Vcrtrauensvcrhaltmß sehr fcine Nerven zu ha-
ben, die ihm wie ein Thermometer den War-
mcgrad so den ÄZertrauenSgrad adigen> und
viclleicht hat die ahnungSvolle Wahrnehmung,
daß mnerhalb der Majvrität der Zweiten Kam-
mer daS volle Vertraucn, desscu cr vordcm
sicher mar, in einiges Schwaukcn gckommcu sei,
ihn geneigter gemacht, auSzutrcten. Jch^ann
nicht glanbcn, daß jene Wahrnehmung richtig
sei, uud bin der Mcinung, sobald .die Ver-
traucnSfrage rein und klar vorgclegt wordcn
wäre, so hätten sich deide Kammcru unzwci-
deutig auSgcsprochen, daß daS alte Vcrtrauen
zu seiner Fnhrung fortbestehe, wcnn auch die
Meinuztgen übcr einzclne Fragen mannigfaltig
auseiuander gehcn. -
Ucberdcm bctrachte ich eS als politisch un«
möglich und dahcr unzulässig, jencn constitu-
lionellen Grundsatz bis dahin zu stcigern, daß
schon eiuc momcntane Unsicherheit und Ver-
stimmung innerhalb einer Partei dic Ministcr
nölhigc, auS dem Amte zu schcidcn. Wir ha-
ben wedcr eincn solchen Vorrath von StaatS-
männern, wclche die Leitung überuehmen kön-
nen uud wollcn, um die wichtigstcn Staats-
und VolkSintercssen so lcichthin durch einen
Ministerwechsel zu gcfährdcn. Noch habcn wir
eine so gediegene und politisch durchgcbildcte
parlamentarische Praxiö, um gegcn maucherlei
Schwankungcu und Mißverständnisse gcsichert
zu sein. Daö Verhältuiß dcr VolkSvcrtrctun-
gen zu dcn Ministcrn in den.dcutschcn Staa-
ten ist übcrdcm so völlig anderS, als daS der
englischen Häuscr zu den englischen Ministern,
daß vou ciufacher Ucbertragung englischer Sit-
ten kcine Neve sein kann. Dort cine Aristo-
kratie, die in uud außer dem Parlament regiert
uud verwaltct. hier eine wesentlich bürgerliche
Vertretung, wclchr nicht regicrt, nicht verwaltet,
und daö auch nicht will, sondern nur Kontrole
üben will, daß gut rcgicrt und verwaltct werde
und daneben uoch, abgeschcn von dcr Mitwir-
kung in dcr Gcsctzgcbuug, einen gewisscn, mä-
ßigen' Einfluß habcn will auf die Nichtung der
Ncgicrung und Vcrwaltnng. Ju Englaud sind
festc Parlcien, und die Häupjer der Partcixn,
die Eineu im Amt, die Äudern außer dem Amt,
abcr Iene, allezcit der Untcrstützung ihrer Par-
tei sichcr und diese immcr bereit, das Amt zu
übernehmcn, sobald eS nölhig wird. Hier ha-
ben wir wedcr selche Partcien, noch solche
Häupter. Hier macht sich sogar die Ncigung
geltend, die biShcrigcn Parteiführcr als solche
abzuschüttcln, wcnn sie Ministcr werden, weil
sie nuu Gegenstand dcr Kontrole geworden
siud, und andcre Kammcrführer zu snchen.
Das wird in dicscr Gcncration und in der
nächstcn schwcrlich anderö werden in Deutsch-
land, obwohl manche Fortschritle scit 40 Jah-
reu gemacht sind. Man muß also diese that-
sächliche Haltung mitnchmen und kann sie nur
insoweit verbesscrn und veredeln, daß man die
unvermeidlichen Ncibungcn ermäßigt und alle
Theilnehmcr allmälig davon übcrzcugt, daß das
constitutionelle System nothwendig wechsclscitige
Nücksichten- erfvrdert und jcde Gcwalt oder
Autoritat oder Parteirichtung, glcjchviel wo sie
sci, für sich rücksichtsloS entfaltct und im Na-
men dcr logischcn Conscquenz einseitig auf die
Spitze gctrieben, dcn Untergang des gauzen
constitutionellen SystcmS nach sich ziehcn muß.
