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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

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Nr. 27 - 50 (1. Februar 1919 - 28. Februar 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3202#0146

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Seite 2

Heidelbeiger Zeitung

Samstag. den 1. Februar 1919

Fernsprecher ver. 82 und 182

mWtsn jetzt -schon vorbereitet weiLxn. Mian
beltet aber Mgen uns mrt durchams sLnMÄisen ui?d
Hatz erzeugcnden Aritteün. Qhne Erirnv tnmert
d-te Blochrde gagon DeutschlMid rveiter sort. Ohne
Grund läbt mnn unsere Ereise, Fvauen nnd Kin-
der noch weiter leiden. Mrrum wirL> der «MschluH
'ines Vorsriedens aÄgele'linl? Wrnvm ver-
lxrwdelt nmn nicht mit Dcutschlo.nü» unid errest so
den VerLmcht, crls o-b nicht erm Fvicide des R-echts
hergestellt, sondern ein FrieLe dcr Eew-crlt vilt.ert
werX'n soll? Warum verrät nurn E idanken. dis
eino Lösung des Kolonicrlvroblems durchrus im
HegerHah s>u 'dein Wilsonschen S-tcrnldrunlt hcoLei-
südren würLe?

Wir fo.d-ern m>r der gan-en Mlelt, idatz enidlich
unseren unLLücklichen

Kriegsacsangenen vie Freihcit
wic-erMgcHem wird. Es verstöbt goaen die ein-
sachsten Erundsntze dcr Menschlich-keit, sie obne mi-
l.tärische Notwendigkeit noch we.ter in Lcr Eefan-
«eulscha.ft W h-crlten und sie zu Arbeiten im srcmlden
Lxrilde su rwingeüu Das wäre eine müderne Fonn
der Skla.vcrei, eine ewige Schnmch sur die hleri'ür-
veLantwo:tlich.u Manner. Wnin durch de a.tige
UilAcLchtigkoiten Hab erzengt wlrd, Lann siild neu-e
K'riose d^r rmcmSble Lliche Folge.

Niv wird dws badische Dolk -u-nld mit ihm Dei't'ch-
!and damernd elnen Fricden dex Eewalt ertragcn.
Das alte iNLpev.iLl.st'ische Eustcm in Deutschland ist
gebrochrn. Das drutsche Volk wirtd sich cvbar auch
dom Jiwoerialis'mrs anderer Völkcr nie chcug.i^
Di« badische Regiernng hat, als die erste Nachricht
ron der bcaib'sichti'gten- Desetzung K«bls ru ichr 5L«m,
sosort -bei der Reichsregierung unL bei der Wassrn-
siilÜstanÄÄommiffion in der schärfsten We.se o ote-
piort und verlangt, dab in Zutunst bei allen den
dadvschen Ctaat bctrefsenlden Fragen die bädische
Negierung rusezo-gcn wlrd. Auch von dicher Ct lle
Lus müffen wir, dbwohl wir die grohen Cchwier s-
keiten dcr Reichsreaierung vollcrwf würkdigen. d.e.
Forderung wiederholen.

Mr wiffen n>cht, was nns die Zukunst noch
Echwerss bringt. Niemvls aber wird das badische
Volk aus sein gutes Recht verzichte-n. Ein Volk,
dos an srch se-lber glaubt, wi.d gegen jedes
A n'r'e ch t bestehen. Unsere dadischcn Mitdür-


ren Unglücks die nationale Würde zn wah-
ran. Fost. einrg vnd g«sch>loffen verteid'gen wir
unser Rccht unÄ rrnsere Ehoel (Lobhaster Beisall
irn Hause.)

DvNident Kovs verliell h'erau's solaenlde E n- s -
sckliebuna die von Vertvetern aller V-arteien
enroÄ>racht worden war:

Cirrmütiger Prstcft

,Zm Dertrauen aus die allgemcine Anerkemttmg
dcr oom Prüsidenten Wilson aukgestellten Enmd-i
sätze und auf das Zuslandckommen eines Vö'ker-
bvndes hat das deutsche Volk die Wasscn niederge-
legt und unsäglich harte Wakfeastillstandsbcd lrglln-
gen augenommen.

