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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-177 Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0106

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am Kopf. 4 Preußeil wurden wegen Wider-
setzlichkeil verhaftel. Ein Koblenzer verdankte
seine Nettung nur seinem Weibe, das hände-
ringend die bewaffnete Macht um Gnade an-
flehte. Umsvnft! erst nachdem derselbe ent-
blößten HaupteS vor der Front der Kompag-
nie um Verzeihung wegen seiues unanstän-
digen Bcnehmens gebeten hatte, wurde er den
Armen seiner Gattin zurückgegeben. Die übri-
gen Arretirten wurden gegen Kaution nach
kurzer Haft srcigegeben.

Berlin, 24. Juli. Dem „Schw. Merk."
wird von hier geschrieben: Wir würden die
Stimmung unserer Bevölkerung vollständig falsch
charakterisiren. wenn wir sagten, es machten
die Mittheilungen über die kritische Lagc, in
der sich das Bismarck'sche Cabinet augenblicklich
befindet, auch nur den geringsten Eindruck.
Was draußen sich zuträgt, in Regensburg oder
in Gastein, in Wien oder in Schleswig-Hol-
fteln, bleibt völlig wirkuugslos angesichts der
Kvlner Affaire. Das Volk erwartet von der
auSwärtigen Politik nichts, weil sie von dem-
selben Cabinet ausgeht, das sich zn den schärf-
sten Polizeimatzregeln in Köln verstanden hat.
Die Erbilterung ist sehr, sehr groß. Die Bis-
marck-Roon'sche Politik scheint Alles aufbieten
zu woken, um den tief royalistischen Zug, der
m unserem Volke steckt, in fehr bedenklicher
Weise zu erschüttern. Die ganze Sache ift mit
dem Feste nicht abgethan, denn nicht eher wird
das Gewiffen der Kötner wie deS preußischen
Votkes sich beruhigen, als bis dem verletzten
Recht Genugthuung geleistet ist. Das Wider-
streben gegen die Verletzung des Gesetzes wird
zur dringendsten Nothwendigkcit, weil, wenn
das Volk anderwärts ruhig hinnimmt, was den
Köluern geboten wuroe, kein Preutze mehr in
feinen vier WLuden sicher ist.

Berlin, 26. Juli. Jn eincr Versamm-
lung von Conservativen in der Cuirassierstraße
wurde gestcrn der Antrag gestellt, eine Dank-
adresse an die Regierung wegen ihres Verhal-
tens bei dem Kölner Abgeordnetenfeste zu
überreichen. Der Antrag stieß indessen auf
vielfachen Widerspruch und wurde schließlich
abgelehnt.

Magdeburg, 26. Zuli. Der hiesige all-
gemeine deuffche Arbeiterverein ist durch poli-
zeiliche Verfügung aufgelöst worden, weil er
ein politischer Verein und mit anderen Vereinen
in Verbindung getreten sei.

Bonn, 28. Juli. Das Arndffest fiudet
am nächften Sonntag in der angekündigten
Weise statt. Die gegentheilige Nachricht war
erfunden.

Köln, 28. Juli, Nachmittags. Der An-
klagesenat des Appellhofs verwirst die Oppo-
sition des Oberprokurators und bestätigt den
Befchluß der Rathskammer des Landgerichts,
welcher die polizeiliche Auflösung des Festcomi-
tee's als eines politischen Vereines aufhob.

Hamburg, 26. Juli. Wie die hier ein-
getroffene „Berlingske Tidende" meldet, erwar-
tet man in Kopenhagen die Ankunft einer
großen russischen Escadre umer Befehl des
Großfürsten Konstantin, Bruder des Kaisers.

die junge Frau in dieser Situaiion auch auSsah,
die Sache wurde langweilig, die Gesellschaft war
gestört, und dir Ohnmacht von merkwürdiger Dauer.

„Äielleicht hat Frau X. ihre Haare zu fest gesteckt,"
sagte fie plötzlich zu Herrn U., einem hübschen
jungen Manne, der zu Häupten der schönen Be-
wußtlosen stand, versuchen Sie bvch einmal, das
Retz loSzustecken." Blitzschnell fuhren die Hände der
Ohnmächtigen nach drm Kopfr, und mit schwacher
Stimme fiüsterte fie: „Wo bin ich?" — „Bei mir,"
erwiderte schnell die Hausfrav, während die Herren
einander sarkasttsch zulächelten. „Sie werden wahr-
fcheinlich sehr angegriffen sein, und ich habe des-
halb meinen Wagen vorfahren laffrn, der Ste in
fünf Mtnuten nach Ihrer Wohnung bringen wird."
— Die Moral aus dieser Gefchichte lautet: Bei
falschen Ohnmachtrn muß man stets ein echteS
Ehtgnon tragen.

