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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2786#0286

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Wallstatt enthaltend, fielcn gleichfalls sammt- !
liche Wahlen, mit Ausnahme derjenigen zu
KLferthal , wo der katholische Pfarrer Bopp
an der Spitze der Wähler ftand, in liberalcm
Sinne aus; doch dürfen auch hier nicht alle
Gewählten der ultramontanen Partei zugezählt
werden. Jn dem III. IVahlbezirk, zu welchem
die Stadt Ladenburg und die Orte Jlvesheim,
Schriesheim und Neckarhausen gchören, hat nur
der kleinste Ort des Bezirks, Neckarhausen,
unter Führung des von dem Mannheimer Ca-
sino her bekannten Pfarrers Fehrenbach,
seine ultramontanen Candidaten durchgeseht,
die aber bei der Zusammensetzung der Kreis-
versammlung spurlos verschwinden werden. So
hat denn auch hier, wie fast überall in unserm
Lande, Rom zwar „gesprochen," aber sein Ävrt
wird ohne Kraft und Eriolg bleiben.

Berlin, 12. Sept., Vormittags. Hcrr v.
Gablenz ist hier eingetroffen und von Herrn
v. Bismarck empfangen worden, mit welchem
er zur königlichen Tafel gezogen ist. Herr v.
Kielmannsegge conferirte während seines mehr-
tägigen Aufenthalts wiederholt mit Herrn von
Bismarck und kehrte gestern nach Lauenburg
zurück. Herr von Bismarck folgt dcm Könige
nächsten Sonntag nach Magdebnrg.

Glogau. 12. Sept. Der schlesische Städtc-
tag hat nachstehende Resolutionen gefaßt: Hand-
werkerschulen seien eine dringende Communal-
sacke, Staatsmittel sollen dazu nßcht beansprucht
wcrden; Städtechroniken seien Förderungsmittel
des Gemeinsinnes; in Bezug auf die Städte-
ordnung sei wünschenswerth: Veräußerung von
Grundstücken und Anstellung von Untcrbeamten
lediglich nach Selbstverwaltungsgrundsätzen und
ferner geheime Ttadtverordnetenwahlen; das
Festungsrayongcsctz bcdürfe Aenderungen nach
den Grundsätzen der Gercchtigkeit. Die nächst-
jährige Versammlung soll in Oppeln Statt
finden.

Wien, 11. September. Man schreibt dcm
„Nürnb. Korr.": Die Jnstruktionen des Statt-
halters von Holstein, F.M.L. v. Gablenz, sind
so allgemeiner Natur, daß sie einer fast unbe-
schränkten Vollmacht gleichkommen. Maßgebend
sollen darnach für seine Amtsführung lediglich
sein: die materiellen Jnteressen Holsteins, das
Bundesverhältniß des Herzogthums und dessen
Landcsrechte. Die bestehendcn Gesetze sollen
in Ausführung gebracht, in die innere Autono-
mie des Landes möglichst wenig eingegriffen
werden. Bei den dem Statthalter übcrlassenen
Anstellungen der neu zu verwendenden Beam-
ten soll auf deren politisches Vorleben keine
Rücksicht genommen werden und nur Tüchtig-
keit, Vertrauenswürdigkeit, sowie der Grad der
Achtung, welche die Bevölkerung den betreffen-
den Personen entgegenbringt, maßgebend sein.
Die Einbcrufung der Stände Holsteins bleibt
eine offene Frage, bis der Statthalter über
deren Opportunität berichtet haben wird. Da-
gegen liegt eine Aufstellung der holsteinischen
Truppen nicht in den Jntentionen' der öster-
reichischen Regierung.

Wien, 11. Sept. Wie die Karls. Z. schreibt,
ist man hier bereits beschäftigt, däs erforder-
liche Material zu sammeln, um wo möglich

Die Franzvfin will immer in bas Leben hinaus,
die Deutsche mehr in das Leben hinein.

Moral der Humoreske.

In den stürmischen Tagen der heißen Iugend
sehnt man fich nach riner französischen Damc; wenn
man älter wird, betet.man zu Gott, um ein edleS
deutsches Frauenherz für den Abend des Lebens zu

Etienne Eggis.

Wie find die Einrichtungen auf den nordameri-
kanischen Bahnen? Der Reisende löst sich am
Schalter ein Billet (Ticket), oder er steigt, wenn
er daran verhindert ist, ohne Fahrschein in den
stets offenen Wagen. Das Einsteigen ist an jeder
Stelle auch wahrend des Zuges mögliL. Die
Anwohner, welche mitfahren wollen, gehen auf
irgend rinem Wald- oder Feldwege auf die Babn-
linie zu und warten dort, bis der Zug kommt.