Am Namen der Eerechtigkekt legt die badische
Notionaloet'sammlung Ve,wahrung dagegen
ein, dab dem deutschen Dolke bei jedcx Veriänge-
rung dcs Wassenstillstandcs noch härtere Be-
din-gungen auserlegt wurben, d e bas deutsche
Verkebrswesen lahmleg'en vnd den
gröbtenTrildes Reiches vonjederlinkv-
rheinischen Kohlenzusuhsr abschnei-
ben vnd die aus dem deutschen Volke lcstende
Hungerhlockade verschärsen. weiterhin
dagegen, Lah unsere Feinde bei ALnahme d'r abzu-
lieferndeu Lokomotiven, Wagen und Krastsahrreuge
1u schikanöser Weise versahren sind.

Sie vrotestieren dagegen. dab «nter Nichtachtung
dce WafsenstiNstandvbedingvnee» viele deutsche
Famklien und Eiurelverjoae, uwtcr Wegnahms
'hres Eigentums in eiuer jeder Menschlichkeit hohn-
svrechenden Weise aus Elsab-Lotbriusen ausge»
wicseu. und Tcile unseres Laude» von seindlichen
Truvven bcsetzt werden.

Sie ersucht die deutsche Neichsregierung, mit al-
lcm Nachdruck daraus b nzuwirken. dah alsbald mit
dcr Ruckbesörderung d-'r deutschcn Kriegsgesange-
uen und Ziollinternicrten begonnen und allcrmin-
destens dcr möglichst rasche Rücktransvort der über
18 Monate in Gefsngenschaft befindlichen Kriegs-
tcilnehmer und sämtlicher Zioilgesangencn, der
schon scit Mittc Augnst hätte bee.llret sei» solleu,
cndlich hcrbcigcsiihrt wird.-

Dcrs f>ons nabin die Ent.scbsiesinna e 1 nmütia
an. Vräädent Koos kvrach d-as Vertvauen aus.
dak die Kundaebuna m.cht wi.kunaslos verballt.

Damit war -die Taaesordnuna e.lydiat mid das
5.«i>s vcrtaate sicki a-ui uiiL.stinMlte Zeit. Schluir
" Uhr.

Neue IntLrpellatlsneit

In der gestrlgen Citzung wurdAl mcchrere von
der o'i-ilds»rokra1ische i Frakcion oingebvachte
In ervollationen bekannt vegeben. Divs« detref-
icn dre grosie Futternot nn Min.ren Lande.
Mahnei^mc-n z-r MiichvuiNa der Wohnungs-
not dnrch Veroitstellimg osonll-ich-r Eebä'alde
lKasernon). Tttiziig d'r Ko-nsäiimgenoffeir chastc-n
Kur öfsentliichrn D«-u-.'rtschastuwg. C«-minnu'Ng wei-
rercn Kulttir^anües 7« rch Ab-li-Ägung grösierer
"-'d von üborslünigom

Heeresgut. Weitcre Fntzervellationen dcr sogial--
demakvaitischsn Fraktion dezi^hiil sich ans di« Ein-

" ">n A-,t"---«1 '."7- Sich^rst-ckln'Sla dor

Ernährung und auf di« Fortschassuns va-n Hee-res^
-' --^rba- - ^"st'> v-ev-ml^slb'trftb'rn.

Meiter wu-rden von der CoLialdomo4raiio zwel
llirz« Ausr«L«n ein-gebraM ü'»'r den Stanh der
Sozia'jsnnnnnq 'n Bcrl»: vd ü^ die Z''gi hung
von Eemeindoräten <vris dem ArÄ.'-UoiLmiL«.