Bcdürscn dic Miuister dcs VertraucnS dcr
Kammern, so bcdnrfcn die Kammcrn hinwieder
dcr Negicrung durch dieMinister, und könncn
nicht ohne Schaden gclcgentlich auch über die
Ministcr rcgiercn. und dann wicderum in ihrrn
Mitgliedcrn gcmüthlich nach Hause und ohne
Vcrantwortlichkcit ibren Privatgcschästen nach-
gehen. Wer die Verantwortlkchkcit der Aus-
führung im Lebcn übcrnimmt, der muß auch
die eigcntlichc praktische Lcitung habcn.
Jch denke, daß Die sich irrcn, welche über-
zeugt sind, daß die coustitutionclle Negieruugs-
wcise in Dcutschlaud nicht haltbar sci; abcr
man müßte blind sein, nm nicht zu sehcn, daß
dieselbe gcrade in dcn größten dcutschen Staa-
ten noch nicht gesichcrt ist, und schr lcichtsin-
nig, um nicht das schwcre Gewicht der That-
sachen zu empsiuden, wie wirklich in dcm am
meistcn constitntioncllcn dcukschcn Staate cs
den am constitutionellstcn gcsinnten Niinisteru
unmöglich erschiene, die Negierung in diesem
Gciste fortzuführen. Derartigc Gedanken drän-
gen sich unwillkürlich bei dem AuStritt Rog-
geubach'S aufMnd cs wird immerhin eine Er-
klärung willkommen sein, wclche solche Beden-
ken cntkräflet."
Die AuSsührung Bluntschli'S wird iu Deutsch-
land nicht vcrloren gchen und wird auch den
liberalen Fractionen im Lande selbst, wie auch
dem Ministerium eine Mahuung sein. Das
StaatSmiuisterium hat bckanntlich erklärt, von
dem erstcn Verlauf der jetzigeu Session die
dem Großherzog zu unterbreitendcn Schritte
abhängig machcn zu wollcn;. es ist biöher im
Amte verbliebcu, weil greifbare constitutionclle
Gründe zum AnSlrilt nicht vorlagcn, und weil
eS die Ueduug deS überlragenen Ämts für cine
Pflicht crachtete, der mau nicht ohne die bcwe-
'gendsten Gründe anS dcm Weg gehen könne.
Stultgart, 9. Dcc. Dcr „StaatSauz."
meldet die Erncnnung dcs StaatsministcrS v.
Linden zum DundeStags-Gcsandtcn.
Wiesbadcn, 10. Dcc. Dr. Siebert hat
die gestcrn bcreitS mitgetheilte Zuschrift dcs
Casinodirectors mit folgendem Schreiben beanl-
worlet: „An den V.orstand der Casinogesellschaft
zu WieSbaden. Aus die dem heutigen Schrei-
bcn deö CasinovorstandeS in Abschrift. beige-
schlosscne Eingabe zu antworten, halte ich weit
unter der Würoe, mit welchcr mich das Ver-
traucn imsincr Wähler begleitet hat. Dcm ver-
ehrlichen Easinovvrstande muß ich zur Erwä-
gung anheimgcben: 1) ob die von ihm beliebte
HandlungSweise dem § 58 der Statutcn ent-
spricht; 2) ob es -em Vorstande eincr zum
größeren Theile aus bürgerlichen Elementen zu-
sammengesetzlen Gesellschaft ziemt, Anschauun-
gen zu vertreten, welche der bnrgerlichcn Ge.
sellschaft fremd sind. Wiesbcuen, den 9. De-
cember 1865. Dr. jur. Siebert, Hof- nnd
AppcllationsgerichtS - Procurator, Abgeordneter
zur 1. Kaininer."
Dresdeit', 11. Dec. Der badische Mini-
stcr dcs Auswärtigen v. Edclöh^im hat das
Großkrcuz d?S sacbsischen AlbrcchtSordens er-
hasien.
