Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 205-230 September
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0228

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
eine allgemeine deutsche Freiheit angeregt war.
Aber ke'in freisinniger Deutscher hat die Einheit
durch Annexion, Eroberung und Vergewalti-
gung. sonvern iinmcr nur durch ein dcutsches
Parlamenr herzestellt wissen wollen. Unler der
^errschast dcs Metternich'schen systems' und
damals, als noch die deutschen Großstaaten kcine
constitutionellen Verfassungeu hatten — da vcr-
langten wir nach kciner Einheit, sondern unsere
kleinstaatliche Freiheit war uns weit lieber, als
der Bund mit dem Absolutismus.

Schaffet Freiheit — allgemeine Freiheit, und
die trennenden Schranken des Mißtrauens, der
Eifersucht und des Argwohns werden von selbst
fallen; die Einheit wird auS der Freiheit, als
deren natürliche Tochter, gcboren werden. Auch
die Widerstrebenden werden alsdann nothge-
drungen solgen müssen, und die letzte Stunde
des Separatismus, der nur das Produkt des
Absolutismus ist, wird geschlagen habcn. Möge
bei allen Deutschen dieses Bewußtsein durch-
dringen!

* Politische ttnischau.

* Nach AÜem, was man erfahrt, ist der
Eindruck, den die Salzburg-Gasteiner Ueber-
einkunft auf die Bewohner von Schleswig-Hol-
stein gemacht Hat, ein sehr niederschlagender.
Es ist dies leicht begreiflich: denn nirgends
cntdcckte man in derselben die leiseste Andeu-
tung von dem Recht des Landes, ein Wort bei
der Gestaltung seincs Geschicks mitzureden. Ein
nicht zu unterschatzendes Kennzeichen dieser Ue-
bercinkunft ist es aber, daß man selbst in Ber-
lin nicht durchaus zufrieden mit diesem Mach-
werke ist. Manche glauben dort, es stehe in
ihm zuviel, gerade das aber, was fehle, sei we-
sentlich. So wird auch dort jede Hinzuziehung
der schleswig - holsteinischen Landesvertretung
vermißt, ohne welche — wie jeder Unbefan-
gene meint — die beiden Condomini auf die
Dauer mit ihrem nunmehr getrennten Besitze
nicht auskommen würden; auch habe Preußen
damst auf die Durchführung seines Fe-.
bruar-Programms verzichtet, welcher Berzicht
folgeschwerer, als die Erwerbung Lauenburgs
sei. Uebrigens ist dcr Vertrag so geartcl. daß
er nicht zur vollen Gültigkeit gelangen kann,
ehe die preußische Landesvertretnng ihn geneh-
migt hat. Diese Genehmigung wiro nämlich
unumgänglich nöthig, einmal wegen der durch
den Vertrag bewirkten Veranderung des preu-
ßischen Staatsgebietes, und dann wegen der
dem Lande auferlegten Abftndung au Oester-
reich im Betrage von A/z Millionen. — Un-
ter Umstanden hat sich also die Sachlage onrch
den Vertrag von Gastein nicht vereinfacht, ist
vielmehr noch kritischer geworden.

Der „Allg. Ztg." wird auS Wien, 27. Aug.,
geschrieben: Es scheinl, daß die Wiencr Han-
delskammer bereits Mittel und Wege sucht, um
ihren Bejchluß, den deutschen Handelstag nicht
zu beschicken, rückgangig zu machen, und aller-
dings hat dieser Beschluß nicht bloß in politi-
schey, sondern auch in commerciellen und indu-
striellcn Kreisen eine sehr scharfc Verurtheilung
gesunden. Die Angelegenheil ist, dem Plenar-
beschluß zum Trotz, in der betrefscnden Scction
bereits nochmals erwogen, und von 13 anwe-
senden Mitgliedern haben 8 ihr Bedauern aus-
gesprochen, daß die Kammer in Frankfurt nicht
vertreten sein werdc. Da nun seitdem der
ständige Ausschuß des Handelstags noch einen,
wie es scheint, in letzter Stunde ausgearbeite-
ten und zur Vorlage an den Hanvelstag be-
stimmten Entwurf ciner allgemeinen deulschen
Concursordnung hierher mitgetheilt hat, so
dürfte darin der Anknüpfungspunkt gegeben
sein, dle Beschickung ves Handclstags nochmals
rn Erhrterung zu ziehen. Wicn würdc übrigens
m ftincm Fall ganz ohne Bertretung in Frank-
furt scln, denn lm Gegensatz zu dem ebenfalls
ablehnenden Beschluß des bürgerlichen Handels^
gremiums hat das Großhandlungsgremium
einen Repräsentanten zu entsenden beschlossen.