Zusam,ncnsch!us;
aller badlscheu ElektrizitätSwerfe

Karlsruhe, tzl. Jan. In der heutigen Sihung
der badtschen Nationalversammlung wurden von
den Abgg. Maffa sDem.) und Een. folgende kurze
Ansraae einqeb'-acht: ..Ist die Regierung bereit,
den durch die Kohlennot bedingtcn unert^äg-
lichen Zustanden des Mangels an elektrischer
Energie sür Licht und Kraft in Stadt u-d Land
dadurch abzuhelfen. dasi zum Zweck der Stromer-
sparnis und der gleichmchigen Versorgung des
ganzcn Landes mit elektrischer Energie:
1. die bereits vorhandenen grosien Wafferkräfte
>0-: <N7„ro"'er^-r Kleinlaufenburgs
durch eine Starkstromleitung miteinander verbun-
den werden und ? daä der Ausbau der auf der
Strecke Basel-Konstanz noch vorhandenen
Wasserkräfte sosart in Angriss genommen
wlrd und son'it die Eri,n>laaen geschosfen wer-
den für den Znsammenschlusi aller bestehen-
den Elektrizitatswerke im Lande zum Zwecke
ei"er rationellen Ausnützung der-
selben?"

Staat und Kir5ie im Verfassungß-
auHschuh

Der Verstlffungsausi'chub drr Na'llmalversam'Nl-
luns s-etzte gestern noch v'r osfentlichein Sitzung
die B^atung des §10 des Entwurfs iVerhält-
nis von Kirche und Staat) sort. Hierzu
liegen vo>n allen Pa.rtzeivn Anlräse vor, die den
L-isher anerkanntei, tirchllchen und rSligiösen Ee-
meinschasten ihre seitl>erlLen Rcchte weiterhiu ge-
währlesten. diese Nechte abrr un'er aewiffcn
Äoraustzetzu'ngen auch anideren reLiMsen Gemein-
schaisten zuwenden wollen.

Sovxät blshsr ln der KirchenverftlfflMg noch
Rechbe aus der alten Foildntzeit siz> änden (Pa-
tronat) sollen sie seht arifgehobem wcrden, woLei
die Mlösun« der dam'.t zäa-mmenhäugenden Ver-

pflichtungen einer besonderen späteren gesetzlichen

Regelung vorbehalten LLeibt. AlitzerLem liegen
nvch Zeutrumsonträge vor, betveffend di« recht-
Uch« Stellung der Kirchen.

Jn der Aussprache sieht ein Rcd-ner der
Zentnumspartej in der schrankenloscn Ein-
beziehung Lleiner und kleinster roliaiöser Eemeim-
schoistien eiive Unnlöglicheeil und vcrbangt gewiffe
Kautirlen im Nachweis eines «ntsprcchoiiden Be-
kemltniffes und einer gewiffen Organi.aition.

Der Verlreter der d e m o k ra t i s che n> Frak-
tion spricht vor allem über die Vorteil« und Cchä-
den, welck)« die Folgen dex Patronatsrechte S^-
wesen find. Er verlaugt dringend Aushebung
Der Rednex bringt folaenden Antrag ein: »All^
Patronate sind aufgchaben. Die Ablöiung der
'oaimil zusa.mmcichängenden Verpflichbungen wcrd
durch ein Eesctz erfolgen".

Jm w iteren Verlcouf der Sitzung verftnlgen
sowohl Vertreter dcs Zentrums, wie lder Demo-
kra-tein die Streichung des Abs. 6 des 8 ^ der lau-
tet: ^Au-fwe,iLungen a.us öffenttick>sn Mitieln zu
lirchl-ch»n und religiösen Zweckcn fin.d -u-nzuläi-
sig, soweit nicht rcchtsgültiae Verpflichtungen be-
stehen". Die Redner betonen, ldieser Ab-satz b-,'-
deute ein Ausnahmeg setz gegen d-ie Kirchen. Ein
weiterer Dertrcter d-er Denlokvaitischsn Partei
sührte aus, «r würde es bcgrllsion, wenn mau
'wie jetzt in Miirttemberg) d>« Fvaige der Tven-
nung von Kirck-e uird S aat überhaupt nickt
zur Debatte stellcn wützde. Eim« AMin-
mmig krfc>late nicht. Die Aus-prache wird am
nachsten Däenstag fortgcseht.