Altona, 27. Juli. Wie der „Weserztg."
von hier gemeldet wird, erfolgte die Verhaftung
des Dr. May auf Grund seineS preußischen
Unterthanenverhältniffcs in der Absicht, ihn
wcgen der Ausschreitung der von ihm reoigirten
„Schlesw.-Hökst. Ztg." gcgen Preußen zur Ver-
antwortung vor preußischen Gerichten zu ziehen.
— Ueber die persönlichen Verhältnisse May's
gehen der „SchleSw. - Holstein. Zeitung" aus
Rendsburg folgende, Mittheilungen zu: „Drei
Bürger haben sich zu dem Commandanren bc-
geben und das Ersuchen geftellt, Hrn. May mit
Lectüre versehen und einzeln denselben besuchen
zu dürfen. Ersteres ist ihnen bewilligt mit der
BeschrLnkung, daß die Lectüre durch dic HLnde
des Commandanten gehe. Lctzteres ist unter
Hinweis auf seine Jnstructionen vom Comman-
danten abgelehnt. Daneben ist von oem Com-
mandautcn die Versicherung ertheilt, daß er
Alles, was seine Znstruction zulaffe, thun
werde, um die Lagc des Gefangenen zu erleich-
tern. Hr. May befindet sich im Officiersarrest-
local im mittleren Zimmer der Hauptwache.
Die Aussicht ist benommen, indem die unter-
sten Fensterscheiben mit Farbe überstrichen sind.
Jm Zimmer soll Bewachung und die Posten
unten sollen verdoppelt sein. Das Zimmer soll
anständig ausgestattet sein. Sehr gute Bekösti-
gung wird ihm aus Pahl's Hotel durch Kolb
geschickt. Die Theilnahme für dcn Gefangenen
ist die allgemcinste und lcbendigste."

Ein Brief aus Altona bestätigt uns, die
Verhaftung des Hrn. May habe nicht nur den
Zweck der Abschreckung gehabt, sondern noch
wcit mehr, sich verschiedener Briefschaflen zu
bemächtigen. die aus der nächsten Umgebung
des Herzogs von Augustenburg herrühren, um
sich dann derselben in bekannter Weise gegen
den Herzog bedienen zü köllnen.

Kiel, 22. Juli. Das Hauptergebniß der
hier statlgehablen deutschen Künstlerversamm-
lung ist der Böschluß, eiNe Eingabe an den
Bund zu richten wegen Erlatz eines Gcsetzes
zum Schutze des geistigen Eigenthums an
Kunstwerken. Autzerdem ward über Trans--
portversicherung von Kunstwerkeu berathen.
Für die nächstjährige Versammlung ward ein-
stimmig Kaffel erwählt. Die Kunstgenoffen,
welche auf der Nymphe nach Alsen gefahren
sind, haben auch Düppel besucht. Der Prä-
sident, Prof. Martersteig aus Weimar, hiel't
dort eine begeistertc Rede auf die Thaten der
preußischen Armee nnd brachte dem Könige
ein Hoch. Von Sonderburg ging es sodann
zu Schisf nach SchleSwig. Hier Besuch des
Dannewerks, Einweihung des Carstens-Denk-
mals in Jürgen. Auf der Eiscnbahnfahrt
von Schleswig zurück nach Kiel festlicher Em-
pfang in RendSburg.

Aus Kiel, 25. Juli, schreibt man der „N.
Fr. Z.": Der erste Akt der Militärherrschaft
ist geschehen: Heute srüh ist in Altona der
Redakteur der Schleswig - Holsteinischen Zei-
tung, Hr. May, durch preußische Soldaten
verhaftet und auf der Eijenbahn nach Rends-
burg geschafft worden. Ob er noch weiter,
nach Schleswig, transportirt wird, ist zur

tung Dalberg's stand, gezahlt wurden — darüber ^
gibt uns das kürzlich bei Weber in Leipzig erschte-
nene Werk Koska's „Iffland und Dalberg<' Auf-
schluß, in welchem folgendes Register veröffentlicht
wird: Königinnen und erste Rollen im Trauer-
spiel: Madame Seyler (1000 G ); erste Liebhabe- !

Mad. Brandes (1200); zartliche Rollen und zwette !
Liebhaberin: Mad. ToScani (1200); Soubrette
und komische Rollen: Mad. Kummerfeld (6W); ^

(500). In Operetten zum Singen erster Rollen,

Brandes (300); in Operetten zweite Rollen, auch
kleine AuSfüllrollen im Lustspiel: Mad. Pöschel
(400); Hclden und erste Liehaber in Traucr- und
Lustspielen: Herr Boek (1400); Zweiter Lirbhabet'
und rasche Rollcn Herr Opitz (800); jugendltche
muNtere Rollen: Herr Beck (500); komifche alte
Earricaturen, auch Juden: Herr Iffland (700);
lustige Bedtente, Bauern und muntere Rollen:
Herr Beil (600); RaisonneurS und gelaffene Rol-