München, 9. Dec. Jn einem weit ver-
brciteten Blatle ist mitgcthcill worden, in wel-
chcr Wxise -se. Maj. dcr König den in Bezug
auf Nlcharo Wagner gcfaßten- Entschlnß moti-
virt habe, und es werden dabei VZorte cilirt,
welche Se. Majestät gegen cinen der Staats-
minister gebraucht haben soll. Wir sind in der
^agc zu versichcrn, daß jene Motivirung schrist-
lich kundgegeben worden ist, und zwar mit fol-
gcndcn Worten: „Jch will mcinem theuren
Volke zcigen, daß sein Verkrauen, seine Liebe
mir über Allcs geht." — Nach einer Andcu-
tung der „Augsb. Abendztg." scheinen es be-
sondcrs die Königin - Mutler und der Prinz
Karl (Groß-Oheim deS Königs) gewesen zu
sein, welche den Fürsten bewogcn, die Abreise
Nichard Wagncrs auS Bayern zu veranlassen.
^ . (B. Z.)
AuS Thuringen, 8. Dec. Die grausigen
Erfahrungcn der lctzten Woche über die Tri-
chlnenkraykheit haben den sämmtlichen thürin-
gischen Negierungcn zu den ernstesten Ermah-
nungen und VorsichtSmaßregeln Veranlassnng
gegeben. Einige Städte sind mit der sehr be-
achtenswerthen Maßregel vorgegangen, bei
Strafc die Untersuchung jedcS geschlachteten
Schweincs zn bcfchlen; oagegen habcn sie die
Verpflichtung übernoinmen, die trichinenkrank
befundeuen in ihrem Wcrthe dcn Flcischern zu
vergüten und dann zu confisciren.
Berlin, 10. Dec. Gestern Abcnd um 7
Uhr ersolgte iin königl. Schloß die seierliche
Vermählung I. K. H. der Prinzeisin Alcxan-
drine mit Sr. Hoh. dem Herzog Wilhelm von
Mccklenburg.
Wien, 11. Dec. Die „Wiener Abendpost"
mcldet, daß der Cardinal Erzbischof von Agram,
Hr. v. Hanlik, zum königlichen I^oeum tenens
der Banalwürde ernannt worden ist.
D e l g i e n.
Brüsse!^ 10. Dec. Dcr „Monitcur" bringt
diescn Abend in eincm Extrablatt folgenve Be-
kanntinachung: „Eine schwere Traucr vcrbreitcl
sich über Bclgien. Dcr erste unserer Könige,
dcr Gründer nnscrer nationalcn Dynastic, Se.
Majestät Lcopold I., ist diescn Morgen, im
Schlossc Lacckcn, um 11^ Uhr vcrschieden, um-
gcbcn von seincr erlauchten Familie, dercn
Schmcrz wir nicht zu beschreiben vermögen.
Die Geschichte wird mclden, welch' ein Herrscher
er war, wie er uuter schweren Verwickelungen
kcin Bcdenken trng, dem Wunsche der Nation
Folge zn leisten und ihre Schicksale zu befesti-
gcn nnd zu sichcrn; wie er während einer fast
35jährigen Negierung, in ciner so bewegten
Zeit wie die unserigc, die Licbe und Verehrung
des bclgischen Volkes zu erwerben nnd bei den
fremden Monarchen Und Pölkern sich geachtcl
und hochverehrt zu machen wußte; wie er, dem
geschwornen Eide streng ergebcn, oie Wahrnng
nnsercS Verfasiungsvertrags auf daS Gewisien-
hasteste im Auge behielt, 'und ats Lohn dicser
so heilig vollsührlen Pflich.thandlung und seintt
ohne Unterlaß dem Lande geleisteten Dienste.