» D«r Haushaltaus^chvsi der baidisrben Natisnnl-
reramml-unu lmi zu seinem Norst'-e'-den d-m Al-a
E 8 hring lDem.). zu 'dellen Stcllvertre'er d<"i
Abg Mittcmann l?en->r ) und zum Schrift-
sührcr dcn Abg. Rösch lSoz.) gewähst.

Deutschss Reich

Sswjet und SpariakuS

„Deiky Mail" meldet von der ruffisck-r"chlcsisck<en
Erenze: D,ie Kommunisten in Deutsch-
land wartcn nur auf de Ueberschreitung
der deutsck.cn Ercnze durch die Sowict-
truooen. Die Cvartakusbewegung in
Dcutsck.land ist nicht 1 ot. sondern nur unterbro,
chciu bis -um Erschcincn dcr russischen Sowjet-
armce.

* Der Alterspräsident dcr Nationalversamm-
limg ist voraussichtlich der bi herige Neich tags-
abgcordnete Pfannkuch der im Jahre-1811 in
Kaffel geboren und jeht als Kandidat der jozial-
demokratischcn Partci im dritten Wahl'reis ge-
wahlt worden ist. Die Mitqlieder der National-
versammlung werden für die Dauer ihrer An-
wesenheit in Weimar Tagegelder erhalten.

* Neue Steucrn. Da-s Rcch.schrchcmlt bes-aht sich
mit der Vovcn<>eit z.u einer neuen Steuervorlags
an di Nstional.veilsamm'lung. Die n-'uen St-'u-r n
sollcn jährlich ein Me' rcrträsn-is oon rund 1 Mib-
li<rrlde Mark vocksohen.

* Das Eesetz Uber de i Arbeltsziv-ang wird ru-
io!<« Mschluffes der Roichs- egicru-ng ld^r N»'t o
n-alverjamimlung in Wcimar sosort nach E il^t-gung
der Versaff-ungssragen zugo'en. D r Zentra-lrat
der doutschcn Reoi bl ck bat sich mit dcm E s-'tzent-
wurs, der dcm. nnbaltbar«n Zustänlden ein val 'd'les
Ende bereiten soll. eiirvorstandc-n o klärl. In Bcr-
lin unL» Vororten allein ist d'^ Zatbl L«r Arbcits-
losen wbederuni um üW g st ezcn.

^ Der Fürst von Fürstcnüerg in Prris? Wie
die Schweizerische Depeschen-Agentur meldet, lst
der Fürst von FUrstenberg Donnsrstag früh von
Eenf nach Paris gererst, von wo er sich nach
Wien begeben wird.

Wehr als das Leben, mehc akS Hab und Gin,
Meyr alä die Welt, ist ja das Ba.erlond.

Raipach

Oassels verhaftung

dem Schanttisch hervor. Die

'schte der Wirt eben ein wunderoolles Glas Weisi-> iejeben", rief es hinter
bier hin. Mit wahrer Gier jah Daffel, wie das Stammgäsle brachen in lautes Cclächter aus.
prickelnde Eetränr elngesogen wurde und wte der
Mann sich hinterher mit dem Handrücken den
Mund wischte.

„Bringen Sie mir auch eine Weihe! Aber
bitte, Frau Wirtin. das Esjen refht bald, wir sind
ganzltch verhungvrt."

„Cewisi, gewlh, es kommt jleich!"

Hnmorist. Berliner R-nnan von Friedrich Hey.
t^l. Forcjetzung.)

