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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

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Nr. 126 - 148 (2. Juni 1919 - 30. Juni 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3202#0799

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guter Lage Heidtlber-t. r-.

vole imt Preis erbittet

Markus, Mannyeim, LchLa
zingerstratze 49.

ungeführt, zu verkaufen.
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Heidelberger geitung «rschein! an ledem Wochentag mlttags ,2 Uhr. Amtllche» Drrbllndi.
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(ünübhangige Tageszeitung)

Verkündigungsblatk für Nordbaden ünd die angrenzenden Teile von Dayern. Hessen und Würllemberg.

Nr. 129

Donnerstag, den 5. Juni 1919

61. Iahrgang

Die gemeinsamen Interessen
der Alliierten im Osten

Drahtung unseres nach Verjailles entsandten
Sonderberichterstatters

Versailles. ?. Iuni.

Einige Feststcllungen in der amer.kanischen
Prosie ilnd m dsr englischen lasien afien. ob man
nichi in eine Revision der Bestimnrun-
gen über Oberschl-efien eintreten könne.
Frankreich verneint L>ies, denn Frankreich w'.ll
Polen zahlungsfähig machen und zu. dresenr Zweck
Len Jndustobebezirk an Polen goben. Die fran-
zösische Presie schlweigt von Danzig uud Wrstpreu-
beii aus erklärlichen Gründen: denn wenn die
Handelsfreiheit gavantiert wärs. wurde das Jn-
ttresse Fmnkreichs gewahrt sein, weil die deut-
schen Volksterle, wie man woÄ erkrnnt. ehex eine
Echwächung der militärischen Kraft Polens bed-eui-
ten würden. Englawd hat aber ein grotzes Ju-
terssse an der Fveistadt Danzig und an eineni
ivcht preusiifchen Memel, weil es sich Stüüvuukte
ill dcr Ostsee schaffen will und das zukünftige Po-
len ein Hindernis hierfiir kaum bilden würde.
Amerika fühlt sich schon heute als Schirmherr
Danzigs.

Fvankreich gibt sich als kontinentale Vormacht,
als Schüher der kleinen Staaten auf dem ehema-
l>gcn österreichifchen Gebiet. Es tritl
L<riür ein, datz diese Staaten nicht überinästig be-
lastet iverden. Englaird und Amerika fürchten,
da» ein hier entstechender Ausfall an Milli-arden
von ihnen güdeckt werden soll, und Amerika na-
mentlich rückt immex deutlicher oon die>sev Kow-
Nncntalvolitik Frankreichs ab. Italien sieht in
den Zugoslaoen Len natürlichen Friud. Frauk-
reich hat ke'me andere Sorge, als dah Deulsch-
Oesterrsich sich mit Deutschland verhinden könnte,
und vwpagrert den Donaustaat. der sür Jtalien
ärgerlicher ist als Oesterreich-Ungarn jemals
oar.

Fmnkreich hst ein alter Freund ron Griechesn-
lrnd und setzt sich für seid'en Eünstling Veniztz'los
ein, wo es kann, in Cprrus, in Kleillasicn. im Ar-
chwel. Jtalien lst überzeugtcx Feind der Griechen
und denkt nicht daran, ein grosies Eriochenland
«>it seiner Einwilligung cntstehen zu lafsen. Eng-
land hat ein Haar in dcr Aufteilung der Tnrkei
gefunden, weil es die mohammedanische Äkllksbs-
lnegung in Jndien und Aegpten sllrchtet. Frauk-
reich und Italien bestehen auf ihren Beuteanteil
u«d sinld über dre Regelung dex türkischsn Frage
sichtlich verstimmt. iAnvcrrka versvricht sich von
dcr VÄvwaltung Konstantinooels grotze Geschäste.
^dniiral Koltschak, Präsident der Entente für ein
wiodererstehendes Rusiland, erklärt schon heute,
dic Anspvüche Ruhlands «uf Konstantinovel seien
«ie verjährt. Rumänien betreiht eine Poli-
ick, die zu sohr französisch ist, um den Engländern
öu gefallen. Vratianu hat vorgestern und vor
drci Tagc« in Parls recht heittge Worte an W'll-
scn und Lloyd Eeorge gerichiet, die rhm nicht g<>-
rade die Freun'dschast der beidea Ländcr einge-
tragen haben.