den Dank eincr ganzcn, im Segnen scineS
Namens einstimmigen Nation niit in's Grab
nimuBt; wie er endlich dem erlauchten Erben
seiner Krone, außer großen, edlen Vorbildern,
ein freieS, glücklichcs Köuigreich hintcrlaßt,
dcsien Stelle im Schooße der europäischen Völ-
kerfamilie gcsichert ist. Lauge wird Belgicn
seinen Verlust bemeinen; für ewig das An-
denken bewahren an den Kynig, der ihm ein
ergebener Freund,^eine standhafte Stütze war;
aber scin gcrechtes Leid wird es nicht vexgesscn
machen, daß es auch die gegrnndetsten Hoff-
nungen für die Zukunft zn hegen hat. Das
Vaterland stirbt nicht, und wenn auch überall
der Schmerzensschrei erlönt: Der König ist
todt! werden doch alle Belgier, ihre Trauer
beherrschcnd und um den Thron sich schaarend,
kräflig einstimmen in den Rus: Es lcbe der
König!"
Drüssel, 11. Dccbr. Um 12 Uhr dicsen
Morgcn fand die Einbalsamirung deS kömg-
lichen Leichnamö dnrch die Aerzte Wimmer,
de Noubaix und de Bievre statt. Morgen
Abcnd um 10 Uhr werden die stcrblichen
Ucberreste, des Monarchcn bei Fackellicht von
einer Escadron berittener Bürgcrgarde und
einer Escadron Gnid.cn von Laccken nach Brüs-
scl gebracht und dort drei Tage lang auSge-
stellt werden. Samstag findet dic Bcischung
statt, die durch die alljcitig angekündigten fürst-
lichcn Abgesandteu ein imposanteS Schanspiel
gcben wird. Man errichtet in Laccken vor der
katbolischen Kirche, wo die k. Gruft sich befin-
det, eincn provisoriichen protestantischen Tem-
pel für die religiösen Cercmonien. — Die
Kammer und der Senat hieltcn heute beide
eine kurze Sitzung in ihren respecliven SitzungS-
sälen. Nach Eköffnnng der Sitzung ertheilte
der Präsidcnt dem Chef deS CabinetS, Herrn
Karl Nögier, das Wort, welchcr in folgcnder
Weise. mit thränencrstickter Stimmc, den cr-
eignißfchweren TodeSfall anzeigte: „Meine
Herren! Wir crfüllen die schmerzliche Pflicht,
dem Senat das Hiuscheiden des sehr erlauch-
ten und auf immer pöpulären Chefs dcr gro-
ßen belgischen Familie anznzeigen. Tief ist die
Traucr im Schooß unscrer Bcvölkerungen, die,
wenn auch gänz hingegcben dem Schmcrz deS
gehabten Verlustes, doch daS Haupt mit Zu-
vcrsicht erhebcnd, in die Znkunft schaucn. Die
Äewegüng der Gemüther räicht wcit über die
Grenzen unsereS Landes hinaus. Ncbcrall in
der Fremde, wo der Name des Königs allge-
mein geachtct, werden, neben dem Änsdruck
der höchsten Achtung für die jetzt abgeschlosicne
Ncgierung, Wünsche voller Sympathie fnr die
Regierung laut, die beginnt. Bald wird der
Thronerbe im Schooße ber vercinigten Kam-
mern crschcinen, um den constitutionellen Eid
abzulcgen, den er eben so treu, wic sein er-
lauchter Vater, halten wivd. Eure patriotische
nnd allgemeine Mithülfe, die von nun an
Leopold H. gcsichert ist, wird ihm erlauben, das
von Leopold l. so ruhmvoll geförderte natio-
nale Werk fortzusctzen nnd immer mehr zu
besestigen, und Belgien dergestalt neue Tage
von Freiheit, Friedcn unv Wohlstand zu
sichern." — Der Prinz de Ligne im Senate
und der. Prasivcnt van dcr Peereboom in der
Kammcr crwiderten hierauf einige Worte nnd
schlugen der Kamrner vor, in coipoi-<- dcm
königl. Leichenbegängniß beizuwohnen. Schmuck-
loS wie sie warcn, hatten jcne beiden Sitzun-
gcn doch etwaS ticf Ergreifcndes. Der Mini-
ster Karl Nogier weintc helle Thränen und
die Nührung malte sich auf allcn Gesichtcrn.
A m e r i k a.
