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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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die- zucrst aus PariS und nicht aus Washin-
ton erfahrcn haben.

Zn Rom haben mehrere Klassen von Ar-
beilern die Arbeit eingestellt und verlangen
höheren Taglohn; darunter befinden sich die
Priester, welche taglich die Messe lesen und
fich nicht mehr mit dem bestehcnden Tarife zu
20 Bajocchi begnügen wollm.

DaS Zesuitenblatt „Monde" ist in Ver.
zweiflung über die schlechten Aussichten in
Spanicn. Die Depeschen des Ministers Ber-
mudez de Castro bezüglich der Anerkennung
Ztaliens erscheincn ihm verdammungswürdiger
als die schlimmstcn Lehreu des Ketzerthumes.
„Wie konnte das rcine Gold sich in schlechtes
Blei verwandeln," lamentirt das Blalt. —
„Wir wollen es euch sagen, ehrwürdigeZZLter,"
antwortet die Opinion natiouale. Spanien
hat Geld nöthig für seine Eisenbahnen, für
seine Armee und ieine Flotte, für seine Zndu-
strie und seinen Boden, der scit drei Jahrhun-
dcrlen nichts als cin weiteS Brachfeld ist.
Wenn ein Staat nun Geld bedarf und keines
hat, so muß er es leihen odcr stehlen. Um
letzteres zu thun, ist Spanicn nicht stark genug,
wie daS Beispiel Domiugo's bewiesen hat.
So bleibt ihm also nichts übrig, als das Geld
bei den Zsraeliten zu Frankfurl, Londoil oder
Paris, welche Bankiers Europas sind, zu leihen.
Aber um Kredit zu erlaugen, muß man sich
zuvor Verlrauen erwerben und Vertrauen slößt
man nicht ein, wcnn man täglich Beweise von
Geistesabwescnheit gibt. Das ist der Grund,
auS dem Spanien der phantastischen Politik
der Schwester Patrocinio entsagt und sich ent-
schlossen hat, Jtalien anzuerkenncn, obwohl
eö eine auSschließlich katholische Macht ist."

Gegcnüber dem ncuesten, bereits gestern er-
wähnten, königl. Württembergischen Corpsbe-
fehl, — nach welchem sogar nach § 6 die Ent-
schuldigung nicht angenommen werden kann,
als sri die vorgeschriebene Ehrenbezeigung vor
Zhren Majeftätcn nicht ' abgegebcn worden,
weil Höchstdiesslben, in geschlossencr Chaise
fahrend, von den Begegnenden nicht erkannt
worden seien, weßhalb den Soldaten ange-
rathcn wird, im Zweifelfallc vor jeder geschlos-
senen Hofchaise die vorgeschriebeuen Ehrenbe-
zeigungcn abzugeben — hat König Wilhelm,
der Vater des jetzt regierenden Königs, als
eine Prinzessin sich über Unregelmäßigkeiten
bei den Ehrcnbezeigungen der Wachen gegen
sie beschwerte, angeordnet, daß, um Unregel-
mäßigkeiten zu vermeiden, vor dieser Prinzes-
sin von den Wachcn überhaupt keine Ehren-
bezeigungeu mehr abgegeben werden sollen.

Die Loge Ruprecht zu den fünf Rosen, im
Orient Heidelberg, hat als Antwort auf die
päpstliche Vcrdammung der Maurerei unterm
14. Octobcr d. I. ein längereS Rundschreiben
an ihre Schwesterlogen erlassen, in dem sie
sich gcgen dic Bannflüche des römischen Kir-
chenfürsten zu rechtfertigen sucht.

Deutschlarrd.

<5 ÄUS ÄZaden, 14. Okt. DaS längster-
wartete Richtergesetz ist im neuesteu Re-
gierungsblatte yeröffentlicht worden. Es ist

Moritz Arndt'S wurdc bci der Bewrrbung um dcn
Ehrenplatz in Bonn zurückgewiesen. Es ist nicht !
unsere Aufgabr, hier zu unlersuchen, ob das Kunst-
werk, welches jetzt als Arndtdenkmal den alten
Zoll zu Bonn ziert, dem unseres verstorbenen
Freundes vorzuziehrn war. Abcr wer den alten i
Arndt i» seinen rüsrtgeren Jahren gekannt hat, !
wie H. Heidel, der in seinem Hause aufwuchs, wer !
weiß, mit welcker Liebe er srinen väterlichen Freund !
leibhaftig und lebendig wiederzugeben sich bemüht
hat, wer dann in feinem Standbilde den einfachen, !
schlichten, biedcrcn, edlen und so großen Ehren- ^
mann lrtbhaftig und lebendig vor sich stehen sieht, >
der fühlt — den Herzschlag mit, der den Künstler !
traf, alS sein Werk zurückgewiesen wurde.