Nun fand der Wirt drüben auch die Sprache
wieder, zog die Hemdärmel herunter und emp.ahl
dte Wiener Würstel.

„Ickein. teine Würstchen, die bekommen mir
vicht", wehrte Frau Daffel ab.

Um alles in der Welt nur keine Wllrstchen!
Denn dah da Pferdesleijch drinn war, das stand dei
thr jest. Lieder wäre sie vcrhundert! Dre Wirtin
wiiltte ihrem Atten zu, sich nicht weiter hineinzu-
Mlschen.

„Weisi schon, was die Herrschasten wünschen. .
Wte ware es denn mit einem hudschen Numpsteal
mtt Zwiebeln oder mit einem Schnitzel a ta Hol-
stein!"

^ Herr Daffel cntschicd sich sür das Numpsteak.
«irau Klara natürlich für das Schnitzel. Denn
erstens ist es eine nlte Tatsache, dah jeder-nann
nach langem Studieren der Speisekarte schtiesilich
doch cin Schnihel bestellt. und zrveitens tann ge-
rade dieses Lericht am allerwenigsten durch „Hotte-
hüh" ersetzt werden. Abcr die Wirtin machte'rvirk-
ltch einen vertrauenserweckenden Eindruck.

„Und was besehlen die Herrschasten zu triaken?"

„Ich habe einen guten Notwein da.empstehl den
mal, Anna!"

„Wein? 3ch danke bestens; Wein möchte ich
jeht nicht. Aber kann ich ein gutes Elas Bier
haben?"

Herr Daffel sah am nächsten Tisch einen Mann

„Cewih. gewlg, es r- . ^

Unterdessen brachte der Wirt die „kiihle
Blonde." Herr Daffel hob das mächtige Glas an
den Mund. Ah, wie das wohl tat! Ketn Heidsieck-
Monopol, selbst in der oergnügtesten Eesellschaft
und Stimmung. hatte thm jemals jo gut geniun-
det, wie dieser Schluck Weisjbier in der Destille in
der Ackerstrahe. Das kam so sichtlich bei ihm zum
Ausdruck. dah der Mann am benachbarten Tisch
mit inniger Teilnahme ihm mguckte und sreundlich
„Prosit" herüberrief. Die Wirtin deckte ein blitz-
sauberes Tijchtuch auf. brachte recht lmbsche Be-
stecke, ja sogar Seroietten. Ter Wirt lieh sich her-
bei, einen Korb mit srischgeschnittenem Brot aus
den Tisch zu stellen.

Ah! Cin wunderbarer Dust gebratener Zwie-
beln erfüllte das Lokal, und alle übrigen Eäste
hoben die Rasen und schauten mit begehrlicken
Augen zu. Das Esjen war ausgezeichnet in icder
Hinsicht. Der aus dem Wurstpapier effende Mann
ries mit leilnahmsvollem Vlick herüber: „Laffen
Sie sich's gut schmecken!"

Und als das Chepaar Daffel tapfer einhieb,
bezeigto er seine weitere Anteilnahme durch
sreundlickes Zunicken: „Schmeckt's?"

Die Portionen waren koloffal; in einenr an-
deren Restaurant hätte man aus jeder zwei ge-
macht. So konnte, troh aller Unruhe «nd Sorge.
bei Herrn Daffel doch cine gewtffe Behaglichteit
auskommen. er sühlte seine Kräste wieder wach-
sen, und srug er nach dem Adrehbuch.

..Aha", grunzte der Wirt vor sich hin. Herr
Dassel bezahlte. Du meine Eüte, nicht die Hülste

fitzen. den Hut auf dem Kopse und statt des Hemd- von dcm. was es in seinsin gewohnten Nestaurant
lragens einen rotwollenen Schal um den Hals. gekostet haben würde! Frau Daffel slüsterte ihm
Der Mann verz'hrle ein Stück Wurst, das Ta->zu: .Gib ein ordentliches Trinkgeldl '

schenmeffer diente ihm als Bssteck, und ein Stllck
Zsitungspapier als Teller. Diese Wurst! Schwar-
tenwurst — ach! Er hätte sie dem Mann da gegen-
Iber rauben mögenl Vor dem nämlichen Mann

..Ltebe.Frau LLirtin, haben Sic Kinder?"