' gemcinsam mit Preußen dem Bund diejenigen
Vorschläge zu machen, deren Genehmigung nach
Anleitung des Gasteiner Vertrags. als dic Vor-
bedingung der Erhebung Kiels zum Bundes-
hafen erscheint, d. h. die Errichtung einer
Bnndesflotte formell in Frankfurt anzuregen.
Die Angelegenhcit ist begreiflich noch durchaus
' im Stadium der ersten Vorbereitung, aber doch
dürfte man sich bcreits so weit schlüssig gemacht
haben, daß der evcutuellen Bundesflotte die
durch die Natur der Verhältnisse vorgezeichnete
Dreitheilung in eine Ostsee-, Nordsee- und
Adria-Flotte zu Grund zu lcgen sei, und daß
in der Ostsee Preußen, in der Adria Oesterreich
allein die Führung zu übernehmen habe, in
der Nordsee aber die Uebertragung dcr Führung
einem jeweiligen speziellen Bundesbeschluß an-
heimzugeben sei.

F r a n k r e i ch.

Paris, 10. Sept. General de Lamoriciere
ist in der Nacht vom 10. auf den 11. d, auf
seinem Schlosse Prouzel in der Nähe von
Amiens eines schnellen Todes gestorben. Er
hatte sich in ziemlichem Wohlsein zu Bette ge-
lcgt/ als ihn gegen Mitlernacht ein hcftiger
Erstickungsfall überkam. Er hatle noch die
Kraft, einen sciner Diener zu rufen, der nach
dem Arzt und dcm Pfarrer lief. Letzterer kam
zuerst und zwar in dem Augenblick, in welchem
der General, cin Kruzifix ans Herz drüchcnd.
den letzten Seufzer aushauchte. Frau dc La-
moriciere war nach Anjou verreist, wohin sich
ihr Gemahl gleichfalls in aller Kürze begeben
wollte. Schon seit langen Jahren war Lamo-
riciere von heftigen Gichtschmerzcn geplagt, und
man glaubt, daß sein plötzlicher Tod von einer
durch eine lokale Blutverdichtung verursachten
Unterbrcchung des Blutkreislaufs herbeigeführt
wurde. Lamoriciere war 59 Jahrc alt. Seine
militärischen Großthaten in Afrika füllen die
ruhmreichsten Biätter der neueren französischen
Kriegsgeschichte. Er ging aus dcr polytechni-
schen Schule hervor, war 1836 Genielieute-
nant, 1837 nach der Erstürmung von Con-
stantinc Oberst, 1840 nach der Schlacht von
Muzaiah Brigadegeneral, 1843 Divisionsgenc-
ral, 1844 Commandeur der Ehrenlegion und
1845 interimistischer Gouverneur von Algerien.
Später zeichnete cr sich noch bei Tagdempt,
Mascara und in der Schlacht am Jsly aus.
Er ordnete die Expedition an. durch welche der
Herzog von Aumale sich der Smalah Abd-el-
Kaders bemächtigte und nöthigte Abd-el-Kader
zur Ergebung. 1848 trat er auf die Seite
der gemäßigten Republikaner, spielte eine Haupt-
rolle in den blutigen Junitagen. hielt fest zu
der Partei Cavaignac und wurde am 2 Dec.
1851 festgenommen und nach kurzer Haft im
Schlosse Ham über die Grenze gebracht. Spä-
ter verweigerte er in einem der Oeffentlichkeit
übergebenen Briefe dem Kaiserreiche den Eid
und kehrte erst 1857, gelegentlich des Todes
eines seiner Kinder, wieder nach Frankreich
zurück. Noch einmal trat er aus der Zurück-
gezogenheit hervor, um die päpstliche Sache bei
Castelfidardo und in Ancono mit dem bekann-
ten Mißerfolge zu vertheidigen.

langen kann. Sobald man eingetretrn ist, sucht
man nun, die Wagenreihe hindurchgehend, einen
zusagenden Platz. Mitten ist der Weg, rechts und
links sind je zwei Sitze, die übrtgens schwenkbar
sind, so Laß man augenblicklich, wem die rückwärts
fitzenden Personen mehr zusagen, diesen durL Um-
drehung der beiden Sitze das Geficht zuwendrn
kann. Der Conducteur geht während des ganzen
Zuges auf und ab und laßt sich die F^hrscheine
zeigen. Wer einen solchen nicht hat, bezahlt den
Betrag, und damit ist die Sache erledigt. Auf
einem solchen Zuge kann man fich seine Umgebung
suchen; man geht dahin, wo man lauter Bekannte
und Freunde und damit angenebmc Unterhaltung
sindet; der Kaufmann macht seine Geschäfte wäh-

A m e r i k a.

