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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

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Nr. 27 - 50 (1. Februar 1919 - 28. Februar 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3202#0259

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Be-zugs- un<> Änzelgenprris. Dte .tzetdslc«,« z-tt,,ng- fiost-t Srt Post«,stM
monatlkch d.12 M., vtrrteljührltch 8>3K M. ausschsr,b<ich Auftcllgsbühr. durch die «ve«

die Lrägerlnnen sret Han» n,snatltch t.lk M. — Vt- sechr^es-altene Pet«,«fte od« der«, «anm
r-ostet 30 Pfy.: im NebllnnetrN dle viek,efpalts»e V«tst,«Ue l.—. mlt Pl»tz»»r1Hrtst I^a M.
'Set Wtsderholmigen Nachlatz nach Tarlf. Ersll!!»n,,ort tst H«td«»«g. LU^eIv«rde«f ,» Dfq.
DruL n. Verlag: Theado» Berkenbufih—Hetdeldergse v«lag»anst^t n. »rnLeret 4etvck»erg.
Postscheckkonro »arlsrrche Nr. «647. Ne«,spr-H«: Kedaktton lSL, »,sch»ft,stelte «

I HeidLlberger Zsitung

«rschetni an jedrm Wocheistag «titiirg« L2 Uhr. Crattsvelgaben stnd dav
st»'jss «mllicho vcrMndtgungodla« bes Veztrk» Heldelberg. dle Vetdesbergtr Fau.tllrndliMer,
aaberdein amtllcher Wohnungsanjeigrr. Dke Heldelbergcr Zeltung kann durch alle Postanslalterr.
durch die Agestturen cms dem Lands. d!e Trügertnnen und bet der Deschäfloslelle setksl — Haupyl». 23 —
monalllch und vierlellährltch b-stellt rverden.

Sauptschriftlriter: Kurt Fische r in Hcivelderg

Druch u.Ser!as: TsteoborBerkenbusch—Petdelderger verlagoauklsli «v» Dru^eret. HeitzeverA.

6!nabh8ngige TagesZMmgf!

Verkün-kgungsblatt für Nvr-badsa ««- tzir stnzrenieN-e« Teits vo« Dsyer«, Hesse« N«dMWt-«bSN

Nr. 47

D»i.nstag, den 25. Februar 1819

61. Iahrgang

Die Lage in Sü--eutfthlan-

Ruhe in Baden

EinLgung

! h. Mairicheim, 25. Fsbr. (Pvivattol.) Me rweis
tügvgeu «vu-berordsntlich fchwierigsn VerhanLlungm
vwischen dsn 3 Parteien hab-n niM ru folgmcher
Ler-einlbartmg geftchrt:

L. Die von der U. S. P. und de« Kommmr. Par-
tei erNärte Räterepublik wird als nicht b e-
stehend erklärt. Die Parteien erkeirnen die
vorläufige badifche Volksregierung an. Soureit sie
es iricht ansdrücklich tun. finden sie sich mit ihr ab.
Dex sogenonnte revolutionäre Arbeiterrat
ßritt zurück. Das oon ihm erAärte Standrecht
-rnd von ihm getroffene Verfügungen sind hin -
lällig; dee feühere Arbeiterrat besteht in der
«nterzeichneten Form weiter.

2. Die von der U. S. P. und der K. P. besetzten
privaten und ösfentlichen (bebäude wcrden. soweir
dies nicht geschehen ift. fofort freigegeben. Der
Peesse wird volle Freiheit gewährleistet.

3. Sämtliche Heereswasfen und Muni-
tlon stnd sofort an Vertrauensleute abrulie -
fferu, die vom Nollzugsausschub bestimmt sind.
Hierüber ergeht eine befondere Bekanntmachung.

4. Jn dem Arbe'ltervat tritt die U. S. P. von
»hren ViLcherigM Sihen an dts K. P. 6 Sitze av.
Der Bollzugsausschuß besteht von ietzt ctb aus 6
Nevtretern der Mohrbeltspcrrtsi, 3 Vewtrete-rn der
U. S. P. unld 1 Vertreter der K. P.

