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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 126 - 148 (2. Juni 1919 - 30. Juni 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3202#0837

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orisch begabt, sowie mit
durchaus vertraut ift

zführlicher Schtlderung dri
n empfehlendcn deziehungu
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delbm. MkO.il

Heldelberger Ieitung rrsch-Inl an iedem Wochcntag mlttags 12 Uhr. Amtltches D-rkündl.
gungsblaU. Tratlsbeitage» sind dle Heidelberger Famlllenbläller, auherdem amtlicher Wohnungs-
anreigcr. Dte Heldelbergec Zetmng kiann üurch alle Poslanstalten. durch die Agenturen auf dem
Lanbe, ole Trägerinnen und bei dcr Eeschäftsstelle sclbst - Hauplstrabc 23 - monatlich und
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Druck un» Dcrlag: Hetdelberger Verlagsanslalt unb Druckertl, G. m. b. H.

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kiostet 32 Psg.: Im Neklameteil die viergefpaltene Petitzelle 1L0, mlt Platzvorschrist l-4U M.
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DruckundBerlag: Heidelberger Derlagsanstalt und Drucker«l G. m. b. H.

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(Anabhangige Tagsszeitung)

Verkündigungsblatt für Nordbaden und die angrenzenden Teile von Dayern. Hessen und Dürltemberg.

Nr. 135

Was planen die Polen?

Eme Reibs Höchst beunruhigender Nöeldungen
über Vcrschärsung der Lage in der pol-
nischen Domarkatlonslinie hcrben Rsichsminister
Erzbergex veranlatzt, ein Schreiben an? Gene-
ral Dupont zu richten, den Dhos der sranzösischou
Militärmission, worin dsx General auf einem der
Neichsregierung Letannt gewoldenen volni-schen
Besehl hingewiosen wird, der wie folgt lautet:

Die Armee Haller, Teile der französischen
Armee, die in der Mehrzahl aus deutschen und
österreichischen Polen bestehen, also Lands-
leute dcs jetzigen polnischen Neiches, wird der
polnischen Armee zugeteilt. Die Nepublik
Polen befindet fich im K r i e g s z u st a n d
mit Deutfchland. Es bestehe alfo das
Recht, die Armee Haller gegen Deutsch-
lsnd zu verwenden. Auf Veranlassnng
des Kriegsministers werden 2 Divisionen der
Haller-Armee in den letzten Tagen nach Posen
abtransportiert und dann sofort auf der gan-
zen Front verteilt.

Da Äiose oolnäschen Matznaihmen den Vereinba-
rnugon des Waffenstrllstandes wldersprechen, bittct
der Reichsminiister nm unverzügliche Klä-
rung der An ge le ge n h e i t. da die Reichsre-
gieruns sonst sm sofortigen Einstellung der Haller-
Transporte gezwungen sei.

Polnische NLstungen

Danzig, 12. Zuni. Zn einem Funkspruch
aus Warschau an die polnische Militärmission
in Paris werden im Sonderzug 10 000 Cas-
masken sowie Mauser- u. Mannlicher--
Patronen verlangt. Ferner wird die Ab-
sendung von Artillerie verlangt. An den
Staatspräsidenten der polnischen Nepublik,
Paderewski, in Paris erging die Weisung,
öen alliierten Negierungen und Foch die Vitte
-cs Kriegsministeriums zu übcrmitteln, dasi
Rumänien den Auftrag erhalte, eine be-
stimmte Anzahl vollzähliger russischer
Dreizoll-Vatterien von dem dort ver-
bliebenen Material soie wenigstens 3000 Schuh
pro Ceschütz an Polen abzutretcn. Die Ange-
^egenheit sei dringend wegen des langsa-
ren Eintreffens der franzosischen Ar-
illerie.

Ein groh angelegter Aufstandsplan

Es kami jetzt als sicher geltcn, dag derPfing st-
vutsch dex Polen in Oberschlesion (Uübe.'-
fall av.f das Forstha^s Lowasch Lej RosenLerg und
Attentate gegen die Eiisenlbahnstrecke Bischofschütz)
Cltoder eines grotz angelcgtcn Aufstandsplanes
waron. Am Pfrnsstsonntag sollte die deutsche Herr-
schM im Kreise Rosenberg Lcscitigt werden. Von
dcrt sollte der Aufstand sich weiter fortpflanzen.
Durch Haussuchungen in verschiedenen Dörfertt ist
Nian zu sckMssigen Beweisen gekommen.