Von da an dackte er an eine Art von Rückkehr j
zur Wiffenschaft, in welchem Gedanken er seine
„Künstler-Anatomie" ansarbeitete, bei deren Her-
stellung in Stuttgart ihn der letzte, allergnävigste !
Herzschlag traf.

Friede ihm, dem lieben Menschen, dem großen
Künstler! Habt Jhr Freundc deS Meuschen und

durch dasselbe, iu derArt und Weise, wic solche
auf dem Landtage zwischen Negierung und
Volksvertretung vereinbart wird, die Unabhän-
gigkeit der Richter, uud zwar der Amts- wie
der Collegial-Richler, unter wenigeu, durchauS
nothwendigen Beschränkungeu, sicher gestellt.
So ist z. B. eine Versetzung des RichterS auf
eine gleiche ooer höhere Stelle wider ihren
Willen nur im Jnteresse dcS ösfcntlichen Dien-
stes zulässig. Entlassung aus dem Slaatsdienst
findet wider seinen Willcn nur auf Grund eines
strafgerichtlichen oder eines vom Disciplinar-
hofe gefällten ErkenntnisseS statt, ebenso Min
derung seineS Gehalts oder seiner Besoldung.
Blos während der ersten fünf Jahre im Dienfte
kann ein AmtSrichter auf eine andere Staats-
stelle versetzt werden, wenn daS vorgesetzte Ap-
pellationsgericht cine solche Versetzung im Jn-
teresse deS Dienstes beantragt oder gutheißt
(srüher war die Anstcllung eines Richters über-
haupt uur mit Abfluß des fünften Jahres un-
widerruflich). DaS neue Gesetz findet auch auf
die Staatsanwälte Anwendung. Zn demselben
ist ferner die Zusammensetzuug des Disciplinar-
hofeS festgestellt und geordnet. Es bildet einen
Bestandtheil der Verfassung und hat rückwir-
kende Kraft bis zum 1. Okt. d.J., dem Tage
dcr Einsührung der neuen Gerichtsverfassung.
Ein wciteres Gesetz regelt die Besoldungsver-
HLltnisse der Richtcr, und ein Anhang enthält
die nothwendigen Vollzugsverordnungen zur
Durchführuug dieser Gesetze.

x ÄuS Baden. Mit Recht hat man den
Plan zur Errichtung einer staatswirthschaft-
lichen Facultäl in Heidelberg fallen lasscn,
wenn er je ernstlich aufgetaucht und in den
maßgebenden Kreisen besprocheu war. Die
Nothwendigkeit dazu fällt bei der ausgezeich-
ncten Vorsorge, die sür die bezüglichen Zweige
der Wissenschast an der Uuiversität selbst und
für einzelne FLchcr an der polylechnischen Schule
in Karlsruhe getroffen ift, gänzlich hinweg.
Die -L-achc, um die eS sich handelt, ist im We-
sentlichen vorhanden: auf den Namen und die
Zahl der Facultälen kommt es wahrlich nicht
an. Die Universität erfreut sich in ihren vier
Facultäten so hervorragender Kräste und diese
bewegen sich in einer s» erschöpfenden Lehrthä-
tigkeit auch in den sogenamiten exacten und dem
praktischen Leben dienenden Wissenschasten, daß
die Anstalt, der sie angehören, eineS innern
Ausbaus und eines weitern Zuwachses an Per-
sonal nicht bedarf, besonders wenn man den
ursprünglichen Zweck ihrer Gründung und oie
verfügbaren Mittel zu ihrer Erhaltung im
Auge bchält. Dagegen wird dcr schon oft aus-
gesprochene Wunsch wohl gerechtfertigt erscheinen,
daß die eigentlich philosophischcn Ttudien von
den Zöglingen der Hochschule einläßlicher be-
trieben weroen möchten, als es meistentheils zu
geschehen pflegt. An den Männern sehlt eS
glücklicherweise nicht, die in der academischen
Jugend einen ernsten wissenschaftlichen Geist
zu nähren und einen freien Blick in ihr zu
erhalten bemüht sind.

Aus Baden, 12. Okt., schreibt der „Schw.
M.": Groß ist die Befriedigung, in der Vcr-
i öffeutlichung des Richtergesetzes einen Beleg sür

rende Ehre zu erweisen, und dem großen, edlen i
Künstlrr über das Grab hinaus bie Gerechtigkeit i
zu erzeigen, die ihm seine Zeit versagt hatte. i
Venedey.

aus Polen, die dem Znhaber aus eincr frühereu i
GeschäftSverbindung her, als in guten Vcrhältnissen i
stehrnd, hinlänglich bekannt war, emen Posten Da-

darüber als Zahlung ein dreimoiiatlichrs Accept. >
Am Verfalltage wurde jrdoch der Wechscl nicht be- i
zahlt, und trotz der angestrengten Bcmühungen

den Fortbestand unserer liberalen Verwaltung
nnd oeren Einigkeit zu sehen. Es gibt jctz't
nur noch Einen Gegenstand, der zu einer Diffe-
renz zwischen der zweitcn Kammer und der ge-
genwärtigen iLtaatsverwaltung Anlaß geben
könnte. Es ist dies die Banksrage. deren Lö-
sung bei uns nicht länger verschoben werden
kann, ohne die indmtriellen Znteressen des Lan-
des wesentlich zu gefährden. Jn dieser Frage
gingen die Ansichten und Wünsche der Kammer
und die Auffassungen des Handelsministers
auseinander; eine Etnigung ist nothwendig ge-
worden; die Bankfrage muß im Sinne dxg
Landes entschieden werden.

