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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 178-204 August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0134

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fentlichen Blättcrn behaupteten widerrechtlichen
Gefangenhaltung des Grafen Eberhard vou
Württcmberg durch den Grafen Wilhelni von
Württembtrg, Gonvernenr von Ulm, sei ? Ueber
diese pikgnte Hvfgeschichte demnächst mehr.

Frsnkfurt, 3. Auguft. Jn der heutigen
Bundeskagssitzung legte Bayern, Namens des
handelSpolitischcn Ausschusies, eine Uebersicht
über die Annahme des Handelsgesetzbuches vor,
aus der sich crgibt, daß Holstein, Schaumburg-
Lippe, Bremen, Hamburg und Licchtcnstein
noch im Rückstande mit einer Anzeige bezüglich
ihrer Entschließung über desien Einführung
sind. Nur Luxemburg-Limburg hat definitiv
abgelehnt. — Dr. Kippe, Sellin und 36 Ge-
nosien haben von Rostock aus gegen die dor-
tige Negicrung megcn Justizverweigerung (in
Bctreff dcr Betheiligung an dem Nationalver-
ein) Beschwerde einreichen lasien, die an die
Reklamationscommission geht. — Hannover
verlangt in einem aussührlich motivirten An-
trag Ersatz für die ihm für Küstenschutz in
dcm schleswigschcn Kriege erwachsenen Kosten.
Geht au dcn Militärausschuß. — Schließlich
wurdcn die Anträgc der Liquidationscommission
bezüglich der Tcrmine zur Zahlung der Exe-
cutionskostcn einstimmig zum Beschluß erhoben.
Luxemburg-Limburg enthielt sich der Abstimmung,

Wiesbaden, 2. Angust. Die „Mittelrh.
Ztg." bringt folgcndc Erklärung: „Gegenüber
dem in Jhrem Blatte veröffentlichten offiziellen
Bericht nber die am 23. v. M. in Oberlahn-
stein stattgehabtell Vorfälle, insbesondere das
Einschreiten der Polizeimannschaft im Garten
des „Hotel Lahneck", erklären wir unterzcich-
netc- Bewohner Ober- und Niederlahnsteins
hicrdurch, daß dic Haltung des in diescm Lo-
kal amvesendcn Publikums durchaus nicht so
provocant war, um unsereS Erachtens eine all-
gemeinc RLumung desselben zu rechtfertigen.
Namentlich aber müsien wir die Behauptungen:
„das anwesende Publikum verließ den Boden

des Gesetzes und der Ordnung-- der

NegierungSkommissär erklärte daher mit lauter
vernehmlicher Stimme, daß u. s. w. u. s. w."
als dem wirklichen Verlguf der Sachc wider-
sprechend bezeichnen. Wir habcn Alle in der
Nähe des Regierungskominisiärs gcstandeu oder
gesesicn, gleichwohl aber Nichts von einer lam
ten Aufforderung an die Anwesenden, das Lo-
kal zu verlaffen, gehört. Wir haben nur die
Worte dcs Regierungskommissärs vermommen:
wenn es nicht ruhig werde, dann lasfe er räu-
men. Da die Mehrzahl der Anwesenden sich
vollkommen ruhig verhielt, so konnten wir diese
Worle von unseren Plätzen aus nur als an
bestimmte Einzelne gerichtet betrachten und
durften erwarten, daß, wenn etwa ein Einzel-
ner den Bodcn deS GcsetzeS verließ, nur gegen
diesen, nicht aber gegen das gesammte Publi-
kum vorgegangen würde. Ueberraschen und
empörcn mußte es uns deshalb auch, plötzlich
— ohne vorherige Aufforderung zum Verlasien
des Lokals, und ohne daß das in aller West
übliche militärische Zeichen vorher gegcben wox-
den wqre — das requirirte Militär gegen die
Gäste, Tische und Gläscr mit den Waffen an-
rücken zu sehen. — Dies zur Steuer der
Wahrheit! Lahnstein. den 31. Zuli 1865.
C. A. Victor. Richard Rügenberg. H. Nem-
nich. Karl Müller. Karl Nügenberg. H.
Bunar. Joseph Kirchberger. C. Balg. Ja-
cpb Moses Kirchberger. E. Rcinhold."

München, 1. August. Von Dr. Franz
Huber ist im Namen Gleichgesinntcr heute fol-
gender öffentlicher Aufruf erlaffen worden:
„Bismarr?s Attentat auf die Freiheit, auf ver-
fasiungsmäßiges Recht und Leben bedroht viel-
leicht schon in Bälde uns selbst. Männer,
welche solchen Gcwaltstreichcn muthig entgegen-
tretcn, verdienen gewiß dic volle und öffent-
liche Aserkennung jedes freigesinnten Bürgers.
Wir fordern baher zu einer Versammlung auf
zu dem Zwccke, durch ein Telegramm dem
Führcr des jüngsten gesetzlichen Widerstandes
am Rhein, Claffen-Kappelmann, Anerkennung
zu zollen. Diese Versammlung, wozu wir
zahlreichste Betheiligung erwarten, findet mor-
gen, Mittwoch, Abends 7 Uhr im Saale des
Franziskanerkellers statt."