-es.: Strobel (Sordsm.), Schwor» (U. S. P.

L u d w i g (K. P.)

Bekanntmachmrg.

iSälntstche Perfonen, die als Pri-vatv'eirslonen Hs»-
rsswaften uatd Munitwn ohne Bevcchtigungssche>in
im Belsitz hcrben, halben diose Maffen Lis fpät st.'ns
27. Feldvuar <rn dsn Loiter der Volkswehr abzu-
liefern. Wer dioser Auffovderung nicht nach-
ko/nrmt, bat schwers Strafe zu nergswärtrgen. Die
NÄMMSgalbe der Waffen regelt der Vokllzugsaus-
schuitz. Strobel, Schwavz, Ludwtg.

Ueber die Vorgäuge irr Mannheim

cinitmlhmen wir Mamnheimer MAtsrn uoch fvlgen-
jbes: Eine der ersten Taten der Sparbakrsten war,
datz sie dem- Hauptbahnhof be'sstzten. Dve
Stillsgung des BotriSbes -am Sonntag war «-'me
Matznahnre der Ersenbahner selbst. dre nicht
eher ihvM Dienst weiter verföhmr wollten, bis die
Sparltakisten den Bahnhof fro'i.gsgSben.

Abemlds gegem 9 Uhr stiegen aus ebnem Dachfen-
stsr des Landesgefängnisses inQb, wo
nran nachinrttags d':e Militärsträrlings bofvoit
hatte, dichte Nauchiwo^en zam Nachthinrmol. Jn
dem Seitengsäbulde gegenüber von O 7 war sin
Dachstahlbrand sum Amsbruch geckommen.
Dsr Bevrlssse'uierwehr, welchs alarmiert worden
war, gel,aln>g ss, dsm Feuer Einkhalt su gobieten und
das nsbeircvnliegende >v. DerLlmsche Gsbäuds su
sthützsn. Der Dachstuhl selbst wurdo vollständrg ser-
stört.

Absvds sthickte man sich zur Entwafßnuns
dLs Milttärs an. Diss gelschäh runüchst in der
K-Schule, sväter in der Ltndenhofsch'ile. dsr derssi-
tbgon Kchorn-e der 110er. Die >ctbgsniomme-nen Gs-
wshre, Mcchhinengewehre und Munition schaffte
svan in der Nacht rn dre Vetsteigerungslclkale dcr
ldem Soitengsbäude gegenüber von 7 war eir»
knachmrttas war man in die Kirche>n eingedrun-
osn >umd läutete die Elocken rum Zsichvn der
Tvausr um Emil Etsner. Unter derfelben BogrÄn-
dung wuvdon die Vorstellumgen im H oft heate r
und im Alpollotheater vevhindert: obonsso mußten
ttie Känos schliietzen. Direkte Erpressungen
<md Plünderungen wurden bei unMorhofften
rvächMchM „BSsuchen" in einselnen Gebäudon und
jWo,himngriN. bchonders der O st st a d t> vorgenom-
-ncu. Auch nahmen sie unter falischen Dorlspiogel'un-
gsn dc,7l Soldatenl dcs Rogiments 110 nicht nur
ÄLasjiog unid Maschinengcwehre, sondern auch Le-
bensnrtttol fiir 3 Monate laib und schlepptcn sio
Lcat. Lobensmittel« und weitere Geldevpvosiuagen
wurdea Mgestellt. Uwter den mit Mvlitärgeweh-
Ss« Bswaffveten sab nran eincm Sträflivg. der vor-
HesLam hei den Wusschreitumgen defreiL woiden war.

