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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

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Nr. 27 - 50 (1. Februar 1919 - 28. Februar 1919)
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Nr. 33

Fernsprecher vcr. 82 und 182

Seite 3

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Heidelterger Zeitung

Freitag, den 14. Februar 1919

Dcr Mrkungskreis des
Reichspräsidenten

Äüan Hat gesaiat. daü der nene d-efi.niti.oe Neichs-
yvLsident kcine geringere Macht haben
ivüvdr als der ebem -alige Kaiser. Das ist
nicht unrichtig, wenn man von den Besuanisscn des
Kaisers die Rechte abrioht, auf die er in den aller-
letztcn Lkochen seiner RegäerunL verrichtet hat, nüm-
lich anf das Recht, nainens des Nciches Kricig zu
ertlären und Frräden ru schliotzen. die Nogierung
Kberhauipt nach eigenem Ermessen -u fü/) en, ohlre
an das Vertrauen oder Akitztr-auen des Neichstags
gobmrden su sein. Jn diesen sohr wichtiegn Punk-
ten liest der Hauptuntoeschied des Reichsprästden-
ten vom K-aiser der alten Verf-assnng. D.e Mhän-
gigkeit des Präsidenten' konrmt am schärssten znm
Ausdruck durch den 8 67 Mstrtz 2 des vorläufigen
Deriassungsentwurfs in den Morten: „Vor Ablauf
der Frist (dor siobeniäbrigen AmtSdauers kann der
Neichsvrästdent auf Antrag dos Reichstags Äurch
VolksaMimiirung cvbMetzt werdcn".

Dsr Ka'vser b-edurfte bei Krüogserklärunigcn dor
Zustimmung des Bundosrats nur dei Evklärung
-ünes Angri,ffskrieges. Bündnisse mit fremdon Staa-
ten schlotz mrd löste er nach eigenem freron Ermesteni.
zu Zoll- und Handelsoerträgen ibcidurste er der Zu-
stimmung des Roichstags, ebenso zu andercn Ver-
trägen, wenn sie in dcn Bereich der dem Re'chstag
vovbohaltenien Gegenstände eingriffen. Der Katsec
hatte als solcher die Vcrfügung und den Obeubofehl
Mer die bewafsnete Macht: er -bcrief. orüffnete,
vertagte und schlotz die Sitzungon des Bunidesrats
und Reichstags, nur sur Auflösrmg des Reichstass
Leduvfte er der Zustimmung des Vuirdesrats. Er
einannte alle Re'rchsbeamten und hatte dieirstbsrr-
liche Eewalt ülber sie. Er hatte die Ob-rleitung
de: gesamten ReichsveLwaltung. Zu dcn vom Bun-
desrat und Neichstag heschlostenen Reichsgesetzon
bedur-fte es seiner Zustimmung nicht: er hatle a ch
kein Antrags- und kckn Widersvruchsr-ccht. sondern
nur die Pflicht der BerLündigung, alsdann ader
das Recht der Ueibevwachung der Aus-sÄhru-ns un!>
das Recht suin Erlaste von Derordirungen, sowe t
basondere Vorschriften ühck dazu ermächtigteiL

Der Unvf>ang der Zuständigkeit des Reichsprä-
sidenten, wie sie der Preubvsche Entiwurf ur-
svkünglich vorsah, ähnelt dem fohr. KriegserElärumg
und Friedensschlutz erfolgen durch Reichsgesetz. Eine
Evweilerung seiner Macht ist es, datz er dsutsche
iFreistaaten, die dr« ihnen nach der Reisver-
fastung adoo den Reichsgesetzen obliesenden Pflich
ten nichl erfüllen, mit Hilfe der bewaffneten
Macht Äazu eohalten kann. Ebenso kann er ein-
schreiten, wenn in e'mem Freistaat di>e öffentl'ch:
Sichevhett und Ordnung gestört oder gäfährdet
wird: er muh allerdings unversüglich die Genchmi-
gung des Re'lchstases einholen. Er hat wie svühe-r
der Kaiser das Recht der Begnaloigung: allsem-eine
Amnsstien sollen alber in Zukunft nur durch Rs cb
gcksetz gewährt werden. Er soll einen Stellvertre-
ter elbonsowenig ephalten. wie der Kaiftr. adg<ehen
von vorüdergehenden Bedingungeir, währnd wel-
cher -hn dsv Präsiident des Staatenhauses vertritt.
Die Neichsregierung -bildot er nicht: (de
tllngst veMndete provisorische Reichsverfas-
fung geisteht dem vrovisorrschen Rechspuäfldenten
alleodings ausdrücklich diese Nechte zu. uiiH d're von
'chm einsrtberusende Reichsregierung soll aus ver°
rntwortlichen Rsichsministern bestehen).