München, 1. Aug. Von hier aus erhielt
der „Nürnb. C." folgende beherzigenswerthe
Mittheilung, welche wohl auch auf andere

Städte paßt: „Wechselklagen, Wechselsperren,
Vergantungen nehmen hier bei Geschäftsleuten
aller Gattungen mehr und mehr überhand;
nicht aber die schlechten Zeiten sollten dieLeute
darob anklagen, wie sie so gern thun, sondern
lcdiglich sich selbst. Es ist der Geist des
Schwindels, der leidcr heutzutage so vielfach
sein Unwesen treibt. Reich werden, aber nicht
auf dem langsamen Weg des auSdauernden
Schaffens und des Sparens, sondern rasch,
ohne viel Mühc, im Flug, das ist's, was so
Vielen als verlockendes Ziel vorschwebt. Da
wird mit ein paar Tausend Gulden Vermögen
ein Laden gemiethet, hesien Zahresmiethe schon
fast den Betrag des VermögenS auSmacht, eine
glänzende Einrichtung hineingestellt — auf
Credit; — Waarcn angeschafft — auch auf
Credit; dann auch flott gelebt. Alles natür-
lich in der Erwartung dcs großen Gewinnes,
welchen das pan in Schwung gebrachte
Geschäft abwerfen soll- Und wenn Jahr und
Tag herum ist, so ist's von einem Dutzend
vielleicht Einem gelungen, sich oben zu halten,
die Andern sind zu Grunde gegangen. Und
dann fragt man noch, warum die Räumlich-
kciten der Stadt- und Bezirksgerichte, zur Auf-
bewahrung der zur Zwangsvcrsteigerung be-
stimmten Gegenstände nicht mehr ausreichen!"

Nürnberg, 31. Juli. Ein schon erwähn-
ter Vorfall, nach welchem dcr Bierbrauercibe«
sitzer Hr. Grosch aus Sulzbach aus einem
Waggon der Ostbahn, in den er nach seiner
Angabe wegen vorgerücktcr Zeit unmittelbar
vor Zugabgang ohne Fahrbillet mit der Absicht
gestiegen mar, dasielbe auf der Fahrt nachzu-
lösen, aus dem er aber von Bahnbeamten mit
insultirendcr Heftigkeit geriffen worden war —
namentlich deshalb, weil der fragliche Waggon
dem Gcoßhcrzog von Hesien zur Verfügung
gestellt war — hatte heute zwoi Verhandlungen
am hiesigen Kgl. Stadtgerichte zur Folge, in
wclcher a) Herr Grosch wcgen einer Verfeh-
lnng gegen die bahnpolizeilichen Vorschriften
zu einer Strafe von 10 fl.; 6) der Oftbahn-
inspektor Hr Raps auf Grund des Art. 237
des Strafgcsetzbuches (körperliche Mißhandlung
betr.) zu einer Strafe von 30 kr. verfällt wurde.

Aus Könrgsberg, 28. Juli, schreibt der
N. Corr.: Die preußische Polizeiwirthschaft
schreitet ihrem Höhepunkte entgegen. Recht
und Gesetz existiren nicht mchr; die Verwal-
tung hat sich den elastischcn Begriff tzer allge-
mefnen Wohlfahrt zum höchstcn Princip, na-
türlich nach neupreußischen Gesichtspnnkten,
erkoren, und die meisten Gerichte des Landes
interpretiren die Gesetze so, wie sie kein ande-
rcr Mensch interpretirt. Die Kölner Ereig-
nisie haben auch hier das höchste Aufsehen er-
regt; die Deutungen des VereinsAeisetzcS — wenn
man sie überhaupt D ulungen nennen will —
die dort mit Bajonetten durchgesetzt werden,
stimmen zu allem Uebrigen. Auch hier wurde
gestern der Versuch gemacht, dem Kölner Fcst-
komitee fsir jeine Bcharrlichkeit den Dank der
Bürger in einer Versammlung anszudrücken.
Sobald oer betreffende Antrag gestellt war,
wurve sofort durch den überwachenden Polizci-
beamten dic Versammlung aufgelöft. Wohin
dieses Treiben zuletzt führen soll, weiß wahr-
scheinlich die Regierung selbst am Wenigsten,
zur Niederbeugung der Volksgesinnung sicher-
lich nicht, oenn die Erbitterung ist im Steigen
begriffen. Jedermann sagt sich zwar, daß die-
ser Zustand bei der ersten von außen drohen-
den Krise von felbst zusammenbrechen muß;
aber der Patriot sieht mit Bekümmerniß, daß
die Achtung vor Preußen bei solch zesetzlosen
Zusiänden im Auslande immer tiefer sinkt;
unter solchen Verhältnisien könnte Preußen
cinen Krieg, dcr das Zusammenfasien der gan-
zen Volkskraft erheischt, sicherlich nicht führen.

