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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 178-204 August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0146

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gegen den Abg. Schcnck wegen .der von ihm
am 25.' April d., Z. in der Kammer in Aus-
übung seines Berufes als Abgevrdneter getha-
nen Aeußerung über den Mißbrauch der Amts-
gewalt bei den Wahlen. Der Präsident er-
klärt unter dem Bcifall des Hauses diese An-
klage für verfassungswidrig und fügt bei, wenn
dic neue- Verwaltung dem Landtag persönlich
cntgegenkommen wolle, dann müsse sie vor
Allem diesen traurigcn Ueberrest der alten Ver-
waltuug beseitigen. Zum Schluß stellte Dr.
Lang cine Motion auf Wiederherstellung der
Verfassung.

Aus Mitteldentschland, im August
Der „Allg. Ztg." werden ü'ber den „Verein
der deutschen StandeSherren" folgende weitere
Mittheilungcn gemacht. Zweck des VereinS ist
namentlich, dahin zu wirken: 3) daß der auf
Bundesgrundgesetzen und Bundcsbeschlüssen oder
auf Spezialverträgen ruhende Rechtszustand
aufrechtcrhaltcn, tr) daß dic Verheißung des
Art. 6 dcr Bundesacte (Curiatftimmen im Ple-
num der BundeSversammlung) verwirklicht,
und c) daß dem zu errichtenden Bundesgericht
die bundesgesetzlichen Nechte der deutschen Stan-
deshcrren ohne Einschränkung unterstellt wer-
den. Dic Organe des Vereins sind die Ge-
neralversammlung, welche regelmäßig alle drei
Jahre zusammentritt, und der Ausschuß, wel-
cher außer dem Präsidenten^und Vicepräsiden-
ten des Vereins aus sechs Mitgliedern und
zwei Ersatzmännern besteht, und sowohl den
Vcrein nach Außen vertritt, als in minder
wichtigen Angelegenheiten endgültig, in drin-
genden wichtigen Angelegcnheiten vorbehaltlich
der Gcnehmigung der Generalversammlung
bcschließt. und endlich die Berathungsgegen-
stände für die Generalversammlung vorzube-
reiten hat. Der gegenwärtige Präsident des
Vereins ist Fürst Karl Egon zu Fürstenberg.
Die erste Gencralversammlung — und in ihr
erfolgte die Gründung des Vereins — wurde
am 18. MLrz v. I. in Frankfurt abgehalten;
seitdem ist der Ausschuß zweimal, zuletzt am
30. Marz v. Z. in Heidelberg, zusammenge-
treten. Die Gründung des Vereins wurde so-
wohl der Bundesversammlung als sämmtlichen
Mitgliedern des Bundes angezeigt und von
keiner Seite beanstandet. Die deutschen Stan-
desherren bcstehen zur Zeit aus 48 Fürstcn
nnd 45 Grasen.

München, 2. Aug. Großes Aufsehen er-
regte in den betreffenden Kreiscn die erfolgte.
Verhaftung eines Administrativbeamten des
Kriegsministeriums, dem seit mehreren Jahren
eine Casse zur Verwaltuug anvertraul war.
Er wurde am Samstag in das Militärgefäng-
niß abgeführt.

Berkiin, 1. Aug. Die Kreuzzeitung ver-
sucht nachträglich, das Abgeordnetenfest in Köln
auf eine seltsame Weise zu verdächtigen. Die
süddeutsche Demokratie habe es dabei aus einen
großen Schlag abgesehen. Jn Süddeutschland
mache die Demokratie reißende Fortschritte,
aber leider helfe es nicht, da in Preußen die
Demokratie immcr mehr an Terrain verliere.
Das Minifterium Bismarck, so scheint sich die
Kreuzzeituug die Sache vorzustellen, gewinnt

der New-Uorker „Herald" eine Schilderung der
großen Feuersbrunst, welche das Barnum'sche Mu-
seum vrrzrhrte. Er erzahlt darin: „Die Volksmenge
schien mit Jubel die Gelegenheit zu begrüßen, die
Euriositaten gratis zu sehen. Einer der im Mu-
seum Angestellten, der mit einem Bünbel Korallen
in der einen, mit einem ausgestopften Waschbär
in der andern Hanb sich durch die Menschen brängte,
wurde mit lautem Brifall cmpfangen. Auf ihren
Gipfel aber stieg die Erregung, als die Riefin, die
dicke Dame und die weiße, wollköpfige Kakerlakin
heraus und bie Straße hinab spazierten. ihnen
folgte eine Schaar der Aungfrauen vom Lorps de
Ballet, arme Dinger, denen ihre ganze Theater-
garderobe zum Kukuk gegangen war. Die Panto-
mime vom grünen Ungeheuer sollte gerade Nach-
mittagS im Museum gegeben werden, aber nun
war das grüne Ungeheuer sammt den Wallsischen,
den Schlangen und der „glücklichen Familie" rlen-
diglich von den Flammcn verspeist. Die dicke
Dame, die Riesin und die Ballettänzerinnen fan-
den ein zeitweiliges Asyl in einem Zeitungs.