2o sieht die Politik der Einigkeit, so siekt die
Politik dev Gerecht'.gkeit zwischen dcn VLlkern
nus. Es tst unnötig, die Frage ru stellcn, wann
mests jän'.merlicho Kartewhcrus der Verlcgenheit
SlsaiinilenElechcn wird. Die Tats-achen fvrcch"''
s'-ch selbst, uird Zeitlsvaniren svielen für dte
^eschichte e>ine andere Rolle als für die leidcnden
^ttnschen. Rolf Brandi

Die Stimmung in Schlesien nach
englischer Auffassung

Drahtung unscres nach Versailles entfandten
Sonderberichterstatters

Bcrsailles, 2. Juni.

Dre Pariser Ausgahe dev „Daily Mail" von
enthält einen hcnrerkenswertcn Bericht

bci.te

«>nes Vertreters des Blattes. der Oibetschlcsten

Lereiist

sdarin

'bat. Mr. Wytlie Williams eeklärt
auf das enbschiedeirste: „Jch bin üderzeugt,
^ bchlefien fechton wird. Fch gohs noch
cr uwd dehauvte, d?h ?sb>-i:°n in dem Mo-
""Ent tn derr Ka/wos eiid da de- «»i-lle

DLe versaiUer Zrieöenskonferenz

Aus dem Viererrat

Paris, 4. Iuni. (Havas.) Die 4 Regie-
rungschcfs sesiten am Dienstag nachmittag die
Prüfung der deutschen Eegenvorschläge fort. Man
hosft, daf; sie am Donnerstag beendet sein werden.
Sie werden dann eine endgültige Cntscheidung
über die Antwort trenen.

Ueber die Dienstagsihung wird noch gemeldet:
Eine Beratung von drei Stunden hat dem Rat
der Vier beziiglich der Eegenvorschläge nicht
weiternebracht. Es bestehen zwei Richtun-
gen, di-e von Llopd Eeorge und Clemen-
ceau vertreten werden. Lloyd George be-
fürwortet verschiedene Aenderungen, während die
Eruppe, die in Clemenceau ihren Führer hat,
sich an die festgestellten Bedingungen hält und
keine Aenderung wünscht, che die Undurchführbar-
keii der gestellten Bedingungen bewiesen ist. W i l-
son hat sich bis jetzt noch nicht in die Debatte
gelegt, aber voraussichtlich wird er sich auf den
gleichen Standpunkt wie Lloyd Eeorge stellen.
Wilson wird sich in einer Plenarsitzung mit der
ameri kan i s chen Delegiat,ion lauseinan-
dersetzen, besonders mit seinen wirtschastlichen
Spezialisten. ehe er eine Entscheidung trifft. Die
neue Lage hat die Regelung erheblich verzö-
gert. Besonders scheint auch der Druck der bri-
tischen LiLeralen und der Arbeiterpartei auf Lloyd
Eeorge eine grosie Wirkung zu haben.

Jn Zusammenhang hiermit wird aus Paris
gemeldet, dasi zwischen den Mitgliedern der bri-
tischen Delegation bezüglich der Zugeständ-
nisse noch ketne einheitliche Vestimmung getroffen
ist. Die tndwiduelle Auffassung geht in verschie-
dmen Punkten auseinander. aber trotzdem bestehen
keine weiteren Meinungsverschiedenheiten.

Doch noch eine Revision?