Neuyork, 25. Nov. DaS BezirkSgcricht
ben, die ihm wie ein Thermometer den War-
mcgrad so den ÄZertrauenSgrad adigen> und
viclleicht hat die ahnungSvolle Wahrnehmung,
daß mnerhalb der Majvrität der Zweiten Kam-
mer daS volle Vertraucn, desscu cr vordcm
sicher mar, in einiges Schwaukcn gckommcu sei,
ihn geneigter gemacht, auSzutrcten. Jch^ann
nicht glanbcn, daß jene Wahrnehmung richtig
sei, uud bin der Mcinung, sobald .die Ver-
traucnSfrage rein und klar vorgclegt wordcn
wäre, so hätten sich deide Kammcru unzwci-
deutig auSgcsprochen, daß daS alte Vcrtrauen
zu seiner Fnhrung fortbestehe, wcnn auch die
Meinuztgen übcr einzclne Fragen mannigfaltig
auseiuander gehcn. -
Ucberdcm bctrachte ich eS als politisch un«
möglich und dahcr unzulässig, jencn constitu-
lionellen Grundsatz bis dahin zu stcigern, daß
schon eiuc momcntane Unsicherheit und Ver-
stimmung innerhalb einer Partei dic Ministcr
nölhigc, auS dem Amte zu schcidcn. Wir ha-
ben wedcr eincn solchen Vorrath von StaatS-
männern, wclche die Leitung überuehmen kön-
nen uud wollcn, um die wichtigstcn Staats-
und VolkSintercssen so lcichthin durch einen
Ministerwechsel zu gcfährdcn. Noch habcn wir
eine so gediegene und politisch durchgcbildcte
parlamentarische Praxiö, um gegcn maucherlei
Schwankungcu und Mißverständnisse gcsichert
zu sein. Daö Verhältuiß dcr VolkSvcrtrctun-
gen zu dcn Ministcrn in den.dcutschcn Staa-
ten ist übcrdcm so völlig anderS, als daS der
englischen Häuscr zu den englischen Ministern,
daß vou ciufacher Ucbertragung englischer Sit-
ten kcine Neve sein kann. Dort cine Aristo-
kratie, die in uud außer dem Parlament regiert
uud verwaltct. hier eine wesentlich bürgerliche
Vertretung, wclchr nicht regicrt, nicht verwaltet,
und daö auch nicht will, sondern nur Kontrole
üben will, daß gut rcgicrt und verwaltct werde
und daneben uoch, abgeschcn von dcr Mitwir-
kung in dcr Gcsctzgcbuug, einen gewisscn, mä-
ßigen' Einfluß habcn will auf die Nichtung der
Ncgicrung und Vcrwaltnng. Ju Englaud sind
festc Parlcien, und die Häupjer der Partcixn,
die Eineu im Amt, die Äudern außer dem Amt,
abcr Iene, allezcit der Untcrstützung ihrer Par-
tei sichcr und diese immcr bereit, das Amt zu
übernehmcn, sobald eS nölhig wird. Hier ha-
ben wir wedcr selche Partcien, noch solche
Häupter. Hier macht sich sogar die Ncigung
geltend, die biShcrigcn Parteiführcr als solche
abzuschüttcln, wcnn sie Ministcr werden, weil
sie nuu Gegenstand dcr Kontrole geworden
siud, und andcre Kammcrführer zu snchen.
Das wird in dicscr Gcncration und in der
nächstcn schwcrlich anderö werden in Deutsch-
land, obwohl manche Fortschritle scit 40 Jah-
reu gemacht sind. Man muß also diese that-
sächliche Haltung mitnchmen und kann sie nur
insoweit verbesscrn und veredeln, daß man die
unvermeidlichen Ncibungcn ermäßigt und alle
Theilnehmcr allmälig davon übcrzcugt, daß das
constitutionelle System nothwendig wechsclscitige
Nücksichten- erfvrdert und jcde Gcwalt oder
Autoritat oder Parteirichtung, glcjchviel wo sie
sci, für sich rücksichtsloS entfaltct und im Na-
men dcr logischcn Conscquenz einseitig auf die
Spitze gctrieben, dcn Untergang des gauzen
constitutionellen SystcmS nach sich ziehcn muß.