Die olksstimm e". die bekonntlch auch in
ONctlsidenscha'st gczogan. war, mendet sich rn einem
sehr schars-en Artikel gegen die Putsihisten, deron
Treitbsn sie als törchte Kinderri und die Vevhäng-
sung des .-Standrechts" durch die Svartak.iston als
einan Schliwg gvgsn die Mohrheitsfozvaldemokrat'Te
bszeichnet. Meiter sagt sie: .^Das deutsche VE ist
schon eimimal in sciner (bmrzlheit, mit sein-er Gsgen-
wart uud sisiner Zukunft, auf oino Kavte geisetzt
woüden: vom Hasarldeur Ludendorff: und es ist
gvausam und elend v-ersvielt worden! Nicht
eiu zweites Mal darf von irgand e'mem Ha-
zaudeur, von wolcher Richtung auch imnver, das
deutische Volk barkkrotteurhaft urid, wsil alles glorch
ist, als Einsatz aus den Spieltisch üeaoorfen
werdm, auf die Gesahr hin, em zweites Mal
verspiolt zu werdcn. Keiuee, keine Partetz kein'e
Richtung daif falch es wagen! Die Sozialde -
mokratie icldeilfalls mutz — sie trägt eine allsu
großo Vevantwortuns dafür. — nvit aller Kvaft so>l-
ches zu verhinder-n veisrchm und wrrld es!"

Don ganzen Montag über schwobten. dre Vcptand-
lvngen swischsn den Mehrheitssorialisten uNd don
Unabhängigen, ohn« dah bis zn-r Stun.de eine Eini-
gung zu StwNdo gekommen wäre. Wie man hört,
wird der Aibeiterrat neugebildet werdm: er soll
künftig fürf Mobrheitssozial sten, drei Unalühängise
und einen Kvmmunistvn umfasien.

Karlsruhe, 25. Febr. Der göstrige Tag fst hier
völli-g ruhig verlaufen. Zum Eeneralstveik,
vrn dem ggsprochen wurde, ist es ncht gc-kommen.
Auch im Lande war dte Ruhe Nirgends geftört.

Pforzhsim, 25. Febr. Am Montag nachmittag
fand hier s'vne Metallaübeiterveisamml'cng statt.
Politüsche Friagon kamen nicht zur Svvach:: die
Versammlung beschäftigte sich mit Lohnfordvrungen.

Die Sage in Sluttgart

Stuttgart, 24. Fäbr. Die Gowerkschaften baben
es einstimmig abgelehnt. ihrerlseits in
einLp Spmvathiestre'k aus Mnlatz der Ermoridung
Eisners einzutreten. Die württombsrgiische Rogi-o-
rung hatte sofort sohr energifchr Borisichtsmwtzregeln
getroffen. Jcde Vov'sammlung im Freien ist strong-
stsns untevsagt. Von e'incr Aufstandsbewe-
gung war keine Spur zu be.me.rken.

Dev bayerische Räte-Kongre^

wiid hsuto züsamnvrntreten, um übLr die nächsste Zu-
kunft lBayerns Beschlüsse zu fassen. Zuerst w'.rd or
sich mtt der Frago zu bcfchäftigen haben. ob über--
hauvt ein Mi n i st er p v äs i d ent odor'-ein Mi-
nislerilum ernannt werden soll oder ob man nur
Volks-beauftragte habcn will und wclcho
Vercruwortlichkoit diefen Posien auferlegt worden
soll.

München, W. Fobr. Dte Stadt ib'-etet im all-ge-
meinen ein ruhtses Ni ld. Die Aiibett wurde
heut-e früb wi-eder aufgenommen. Die Strastonbahn
yerkshrt wreder. Der Belagerungsznftwnd bSsteht
noch fort.

Berlin, 25. Febr. La>ut Berliner LokalanAeloor
wivd aus Müächon b-erichtet, datz die bayerischcn
TruPpenkontingente mit Ausnabme der Earnifo-
n-en Münchon und Augsburg gegen die Münchenex
Näteresierim« sich erklärten. Sie fovdecton in To-
legrammen an den Büvsercru^sckiutz die Wiederein-
herufung des Landtaqes. An Pasiau umd Lan^-s-
but haben d-ie Garn^soiren dio Befolgung dcr Am-
ovdnungen uüd Verfüigungen der Münchner Dikta-
turvsgreruug äbgelehnt. Auch dor Rogierungspräsi-
dent der Obervfalz bat sich dahin a'.-sg^prochen,
datz tedr Befolgung ker Brrovdnumgcn dor Mimch-
ucr Räteresieruug vsvweigort wn.de.