Oppeln, 12. Iuni. Den Oppelner Nachrrchton su-
stlge wurÄ: auf d^r Strecke Eroschwiü—Brockau
das Ecleise gesvrengt. Dis Lokomotive und
15 Miagen eines Eüterzuges stürsten dve Böschung
hinaS. Der Lokomotivführer tst leicht verletzt.

Noskes Enthüllungen

über dle PläNle der 1l n abihängi gen zur
Veseitigung der Regierung Ebert - Scheidemann
und zur Gewinnung der Reichswebr haben, weit-
gchende Sonsation erregt. Nach Mitteilungen
der V. Z. haiben sich die Bersuche der Unabhängi-
aen. die Freiwilligentvuppeu für sich zu gewinnen.
N'cht nur auf die Garde-Kavallerve-Schützen-
diviston heschränkt, sondcrii nuf die aesamte
Reichswehr sich erstreckt und bereits vor meh-
rcren Wochen eingcsetzt. Diese Vomühnngen ha-
ben nicht das zustande gebracht. was die IlnaL-
tzongigen wollten. nämlich aanze geschlossene Ver-
Lande auf rhre Seite zu bringen. Es wurde des-
halh eine an.dere Taktik eingeschlagen. Dte Un-
abhängigen wandten sich nicht mehr an die dinzel-
ucm Hreikorps. sondern an die führenden Gene-
rale. Tsie Beaustragton der Ilnabhängigen er-
rlärtün. sie seien davon äberzeugt. dasi sie bn kur-
Her Zeit in di« Lage kommen würden. anstello der
rdeehvhoitssozialisten dbe Negieriwng zu üLerneh-
vven. Ei»o Negierung der Ilnabhängigen ab'r
riMte gcnau so wie i<cho andere Negrerung auf
eine iii i l j t ä r i s ch e Macht sich stützen. um die
tnner,: Ordiiimg :,n Landc aufrechtzuerhalten. Die
llnabhang a?>i l^alnlbtigen. sj.si auf dle Freiwisl

Freitag, den 13. Iuni 1919

vle versailler Zrie-enskonferenz

Die Antwort

Paris, 12. Zuni. (Havas.) Der gestrige Tag
mar durch zufriedenstellende Fort,
schritte gekennzeichnet. Die Negicrmvgen haben
die merstpn wichtigen Punkte zu ciner Lösung ge-
bracht. Man dcnkt, das, die Antwort der Alliiev-
ten auf dic deutschen Gegenvorschläge Freitag
nachmittag überreicht werden kann. späte-
stens abex Samstag. Dic Uehergabe wird
ohne irgend rvelche Feierlichkeit in der gleichen
Art geschehen, wie bei der Mitteilung der Antwort
auf die früheren Notcn Vrockdorfs-Nantzaus.

Mas die Entschädigungen betriM. bat der
Biererrat beschlosson, in den ursprünglichen Bc-
dingungen koine grundlegenden Aende-
rungen eintreten zu lassen. Auch ln der Klasiifi-
katron dcr Schäden wird keine Aenderung eintreten.
Der französische Vorschlag ist vollkommen anerkannt
worden. Danach wird die Höhe der von den Deut-
schen zu zahlenden Entschädigungen iricht sofort
festgesetzt werden. Die Deutschen r«rden nur
die Möglichkcit haben, ihre Vorschliige übex die
Höhe der Entschädigungew, die sio jäbrlich zahlen
können. zu machen. Eine starre Zabl wird im
Vertrag nicht figurieren.

Was Oberschlesicn betrifst, wurden die
Vorschläge ciner Volksabstimmung trotz
der Opposition Clemenceaus angenom-
men. Zmmerhin wurde auf Veranlafsung der
frairzösischen Delegation ein ernsthaft ln Betracht
kommender Zusatzantrag angenommen. Es werden
zu der festgesetzten Frist für die Abstimmung Aus-
führungsgarantien erlassen.