Bcdürscn dic Miuister dcs VertraucnS dcr
Kammern, so bcdnrfcn die Kammcrn hinwieder
dcr Negicrung durch dieMinister, und könncn
nicht ohne Schaden gclcgentlich auch über die
Ministcr rcgiercn. und dann wicderum in ihrrn
Mitgliedcrn gcmüthlich nach Hause und ohne
Vcrantwortlichkcit ibren Privatgcschästen nach-
gehen. Wer die Verantwortlkchkcit der Aus-
führung im Lebcn übcrnimmt, der muß auch
die eigcntlichc praktische Lcitung habcn.
Jch denke, daß Die sich irrcn, welche über-
zeugt sind, daß die coustitutionclle Negieruugs-
wcise in Dcutschlaud nicht haltbar sci; abcr
man müßte blind sein, nm nicht zu sehcn, daß
dieselbe gcrade in dcn größten dcutschen Staa-
ten noch nicht gesichcrt ist, und schr lcichtsin-
nig, um nicht das schwcre Gewicht der That-
sachen zu empsiuden, wie wirklich in dcm am
meistcn constitntioncllcn dcukschcn Staate cs
den am constitutionellstcn gcsinnten Niinisteru
unmöglich erschiene, die Negierung in diesem
Gciste fortzuführen. Derartigc Gedanken drän-
gen sich unwillkürlich bei dem AuStritt Rog-
geubach'S aufMnd cs wird immerhin eine Er-
klärung willkommen sein, wclche solche Beden-
ken cntkräflet."
Die AuSsührung Bluntschli'S wird iu Deutsch-
land nicht vcrloren gchen und wird auch den
liberalen Fractionen im Lande selbst, wie auch
dem Ministerium eine Mahuung sein. Das
StaatSmiuisterium hat bckanntlich erklärt, von
dem erstcn Verlauf der jetzigeu Session die
dem Großherzog zu unterbreitendcn Schritte
abhängig machcn zu wollcn;. es ist biöher im
Amte verbliebcu, weil greifbare constitutionclle
Gründe zum AnSlrilt nicht vorlagcn, und weil
eS die Ueduug deS überlragenen Ämts für cine
Pflicht crachtete, der mau nicht ohne die bcwe-
'gendsten Gründe anS dcm Weg gehen könne.
Stultgart, 9. Dcc. Dcr „StaatSauz."
meldet die Erncnnung dcs StaatsministcrS v.
Linden zum DundeStags-Gcsandtcn.
Wiesbadcn, 10. Dcc. Dr. Siebert hat
die gestcrn bcreitS mitgetheilte Zuschrift dcs
Casinodirectors mit folgendem Schreiben beanl-
worlet: „An den V.orstand der Casinogesellschaft
zu WieSbaden. Aus die dem heutigen Schrei-
bcn deö CasinovorstandeS in Abschrift. beige-
schlosscne Eingabe zu antworten, halte ich weit
unter der Würoe, mit welchcr mich das Ver-
traucn imsincr Wähler begleitet hat. Dcm ver-
ehrlichen Easinovvrstande muß ich zur Erwä-
gung anheimgcben: 1) ob die von ihm beliebte
HandlungSweise dem § 58 der Statutcn ent-
spricht; 2) ob es -em Vorstande eincr zum
größeren Theile aus bürgerlichen Elementen zu-
sammengesetzlen Gesellschaft ziemt, Anschauun-
gen zu vertreten, welche der bnrgerlichcn Ge.
sellschaft fremd sind. Wiesbcuen, den 9. De-
cember 1865. Dr. jur. Siebert, Hof- nnd
AppcllationsgerichtS - Procurator, Abgeordneter
zur 1. Kaininer."
Dresdeit', 11. Dec. Der badische Mini-
stcr dcs Auswärtigen v. Edclöh^im hat das
Großkrcuz d?S sacbsischen AlbrcchtSordens er-
hasien.