Ein Konfiikt mit Costa Riea?

Zürich, 25. Febr. (Priyattel.) Haoas meldet
aus Washington drohende Kriegsgefahr
zwischen deu Vereinigten Staaten «nd Costa Rica.
Dic Armee von Costa Nica konzentriert sich an der
Gro ize von Nicaragua. Die Bercinigten Staaten
find entschlosien, keinesfalls de,» Einfall in 9!icara-
gua zu erlauben und ihm mit Waffengewalt zu be-
vesne»

Ver Neubau -er verfassung

Weimar, 24. Febr.

Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um
2.20 Uhr.

Tagesordnung: Reichrwehrgesetz, Verfasiungs-
gesetz. Das Reichswehrgesetz wird auf Widarspruch
der 'Unabhängigen und eines Teiles der Deutsch-
nationalen Volkspartei wegen zu später Einbrin-
gung von der Tagesordnung abgesetzt.

Minister des Znnern Dr. Preutz: Der Entschei-
dungskampf um die Nerfassung beginnt erst jetzt.
Reichsregierung und die Gliedstaaten sind in allen
Hauptsachen zu einer Verständigung gekommen,
wobei nur drei Punkte strittig geblieben sind, von
denen auch nur einer grundsätzliche Besoeutung hat.
Es war nicht nnders mögltch. als datz jeder einen
oder mehrere Pflöcke hat zurückstecken müpen. Aber
übersehen wir darüber auch ein anderes nicht: Es
ist hier in zmckmal 24 Stunden die vorläufige
Verfasiung zusiande gekommen, etwas was wir
in vrr deutschen Eeschichte noch nicht erlebt haben:
aber die republilanische Stüatsforn^. die
Durchführung der Demokratie,
sind restlos und in gerader Linie in diesem Ent-
wurf entbalten. Wo aber Abbiegungen und Aus-
nahmen, oie auch uns nicht g.fallen. darin enthal-
ten sind, so sind es ohne jede Ausnahme Erb-
schaften aus der friiheron Verfasiung des Kaiser-
reiches, Rechte der EinzelsHaaten, Reservatrechte,
die in der früheren Verfasiung verankert waren.
Wenn es nun nicht möglich war, bei der heutigen
Lage sie alle zu beseitigen, so sollten die Anhän-
ger des Alten zu allerletzt dem Neuen daraus einen
Vorwurf machen. Worauf es aber in der Sache
ankommen wird, das ist, der notwendigen Fort-
bildung die Bahn frei und offen zu halten. D i e
Ctaatsgewalt liegt beim Volk. Das ist
der leitende Grundgedanke der freistaatlichen
deutschen Verfassung von Weimar. Es ist der
Wunsch ausgesprochen worden, überall die B-^eich-
nung Reich auszumerzen und an ihre Stelle zu
setzen „Deutscke Nepublik". Es hängen Traditionen
von Iahrhunoerten, es hängt die ganze Sehnsucht
des zersplitterten d.eutschen Volkes nach natio-
naler Einigung an dem Skvmen „Retch" u.
wir würdon tiefwurzelnde Gefühle ohne Grund
und Zweck verletzen, wenn wir von diesem Worte,
das eine schwer errungeue, nach langen Enttäu-
schungen verwirklichte Einbeit zum Ausoruck bringt,
absehen wollten. (Beifall uno Zustimmung.)

Die Verfassung will dem neuen Neich neue
Farben geben, neu«e Farben. die freilich alt sind
und auch für weitere Kreise unseres Volkes Ge-
fühlswerte haben,

schrvarz-r«t-gold.

