelingen dieser
Lösung darf man inzwischen — wenn man die
Lage der Diuge richtig würdigen wiÄ — nicht
nur fromme Wünsche, sondern auch lebhafte
Hoffnungen hegen, da nach Allem, was man
erfährt, Deutsch - Oesterreich seinen bisherigen
Standpunkt aufzugeben, und Ungarn thatsäch-
lich entgegenzukommen sich bereit zeigt, Deak
selbst aber einem solchen Compromisse nicht ab-
geneigt ist.

* Politische Nmschau.

* Wir haben schon neulich daraus hingewie-
sen, wie in unserm Zeitalter sich die bedeu-
tcndsten politischen, socialen und religiösen Fra-
gen durchkreuzen, und wie möglicherweise von
der Beendigung des nordamerikanischcn Bürger-
kriegeS eine neue Aera datireu kann, wie cine
solche ihren Aufang nahm mit oer Entdek-
kung Amerika's, welcher die Neformation
bald nachfolgte. Dcr Sieg bei Nichmond kann
in der That ein Sieg der Befreiung auch für
die übrigen Völker der Erde werden. Die
Sclaverei wurde dort bcsiegt und zu Grabe ge-
tragen. Das Bürgerthum hat dort gesiegt über
die Herrschsucht aller bevorzugtcn oder sich be-
vorzugt dünkeuden Kastcn. Von dem Tage
von Nichmond kann somit in der That eine
neue Epoche der Weltgcschichte zählen. Der
einfache Gedanke dcs freien Bürgcrthums, sclbst
seine Negierung führcnd, selbst seine Schlachten
schlageud, frei und mächtig seiue eigene Sache in
die Hand nehmend — hat bci Nlchmouv cinen
Sieg erlaugt, der die Sache der Frciheit auf
lange Zcit hinaus erstarken, seine Feinde schwä-
chen uud nach uud nach besiegen wird. Be-

dem dritten Lebensjahre mit Jhrcn dnrchlauch-
tigstrn Eltern Karlsruhe auf kurzc Zrit brsucht
hntte, kehrte Sie mit Jhrer Köntglichen Mutter
im Aahr 1810 zu blcibendem Aufcnhalte hierher
zurück.

Jn stiller Pflcge wuchsen dirselben heran, und
schon frühzeitig gab fich die bobe B-gabung, dte
lautcre Empfänglichkrit sür allrS G»te unb Scköne

stin dirsrs Landes wrrden sollte. Jm Jahr 1816 un-
ternahm die Königlicde Mutter mit Jhren drei Töh-
trrn einc Rrise nach vcr Sckweiz; Sie besnckte Jhren
Sohn, den Prinzen Wasa, der seit etniger Zett
in Lausanne sriner wlffenschaftlichen AuSbildung

greifen die Gegner der politischen, socialen und
religiösen Freiheit die unauSblciblicheu Folgen
dieses Siegs für die ganze denkende Welt, so
werden auch sie jetzt in neue Bahnen einlenken;
begreifen sie dieselben nicht, so kann die Bahn,
die sie bisher betreten, sie zum Untergange
führen.

Die Berliner „Kreuzzeitung" veröffentlicht
ein Schreiben Samwers, welches ihre Angabe
— wouach ein Augustenburgischer Agent ver-
sichert hätte, das Augustenburgische Haus sei
bereit, aus Nordschleswig zu verzichten, wenn
hierdurch die Unterstützung einer außerdeutschen
Großmacht zu gewinnen sei, — sür unwahr
und erfunden bezcichnet. Die Kreuzzeitung legt
dieser Berichtigung kein Gewicht bei und hält
ihre frühere Mittheilung entschieden aufrecht.

Wie der „Rhein. Ztg." mitgetheilt wird,
haben mehrere Abgeordnete, wclche ihr Erschei-
nen bei dem Feste zu Köln dem Comite an-
zeigten, zugleich erklärt, wie sie unter den jetzi-
gen Ulvständen, wo ein Verbot in Aussicht ge-
stellt sei, es für eine Ehrenpflicht halten, an
dem Feste Theil zu nehmen.

Nach der „Jnnzeitung" wurde nicht dem
Lieutenant Hohenegger allein, sondern auch dem
Hauptm. Perthaler von den Kaiserjägern, eben-
saüs eincm ausgezeichneten Schützen, der nach-
gesuchte Urlaub zum Besuche des zweiten deut-
schen Schützenfestes in Bremen verweigert.

Die Nachrichl, es werde 'in vertraulicher
Weise zwischen Oesterreich und Frankreich, und
zwar auf Attregung Frankreichs, übcr die Mög-
lichkeit verhandelt, die Grundlagen für eine Aus-
einandersctzung mit Ztalien zu gewinnen, tancht
auch von anderer nicht unglaubwürdiger Seite
auf. Frankreich glaubt, so versichert man, sür
die volle Bereitwilligkeit Victor Emanuels cin-
stehcn zu dürfen.

Die „Patrie" bestätigt, daß der Kaiser im
August eine Zusammenkunft mit der Königin
von Spanien haben wird.

Die „Patrie" erklärt die Nachricht, die fran-
zösische Negicrung habe beschlosscn, das päpst-
liche Gebiet noch vor Ablauf der in der fran-
zösisch-italienischcn Convcntion vom 15. Sept.
sestgesetzten Frist zu räumen, für nnbcgründet.

Aus Vcranlassung der Wahlcn sind an ver-
schiedencn Orten des britischen Neichcs Unruhcn
zum Ausbruche gekommcn. Außer in Bclfast
gab es auch in Chippenham (Grafsch. Cam-
bridge) Unordnungen. Nach cinem Gerüchte

Sophie zu bleibendcm Gewinne sür die AuSbil-
dung Ahres Geistes und Herzens in sich aufzuneh-
men.

entfaltrte Sle, angeregt dnrch die mäcktigrn Ein-
drücke des Erlebten, die reichrn Gabcn Ahres We-
srns zur Freiide ber Königlichen Mutter unb deS
kleinen Krcisrs, dem es vrrgönnt war, von dem
allseitigen WachSthum dieser begabtcn Fürstlichen
Zungfrau Zruge zu srin.

Dir Vorzüge drr Prinzessin erkannte frübzeitig
der damalige Markgraf Leopold, und die Wünsche
etner tikfen Hcrzrnsncignng, welcke gegrnseitig er-
wacksen war, gelangtrn durck die am 25. Juli
1819 stattfindende Vermählungsfeier zu ihrer Er-
füllung.

Ein sast ungetrübtes Fami irnlrben hatte die
Vorsehung den bohen Ncuvrrmadlten für eine
lauge Reihe von Aahren brschier-en; die Ehe war
rrich gcsegnet; acht Kinder entsproffen aus derselben,
 
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