Hamburq, 3. Aug. Die heute hier ein-
getroffene „Berlingske Tidende" berichtet: Bon
Stockholm wird officiell notificirt, daß das aus
27 Schiffen bestehende rufsische Ostseeübungs-
geschwader zu Anfang des Moyats von Kron-
stadt ausläuft. — Die Großsürsten Constantin
und Alexis beabsichtigen einen Besuch der khnig-
lichen Familie in Stockholm.

Schleswig, 1. Aug. Hr. v. Zedlitz hat
auf den Protest des Hrn. v. Halbhuber wegen
der Verhaftung May's bereits schriftlich geant-
wortet. Er weist unter Berusung auf den

Auftrag seiner Regicrung und auf das Unter-
thanenverhältniß May's hen Protcst zurück, nnd
erbietet fich, auf Berlangen gerne Hilfe zu ge-
währen, wenn Oesterreich etwa Grund HLtte
hier einen östcrreichischen Staatsangehörigen zu
verhaften. (H. N..)-

. F r a >, k r e i ch.

Pavis, 2. Aug. Sämmtlichen französischen
Journalen ift heute vom Ministerium deS Zn.-
ncrn die Weisung ertheilt worden, der kaiser-
lichen Broschüre über Algerien gar nicht mehr
zu erwähneu. — Der oft erwähnte Besuch des
Hrn. v. Bismarck iu Plombicres gewinnt immer
mehr an Wahrschestilichkeit.

Z t a l t -- n.

Florenz, 3. Aug. Die Anstrengungen der
französtschen Regierung für die Wiederaufnahme
der Unterhandlnngen zwischen Jtalien und Rom
sind gefcheitert. Hr. v. Malaret geht in zwei-
monatlichen Urlaub nach Paris.

Aneona, 3. Aug. Gestern 40, heute 33
Choleratodesfälle. Jn Salonichi und Cavulla
in Thessalien ist die Cholera ebenfalls ausge-
brochen.

S p a n i e n.

Madrid, 3. Aug. DerFürst von Anglona
ist zum Gesandten in Wien ernaunt. — Die
„Epoca" bringt eine Ordre des Generals
Gandara, worin den Dominikanern der Krieg
erklärt ist.

D än e m a r k

Kopenhatzen. 3. Aug. Der König von
Schweden und der Prinz August sind heute
Bormittag auf Schloß Bernstorff zum Besuch
des Königs von Dänemark eingetroffen und
werden, wie es heißt, heute Abend wiedcr zu-
rückreisen.

A m e r i k a.

Die neuesten Berichte aus den La Plata-
Staaten melden über die Schlacht auf dem
Parana, daß sowohl die Paraguayer, wie die
Brasilianer mit Heroismus kämpften. Das
Gefccht begann um 9V, Uhr Vormittags und
endete erst um 6 Uhr Abends. Der L>ieg der
Brasilianer war vollständig. Die paraguayische
Flotte beftand aus 8 Dampfern und 6 Kano-
nenbooteu. Dic Brasilianer hatten 9 Kano-
nenboote. Die Verluste der' Paraguayer, de-
ren Flotte fast ganz vernichtet wurde, sind
sehr aroß. Die Brasilianer verloreu 300 Mann,
worunlcr 19 Offiziere. Die Stadt Corrienles
war vou ihren Einwohnern verlaffcn worden.
Das Hauptkorps des brasilischen Opera-
tionsheeres, 17,000 Mann stark, stand an dem
Ufer des. Urnguay, cin anderes 14,000 Mann
starkes Corps an der brasilischen Gi:enze. Ein
Corps von 20,000 Paraguayern war, nachdem
es die Provienz CärrienteS arg hcimgesucht, iy
die Provinz Rio Gxande cingedrungen. Unter
den brasilischen Truppen soll der Typhus große
Verheerungen anrichten.

Nerreste Nachrichten.

Petersburg, 3. Aug. Der russische Ge-
sandte Titow wird von Stuttgart abberufen
und durch Stolypin in Karlsruhe, Letzterer
durch den Attache Kotzebue in DreSven crsetzt.

Alexandria, 3. Aug. Der Vicekönig ist
angekom'men und nach Empfang der offizirllen
Besuche wieder nach Kairo abgereist.

> Der Engläiwer Whymper, welcher bei dem Un-
Pr^eis von 1000 Pfl. Slerl.. ^elchen der englische AI-

da^Schnuspwl einer Belmchtung des hie-

Fraukfurt, 4. Aug. Die Flauheir der österr. Ei-
fecken machte heuke weitere Fortschritte, da die Nolirua-
acn von Wien (Credilaciien 173. Loose 88. 40, London
110. 70) und Berlin (Creditactien 7N/4. Loose 81 Vr)
abermals ungünstig kamen. DaS Geschäf! war ziemlich
bclebt. Natioual 66'/s, 1864er Loose 86, Staal.sbahn-
Prioritäken h2Vi«, L>vorneser-43Vg. Wechsel auf Wien
107'^-Vs, Paris 95Vi«. Londo^^119V,—V«. Amnnk.

Um 2 Uhr: Oesterr. Creditaclien 185V,. Loose 81V«
bis Vr- 1832er Amerik. 72V«.
 
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