Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 77 - 100 (1. April 1919 - 30. April 1919)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3202#0569

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bezugr- rmd Auzeigrnprsir. D>« .tztld«lb«cger ö«itu„," ku>stel b«i >«d-r Pastanstali,

mouatllch ,.8« Ak., -!<rt«sjithr«ch 4.0« M. «»»schtte^ich iZusteNgebahr, durch die Asenturc» oder
dle Trtticrimien frci Haus maiiatltch ,.4I> M. — Dt« scchigcs^Ultcii« Petitzcile »der d«re« N*.um,
kostet 85 Pf«.! im «cdlamckett dte oiergcjpaltene Petttretle ».2», mit Platz»»rschrist i.i» M.
Bet ltviederh»luii»e» Rachtah nach Larls. ErsüllimA»»r> tst He»d«ld«ra> Einielverkaus IU Pfg.
Druck u. Berlag: Th«»dor Berrienkusch-tzeldelhertzer Berlag»a«st»ltu. Druckerrl Hei-el-rrs.
Postschechksnto Karl»r>che Nr. 8047. Fernsprecher: Nedaktion 182, »eschitstsstelle 82

Heidelberget' Aeilung erschkl», an jtdem 28och«,ltas mlttag» ,2 Utzr. «nitlichet Berktlndl-
gungsdlait. urrati'sdeilagen sind die tzetdeiderger Fanlilirndlätter, autz«rdeni amtlich» 2Ü»hnim-e>
«mzeiger. Dte Heldclderger geltuug ltann durch a»c P«stanstälteu/ burch dte «s«utureii auf d«m
Lande, dt« Trügertnnrii und bet der tSeschästsstelle seldst — tzäuptstraß« 23 — monatltch »nd
vierttljührlich destellt «erden.
tzanplschrtftleiter: kurt Ftsch e r l,i Heideldci-.

Vritck u. Verlag: Thcodor Berkenbusch, Hetdelberger Aerl«,sanstaltu. Druckerei, Heidelberg.

(Unabhängige Tageszcilung)

berkündtgungsblall für Nordbaden nnd die angrenzenden Teile von Dayern» Hessen und Würtlemberg.

'^^msta^ den^gTUprik^ " 81. Iahrgang

«

Ver italienisthe Awisthenfall

Die Frredrnsaussichten

Die Meinung der Neichsregierung
Prof. Walter Schücking, das Mitglied der
deutschen Friedensabordnung. hatte eine Un-
Lerredung mit einem Mitarbeiter der V. Z.
über die Aussichten der bevorstehenden Frie-
dcnsverhandlungen und äußerte sich dazu fol-
gendermaßen:

Die Reichsregierung rechnet mit dem Ein-
teitt in bie materiellen Bersiandlun-
gen. Man hofst, das; in de,r nächjten Mochen
sich ein annehmbarer Vorfrieden unter
Dach und Fach bringen läkt, nrenn auch die Spezial-
berat«il«rn ber der Unsumme äukerst schwieriger
Probleme sich noch Monate bindursi, lnmieheir
dllrften. Z^enfalls wird die Bollmacht. mit dene»
uttsre DeLogation ausgestattet siin wird. durchaus
genügerr, um de„ Friedensakt. wenn es soweit über-
daupt komme» follte. a«r Ort und Stelle zu untcr-
geichne«.

Hoffentlich ist dieser benrerkenswerte Opti-
mtsmus Schückings gerechtfertigt. Auf der Ee-
genseite scheint man hinsichtlich der Verhand-
lungs-.Zreiheit" anderer Meinung zu sein,
wie folgende Meldung beweist:

Veonl, W. Upril. Der Partser Bert>'«tcr des Ber-
'N«r Bund melbet ;u den bevariftc>hendL„ Fri^ens-
vsrhLickrltUiLLir in Versailles. dan e? de, atisg!."-
sprochen» BZunsch der Fran 5 ofen ift, den Frie-
den a-nd-erSt -elle ui! terzeichne n zu lassen.
svo das deutsche Kaiserreich p r 0 k la m i e r i
wurjde. Zu den Befprechu-ngen mit deii Mliiertei:
begaben sich dte Deutschen in das Hotel Tria -
n 0 n - Palast. das wäbread des K.rieges zu.rMr-
«sügmrg d-es Obersten Kriessrates stand mrd jetzi
den interMiierten Eeneralstwb beherberHt. D.e
Bevhandlungeii mil den Deulischen merden f 0 w e
!n i g öffen L l ich seiir, wie es die des Zobneiv- mrd
Vrerervrtes waren. Man sieht nur eino ein 4 ig 0
öffentlichr S itz u i! g vor, die der lln ter <
seichnuns der PrälinrinariLn gswrb-mt >st.

In der Mittwochssitzung des Auswärtigen
Kammerausschusses teilte Mi»lister Pichon mit.
datz die etwaige Abreise der italienischen Dele-
gation kein.L politische Ueberrasch
ung bringe. Der F r i e d e n s v e r t r a g mit
Deutschland bleibe von einer Lossagung Ita-
liens unberührt.

Die Beröffentlichung des Friedelisvertrages

- - ZMjch, 26. Avril. (PrivattA.) Der Pariser
.Vertreter der Neulen Zürichex Zoituns drahtei:
Diplornütettkreifen verlautet, vak die Veröifont-
lichu:njg des Friebensvertrages nächsten Mon-
tag ersal-st. llm zu verhindern, dak di>e alliierten
Vötker ruerft dmch deutschr Berichte insormiert
wer(dÄn, beschlon man, den Tert dex Friedensbe-
-di.nguiiigen nccht nur den feindlichen D:-(eg'erte,:,
soiiidortt gleichzeitig den Parlamenten d?r Alltier-
ten, süwie iin Ariszug dex Presse mitzuteilen. Fiir
. dte Ueb-erniittlunz nach Maskington werd-n meb-
r-ore Kttlbsk vollständig in Anjvruch genommL". sein.

Das warnende Beispiel!

In oünem Loitartikel des Dailo Herald lieiht es:
„Dte AMerten benehmen sich schlechter als die
Deutfchett inBrest-Litowsk. Jnder Schu-Le
lernten E. datz nran nieinals eineii Mlann schla-
gen sott. VSL irnr Boden llegt. Abex unsere Hevr-
schor bomachrtsn nicht einmal die Ghrbc-griffe vott
. d-Ln Schuliungens. Dis Evbschaft von Breft-Üt-
lowsk war füv die Deutschen Levden' und Verluft.
Du'selbe Erfatzrung werden dte A l l r i e r t e n m t t
Parts machezi."

Irland, Indien. Aegypten

Ettt>o Londonex Meldung des Secolo betont die
Zusammentzänge dsr trtschen Bewe
g u n s itttv der indischen unld agnptrfchen
Nebell i 0 n, welche nationali.stisch.Ltt StrÄnrun-
geu ont'piricht. i«doch auch stark b 0 l s ch 0 w i st i sche
BcgletterschHtnungen aufwetfeu.

s Auch iu Dentsch - Oesterrerch Sejne Somi-
«erjfit. Der hauptausschust der Mloner Natio-
nalvsrfarmnluns hat di« EhnMrung der Sonrmer-

Die gestern nn dieser Stelle ausgesprochene
Mahnung, die Vedeutung des Zwischenfatts in
Paris weder zu unter- noch zu überschätzen, hat
sich durch die inzwischen erfolgten Ereignisse
als gerechtfertigt erwiesen. Lloyd George, der
in Kompromissen wohl Erfahrene, hat, wie es
scheint, wieder einmla einen Ausweg gesunden,
sodast die pomphaft angekündigte Abreise Or-
landos, die von Nom aus sogar als bereits er-
folgt mitgeteilt wurde, nach Havas wieder ein-
mal verschoben werden konnte. Znzwischen
geht das Feilscheu und Handeln hinter den Ku-
lissen weiter. Es ist also regelrechtes Thettter,
was wir wieder einmal in Paris erlebeu. Auf
das Znszenieren und Arrangieren versrehen
sich die Regisseure der Entente vortrefflich. Be-
trüblich ist dabei nur, datz wir nicht als unbe-
teiligte Zuschauer, sondern als leider gar zu
sebr Veteiligte daran teilnehmen müssen.