München, 9. Dec. Jn einem weit ver-
brciteten Blatle ist mitgcthcill worden, in wel-
chcr Wxise -se. Maj. dcr König den in Bezug
auf Nlcharo Wagner gcfaßten- Entschlnß moti-
virt habe, und es werden dabei VZorte cilirt,
welche Se. Majestät gegen cinen der Staats-
minister gebraucht haben soll. Wir sind in der
^agc zu versichcrn, daß jene Motivirung schrist-
lich kundgegeben worden ist, und zwar mit fol-
gcndcn Worten: „Jch will mcinem theuren
Volke zcigen, daß sein Verkrauen, seine Liebe
mir über Allcs geht." — Nach einer Andcu-
tung der „Augsb. Abendztg." scheinen es be-
sondcrs die Königin - Mutler und der Prinz
Karl (Groß-Oheim deS Königs) gewesen zu
sein, welche den Fürsten bewogcn, die Abreise
Nichard Wagncrs auS Bayern zu veranlassen.
^ . (B. Z.)
AuS Thuringen, 8. Dec. Die grausigen
Erfahrungcn der lctzten Woche über die Tri-
chlnenkraykheit haben den sämmtlichen thürin-
gischen Negierungcn zu den ernstesten Ermah-
nungen und VorsichtSmaßregeln Veranlassnng
gegeben. Einige Städte sind mit der sehr be-
achtenswerthen Maßregel vorgegangen, bei
Strafc die Untersuchung jedcS geschlachteten
Schweincs zn bcfchlen; oagegen habcn sie die
Verpflichtung übernoinmen, die trichinenkrank
befundeuen in ihrem Wcrthe dcn Flcischern zu
vergüten und dann zu confisciren.
Berlin, 10. Dec. Gestern Abcnd um 7
Uhr ersolgte iin königl. Schloß die seierliche
Vermählung I. K. H. der Prinzeisin Alcxan-
drine mit Sr. Hoh. dem Herzog Wilhelm von
Mccklenburg.
Wien, 11. Dec. Die „Wiener Abendpost"
mcldet, daß der Cardinal Erzbischof von Agram,
Hr. v. Hanlik, zum königlichen I^oeum tenens
der Banalwürde ernannt worden ist.
D e l g i e n.
Brüsse!^ 10. Dec. Dcr „Monitcur" bringt
diescn Abend in eincm Extrablatt folgenve Be-
kanntinachung: „Eine schwere Traucr vcrbreitcl
sich über Bclgien. Dcr erste unserer Könige,
dcr Gründer nnscrer nationalcn Dynastic, Se.
Majestät Lcopold I., ist diescn Morgen, im
Schlossc Lacckcn, um 11^ Uhr vcrschieden, um-
gcbcn von seincr erlauchten Familie, dercn
Schmcrz wir nicht zu beschreiben vermögen.
Die Geschichte wird mclden, welch' ein Herrscher
er war, wie er uuter schweren Verwickelungen
kcin Bcdenken trng, dem Wunsche der Nation
Folge zn leisten und ihre Schicksale zu befesti-
gcn nnd zu sichcrn; wie er während einer fast
35jährigen Negierung, in ciner so bewegten
Zeit wie die unserigc, die Licbe und Verehrung
des bclgischen Volkes zu erwerben nnd bei den
fremden Monarchen Und Pölkern sich geachtcl
und hochverehrt zu machen wußte; wie er, dem
geschwornen Eide streng ergebcn, oie Wahrnng
nnsercS Verfasiungsvertrags auf daS Gewisien-
hasteste im Auge behielt, 'und ats Lohn dicser
so heilig vollsührlen Pflich.thandlung und seintt
ohne Unterlaß dem Lande geleisteten Dienste.