Newyork, 24. Aug. Ein Confiict ganz
neuer Art steht in Miffouri in der nächsten
Zeit bevor. Die vor einigen Monaten ange-
nommcne neue Staatsverfaffung bestimmt, daß
vom 2. September d. I. an kein Geistlicher
im Staat Missouri mehr geistliche Handlungen
verrichten darf, wenn er nicht bis dahin einen
feierlichen Eid abgelegt hat, daß er der Rebel-
lion wcder durch Wort, Schrift noch That ge-
holfen hat, und daß er dem Bunde stets treu
und gehorsam sein will. Unter den Geistlichen
aller Sekten herrscht hierüber große Bestürzung
und Entrüstung. Der katholische Bischof von
St. Louis hat den Geistlichen seiner Diözese
untersagt, den Eid zu leisten, der Gouverneur
des Staats andererseits hat angekündigt, daß
er die. Bestimmung der Verfaffung auf jede
Gefahr hin vollstrecken werde. Die Jrländer
würden sich vorkommenden Falls für den Bi-
schof schlagen, die Amerikaner und Deutschen
für den Gouverneur, resp. für die Verfaffung.
Drei Viertel der Geistlichen können den Eid
nicht leisten, ohne Meineid zu begehen, der
ihnen ohne Mühe nachgewiescn werden könnte,
denn sie haben ganz offen die Sache der Re-
bellion begünstigt, und gerade dies hat zur
Annahme jcner Bestimmung Anlaß gegeben.
Zwischen der Scylla des Amtsverlustes und
der Charybdis der Bestrafung wegen Meineids
schwanken sie nun rathlos umher. — Jn Loui-
siana hat unter dem 28. Juli der Commissär
dcs Freedmens Bureau einc Ordre erlaffen,
wonach die Landgüter aller Rebellen, die sich
entfernt haben, unverzüglich in Parzellen von
je 40 Acker zerlegt und an die befreiten Skla-
ven zunächst auf 3 Iahre verpachtct, dann zu
einem mäßigen Abschätzungspreis verkauft wer-
den sollen.

Neueste Nachrichten.

Newyork, 2. Septbr. Es heißt, Butler
und der Gencralanwalt würden entschieden für
Jefferson-Davis Partei nehmcn. — Die Gläu«
biger der Firma Ketchum haben einen Vergleich
mit 60 Procent angenommen. Für falsche An-
weisungen wird keine Entschädigung gegeben.
— Aus Mexico kommt die Nachricht, die kai-
serlichen Truppen hälten am 12. August Her-
mosilla eingenommen und damit alleWege nach dem
Jnnern der Provinz Sonora geöffnet. Die Ar-
mee dcr Juariften unter Pesquiera ist mit den
Kaiserlichen bci Pesguierta zusammengetroffen.
Gold 144^; Wechsel auf London 157V»;
Bonds 107; Baumwolle 43.

Berlin, 13. Sept. Die „Provinzialcorre-
spondenz" berichtet: Die Zahlung der Ent-
schädigungssumme für Lauenburg an Oester-
reich erfolgt gegcnwärtig aus den Privatmit-
teln des Königs. Die Besitzergreifung von
Lauenburg wird nunmehr unverzüglich erfolgen.
Als Commiffär ist der frühere Staatsminister
von Arnim-Boitzenburg ernannt, welcher näch-
ster Tage nach Lauenburg abgeht. Die weitere
Regulirung der Stellung Lauenburgs zur Krone
Preußen isk vorbehalten.

Jhren Leitartikel „Preußens Politik und die
Convention von Gastein" schließt die „Provin-

rend der Fahrt ab. Man hat nicht nöthig, als
Reiseerquickung die Ohren mit Kindergeschrei er-

kraut und Runkelblättern einzuschlucken, denn es
ist in jedem Zuge ein Rauchwagen. Man ist nickt
gezwungen, vielleicht in finsterer Nacht an unbe-
kannter Stelle ein Retrait zu suchen, denn es
findet sich in dem Zuge ein Retraitwagen. Allein
die „wilden" amerikanischen Bahnen haben vor
unseren geschniegelten deutschen noch andere Vor»
züge. In den heißen Monaten geht eine Person
in den Wagen hin und her, um den Passagieren
uncntgeltlich frischeS Waffer zu reichen; im Winter
find die Wagen geheizt. Im Sommer find auck
Leute, die andere Erfrisckungen, Obst, Apfelfinen,
Backwerk rc. verkaufen, auf dem Zuge, und daS
ganze Iahr ist ausretchend für gute und — schleckte
Lecture gesorgt, da es nirgendS an Colporteuren
dieser Art fehlt.
 
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