Zeit noch unbekannt, aber kaum wahrschein-
lich; dem österreichlschcn Kommiffär ins Ange-
sicht wird man doch schwerlich einen solchcn
militärischen Verhafteten vorführen. Der
Grund oder Vorwand dieser exorbitanten Maß-
regel rst ebenfalls noch unbekannt, namenllich
ob man denselben von dem Auftreten May's
beim Bremer Tchützenfest oder von der Hal-
lung seiner Zeilung hcrnimmt. Aber, welches
auch der Vorwand .sei, erne allgemeinc Rechts-
verletzung liegt vor; in den Herzogthümern
herrscht keru Kriegsrccht, ist keiu Belageruugs-
zuftand; keiue Civilbehörde ist suspendirt, kein
Gericht außer Funktion* Es ist ein Akl de«
Kriegsrechts, ohnr Proklamirrlng des Kriegs-
rechtS. Dergleichen ist ohnc Beispiel in un-
serer an Rechtsverletzung überreichen Zeit.
Unzweifelhaft ist dieser Gewaltakt nicht unter-
nommen ohne höhere Ordre; weder Hr. von
Zedlitz noch General Horwarth wird dergleichen
auf eigene Hand gethan haben. Die Ver-
muthung drängt sich also auf, daß ein wohl-
überlegter, völlig absichtlicher Akt eines be-
wußten Systems vorliegt, datz vic WrlitikBis-
marck einen neuen Coup sich vusgedacht hat
und versuchen will, wieweit sie damit kommt.
Gegen wen? — Natürlich gegen Oesterreich;
und es mutz sich nun zeigen, ob Oesterrcich
sich auch diesen einseitigen Gewaltakt gefalleu
läßt, ob es dazu stillschweigt, daß bie Gesetze,
welche deide Mitbesttzer anerkcnnen und be-
stehen laffen, nicht nur überhaupt verletzt wer-
den, sondern gradezu und direkt von dem
andern Mitbesitzer setbst. Denn einfacher und
klarer hat nie ein Fall gelegen: militärische
Verhaftungen (außer gegen Personen vom
eigencn MUitär) sind gesetzlich nur unter
Kriegsrecht, und Kriegsrecht gilt hier zuLande
nicht.

ÄZien, 27. Juli. Hr. v. Halbhuber hat
gegen die eigenmächtige Gefangennehmung
May's und die Ausweisung Frcse's Verwah-
rung eingelegt.

N u ß l Ll n d

Petersburg, 20. Juli. Der Kaiser hat
den Bau einer transkaukasischen Eisenbahn ge-
nehmigt und die nölhigen Fonds angewiesen.

T ü r k e i

Bukareft, 22. Juli. Jn Folge der letzten
aus Konstantinopel eingetroffenen Nachrichten
hat die Regierung beschtoffen, Ouarantaine-
Matzregeln zu ergreifen; die Donauschifffahrt
dürfte hierdurch Störungen erleiden.

Neueste Nachrichten.

Newyork, 20. Juli. (Mit dem Dampfer
„China".) Jn Charleston wurden die Bürger
entwaffnct; AbendS in den Straßen in Grup-
pen auszugehen, ift ihnen verboten. Ein nichl
stark besuchtes Meeting in Newyork sprach
seine Sympathien für Zuarez aus. Aus
Meriko wird berichtet, daß General Mejia die
Waffen der Rebellen an die Unionisten übergab.

Aneona, 27. Juli. Am gestrigen Tag
5 Todte an der Cholera.

^ len: Herr Meyer (800); cvmique Rollen: Herr
! BackhauS (500); Ofstciere und gelaffene Rollen:
Herr Zuccarini (600); polternde Rollen: Herr
Brandes (900); alte Officiers, auch zweite Rai-
sonneurs: Herr Herter (300); kleine Ausfüllrollen
und eigentliche voucke l'rou«: Herr Hafrrung,
Herr Backhaus, Herr Trinkler, Herr Toscatti
! (1206); zum Souffliren und Eopie der RoUen:

> Mad. Meyer (400). Betrag: 13,906 G.

Aus Gastein wird gemeldet, daß ein,reicher
Gngländer seit einigen Tagen auf dem Malnitzer
Tauern, einem Berg von 6000 Fuß Höhe, ein
äußerst comfortables Zrlt aufgeschlagen hat, daS
wegen der dort oben herrschenden Kälte beständig
durch einen etserne« Ofen geheizt wird. Zur Un-
terhaltung der Communication mit den unten lie-
genden Ortschaften hat der Mtster 32 Pferde zu
seiner Berfügung, welche beständig Proviant, Holz
u. s. w. heraufschleppen. Stundenlang fitzt er oben
am Fenster und brütet, lautlos und stnmm; ver
Zweck seineS AufenthalteS in dieser Winterregion
ist, den Sonnenaufgang grundlich zu studiren.
 
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