(.) Ber n. 5. Juni. (Privattel.) Wie das Ver-
ner Tageblatt oon be'onderer Seste aus Newyork
crsährt. veröstcntlicht die World, die Wilson nahe°
steht, gestern die Nachricht, dah der Viererrat eine
Nevlsion der Friedensbcdingungen ernst.
lich in Erwägung ziehen werdc. Der Vor<-
schlag Deutschlands betr. des Saargebietes, näni-
lich Kohlenliefcrung an Frankreich statt Abtretung.
wcrche wahrscheinlich angeiwmmen. Dem Vor-
schlag, Deutschland sofort tn den Völkerbund auf-
zunehmen, sowie dcm Angebot einer Kriegsentschä-
digung von 1VÜ Milliarden stehe man sympathifch
gcgcnllber. Die Besetzung des linken
Rbeinufers werde anf SJahre herab-
gcsetzt. Den Deutsch-Oesterreichern
wcrde dcr Anschlutz an Deutschland erlaubt.
Zn Oberfchlesien werde eine Bolksabstim-
niung untcr Kontrolle des Völkerbundes ftatt-
finden.

Amfterdam, 5. Juni. Daily Mlail melLet aus
Paris vom 2. Juni: Es ist zweifellos ein
Geistlder Versöhnung su konstatieven. Prä-
stdent Wilson steiht mit dex ganzen amerlka-
niischen Abordnuns bedingungslos au.f dein
Standlvunkt, dak der Vertrag revidiert
werden mutz. Man glaudt nicht, daß Lloyd
Eeorge, der weitz. dab sich im Majesdic-Hotel ^in
energischer Cinslutz sur BerdesseruiW des Bertra-
gcs geltend macht. irgendwie von ddr Ausicht fei-
ner britMen Kollcgen adweichen wird. M«n
mutz natürlich der Haltung der Fvanso'sen Rech-
nung tragem, aber auch fiir Frankreich ist es von
grötzter Bckoieutung, einen Frieden za schlietzen,
der -durchfühchar ist. — Der Korresvondemt der
Dailv Nows glaubt, drtz tn den Fragen desSaar-

beckens, der Schadenvergütung, d^r Häfen und
Wasierwege und möglicherweise dex territorialen
Vestimnrungen im Osten Curopas Aenderungen
v»n mehr als formeller Bvdcutung su erwarten
soien. ,

Ernste Stimmung in Berlin
Von einer politischen Persönlichkeit. die durch
ihre amtliche Stellung und ihre vielfachen politi-
schen Bezi'ehungen als ganz besonders unterrich-
tet gelten darf. erfährt die „Bad. Presie" aus
Berlin, datz gegenwärtig die Stimmung sowohl
bei der Reichsregierung. wie in den politischen
Fraktionen der Nativnalversammlung und der
preutzischen Landesversammlung überaus ernst
ist. Die aus Versailles zurückgekehrten Minister
Landsbera und Eiesbert haben sowohl in
der Reichsregierung wie in den Berichten vor
ihren Fraktionen keinen Zweifel darüber gelassen,
datz nach Ansicht der deutschen Friedensdelegation
auf ein nennenswertes Entgegenkom-
men der Entente nicht zu rechnen ist.

Eine Drohrede Llody Georges

In einer Rede. die Lloyd George vor
Soldaten aus Wales in der Nähe von Amiems
gehalten hat. heitzt es u. a.:

„Wir müsien den Auftraa der Vorsehung aus-
führen und dasür sorgen, dah das Volk, das den
Krteg verschuldet hat, nicht wieder in die
Lage kommt. es zu wiederholen. Die Deut-
schen sagen. datz sie nicht unterschreiben werLe-^
ichre Zeitungen schreiben. datz sie nicht unterschrei-
ben werden. ihre Politiker sagen dasselbe, und
wir wisienn, datz alle Politiker die Wahrhcit sa-
gen. Wir aber saaen: Sie müssen untec-
schreiben. wenn nicht in Versailles, dann
in Berlin."