alle Herzeu uud treibt das ganze preußische
Volk der konservativen Partei in die Arrne.
Um dem abzuhelfen, bcabsichtigen* die süd-
deutschcn Demokraten eine Massendemonstration
am Rheine, sie rcisen in nicht geringex An-
zahl nach Köln, aber Dank der Wachsamkeit
des Ministeriums müffen sie^ unverrichteter
Sache abziehen. Das Ministerium Bismarck
hat Süddeutschland gerettet. Es wird wohl
nicht nöthig sein, auf das Gewebe von Unsinn
und Lüge weiter einzugehen. Daß die Kreuz-
zeitung hinterher gcrn einen vernünftigen Grund
für das Verbot des Abgeordnetenfestes aufsin-
den möchte, begreift sich leicht.

Köln, 4. August. Die Stadtverordneten-
versammlung hat beschlossen, Herrn Clas-
sen - Kappelmann zu vcranlassen, die 75
Thlr. als Miethe für den Gürzenich-Saal zu
bezahlen. Es wird dieser Beschluß zu einem
interessanten Prozeß führen.

Bvnn, 6. Aug. Nach der „Rhein. Ztg."
sind die Studcnten, welche Herrn Classen-
Kappelmann am Tage der Arndtfeier von einer
Poppelsdorfer Restauration aus in feierlichem
Zuge an den Bahnhof geleiteten, vor den Uni-
versitätsrichter citirt und bort wegen jener
Ovation zur Rede gestellt worden. — Ueber
noch einen interessanten Vorfall können wir
nachträglich berichten: Als am Abend des ersten
Tages der Arndtfcicr einer der in der „Rhein-
lust" versammelten Festtheilnehmer zu einem
Hoch auf den ebenfalls anwesenden Herrn
Oberbürgermeister aufforderte, aniwortete die
ganze Gesellschaft wie aus Einem Munde mit
einem donnernden „Claffen-Kappelmann Hoch!"

Magdeburg, 7. Aug. Nach einem Tele-
gramme der „Magdeburger Presse" wurden
sämmtliche Angeklagte, welche wegen der Ar-
beitercoalition in Burg vor Gericht gestellt
waren, freigesprochen. Der Präsident des Ge-
richtshofes ermahnte die Angeklagten zur Ver-
söhnung.

Gumbinnen, 29. Juli. Der mit 51
Thalcr jährlich pensionirte Lehrer Sack in
Chelchen schreibt wörtlich Folgendes an die
Rcdaction des „Bürger- und Bauernfreundes" :
„Meine Pension bezog ich seit dem 1. April c.
j,k-36numer-3ii<1o. Die Regierung hat sie aber
p02tnum6k-3nc1o festgestellt: ich erhalte sie also
jetzt erst zum 1. October. Mit 12 Thaler
22^/z L>gr. 7 Menfchen 6 Monate zü leben,
werden Sie ermessen, daß ich diese Rechnung
nicht vcrstehe, sondern es den Göttern über-
lassen muß.

Altona, 3. August. Rundschreiben an die
sckleswig-holsteinischen Vereine. Ein Akt recht-
loser Gewalt hat sich in unserem Lande zuge-
tragen, wie seines Gleichen in demselben bis-
her unerhört gewesen. Ein Einwohner des
Landes, keiner Militär-Gerichtsbarkeit unter-
worfen, gegen welchen weder hier, noch in sei-
nem Heimathslande Preußen die Gerichte wegen
irgend eines Vergehens einzuschreiten Anlaß
gefunden haben, ist seiner Freiheit beraubt
durch militärische Gewalt unter Bruch des
Hausfriedens. Dieser Gewaltakt hat einen
Mann betroffen, der sich durch hingebende lang-
jahrige Thätigkeit um die Vertheidigung unse-

wie es nur je an eines Sterblichen Ohr gedrungen
ist. Die „glückliche Familie" strafte ihr Ephitheton
Lügen: Die Affen schrieen, die Hunbe bellten, dte
Katzen miauten, die Papageien kreischten, die

armen Thiere zu retten, wurden sofort Anstalten
getroffen. An einem Setle ließ man dem Bären
! eine Leiter hinab. Gewohnt, durch Eisengitter zu
schauen, schicn Herr Braun seine Lage durchauS
nicht begreifen zu könncn; er sah grimmig dretn
und war offenbar nicht zu Scherzen aufgesegt.
Mehrmals, wenn seine Tatzen an den Sproffen
vorbeiglitten, zeigte er seine Zähne; doch als er
endlich Fuß faßte, sah er so zufrieden aus, wie
> rin Bär unter so bewandten Umständen nur aus-