Die nachste Versammlung deö Sechsunddrei-
ßigcx Ausschusses (zu Lcipzig am 3. Septbr.)
wird zahlreich hesucht werdcu. Weitauö die
meisten Mitglieder des Ausschusses haben ihre
Theilnahme zugesagt; bis jctzt crklärten nur
einig.e Wenige, am Erscheinen verhindert zu
seiy. Dieser Persammlung werden auch die
Mitglieder des engern Ausschusses der in den

Elbherzogthümern bestehenden ^chleswig-Hol-
stein-Vereine beiwohnen und sie beabsichtigen,
vollzählig zu erscheinen. —- Seit der Veröffent-
lichung des letzten Berichts über die chei dcr
geschäftsleitenden Commission des L-cchsund-
dreißiger-Ausschusses eingegangenen Gelder für
Schleswig-Holstein sind wieder verschiedene neue
Senduugen eingetroffen, so daß demnächst eine
weitere Liste veröffentlicht werden wird. Die
Gesammtsumme der Einnahmen steigt damit
auf beinahc 640,000 fl., wovon sich noch fast
60,000 fl. in der Kasse befinden.

D e n t s ch l a n d

Karlsruhe, 29. Aug. Das Vcrordnungs-
blatt der Direktion der Verkehrsanstalleu Nr.
45 enthält folgende Bekanntmachungen: 1)
Mjt dem 1. k. M. wird ein zweiter täglicher
Postomnibllskurs zwischen Miltenberg und
Wertheim und ein täglich einmaliger Postom-
nibuskurs zwischen Walldürn und Amörbach,
bezw. Miltcnberg uno Aschaffenburg, ins Leben
treten. 2) Den Ortsschulräthen steht das Por-
tofreithum zu für mit „Schuldienstsache" be-
zeichnete und mit dem Dienstsiegel versehene
Brief- und Fahrpostsendungen. 2) Vom 15.
d. M. an hat zwischen der badischen und wür-
temb. Bahn einerseitS und der Taunus- und
nasfauischeu StaatSbahn anderseits vermittelst
der Main-Neckarbahn unmittelbare Güterbe-
förderung statl. 4) Vom 1. Sept. d. I. an
kann unbeschränkte Beförderung von Gütern
nach und von der Station Weingarten statt-
finden. — Dienstnachrlchtcn: Der durch den
Lod des Postexpeditors Hiß in Erledigung ge-
komme-nc Posterpeditionsdienst in Steinbach ist
der Wittwe deffelben, Anna Hiß, und der durch
den Tod drs Posthalters Greiff in Erledigung
gekommene Posth.alterdienft rn Wiesloch dem
Sohne des Verstorbenen, Karl Greiff, über-
tragen worden. Briefträger Seb. Friedrich
wurde zum Postpacker, Portier I. Metzger zum
P.acker und Postamtsdiener und Jos. Schmidt
von Fahrenbach zum Postamtsdiener ernannl.
Maschinenheizer Schroth wurde auf Anjuchen
entlassen.

Karlsruke, 30. August. Hr. Oberschul-
ralhsdirector Dr. Knies ist geftern aus Urlaub
wieder hierher zurückgekehrt.

Aus Badrn. Nach der „Karlsr. Ztg."
hat der großh. Obermedizinalrath die Mitglie-
der des ärztlichen Ausschusfes zu einer gemein-
schaftlichen Bcrathung auf Montag den 9. Okt.
d. J. nach Karlsruhe eingeladen. Es ist zu
vermuthen, daß die schon mehrfach erwähute
Dcnkschrift des Hrn. Bezirksarztes Dr. Lederle
zum Ausgangspunkt der dort zu pflegenden
mündlichen Verhandlungen dienen werde.

Darmstadt, 27. August. Die „Darmst.
Ztg." erzählt unter dem Ausdruck des Be-
dauerns: „Gestern Nachmitlag hatte sich der
großh. Geh. Regicrungsrath Dr. Zeller zu
Fuße nach Griesheim begeben, um daselbst noch
einige Anordnungen für das bevorstehende
landwirthschaftliche 'Fest zu treffen. Auf dem
Rückwege, etwa eine Viertelstunde von dem
Orte entfernt, fiel er plötzlich an der Seite
seiner Gattin todt nieder

Frankfurr. 30. Aug. Es ist, wie wir
erfahren, von Baden die Einladung an die
übrigen bctheiligten Staaten zur Theilnahme
an dcr veutschen Postconferenz erneuert, so daß
der Zusammentritt derselben zum 13. Novem-
ber (September?) in Karlsruhe wahrscheinlich
geworden ist. Preußen interessirt sich lebhaft
für den Zusammentritt, Oesterreich ist demsel-
ben nicht abgeneigt, indeß Bayern wieder keine
Antwort gegeben haben soll. Der Conferenz
dürften Verhandlungen mit der Schweiz über
eine Revision des Lindauer Postvertrages von
1852 vorhergehen; dieselben werden in Bern
von Oesterreich, Bayern, Würtemberg, Baden
und Täxis geführt werden. Preußen fordert,
bei diesen Verhandlungen betheiligt zu werden,
und wird dies voraussichtlich crlangen, da die
Schweiz dic Vertretung Preußens in Berneben-
falls wünscht. Auf der Karlsruher Postconferenz
stehen weitgehende Reformanträgc in Aussicht.
Von Würtemberg wird, wie es heißt, die Auf-
hebung der dritten Zone für das Briefporto
und die Erweiterung der ersten bis 20 Meilen
beantragt wcrdcn. Es würde hiernach kosten
ein einfacher Brief bis auf 20 Meilen Ent-