Der sozialistische ..Daily Herald" koimnt m
einem Artikel auf dicse Drohung Lloyd Eeorges,
die sich mit der obigen Mcldung nicht vcreinbaren
lätzt, zurück. Das Blatt schreibt, die Drohung sei
ein ausgezeichnetes Beispiel für die Veränderun-
gen, die feit dem Wafsenstillstand vor sich gegan-
gen seien Der unverschämte Kommando-
ton sei jetzt auf Seiten der Alliierten zu finden.
Wte stellen sich die englischen Arbeiter da-
zu? Elauben sie. datz damit das Ideal. zum
Ausdruck kommt. für das unsere jungen Männer
starben? Starben sie in der Hoffnung. datz in Ber-
lin ein Friede von beispielloser UngerechtigkeÄ
über Leichen von Frauen und Kindern unterzeich-
net würde.

Die Spekulation nuf den Nheinbund

Der Sonderberichterstatter des „Temps" in
Miinchen bemerkt in etner Besprechung über die
Lage in Bayern. Bayern teile nicht die Be-
wunderung der Berliner für Brockdorff-Rantzau.
denn die süddeutschen Interesien seien in Versail-
les weder vertreten noch würden sie verteidigt.
Bayern und diie Rheinprovinz mützten die etwai-
gen Folgen der beharrlichen Blindheit maskierter
Imperialisten. die sich Sozialdemokraten nennen,
tragen. Nach Aussasiung des Korrespondenten
könnte man obne Mühe die in Wien inaugurierte
PoMik in MUnchen. Stuttgart. K,arlsruhje
und in den Rheinlanden mit Erfolg betreiben,
denn überall dort sei der Ruf ..Los von Ber-
ltn!" povulär.

Gerade im ietzigen Augenblick ist es überaus
lehrreich. diese Aetzerungen ins rechte L cht zu
setzen. um wiederholt auf die Eefahr hinzuwei-
sen, die droht, wenn nicht die Einigkcit des deut-
schen Volkes alle separatistischen Bemühungen des
Feindes zuschanden mache.

pollvische Soldat die Ercnze übewchreitet. um von
idein, was i>hm die Entent-o vevsvrochen hat, B>'sä
ru neihmen. Jch btn sosar noch weiter übLrsvugt,
datz 'Schlcsien kämvfcn wird ohno Nücksicht
nus Berlin. auf die dcutfche Negiornng
u»d das übrige Deutschland. Der Vertraa
mag uirterzeichnet werden oder nicht. d«s rst für
di-e schlesische Annee glcichgültig, j>ie ietzt ein vaar
Meilen nückwärts von dex Front Lereit stGt."
Der Bcrtrcter der „Daily Marl" hat mit don her-
vorvagenidsteni Alcbeiterfühvern Schlesiens vsspro-
chen und rst zu der Ueberscugung gekonrm-en. datz
es unmö-glich ist, Echlesien anders -als mit
Eowwlt Poleir oinsuverleiben.

Es vst su -hosten, datz dio durchaus richtige Aus-
WLvMW des Englirnderq Lei den Alliierten die

Beachtung ftndet, die sie verdient. Ober-
Wesien und Mestvreutzen mre die Teile von Ost-
vreutzen werden dsutsch bleibcn, was immer auch
bäschlosicn uird geschriebcn wud, das ist die Stim.
mung, die auch ich von nreinen vrelen Fahrten tm
deutschen Osten kenne. Rolf Brandt

* Die Nentralen und die Blockadedrohung.
Schweden und Dän-cmark. haben sich gle'ch
Ldr Schweiz ge we i gert. bei eiaer mögl chen
Cuieucrunig der Blockade Deutschlands niltzu
wirken.

" Die Leiche dcr Frau Nosa Luxemburg wurde
nach Feststcllung dex Identität sur Vestattung
f r e i g e g e b e n.