Jch begresie, datz es für viele eine schwere und
schmerzliche Entschlietzung ist, die Farben. die so
lange ruhmreich geblüht haben, verschwinden zu
sehen. Aber es sind Veränderungen, die nun die
vergangenen Zahrzehnte als eine in^sich abgeschlos-
sene Periode erscheinen lasien. Ob diese Farben
schwarz-rot gold die Farben des älteren Deutschen
Reiches waren, oder ob sie den Farben der Lützow-
schen Freischaar entnommen sind, das ist nicht das
Historische an ihnen, sondern die Fülle von
Gedanken, mit vielen Bestrebungen politischer
klrt, die im Verkaufe des 19. Iahrhunderts sich
eng vorbunden haben mit dem Vanner Schwarz-
Rot-Eold.

Die junge deutsche Nepublik in Artikel 3 be-
kennt sich zum Völkerrecht und Artikel 63 weist
auf den erhofften,. künftigen Träger und Fort-
bildner des internationalen Nechtes hin, den Völ-
kerbund. Aber eine unerlähliche Voraussetzung
ist dabet: die deutsche Demokratte kann nur einen
Völkerbund begrützen, der selbst eine wahrhaft
demokratische Verfassung hat. der die
Freiheit und Eleichberechtigung aller sotner Elie-
der ohne Rückhalt und Vorbehalt anerkennt. Wir
wollen keine Bürger minderen Rechtes
in unserem Neiche aber wir wollen auch nicht
Glieder minbc>ren Nechtes in einem Völkerbunde
sein. (Sehr richtig)

Eines wird durck die neue Verfasiung bis zu
einem gewissen Grade garantiert, die Homogeni-
tät zwischen

Reich und Gliedstaaten,

durch die allerdings sehr vorsichtig gehalterren und
auf das allermindeste beschränkten normati-
ven Bestimmungen ,die Artikel 16 für die
Veufasiungen der Einzelstaaten gtbt. Vielfach be-
steht die Hofsnung, datz die Wirkung solcher Homo-
genität der Verfasiungen von Reich und Elied-
staaten eine ständig fortschreitende Ausgleichung
aller Teile des Rechtes und damit eine Stärkung
und Förderung der Neichseinheit bedeute und zur
Folge haben werde

Wir wollen es hoffen. Ein umfangreiches und
nicht ohne zahlreiche Komplikationen zu lösendes
Ziel des Versassungsentwurfes ist die Arbeitstei-
lung zwischen Reich und Eliedstaaten. die Kom -
petenzabgrenzung. Viele Gebiete mutzten
einzeln gereZelt werden, um auf jedem der ver-

schiedenen Verwaltungrgebiete das zurzert Errekjj-
bare zu erreichen. Auswärtige Beztehungen wer^
den nunmehr ausschlietzlich Reichssache sein

Weniger erfreulich ist vie in Artikel 5 nieder-
qelegte Regelung des Militärwesens.
Im Interesie der Vereinheitlichung des Militär-
wesens wäre dringend zu wünschen, datz es deL
Nationalversammlung gelingen möge, hier über
den Entwurf hinaus ein cptück vorwärts zu gehen.
Auch die völlige Vereinheitlichung des
V e r k eh r s w e s sn s ist oin Ziel, aufs innigste
zu wünschen. (Sehr richtig!). Für die Post kann
ich di eerfreuliche Mitteilung machen, datz dem-
nächst eine

Deutsche Neichspoftmarke im ganzen Neich
verwirklicht werden wird. (Peifall.) Bayern hat
auf die eigene Briefmarke verzichtet. (Betsall.)
Eine starke Förderung hat der
Einheitsgedanke auf dem Eebiete hes Finanz-
wefens

gefunden. Hier hat der Druck, der augenblicklrch
c-uf unferem Lande lastet, sich durchgesetzt. Entge-
gen den ursprünglichen Absichten der Regierung rst
in diesen Artikel 9 Kircke und Schule nicht
aufgenommen worden. (Zurus. Leider!) Das
scheiterte an dem Widerfpruch der Einzelstaaten.
Die Eliedstaaten follen bleiben und können fo blei-
ben. wie sie sind. Aber an der praktisch überaus
drängenden und wichtigsten Frage. ob die Reichs-
verfassung einfach die 25 Cliedstaaten in ihrem Be-
siiand garantteren soll. kann man nicht vorbei. Mtt
dein blotzen Bestehenlasien ist A- nicht getan. Es
mutz mehr getan werden durch das Reich, es mützte
eventuell das Reich sie durch sein Eingreifen er-
balten. Zn dtesen Tagen ist mtr von fämtltchen
Parteien des Fürstentunis Pynnont etne Eingabe
zugegangen, die leidenschaftlich gegen die uner-
hörte Tyrannei von Waldeck protestiert.