Die Modalitäten der Zulasfung Deutsch-
lanhs in den Völkerbund wurden nicht
besti,nmt. Die französischen Delegierten werden
Einwürfe vorbringen, die sich einem unvcrzüglichen
oder befristeten Eintritt Deutschlands in den Böl-
kerbund widersctzen. Sobald Deutschland Mitglied
des Vundes sein wird, wird es die gleichen wirt-
schaftlichen Vorteile bezüglich dex Nohstoffe usw.
genietzen, wie die anderen Mitglieder.

Deutschland wrrd eine Fristvonsechs vis
acht Tagen erbalten, um seinen endgültigen
Beschlutz bekannt zu gehen. Zn dir(«r Frift sind die
für Lie Kündigung des Wasfenstillstandes nötigen
drei Tage enthalten. Wenn die -eutsche RegierunS
die Unterzeichmmg des Vertrages verweigern
würde, würden die Truppen Fochs oleich am
Tage nach Ablauf der Frist ihren Vormarsch
bcginnen.

* * ch

Vevsailles, 12. Zuni. Echo de PariS berichtet,
dic Alliierten-Delegierten Lezerchnen den gestrigen
Tcva crls ausgezeichnet, es Losteho völlig-s
Einigkeit. An den wesentlichen Klauseln -cs
Vertvagos weüde nichts gerührt. Die von
Deutischland zu zahlende G es am t s chul'd wevdc
n i cht sosort sestgosetzt. Die Wiederherstellmrgs-
kommisiion rvsrde sich koineswegs in das innere
Budget Deutschlands zu mischen haben.

Die Fvage der Zulasiung Deutschlands zum
Völkerbrind wütde heute rm Viererrat uoch-
nials erörtert. FranLrsich wolle Deutschland nicht
cvusschließen. äber Clemenceau legte die französiichs
These mrt solcher Krcvst dar, Äatz Lloyd Georgs die
Augen üiber die Eefährlichkest seiner neuen Ansicht
ausgegangein ser-eu. Der Gruirdsatz dsr VolksaL-
stimmung in Oberschlesien sev angsirommcn
mrd werde unter klar umschriehenen Bedingungen
stattfindeu. Die Antwort der Alliierten werds
Brockdorff keins andere Wahl lasien, als späte-
stensam22. Zuniru untorzeichn.en oder
DrutschlanÄ den Folgen der Mndigung des Waf-
senstillstandes auszuisetzen. Foch und Gcneral Mei-
gcrnL» hätten gssteru mit Clemenceau Mer den et-
waigen Vormarsch der alliierten Armee gosvrochen.
Die allgemeine Ansicht fei gestern aLend gewesen,
Brockdorfs sei su engagrert, um zu unterzeichnell.
Das jetzige Ueutschs Kwbinest wsrde in den eistenl
Juliwocheu durch ein gcmätzigtes unabhängr-
ges mst Erzberger ersetzt, das geroillt sei, die
Bedrnguugen der Entente ansunehmen.

Der Matin gibt autzerdem noch einigo Einzelhei-
Len, daruuter ÄieMitteilung. Lei Aufnahme ln den
VölkerLund wexde DeutMcmÄ iin wirtschrstlicher
Hinsicht allen anderen Nationen gleichgestellt
wevdeni. i j l

Um Oberschlesten und Ostpreugen

„Giornale d'Jtalia", das Blatt Sonninos, tritt
füv Äie Leutschen ForÄerungen hinsichtlich OLer-
schlvsiens und der deutschen Gebiete Ostpreutzcns
eiu.

Aus Pavis wird weiter gemelÄet: Dre Beschlüsse
dex Allrierteiv Mex die VolksaL-stimmung in OLer-
schlesien siuÄ noch nicht endgültig beeudet.
Die ForÄerungen Äer AListimmuug solleu erst heute,
Tonnerstag, feftgelegt werden. Sie iverden an
Bvockdorff-iRantzau iu einer zweiten Note Merrcichi
werÄeu.