Jm Dsrgleich damit ist, wie die „Bad. Presse'^ an-
?ührt, die Stellung des Bnndespräsidenten
der Schweiz äuherlich wenbger hevvorrag-md,
ttber sachlrch kaum weniger eiitflußreich. Der Prä
sident des Vumdesvats in der Schweiz hat für seine

Pcrson keine bcsonderen Befugnisse, auch keinerlck
Vorrechte vor den übrigen sechs Mitgliädern de>
Bundec-rats. der die obcrste vollzichenide Behörde
der Cchweizer Eidgenossenschast darstellt. Er w rd
edeuso wie der Vizevrästdent von der Bundcsver-
sammlung auf ein Jahr gewählt und ist im folgen-
den JEre nicht wieder wählbar. Die Bundesräte
inüssen vorschiedenen Kantonen angehören. Er be-
zieht ejn um 2000 Franken erhöhtes Icchvesgehalt:
im üdrigen hat er vor den aiideren Bundesräten
l-cdiglich gewisse Ehrenrechte als Vorsitzender loes
Kollegiums.

Die Stellnng des Prästdenten ,der sranzö-
sischen Revublik ist emflußre cher und der
des deutschen Reichspräsidenten ähnl ch. Uoberein-
stinrmende Blschlüsse des Scmats und der Deiputrer-
tenLamnrev bcdürsen se'mer Vostätigung nicht, er
hat dagegen auch ko'm Einlspruchsrccht, sondern nur
das Rocht und die Pflicht ibrer Ve kündigung. Cr
bat alber das Rccht, sel-bständig Vorlagen eiirsu-
bringen, was der deutsche Kaiser mcht g 'konnt hatte.
Lctzterein stand auch nicht die Ueber-wachung der
Ausführung dex Gesetze zu. D'e bcdeutendste Be-
schränkung im Vergleich mit dem Ka ser liegt aiber
in FranEretch wie im neuen de 'tschcn Fröistaate
darin, datz der Präsidenit Krieg nur nach vovheriger
Zusttmmung beD-er Kammern vttären kann und au
diese Zustiminmvg auch bei Fricdens'chluitz und bor
Abschlutz von Handvlsoerträgen geb'mdcn ist. Die
fransöflschm Minister sind alle für dis -allgemeine
Politiik i:>es Präsidenten verantwortl ch. sür dis
Akte bhres Gchchästszrveigcs versönl'ch. Ein Vi-e-
prästdent besteht nl'cht: wenn der Pllltz frei wird,
ernennen die vcvein'igten Kammern dcn Nachsolger.

Der Präsident d-'r Vereinigten Staaten von
Nordamerika hat in auswärtigen! Dingen
eine ülberiwiegende Stellung. Er ist Obei-befehls-
baber der Avmce und Marine. wclches Amt er
einem andern übertragen kaim, ooäbchaltlich sein-er
Befugiris. die Beseblshäber von Washington aus
ständbg zu instruisren. Das Rccht dcr Kriegserklä--
rung legt dre Ve-r-s-ass/mg in die Hände des Bundes-
kongrcsses, aliso des Senats zusammcn mit dem Rc-
vräse-ntllntsiühanise: Friedens- und nndere Verträge
sind an die Zuistiinmung des Scnats geknüpfi,
ebenso dle Ernennung von Botschaftern. Gcsandten
und Konsuln. Aber die gesamte Ausmhr-ung der
Gäsetze und Wbkominen und die den, Vertr-ags-
schlüssen vovausgehenden Ve handlungen und vor-
läustgsn Verembarungen sinld ausschl'etzli-h S'che
des Prästdeirten, öbenso wte der wichtigste Sch tz
der llmeriEanischen Interessen im Auslande. Der
Präsidnt ist z. B. selbständig befugt, neu gegründcte
Staaten oder Regierungen anzuerkeimen! eder ihn n
die Anerkonnung zu ve sagon: er kann fremden Ee-
scllschaften dte Erlavlbnls zur Lllnd'ing unter-
seetscher Kabel >geben und d-e Beding'mgen dafür
festsetzen. Ob der amerikanifche Prästdent die Av-
mee lluch als Erekutbvorgan in bürg rlich-m Wige-
legenheiten verwenden dcrrf, ist nicht unbestcrtten.
Der noch lange ntcht endgültige Entwurs der deut-
schen Vorfassung stellt diese Notfälle klar.