Dte Wirtin vcrschränkte die Hände und sagte
lleinlaut: „Nein."

Frau Dasjei >lano aus, es war oeic, sich zu ent-
sernen. Herr Dasjet hielt der Wrrttn ei.i Marr-
siuck hin: .^Zch hatte es gern in dre Sparbuchje
getan."

,^)ci macht nichts, ich danke vtelmals dcn
Herrsihasten, ich tann es auch gebrauchen." Dre
Wirtin strahlte und machte noch ein sreundliches,
vergnügtes Kompliment. ehe sie hurter den H-rr-
schajten die Tur schloh.

^.ul — lui! ^o»r,ei Dank, da kam ja gerade
ejns Lie Seitenstrahe herunter. Es war srcl.

..Rathilower Strahe 89."

,^)as dort ist da-. Kriminalgericht", slüsterte
Frau Dassel. als man daran vorbeisuhr. Abcr
Hcrr Dasicr Ichwicg. Das Auto hielt. Ccgeuüber
dcr Kaserne des 1. Earde-Negiments zog jich eiue
Neihe ganz ansehnlicher Hau,er mil Vocgarten
hin. Eine viereckige Laterire aus dem Fugweg
kündete in roten Buchjtaben die Filiale der bc-
helmten Macht an, die allen Biedcrcn und Guten
Schutz gewahrt, allen Bosewichten aber zum Ber-
derben dienen soll. Jm Hochparterre linrs war
das Bureau. 2n einem jchmalen Korridor er-
leuchtete cine Casflamme vier oder füns grohe
Platate. Links stand „Vorstand" zu lesen, ,amt
der Leniertung. dah ohne Anineldung der Zutritt
sireng verbolen sei. Aljo eine Tür weiter:
„Meldezimmer/' - „

Beim Uebcrschreiten der Schwelle wchte aus
dem Lokal nicht gerade eine angenehme Luft e.tt-
gegen. Der Duft von Wachtstube. von Matrahen-
lagcrn, Tabat, Lederzeug Und Schuhschmiere. An
eiiiem TNch splelten ein paar Schutzleute Slat,
nebenan dusjelte über einer Zeitung der Wachl-
meister.

Beim Eintreten hatte bei Herrn Daffel die
Aufregung wieder übcrhand genommen. Mit
eiuemmale war er wicdcr niit Wut über die ganze
Angelegenheit erfüllt. kein Wunder, dah ec ziem
lich nervös und barsch nach dem diensthabenden
Vorsteher verlangte.

„Den Herrn Leutnant?" sagte der Wacht-
meister. ..Konnen Sio es mir nicht sagen? Er
hat rben jemanden drin."

Aber da ram er bei Herrn Daffel schön an.

Waruin brauchen
Kolnieu?

Nr. L7

wir

Unmöglich scheiut es uns heut«> weiter zu den^
ken. als au oeu Wleoerau,bau uujeres Da.errai,.'
des. uu,erer Boltswlrljchast. Fasi traumha,l sern
llegt der Cedaille an oce aujdruheuoeu xorouren
die wir elumal bejahen. Hat es ^jweck, vou lynck
zu reoen, jetzt, wo uns, im I.iueru gebuuoen.
iede Niogllch-eit des Handelns nach auheu geuom-
men M ,ein jcheint? Fa. denn uu,er ^otk
brau.hl Koronien.