Die Sorge vor einem Konkurrenzvölkerbund

Dis amerrkcmifchenl Blätter bringen etne Mel-
dung der Asiociated Prletz, wouach Äie Allirerten
der Ansicht sinÄ, datz DeutMand in den Völker-
Lund aufgeuommen werdcn müsse, da sie wahr-
scheinlich LefürchteteU. datz e'm Konkurrenz-
völksrLund unter der Leitung Deutschlands
zuistands käme, oder datz cs zu einer Veroinr-
sung swischen Deutschland unÄ RutzlanÄ käme.

Die japanischeu uuÄ italienischen De-
legierten haden den offiziellon Antrag rn
der Alliiierten-Konferens geftellt, dir Zugehö-
rigkeit DsutMauds in den Völkerbund
auszusprechen. Es vst unbest'immt. ob der
Büschlutz der Alliiertenl hiercru-f bere'rts in Äer be-
vorstehendvn Nntwoct an Brockdorff-Rnntzcku ent-
halten ist.

Der „HevalÄ" meldet aus Nöwyork: Nach Mhr-
tägiger Debatte hat der amerrkantschs Senat den
Antvaa Lodges angenommen, der das Verlangen
ucrch LalÄiger Einheziehung der früheren
Mittelmächte in d>en VölkerLund ausdrückt.

gentruppen zu stützen. crber ihre Orgwnrlsation und
Rechte ilnan aetastet zu kasien. Di« Fraaen,
auf dve die Führer der IlnaLhängisen erne ge-
naue Antwort haben wollten. lauten:

Sind die Freiwilligentruppen bereit. in dem
Falie. datz die UnaLhängigen die aegeuwärtige Re-
gieruirg stärzen umd selhst zur Macht gelangen. sich
ueutral zu verhalten und stch Äann erner neuen.
aus IlncMängigen gebildeten Negierung zur Ver-
fägung zn stellen?

Auf diese Fragen haben die Militärs verlangt.
datz ihneii von den Fiihrern Äer Uivabhängigen
alle die in Aussicht gestellten Zusicherungen schrist-
lich gogeben werden. Das habon dre Uncchcingi-
gen in weiser Vorausstcht crhgelohnt. Dre Frer-
heit, das Organ der Uivahhängigeir. schüttelt Äic
gcrivze AngelegLnheit, dre sich iricht bestreiten lützt,
s'aint dem dabei so restlos blotzgostelllen Eeiiosien
Barth eurfach von der Partei ab, Barth selhst
davf oder mutz fölgendes bel'annt nvachen: Zu den
Enthällrrngon Noskes habe ich folgendes zu erklä-
ren: 1. Eirde Mac habe ich zwei Unterre-
d-unaen mit Offizieren der Gardekavnllerie-
SchützenÄivision ohne Mcssen -umd Bofvagen der
zentralen und örtlichen Parteileitungen gehabt.
! war ich von der Nichtvertraulichkeit und der

Weiterverhreitung dieiser Unterredrrng an Noske
von oornherein überzeugt, 9. ist in den Unterre-
dungen -weÄer iiber Äen Sturz der Regiovnng.
also, arich iroch viel weiriger Mer eine Uehernahme
dersolhen durch uns gosprochen lworden. 4. Mer
dle Motive. die mich veranlatzten. an dioser Un-
terredung teilMnohmen. lehne ich vorläufig
a b. mich zu äutzern. Emil Barth.

Den Unabhänaigen wivd nun wohl für eiuige
Zeit die Lust zu derartigen uivd andoren Plänen
veraangen sein.

»

Berlin. 13. Juni. Die Führer der Frelwilligen-
Truvven habew dio Verhandlungen mit Wissen
und Billigung Naskes und des ganssn
KaLinetts geführt, um Mer die auf don ge-
waltsamen Sturz der Mgierung gerichteten Pläne
dev UnaLhängigen Genaueres zu erfahren. Diese
batten den Sturz des Kabinetts Scheidemcnin hc--
reits für die allernächstcn Tage in Aussicht ge-
nonniien.

Duisbnrg. 11. Zuni. Der Ausstand auf den
rheinischen Stahlwerken itt beendet.

61. Iahrgang

Warum dürsen rvir nicht
unterzeichnen?