den Dank eincr ganzcn, im Segnen scineS
Namens einstimmigen Nation niit in's Grab
nimuBt; wie er endlich dem erlauchten Erben
seiner Krone, außer großen, edlen Vorbildern,
ein freieS, glücklichcs Köuigreich hintcrlaßt,
dcsien Stelle im Schooße der europäischen Völ-
kerfamilie gcsichert ist. Lauge wird Belgicn
seinen Verlust bemeinen; für ewig das An-
denken bewahren an den Kynig, der ihm ein
ergebener Freund,^eine standhafte Stütze war;
aber scin gcrechtes Leid wird es nicht vexgesscn
machen, daß es auch die gegrnndetsten Hoff-
nungen für die Zukunft zn hegen hat. Das
Vaterland stirbt nicht, und wenn auch überall
der Schmerzensschrei erlönt: Der König ist
todt! werden doch alle Belgier, ihre Trauer
beherrschcnd und um den Thron sich schaarend,
kräflig einstimmen in den Rus: Es lcbe der
König!"
Drüssel, 11. Dccbr. Um 12 Uhr dicsen
Morgcn fand die Einbalsamirung deS kömg-
lichen Leichnamö dnrch die Aerzte Wimmer,
de Noubaix und de Bievre statt. Morgen
Abcnd um 10 Uhr werden die stcrblichen
Ucberreste, des Monarchcn bei Fackellicht von
einer Escadron berittener Bürgcrgarde und
einer Escadron Gnid.cn von Laccken nach Brüs-
scl gebracht und dort drei Tage lang auSge-
stellt werden. Samstag findet dic Bcischung
statt, die durch die alljcitig angekündigten fürst-
lichcn Abgesandteu ein imposanteS Schanspiel
gcben wird. Man errichtet in Laccken vor der
katbolischen Kirche, wo die k. Gruft sich befin-
det, eincn provisoriichen protestantischen Tem-
pel für die religiösen Cercmonien. — Die
Kammer und der Senat hieltcn heute beide
eine kurze Sitzung in ihren respecliven SitzungS-
sälen. Nach Eköffnnng der Sitzung ertheilte
der Präsidcnt dem Chef deS CabinetS, Herrn
Karl Nögier, das Wort, welchcr in folgcnder
Weise. mit thränencrstickter Stimmc, den cr-
eignißfchweren TodeSfall anzeigte: „Meine
Herren! Wir crfüllen die schmerzliche Pflicht,
dem Senat das Hiuscheiden des sehr erlauch-
ten und auf immer pöpulären Chefs dcr gro-
ßen belgischen Familie anznzeigen. Tief ist die
Traucr im Schooß unscrer Bcvölkerungen, die,
wenn auch gänz hingegcben dem Schmcrz deS
gehabten Verlustes, doch daS Haupt mit Zu-
vcrsicht erhebcnd, in die Znkunft schaucn. Die
Äewegüng der Gemüther räicht wcit über die
Grenzen unsereS Landes hinaus. Ncbcrall in
der Fremde, wo der Name des Königs allge-
mein geachtct, werden, neben dem Änsdruck
der höchsten Achtung für die jetzt abgeschlosicne
Ncgierung, Wünsche voller Sympathie fnr die
Regierung laut, die beginnt. Bald wird der
Thronerbe im Schooße ber vercinigten Kam-
mern crschcinen, um den constitutionellen Eid
abzulcgen, den er eben so treu, wic sein er-
lauchter Vater, halten wivd. Eure patriotische
nnd allgemeine Mithülfe, die von nun an
Leopold H. gcsichert ist, wird ihm erlauben, das
von Leopold l. so ruhmvoll geförderte natio-
nale Werk fortzusctzen nnd immer mehr zu
besestigen, und Belgien dergestalt neue Tage
von Freiheit, Friedcn unv Wohlstand zu
sichern." — Der Prinz de Ligne im Senate
und der. Prasivcnt van dcr Peereboom in der
Kammcr crwiderten hierauf einige Worte nnd
schlugen der Kamrner vor, in coipoi-<- dcm
königl. Leichenbegängniß beizuwohnen. Schmuck-
loS wie sie warcn, hatten jcne beiden Sitzun-
gcn doch etwaS ticf Ergreifcndes. Der Mini-
ster Karl Nogier weintc helle Thränen und
die Nührung malte sich auf allcn Gesichtcrn.
A m e r i k a.
Neuyork, 25. Nov. DaS BezirkSgcricht