Wer es srüher noch nicht wuhte, dem haben es
die Kriegsjahre cindrücklich Uar^emacht. was die
tolonlaren iLrzeugltt„e jur den !ool^vr)uu-.hatt be-
deuten. Die Wirl,cha,t eines jeden Borrcs bed«rs,
enliprechend der lLlnwohnerzahl, ciner „'Sa,ls"x
eiuer uugejähr zu errechueuoen Fläche von Land.
denn nicht Celd und 2ubu,lrie. jonoern.alleiu das
X:a..o -gt die Nohnojse heroor. derer wlr zum
Leben <.-ourfen. viun yat sich das deutju)e B-,lL
in den letzteu 2ahrzehnlen jo gewaltig ver.ueyrt,
dah die Ccjamt,lache des Deuljcheu Neiches nicht
me„r annayernd den Umfang jener Fläche er-
reicht, die als Crundkage der Wlrtjcha,r des 79-
Ncllllonenvolles notwenoig ware. Als wertvolle
Ergänzung dieser Bodenfläche müffen die Kolo,
ni^n huizutretei» und die Nahrungs- uno Kcei-
dungsstofse hervorbringen, die das Aiutterland
nicyc ineor zu llejern imsiande ist.

Aber haben wir nur Celd, so können wir ja.
was wir llrauchen, von andereu Völcer.i tau.eu!
Eewih. Iedoch die Hausfrau weih, wieviel bil-
liger der Krautkopf aus dem eigenen Carten ist
oer vom Cemujeuändler. Denn an diesem
wollen Erzeuger und Ver.äuser ihren P-o.it ya-
den, und ,ie tönnen, unsere Notlage ausnutzend,
jeden Preis von uns verlangen. Vesitzen wir teine
Kolonien. so hängt cs ganz von dem guten Willen
anderer Voller, insbesondere der Engländer und
Amerikaner. ab. ob sie uns diejenigen Erzeugniffe.
die wir für Nahrung. Kleidung und Induslrie
dringend brauchen. uberhaupt und zu erträglichen
Preisen liefern wollen.

Wir brauchen Kolonien, und wir haben
ein Recht darauf. Die Erde Ist groh genug,
um bci gerechter Verteilung alle ihre Bewohner
zu nähren, zu lleiden und ihnen Srofs zur Acbeit
zu geben. Und eine gerechte Schlichtung der to,
lonialen Ansprüche dürfen wir auf Grund der
Botschaft Wllsons, auf der der Wafsenslillstands.
vertrng sich auibaut. erwarten.

Aber wir können nicht erwarten, dah unser
Recht u"s ohne weiteres zusckllen wird. Wir müs-
sen es fordern. Laut sagen müffen wir es, dah
wir auf unserem Rechte bestchen, unsere Koloniea
zurückhaben wollen.

Wer soll es sagen? Unsere Negierung?

2a. abcr hinter ihr muh das ganze Voll stshens
Der Wille eines grohen Volkes ist eine Macht,
auch wenn es geschlagen ist. Raffen wir uns zu
ei'ic.n einheitlichen Willen auf. geben wir ibm
einc.i stnrlen und dcutlichen Ausdruck. so wird di«
W'U ih' hören mllssen.

Kcsi'vialbcsitz ist Lebensfrage, des Volkes und
jed^-s einzeknen; auch der deutschen Frmien. Sio,
dic v it einem Cchlage mitbestimmend für dis
Politi'' unseres Vaterlandes geworden sind, dür-
fen nicht gleickgültig in dieier Frage bcis'itc stc-
hen. Lange haben deutsche Frauen ote Wichtigkeil
derselben erkannt; die Eeschichtc des Frauenbu'ds
der Deutichen Kolonialgesellschaft bezeuqt es Und
vielc deutscke Mönner und Frauen haben drüben
in unseren Kolonien in zähem Ringen eine neue
Heimat g"schasfen, in der heimisches Familten-
lebev erblühte — und die der Krieq zerstört hat.

Viele von ihnen haben lebenslang drauhen
svv dos Devtichtum gekämpft und während der
Kliegsjabre sich hcldenhait geoen eine erdrückende
llclermacht gcwehrt. Eine Pslicht des Danles
ist es fiir uns, zu ihnen zu stehen.