Nachstehend lassen wir die Akeldungen über
den italienischen Zwischenfall folgen:

Orlandos Abreise verschoben

Paris, 25. Aprib (Havns.) Dem Zynrn«r
des Debrts znsolg: ersuchte Lloyd George im
Nrmen seiner KoUepen mit Einschluh Mil-
sons de„ itnlienischen MinisterpräsidentLu, seinett
Lntschlnsi liiilausruschtcben. um vorh:r eine Er-
tlärung entgegenznnehitten. Die itolienische De-
legation ttllhm de» Vocjchlo« bcreitwrlüg an. Nach-
inittags fand cine V spicchung si-rtt. Aüe«Ls wurds
mitgeleilt. das; die Aürcise Orlandos auf
heute obsnd 8 Uhr versch 0 ben w 0 rde „ ist.

Beilin, 25. 'Wri-l. Nvch Empsantt eiirer Dspefche
Orlattdos aus Rom über die Aufnabine. vio idort
oitt K 0 m p r 0 m i st v 0 r s ch l« g Ll 0 yh Ge 0 r -
g V s sesunden 'bit, der ai'ch aiif den> deutschen Ko-
leniwlb 'sitz Ben'tt nimnit, werden d!e i» Pavis ver-
bliebcn-e Sonino unb Salandra, wie d?r A.-A.
stbc.i Grnf crsä.h'.t, dem Dreierrat cine entschei --
den'de Mrtteiliing machen.

Eine neue Prüfuug der Tldriafrage

Paris. 25. Avril. Mils.;:i, Cleniecean, Llood Gd-
orgr und Orlattd? versamniclten sich um'dir Adria-
tzvase ebtter nynen Prüfung zu nnterzi.ehvn. — Die
Vlätter sPrechen s-hx Vedauern dcrrüber ttus.
daü dcr Z w i schenfatl in 'den Frivdsnsbökurech-
itnsen nrit It-Llixn: in d>ein Angenblick stattftttde, t>n
dsm 'die deut'ichett Delegierten nach Boilstrblles be>-
ruken -woudew. Die Mehrzahl dor ZeiLnngL-n twfst,
dair man <ino Lösung f i n de n wrrd. Ste stird
der Attsicht, dLsi es sich weniMr nm etnon Bruch,
als nm eine kl ' ikhrechnng der Besmechungen
hastlbile nnd sie hcrlten es sür unmögltch, dast dto
Frvedeilsprältiiiinarien nnter Ansfchlnsi von Zta
lien nnterzeichnet werden

Orlnndos Antrvort an Wilfon

Orlando b.at d-ie a-ngekündiüte Antwortnote
anf d-ie Notv Mi'lisoins dev Oe'ffentltch'.kett Äbepsebsn.
Oulcrnbq stellt zunächst die duvch Mclson «n d'ie öst
sontliche Meiivung gerichtete Note aeischceMre
Neuernng in den interalli'terten BsztEbunsen
sest, deron Berechtiguna er Lesti'eitet. Orlcurdo vvo-
tostieirt wetter dagoaen, vaü Wstson mit setner Nots
verfuchte, das rtalionische Volk gegen seine Regje»
rung zu beetnflusien. Auf den ZnHaLt dor Mjilfon-
fchen Botschaft eingebeiid, weist Orlando den Bor-
wurf znrück, da» Ztallien mit setnen FotdsrunMn
deu G r n n di a tz >d e r Freiheit nnd Gerechttg-
kett nnter den Bölkern verletzt haben soll. Orlüikro
stellte wctter fest, dcrs; die Konserenz mehr nls ein-
mal thve Anistcht bei Amwendung dteser Grunvsätze
zn ändern gcLwungen war. Es heikt dann weiter:

Dve Botscha.st dus Prästdenten oevsichert, das;
Ztnlrew de» A l p 0 n wall eri'e ichen Mtvds, der
seine ntttürltche Berteldtünngslinie btldet. Dies ift
ein Zngoständwis' vow giöktoc Bedeutu-ng, unter der
Bedinduna, d-aL di-e Ostsiont unseres LawdM nicht
ofsett bleibt und km Stüvew die> Linie dss Mr-uto
Neveiso aiHchlieüt. Zu dicfer Erenzschranko drr M-
pen bloibt e'me aeMrliche Bresche »ffe« dt-e

Halibtnfel Jstvicn stellt stets uwsere undistutierbars
pokltvsche, bistorrsche und wtrtschaftliche Gtnheit 'her.
Zch glauibe, dak maw gerade -aus dtchem Grnndo
F t u nie das Recht drr S e lb stb est-i m mu n g
znerkennen muh. dichem italienischen Esbiet, das
stets seine Zngehörigkeit zn Jtalten proklamüeiiLe.

Die N-ote schliekt mit dem Msdruck der Sympa-
tbie, die das italientsche Bolk dem ameri'kanifchen
entgogenbrtngt.

Wilsons Ertlärung Anrerikas letztes Wort

Di-o.Pariser Aüsgab- der „Ehicago Tribnne"
schreibt, dak Milson, obsleich der Konslikt nrit den
italieniischen Dcleaierten 'die Stcllung der Deutschen
stävke. davow isberzeugt sei, dak AmertLa, Englcmd
uwd Furnkreich starL genug seien, uin den Friedens-
vla.i dnrchzufü-brem. In jedein Falle sel die ErklÄ-
rung -Mrlsstts Amerikas letztes Wo.rt in der
Adrcafrag . England und Frankreich seien ie-
doch r» ei'ner viel schwierigercn Lcrge. da die Al-
lirerten übereiiigeicniinen seien, keinen Sonder-
ftiede» zu schlieken.

Die Niilkwirkung auf Ztalien

rst doppekter Art. Eininal wird natürl.ch ber sinein
Terl 'des italienischen Volkcs das NatioiurlAefübl
Ln-Leirieben und anfgepeitscht. Die „Psrsc-veranda"
wersl davauf brn. dak es n i chb gleichgültig
set, eiiN Volk von 40 Millionen znm F r ennd odev
zum Feinde zu haben. Komme cs znm Bruch,
sc uMsse man um der Auslmngerung su entgelien,
init Düutschland, Nükluttd nnd den Äändern drr
ehc-nraiigen habsburg'schen Diinastie Handcl trei-
l'vw. lllnch der Stamva nlanbt 11ra.11 in römtschen
Krsisen nwbodingt an eine W i c dc ch o r stel -
l u >1 a d er E i n t a k e i t. Die Tendenz Zapans,
nnr nnter bdstiinmtc,' BciÄinaungen den Friedews-
v-'itvag zn uiitcrzeichncn, mrd die Unzufvi-edenheit
BAgiens können zu eitter Zsclicrung dss cnMsch-
rUanzöstschew Blccks führen.

üluf der andc.n Seite dro!>t jedoch Jtwlren der
AnSbruch dec sozialen R e v 0 l n t i 0 n. Zm
Augenblick -m-ag man wobl Äon Schritt Orlandos
bittigen. Schr bald wird aber das italiew'sche Bokk
die richtigen Schlutzfolgeuwngen darans su ziebei:
wissew nnd erkennen, dak die imr Kriego gdbrachten
-Opser nun doch eildgültig verge'blich -ivaren. Dann
dürste amh die S ch i ck sa l sst u nd e des Kab-ü
netts Orl -and 0 und des König s b a u s e s viol
rasther geschlaaen baben. als stch noch vox ainee
Woche ahneil liek.