fernung 3 Kreuzer oder 1 Silbergr. und auf
jede weitere Entfernung (innerhalb des deutsch-
österreichischen Postvereins) 6 Kreuzer oder 2
Sgr. Preußen soll eine Herabsetzuug der
Fahrpostgebührcn für Pakete rc. befürworten;
von Baden und Würtemberg ist dann noch zu
erwarten. daß sic die. Herabsetzung der Zei-
tungsspeditionsgebühren, die Aufhebung des
Briefbestcllgeldes, das noch in den meisten
Staaten besteht, und andere Verkehrserleichte-
rungen befürworten werven (Fr. I.)

Nürnberg, 29. Aug. Jn der heuligen
Sitzung des volkswirthschaftlichcn Congresses
wurde die Wohnungsfrage nach langer und be-
wegter Debatte erledigt. Angenommen wurde
folgender Antrag:

Der^volkßw^ <§0,^^ ^län isi^

empfehlni, daß sie sich auf rein qeschäflllcheu Betrieb
beschränkeu, milhin Wohlthäligkeit nno Unterstützun^
gänzlich ausschließen. 3) Für die auf dem Princip der
Selbsthiste ^b^iheildei^B^

Ferncr der Zusatz: »

^ Die^bestcheiide Cominission ^fiidie Wo^iiuii^en setz^l

Jn Folge des Nichterscheinens des Referenten
Dr. Rentzsch aus Dresden wird die Waldwixth-
schaftsfrage wahrscheinlich ausfallen. Die Zahl
der Congreßmitglieder beläuft sich nach den bis
jetzt ausgegebenen Mitgliederverzeichnissen auf
etwa 130.

Donn, 20 Aug. Dem Grafen zu Eulen-
burg ist in Folge des Vorfalles mit dem Koch
dcs Priuzen Alfred Stubenarrest auferlegt.
Durch die Obduktion, welche der Kreisphysikus
Dr. Klcin im Beisein des Regimcntsarztcs Dr.
Baltes und mehrerer anderer Aerzte ausgeführt
hat, ist ärztlich constatirt worden, daß der Tod
des Köches in Folge der crhaltenen Kopfwun-
den erfolgt ist.

Aus Bocholt, 23. Aug., berichtet man
der „Köln. Ztg ": „Betreffs der Untersuchung,
welche wegen der stattgehabten Empfangsfcier-
lichkeiten bei der Rückkehr der hiesigen Festge-
nossen vom Abgeordnetenfest in Köln eingelei-
tet worden ist, scheinl nun doch auch nach
mehrfachen Vernehmungen die Staatsanwalt-
schaft von der. Nichtigkeit der Z)enunciation sich
überzcugt zu haben. Gegen die Denuncianten
selber tritt seit jener Zeit der Unwille unserer
Mitbürger in- sehr bemerklicher Weise zu Tage.
So ist cs u. A. vorgekommen, daß in der alten
solidcn Casino-Gesellschaft einem jener edlen
Herren Seitens der älteren Mitglieder bereits
zweimal die Ehrc zu Theil wurde, bei seinem
Erscheinen allein gelassen zu werden."

Wien, 27. Aug. Nach einer an sämmt-
liche Hafcn- und Sanitätsbehörden im öster-
reichischen Küstenlande ergangenen Verordnung
der österreichischen Centralseebehörde in Trieft
sind die Häfen der spanischcn Küste am mit-
telländischen Meere, der italienischen Küste am
adriatischen Meere von der Romagna bis ein-
schlicßlich Otranto, und die Häfen des ganzen
Küstenlandes Syriens und Kleinasiens am mit-
telländifchen Meere als der Cholera verdächtig
zu betrachten und die von diesen Häfen kom-
menden Schiffe nach Maßgabe der bezüglichen
Vorschriften zu behandeln. — Der bekannte
katholische Schriftsteller Fr. Hurter ist in vori-
ger Nacht in Gratz gestorben.

Wien, 29. Aug. Die Abreise des F.-M.-L.
v. Gablenz nach Holftein ist auf unbestimmte
Zeit verschoben. — Der halbjährige Ausweis
der Creditanstalt ergab sür 51 Mill. Actien-
kapital einen Rcingewinn von 1,577,579 fl.

F r a n k r e i ch.

Paris, 29. Aug. Die „Patrie" von gcstern
Abend meint, Frankreichs Ehre verbiete einc
Billigung des Gasteiner Vertrags.

Z t a ! » e n

Es stellt sich jetzt heraus, daß die Spender
des Peterpfennigs, welche doch stcher zu den
entschiedensten Freunden dcr weltlichen Herr-
schast des Papstes, also zu dcn Frinden des
 
Annotationen