Dev R"ich-'"''rba''d der Kolonialdeutschen plant
ei.ie grohe Kundgebnnq und fordert das gesamte
Volk. ohne Unterschied dsr Parteien, auf, sich
^ -... .Wir ko'dern Kllonial-

besitz'" Wird sie zu einem machtvollen Ansdruck
des VolkswiNens. so kann sie aus der bevorstehen-
d"n Friedens''onferenz nicht überhsrt wer^en.
Ni'tzen wir alle diese Mittel einen direkten Ein-
sluh auszuüben auf eine der bedeutsamsten Lebens-
srnaen »nsores Vol^es! Ei"» oroh- Znhs - de'i-
tender Verbände, u. a. die Vorsitzenden des Bun-

Heidc
Fra

. alle>a
'' heidel

^lllNg

haben.

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sckoi

^ ,e imt

3°^ e^nde Dero'

falsende

„Aber wir ha'm die Hollnnna noch nicht vff-' Dtejen erfüllte wieder mit aller K-nst das ttaats-

bürgerliche Bewuhtsein, dah seine Ansprüche un.
ter allen Umständen zn respektieren wäcen, und
er konimandierte: „2ch muh den Vorsteher selbst
sprechen, die Sache ist eilig, melden Sie mich!

Der Wachtmelsier rlopste an eine Tür und ver-
schwand im Nebengemach. Man hörte drinnen eine
äuherst scharse, donnerwetternde Stimme, und
der Wachtmeister erschien eilig wieder vor Herrn
Daffel.

„Es geht jetzt nicht, nehmen Sie nur Platz
nnd wartcn Sie ein Weilchen!" Damit deutete
er auf eine Holzbank. die an der Mand zu jenem
Nebenzimmer stand. Was blieb Herrn und Frau
Daffel übrig. als ebcn zu warten?

Von nebenan drangen zwei Stimmen her-
über. Menn Herr Daffel den Kops an die Wand
lehnte, konnts er, wenn auch nur gnnz undeut-
lich. die Stimmen da drüben vernehmen. 2st
innnerhin eine Unterhaltung, beffer als keine.
Plötzlich svitzte Herr Daffel 'die Ohren.

„Wer ist denn da nebenan?"

„Es ist «tne junge Dame drin."

Wiederum lauschte Herr Daffel. Er war ganz
kr"idcbseich Er gab sciner Eattin einen leisen
Ellenbogenstoh und flüstc-rte: „Hör' nur. Klara.
hör' nur. . .!"

Aber Frau Klara batte schon löngst f'lb't ae-
lauscht lnid war ebensalls ganz bleick ""r Schr-'cken
und Ueberraschung. Krampfhaft umfahte ffe scine
Hand und wisnerte: „Eduard, Eduard, hältst Dv
das für möglich?"

Aber Eduard vermochte nichts mehr zn sagen,
er s"j>-fte völlig in sich zusammen und lieh den
Kopf sinken.

A,'ch das voch? Und das war das Cchlimmste.
Enlsetzlichste von allem.

tFor setzung kolgt)

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-1j-lL''d aus

^-'s'^gL°kL

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d-m E'tr-S-'

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«rw-nd-tcs «'!<>-
ii- B-si-dlnnsszw-ck

i,M>» i» Slnlp-uch »n «h

v"siMngsMternehinen

Vs die in seinem BezirL
s-L-ill'hr!' Glun-dstücke im Uv
odcr Teile von solc

MungSbezirken, deren
isttzjläche nach der landwir
chcg vmi M7 in mehr al
m M oder mehr Hckta
Miäihe (Erohsüter) erltfäl
»i iiiejki Erohgüter zu Lcm,
chnmien zu schliehen. Die
«rh find rechtsfählg. Die l-an
iHe der staatlichen Domänei
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