rer Landesrechte verdient gemacht hat, und hat
ihn zweifelsohne betroffen wegcn eben dieser
Thätigkeit. Wen der Gewaltakt aber auch be-
troffen haben möchte, er bliebe sich seinem We-
sen nach gleich, er ist die Aufhebung geordneten
Rechtszustandes. Und der Gewaltakt ist ge,
schehen nicht etwa auf gemeinsame Anordnung
der beiden Kommiffäre, des kaiserlich königlich
österrcichischen und des königlich preußischen,
welche gleichzeitig die oberste Regierungsgewalt
in unserm Lande ausüben, sondern auf Anord-
nung des eineN derselben, ohne Vorwiffen des
andern und wider dessen Willen und gegen
den Widerspruch desselben wird er aufrecht er-
halten. Von derselben <L>eite ist im Wider-
spruch mit dem kais. königl. österreichischen
Kommissär unter Umgehung der ordentlichen
Landesbehörden bereits ein zweiter Akt der Be-
schränkung perfönlicher Freiheit verfügt gegen
den hier im Lande weilenden preußischen Ab-
geordneten Dr. Frcse, unter Androhung mi-
litärischer Gewalt. Der provisorische Zustand,
den wir so oft schon und noch in unserer letz-
.ten Delegirten-Versammlung am 19. April d.
I. vor aller Welt als verderblich bezeichnen
mußten für unsere wesentlichsten materiellen
und sittlichen Jnteressen, und als unverträglich
mit der Ehre Deutschlands; derselbe hat durch
diese neuesten Ereignisse als völlig unhaltbar
sich erwiesen und unsere inneren Zustände
nicht allein, sondern auch den Frieddn Deutsch-
lands gefährdend. Die deutschen Regierungen
und die deutsche Nation können sich nicht länger
unserer Forderung entziehen, daß sofort unserm
rechtmäßigen Fürsten, Herzog Friedrich, die
verfaffungsmäßige Regierungsgewalt übergeben
werde. Die Erkenntniß der aufs Aeußerste
gefährdeten Lage des Landes hat unsere Lan-
dcsregierung und die Vertretungen der Kom-
munen mächtig ergriffen. Jn der Erwartung,
daß dieselben sich durch nichts werden beirren
laffen, im vollsten Maße ihren crnsten Pfiich-
ten zu genügen, wird es die Aufgabe der Be-
völkerung sein, in Erfüllung derselben durch
gesetzmäßiges Auftretcn sic zu unterstützen.
Ein Augenblick der Entscheidung naht. Hoff-
nung ist gegeben, daß dieselbe eine fricdliche
werde, daß sie erfolge im Wege des Rcchtes
unter Mitwirkung unferer rechtmäßigen Lan-
desvertretung und im Einverständniß aller
Faktoren, die Anspruch haben auf Mitwirkung
bei der desinitiven Ordnung unserer Landes-
sache als einer Sache Gesammtdeutschlands,
welchem Holstein als organischer Bestandtheil
verfassungsmäßig von je angehört hat, Schles-
wig in Zukunft angehören muß Harren wir
unerschütterlich aus im Kampf; für unser und
Deutschlands heiliges Recht. Schließen wir
uns fcster noch zusammen. Es gilt, daß die
ganze Bevölkerung zusammenstehe wie Ein
Mann. Diejenigen Vererne, welche keine stän-
digen Delegirte haben, wollen baldthunlichst
Dclegirte wählen, damit eine Delegirtenver-
sammlung im Falle der Berufung schleunigst
zusammentreten kann. Wir haben die Mit-
theilung nachzuholen, daß sich in Flensburg
und Sonderburg neue Vereine gebildet haben
und daß sich in den meisten Vereinen die Mit-

l sehen konnte. Lauter und l/n,ter kreiscbtcn dte Affen
i und ihre andern Leidensgenoffen, bis auch ihnen,
! der Mehrzahl wenigstens, Hülfe nahte7 Aber manche
! erlitten auch den Tod in den Flammen, namentlich
l die Wallfische und die Krokodile, denen man ihr
! Lrbenselement cntzog, welches zum Löschen aus-
< gelassen wurde.

(Lincoln.) Wieder ein charaktertstisches Wort
deS verewigten Lincoln. — Als Präfident Lincoln
zu Anfang des Bürgerkrieges erklärte, daß er mit
den Rebrllenbehörden nicht als solchen unterhan-
j deln könne, trat ihm Mr. Hunter mit einenr Prä-
! cedenzfall aus der Geschichte entgegen, und erin-
. nerte, daß Karl !. mit seinem rebellischen Parla-
ment unterhandelt habe. Darauf sagte Mr. Lin-
coln: „Wenn Sie mir mit htstortschen Fragen
kommen, muß ich Sie an Mr. Seward verweisen,
i denn er ist in solchen Dtngcn studirt; und ich gebe
^ mich für ketn Universalgenie auS. Das Einztge aus
j der Geschichte, dessen ich mich klar entsinuen kann,

< ist, daß Karl I. seinen Kopf verlor."

Die Bremer Festhallc wird die Reise nach
Wien machen, um dort in drei Jahren demselben
^ Zwecke zu dienen, wte in Bremen. ^
 
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