Seit der Ueberreichung des Friedensver-
tragsentwurfs der Entente am 7. Mai d. Z.
beschäftigt sich die öffentliche Meinung von fast
ganz Europa und Amerika mit der Frage, ob
Deutschland unterzeichnen wird oder nicht.
Das Problem wird von allen Seiten gestellt.
beleuchtet, untersucht und geprüft, und vor al-
lem die Ententepresie wird nicht müde, immer
neue Eesichtspunkte über diese entscheidende
Frage in dio Debatte zu werfen.

Nicht unbeabsichtigt ist der ganze Presseap-
parat der Cegner seit Wochen auf die Frage
eingestellt: Wird Deutschland unterzeichnen
oder nicht? Auf diese Weise ist es unsern
Feinden gelungen. die Angelegenheit auf das
von ihnen gewünschte Gleis zu schieben und in
der Welt den Glauben hervorzurufen, dasi
eben nur die Widerspenstigkeit und Halsstar-
rigkeit Deutschlands den Frieden verhindere.
Man hat dadurch geschickt die viel wichtigere
Frage in den Hintergrund treten lasien, die
teilweise viel zu wenig Raum in unserer
Presie eingenommen hat: Warum unter-
zeichnet Deutschland nicht?

Nur eine kurze Frist trennt uns noch von
der Ueberreichung der Antwort der Alliierten
auf die deutschen Eegenvorschläge. In diesem
Augenblick erscheint es mehr denn je notwen-
dig, nochmals die breiteste Oesfentlichkeit dar-
über aufzuklären, daß die deutsche Regierung
den Frieden trotz der begreiflichen tiesen
Sehnsucht des Volkes nur deshalb nicht unter-
zeichnet, weil er mit den 14 Punkten des Prä-
sidenten Wilson, auf Erund deren allein sei-
nerzeit der Waffenstillstand zustande gekom-
men ist, nicht übereinstimmt. Unterdesien ist
etwas Merkwürdiges geschehen. Jn letzter
Stunde hat Wilson die Waffe, die uns durch
sein Programm gegenüber dem Vergewalti-
gungstrieb der Eegner in die Hand gegeben
war, geschärst, indem er aus die Meldung des
hetzerischen „Matin" hin erklären licß, daß er
„weder in öffentlichen noch in privaten Ee-
sprächen jemals erwähnt habe, daß die Frie-
densbedingungen der Alliierten vollkommen
ubereinstimmend mit seinen 14 Punkten seien."
Dieses ZugeständnisWilsons in ent-
scheidender Stunde ist von größter
Tragweite, und es wäre mehr als seltsam,
wenn man dahinter nicht eine bestimmte
Absicht verm-uten würde. Denn es bedeu-
tet gewisiermaßen die letzte Flucht des
Präsidenten an die Oeffentlichkeit
der Welt, die mit gutem Erunde in der letzten
Zeit erhebliche Zweifel an die Charakterstärke
seiner Persönlichkeit setzen konnte.

Wenn die neuen Friedensbedingungen der
Entente für uns unannehmbar sein werden,
was zu erwarten steht, so wäre es ein Ber-
säumnis schwerster Art, wenn Deutschland
dann nur erklärcn wollte: Wir unterzeichnen
nicht. Mehr muß geschehen. Ein
Schrei muß durch ganz Deutschland gehen, der
auch bei den Eegnern nicht ungehört verhallen
kann: Die 14 Punkte Wilsons, auf Erund de-
ren allein das deutsche Volk Frieden geschlosien
hat, sind mit Füßen getreten! Darum un-
terzeichnen wir nicht! Wilson selbst hat die
Vcrletzung zugestanden. '

Ob wohl der Präsident dann den Mut fin»
den wird, dem Kampf ums Recht, den
wir waffenlos führen. die Macht der Bajo-
nette entgegenzusetzen? Wenn ja, so vertrauen
wir trotzdem auch in der Stunde der schwerstey
Not, wo Deutschland am Boden liegt, darauf,
daß es wie der Riese in der Sage aus der Be-
rührung mit der Erde neue Kraft schöpft füq
den Tag, wo das Recht stärker ist als diö
Macht. ^ p.

Prinz Max von Baden

bringt houteimB. T. scine Belrschtung Mcr btts
Kanrpf um das Recht zum ALMuL und fcrtzt di«
Frage dahin ru.saimneu. datz der Wklsoni«.
 
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