Es iist. nicht ausgeschlosst'n, dak schon -der 1. Mai
einen srokcn Unustwrz in Italtcw bringeil wird.
Die kiirzliche Mi.se des ltalienisch.'u Kriegsiilinisters
nach Matlawd scheint rhren Hauptgrund darin ge-
babt zn baben, d'ak anläkltch des Evwvralstce kes
Mvhrers Trupventeile den Eehersain verwrigccten
ui'd dew Befehl, auf die Streikenden zu schteken,
siicht ansfü'brten. Uccher 16 000 Ntann dvr 'Matlän-
dcr Eaviiison iwit ihren Osfiziere,, an der Spitze er-
klärton, 'deinttächst mit den Sozialrevoltztionäreii
gsmetnsame Sache machen zu wollen. Sie verkan-
gen etnen fosortigen Verständigungsfrieden. da fte
ntcht gewillt seien, newerdtngs für den Jnitpertalis-
mus ims Feld ziotzen su müssen, ALsetzung des
Königs und Ausrufuna der s 0 zialisti -
schen Repub l ik. Da anch ans andorcn Städ
tem, des Köwigreichs äbnltche Bertchte voili-egLii, so
scheint es sich kcineswcgs nur um eine rein öüUche
Beavegung ru baudeln.

Wilson der „Feind"

Wie der Pariser Korrespondnt d-'r ..Dewtscheu
Allaenieinen Zettiing" aus ltalteuischen Kreisen er-
sährt, wevde der ül ufruf Wtls 0 ns bei de-v öf-
feiAlichen Aiiciuung Italstns das Easenteik oow
dem Leavtvken, wgs Wilson beabsichtigt bat. Be-
reits hätten 208 Senatorkn und 828 Abgeordn te
Ovlaiüdo did telegrgphischo Erklärung ii!bei:miittelt,
dad stv fein Bcrbalteii billigen.

Die gesamiie tta-kieuijche Presie. selbst die talbo-
ktschs, Hetont. 'c!ak Wtloiis Ansehen i« Jwli-ei:
völlig g e sch w n 1: d e » se i.

Die Unfähigkeit
desSozialismus in derPraxis

Karl Ruhkopf schretbt tm „Reichsboten"
(Nr. 18S):

Herbert Spencer hat gesagt: ,^Ver Mensch
ist kein geborener Sozialdemokrat.
Er wird lange fortfahren, stch mehr als set
nen Nächsten zu lieben und seinen eigenen Vorteil
in erster Llnie zu suchen." Das ist ein Wort, das
durch die prakttsche Erfahrung in allen verflosie-
nen Zahrhunderten bestätigt worden ist. Aber so-
zialdemokratlsche Phantasten und Zllusionisten fah-
ren fort, der ununterrichteten, im Denken ungeschul
ren, oder dtalektisch verbUdeten Masse das Gegen-
reil vorzugaukeln. Ste phantasieren von der
Ueberlegenheit des Sozialismus, der die Mensch-
heit auf eme höhere Stüfe führen werde, obgletch
alle praktrschen Versuche jämmerlich geschettert
sind. Heute haben wir doch auch wieder genugsam
erfahren, datz alle soztaltstischen Hoffnungen und
pyantastevolleu Erwartungen auf Flugsand ge-
baute Luftschlösser sind. Der rein »naterialisttsche.
auf dte Befriedigung des grob-sinnltchen Elitcks-
hungers ausgehende und mit retn äußerlichen Ret-
zungen der Begehrltchkeit auf die breite SRasie zu
wirken suchende Soztalismus ist am allerwentg-
sten geignet, die menschltche Natur zu veredeln.
Und dteje Veredelung durch Ueberwindung aller
niederen Triebe und Leidenschaften wäre doch un-
bedrngte Voraussetzung für eine sozialisttsche Welt-
ordnuug. die nur mit Wesen durchgeführt werden
tönnte, die fret geworden sind von allen dem
Meiijchen im Blute ltegenden selbstsüchtigen Re-
gungen. Aber dre naive Begehrlichkeit. dte nicht
die geringste Rülksicht ninrmt auf unsere geradezu
verzweifelte wirtjchaftltche Lage, offenbart sich alle
Lage neu rn ganz außerordentlichen Forderungen
und mit geradezu frivoler Rücksichtslosigkeit untec-
uommenen Ausständen. Wir sehen die sozial-
denwkratische Negierung selbst in schier htlfloser
Verzweiflung diesen Fällen gegenüber, und bet
offenherzigen Leuten dieser. jetzt das Heft tn der
Hand haltendon Schicht kehren die Stokseufzer tm-
wer wreder, das; sie das „Volk" nte für so wentg
reif gshalten hätten.