Äaden, 13. Okt. Jn dcr jüngsten Zeit
befand sich Se. K. H. der Großherzog Fricdrich !
in Folge einer Erkältuug, die er sich zugezogen,
in nicht unbedeutendem Maße leidend, indcssen
ist derselbe bercit's wieder so weit hergestellt
daß er den größerekl Theil des Tages außer-
halb dcs Bettcs zubringen kann.

I' Heidelberg. Zu meinem gestrigen kur-
zenBerichte über dic hiesige Pfarrwahl habe
ich noch FolgendeS nachzutragen: Bei der hohen
Wichtigkeit der Sache waren sämmtllche Mit-
glieder der hiesigen Kirchengcmeindeversamm-
lung auf oen Abend zuvor in dcn untern Saal
der Harmonie zu einer Vorbesprechung einge-
laden worden, wozu etwa die Hälfte der Mit-
glieder erschien. Hier wurden die Verhältnisse
von vcrschiedenen Seiten beleuchtet und man
verhehlte sich keineswegs, daß bei der erftmali-
geuAusübung des Pfarrwahlrechts die Nicht-
wahl, bez. daS Einwerfeu weißer Zettel einen
schlimmen Eindruck bei der Landeskirche her-
vorbringen dürfte. Jndessen waren die Gründe
üverwiegend, welche von der Wahl eines der
vorgeschlagenen Candidaten abricthen, da es
sich Hcransstellte, daß Keiner derselben in hin-
reichendem Maaße das Vertraucn der Gemeiude
besay, indem eine solche WahlfürlängereJahre,
wahrscheiulich sür Lebenszeit getroffen werden
müßte. Umabcr die Nichtwahl nicht alsGleich-
giltigkeit oder als Nichtachrung gegen die Kir-
chenverfassung erscheincn zn lassen, wurde be-
schlosse^, bci der Wkhlhandlung recht zahlreich
zu crscheinkn und an derselbcn Theil zu neh-
men, jedoch mit unbeschriebenen Zetteln, und
zugleich die Gründe dazu in einer Erklärung
zu Protokoll zu geben, welche nach einigen
Modificationen die Zustimmung sämmtlicher
Anweiendcn erhielt. Jn der eigentlichen Wahl-
handlung am Sonntag wurde nun zwar von
einer andern Seite einer der Candidaten zur
Wahl empfohlen, allein dic große Mehrzahl
gelangte doch aus den vcrschiedenen Mittheilun-
gen, die theils aus Briefen, theils aus persön-
licher Bekanntschaft über denselben gemacht
wurde, bei aller Anerkennung seincs sonst treff-
lichen CharakterS zu der Ueberzeugung, daß
seine eigenthümliche theologische Richtung dem
größeren Theile der hiesigen protestantischen
Gemeinde nicht zusagen würde, und so kam es
zu dem bereits gemeldeten Ergebniß. Zch füge
hier noch dic motivirte Erklärung bei, welche
von der Vcysammlung zu Protokoll gegeben
wurdc. Sie lautet wie folgt:

Der Kaufmann, erstaunt, daß der HandelSmann
trotz der billig gestellten Preise zu keinem Kauf zu
bcwcgen war, fragte ihn nach dem Grunde, worauf
dersetbe erwiedrrte, daß bei diesen theuren Preisen
nicht so viel Nutzen, als z. B. bei Discontirungen
von Wechseln zu erzielen ware. Der Kaufmann
bot ihm hierauf den oben erwähnten Wechsel zum
Kauf an, ven Jener indeß als völlig werthlos an-
fangS zurückwies, später jedoch für einen geringen
Betrag zu kaufen sich bereit erklärte, indem er
vorgab, das Geld dafür sei doch weggeworfen, nnd
bei der Geringfügigkeit des Objects wolle er sick
wirklich nur mit der Wechselschuldnerin einen Sckerz
machen, da er auf einen günstigen Erfolg dock
nichr rrchnen könne. Dcr Kaufma> n, um vou dem
Gelde zu rettcn, was irgcnd möglich war, wurdeE
mit dem Handclsmann über ddn Prcis von 100Thlr.
einig. Erst, als der Kauf georvnet und der Käufer
abgereist war, stellte es sich heraus, caß dcr Kauf-
mann .mit — drm Cbemann dcr Wcchselschuldncnn
das 'Geschäft abgcschlosscn hattc.
 
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