Pyrmont will los von Waldeck.

(Grotze HeiterkLit.) Ich habe auch gelächelt als
ich das las, aber es ist ooch eine Frage mrt sehr
Lrnstem Htnterarund Eine ganz schwerwiegende
Bedeutung erhält diese Frage vollends dadurch»
datz eine Lösung nicht Platz greifen kann, ohne den
preutzischen Staat in Mitleidenschaft zu zie-
ben. Wesentlich anders ltegen die Verhältnisie in
Süddeutschland. Jst die sofortige Durchführung
des Einheitsstaates nicht von heute auf morgen
zu erreichen, so mutz ein Weg zur allmählichen Um-
bildung gesucht werden. Damit befasien sich die
Artikel 15 und 19. Artikel 15 bestimmt in Absatz
2, datz, wenn eine Vereinbarung der Nächstbeteilig-
len nicht zustande kommt, die Vermittlung der
Reichsregierung angerufen werden kann. „Bleibt
diese Vermittlung erfolglos, so kann auf Antrag
eines der Beteiligten die Angelegenheit durch ein
verfasiungsänderndes Reichsgesetz geregelt wer-
den." Dieser Satz ist vom Staatenausschutz ge-
strichen worden. Er tst von den drei überhaupt
bestrtttenen Punkten der einzige von prinzipieller
Bedeutung. Der Staatenausschutz hat mit sehr
grotzer Mehrheit seinen Widerspruch kundgetaiL,
alle größeren Staaten waren dabei. Demgegenüber
hat sich dte Reichsregierung wiederholt oinstimmig
für die Beibehaltung ausgesprochen. Wir schlagen
den Weg zur Verfassungsänderung. so fchwierig u.
kompliziert er ist, vor. um in der Schonung der
EliMaaten so weit wied möglich zu gehen. Kommt
auch das Reichsgesetz nicht zustande. dann mützto
an das Referendum gegangen werden. Die Frag^
ob

Reichsrat oder Staatenhaus,
ist in den Erörterungen viel umstritten worden.
Es war nicht zu verkennen, datz die Idee des
Staatenhaujes aus keinen Beifall zu rechnen hatte.
Also es soll ein Retchsrat geschaffen werden. und
gewih es geht auch an. allerdings unter der Vor>
aussetzung. datz der Retchsrat nicht ein dem Reichs.
tag glchchberechttgter Faktor der Gesetzgebung sein
kann, wie es der Bundesrat früher gewesen ist
und diese Hauptbedingung ist ja auch im Entwurf
durchgeführt. Die Reichsregierung wird den Vor-
sitz im Reichsvat führen, aber ohne Stimmrecht
Sehen wir ab von dein Bestimmungen über den
Reichsrat, so ist in der Organisatton der Reichs.
gewalten selbst der demokratische und re»
publikanische Standpunkt als Leitge.
danke rein und klar zur Durchführung gekommen
so vor allem und zunächst in den Bestimmungen
über den

Reichstag.

Hinsichtlich seiner Zusammensetzung. über die Nä>
heres durch ein von der Nationalversammlung ,»
verabschieedndes Eesetz bestimmt wcrden wird. Ne>
ben den Reichstag stellt der Verfaffuilgsevtwuv
den unmittelbar aus den Volkswahlen b^uarge
gangenen Neichspräsidenten. Notwendrg ^ .

es mir, neben das unmtttelbar aus r ^
tischen Volkswablen bernargegangene^ ^
eine durch demokratisckie 0>rundlage geschassene
starke Präfidentengewart
 
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