Scheidemann
auf dem Kriegspsad

Der Ministerpräsident Scheidemann veröf-
fentlicht im Vorwärts einen Artikel, der arH
denfelben Ton gestimmt ist, in dem er seiner-
zeit in der Nationalversammlung den Demon-
strationszug der Offiziere un'» den Ee-
neral Ludendorff abkanzelte. Er ruft ge-
nau so wie damals ln der Nationalversamm-
lung mit drohender Geste seinen „alldeut-
schen" Eegnern zu: Hütet Euch, der neutrale
Schuldgerichtshof oder der deutsche Staaksge-
richtshof wird Euch den Prozeß machen. Alle
Welt, so meint Herr Scheidemann, werde dann
deutlich erkennen, „datz die Alldeutschen und
mit ihnen ein grotzes unschuldiges Volk das
geerntet hat, was jene gesät: Einen Vernich-
tungsfrieden." Ob sich Scheidemann bei die-
sen Worten wohl bewutzt gewesen ist, datz er
Wasser auf die Mühle der Entente leitet, datz
er ihr fast das moralische Recht Hbt, das
deutsche Volk mit dem Vernichtungsfrieden
für die Frevcl der Alldeutschen zu beftrafe»?
Und dabei ist die von Scheidemann erhobene
Anklage grundsalsch. Zn den letzten Tagen
hat Oberst Bauer, ein Mitarbeiter d.e:
Obcrsten Hceroslcitung, gestützt auf reichhal-
tiges uad authentischcs Material, in einer
Broschüre den Nachweis gebracht, datz die
Oberste Heeresleirung Mitte August in
klarer Erkenntnis der strategischen Lage die
Negiernng znr Einleitung von Friedensver-
handlungcn allfgefordert hat. Sie erkannte.
datz unsere Kraf: nicht mehr hinreichte, um
dcm Feinde dcn Frieden aufzuzwingen. Aber
sie war entschlc-ssen. unsere noch vorhandenen
Kräste vott anszunntzen, um einen Eewalt-
und Vernichtungssriedcn zu verhindern. Noch
am ll. Oktobcr 1918 hat Hindenburg der Re-
gierung mündlich erklärt, datz das deutsche
Heer feststche und datz es trotz erzwungenen
Nückzugcs imstande sein werde, die deutsche
Erenze bis zum Frühjahr 1919 zu schützen.
An einen allgemcinen Zusammenbruch der
Front glanbe er nicht. Die Oberste Heeres-
leitung ziehe als Erundlage der Friedensver-
handlüngen eine Abtretung geringer franzö-
sisch sprechender Eebictsteile in Elsatz-Loth-
ringen in Betracht. eine Abtretung deutschc:
Gebiete im Osten komme für sie nicht in
Frage. Die Oberste Heeresleitung war ihrer
Sache militärisch so stcher, datz alle Matzre-
geln getroffen wurden, um das deutsche Heer
bis zum Frühiahr 1919 bester zu rüsten und
kräftiger auszugestalten, alo je zuvor. Die
von ihr geforderten Friedensverhandlungcn
hätlen also unter dem Schutz des ungeschwäch-
ten deutschen Schwertes gestanden. Die Ne-
gierung aber lietz v i el e Wochen unge -
nutzt verstreichen nnd suchte ihre Untä-
tigkeit dann durch eine U e b e r st ü r z u n g
wett zu machen. die Panik hervorrief und
dcn Elauben und das Vertrauen im Volke
schwer erschütterte. Die Revolution tat dan,-.
das übrige, um den stolzen Bau unserer bis
dahin noch unerfchütterten Front zu zectrüm-
mern.

Tatsache ist also, datz die Oberste Heereslei-
tung im Herbst vorigen Jahres noch alle
Möglichkeiten in der Hand hielt und datz sie
entschlosten und imstande war, einen annehm-
baren und gerechten Frieden Zoll für Zol! zu
verteidigen. Tatsache ist, datz die Nevolu-
tionsmacher alle diese Möglichkeiten zerschla-
gen^ind den Feinden die Macht in die Hand
gcspielt haben, uns einen Vernichtungsfrie-
den zu diktieren. Deshalb sollte Scheidemann
mit dem Appell an den Staatsgerichtshof et-
mas vorsichtiger sein. Menn einmal unpar-
teiisch darüber gerichtet werden sollte. wer
den Weg zum Vernichtungsfrieden bereitct
hal. dann werden nicht diejenigen den Schuld.
svrüch zu fiirchten baben, gcgen die Scheide*
lnann dri-hend ^"'st ballt
 
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