So.stalismus und Kümmunismus sind K ra nt-
l) e i t s e r s ch e i n u n g e n, die sich in bochent-
wlckelten Zelten, wo die sozialen Gegensätze be-
sonders ichrvss hervortraten, immer wiederholt
haben. Sie grtffen run stch wie eine verheerend«
Seuche, gegen die es nianchmal kein ander-s Mittel
gab. als das; sie sich austoben mutzte. wobei sich
dann gewoünlich die Folge zeigte, datz die zuerst
eifrigsten Anhanger des Soziailsmus und Kom.
nrunisinuL nachheoZiiese Richtung als gröbsten
Volksbetrug und Schwindel verfluchten unb^
verwünschteu.

Dan das Siistem der geineinsanien Arbeil ohne.
Prlvaibesitz wirtschaftlich ein Krebsschaden tst, hat
stch anch da gezelgt, wo es ethijch eiltwickelte. ar.:
beitsgewohnte und redltche Elemente annahme«.
Die siemeinsani wtrtschaftenden algerischen Mtli-i
tartolvnien ersuchteir schoii nach dem ersten Zahce-
un Aushebung dieses Zustandes, bei dem nur ge-
faulenzt wuroe, obqleich es sich um kräftige. mili-
tarisch geschulte Münuer handelte, die noch dazu
vo», Staaie mit Sold und Lebensmitteln unter-,
stützt wurden.

Der Persuch des EttglÜnders Owen. der 1826
un Staate Zndiana die kommunistische Kvlonie
New -Harmony unter den günstigsten Ilittständen
und Unteiftiitzung hervorragender Persönlichkeite,l
grü.idete, scheiterte vollkominen und die Kolonle^
mutzre nach stebenmaliger Aenderunq der Verfas-
snng zur istnftellung iu Privatbesitz schreiten. Nicht
besser g,ng es Eabet mit seiner 1840 geariindeten
coi,>ittui,i!(i,chen Kolonie Zkarten. Es entstanden
sebr schnel, Streitigkeiten. die 1856 sogar zur Aus-
stotzung Labets führteu. Nach verschtedenen Sval-
tuugen und Neugrtindungen kam es 1895 zur Auf-
lösung der letzten Neste.

Ntcht mtnder kläglich scheiierte der Versuch. den
der australische Sozialtst Wilbelm Laue 1893 mit
der Eründimg eines soztaldemokrattschen Zu-
k u 1: f t s sta at e s Neu - A u stralien tn
Para g u a y machte. Trotz der wohlwollendsten
Unterslützui.g der Regierung Paraguays ging die
Eründung iammerlich in die Brüche. Neid, Mik-
gunst. Trägheit und Nitnw,rtschaft führten zu «u-
unterbrocheneil MibheNigkeiten. ebenso die
Diktatur Lanes, der schlietzltch feine erge
nen Erundsähe verleugnen mutzte, um die Ge-
seltfchaft in Zucht zu crhalten. Obwohl das Unter-
nehmen unter den dentbar gunstm'tt"i "''>sta''0''
e.ngele.tet werden konnte. s 'hen d,e Tet » b>nc°
sich doch bald als dun.mc
dencn stait des «ersvwchetten T Br-derltchteit"

in dI>-!-,n .M.t'-Ii-d-s »» di- „V°»

...Ibm NUckstcht -auf das biemeineigeiitum
Werlzeug nnd Eeräte glngen verloren, wurdrn VL«»
 
Annotationen