Landwirtschoft

-t- Ablieferungsprämien für Eier Das Ministe-
kium für ErnährungsWvsen hat besstimmt: W rd
die einem Hühnerhailter nur Abkieserung an eme
Sammestelle llulsgsgebene Iabresmenge bevoits
vor Mlcrus des Wrrtschastsillbros in voller Höhe
gicili'gfert. so ist ihm bc'i Ll'efevu-ng der Illhresioll-
menge bis spiitöstens 31. Iuli eln Zuschlag
von 8 Pfg. und bei Lieforung de>r Iiahresisollmenge
bis spä estons 31. August ein Z 'fchllg po>n 2 Pfg..
für fodes Gt guter DeschEenheiit zu bezaihlen.
Ein-on Zuschlaa von 3 Pfg. -erhält ein Hühnerhal-
ter ferner ohne Rücksicht auf den Zcitvui'tt der
A.blüeforung für i-vdes Ei gut-cr BoichEenhoit.
das >er über die Iahresfoll-menge hinaus lvofert.

Ladische Politik

Mrche und politische Parteien

Der frühere Kieler Generalsuperintenoent und
jetzige GeistUche der 'lutherischen Gemeinde in Ba-
den-Baden, O. Theodor Kaftan, gibt in der
Allg. Ev.-Luth. Kirchenztg. zu der Frage^ wie sich
die Kirche zur Parteipolitik verhalten soll, sol-
gende Ausführungen:

Jetzt hat alle Verquickung von Kirche
und Polttik radital aufzuhorcn. Das
mutz uns allen leuchtend klar und unverbcüchlich
ernst vor der Seelo stehen. datz tn der evangeir,u)en
Kirche, die wieder reine Kirche geworden >si, alle
politischen Parteien völlig gleich stehen, die Na-
tionalliberalen genau so willkommen stnd und
völlig gleiche Rechte genietzen wie die Konservati-
ven, und dle Fortschrittler wie Nattonalliberalen,
und die Sozialdemocraten wie die Fortschclttler.

Ia, auch dte Sozrald emo kr at e n! Ich
woitz ja sattsam, datz sie im Unterschied von ihrem
theoretischen Programm, das übrigens auch nicht
richtig ist (denn Religion ist nicht etne Privat-
sacho, sondern eine öffentltche Angelegenherth in
ihr praktisches Programm Kirchenfeindschast auf-
genommen baben. Aber ich hosfe, datz sie der
freien Kirche gegenüber, wenn auch nicht so-
fort, doch allmählich ihre Stellung verändrrn wcr-
den. Das. was diese bisher wesentlich bestimmte,
dieVerquickung derKirche mitdem
„K lassenstaat" ist erledigt: warum dann
nicht auch ihre prinzipielle Feindschaft grgen die
Kirche? Ihrer wirtschaftlich-politischen Srellung
widerspricht die zur Kirche gewordene Kirche^ so
wenig wie der konservativen Staatsauffassung
oder dem demokratischen Staatsideal. Das alles
geht die Kirche nichts an. Wäre ich nicht ein
alter Mann. würde ich sagen: ich hoffe, noch einen
Sozialdemokraten des Lischöflichen Amkes in der
Kirche walten zu sehen.

Ich würde nicht überrascht sein, wenn etwa ein
Konservativer, der dieses liest, denkt: der Träu-
mer! Nein, ich träume nicht. Jch haöe für
Schwarmgeisterei überhaupt keine Veranlagung.
Jch erwarte, datz wir, trotz etlicher Zelchen. die
auf Aenderung deuten. in der Kirche oon seiten
der Demokratie und Sozialdemokratie noch man-
ches Schmerzliche erleben werden. Aber die Ord-
nung der Dinqe die ich hier zeichne, ist die, zu
der wir kirchlich hingelangen müssen. Wir werden
nie alle Demokraten oder Sozialdemokraten in der
Kirche haben. Aber datz die Glieder der Kirche,
i^re lebendigen Glieder, aus allen politischen
Parteien und aus allen wirtschastlichen Grupven
sich sammeln, datz erst dann, wenn das erreicht ist,
oer normale Zustand der Kirche wieder erreicht
sein wird, das steht für mich autzer allem Zweisel,
und zwar nicht erst. seitdem die grotzen Umwäl-
zungen in Deutschland eingetreten sind.'

Dte im letzten Satz ausgesprochene Hostnung
wird sich um so mehr erfüllen, wenn die Kirche,
wie von der Evangelischen Generalsvnode in Ba-
den angestrebt wird. die kirchlicbe Uebsrlieserung
in Einklang zu bringen strebt mit den unabweis-
baren Forderungen der neuen Zeit.

Die Veratung der Verfasiung

Karlsruhe, 13. F-öbr. Der Verfasiungsausschutz
nahm den 8 35 ldss Verfasinngsentwnrfes. dex aus--
spricht, datz !die Domäncn ansschlietzllch Eigentum
des bädöschsn Staates sind, in der Vevfasinng -des
Re-üii-erunssmtwnvfes an. Von demokcatischer Se.re
und von der Seite des Zentrums evfolüte die Zu-
stim-mung unter der Doraussetzun.g, idatz brs snr Be-
endtgung dos VoLfasiungswerkes die Auseinander-
sctzung mit dem Grotzherzoglichen Hans-e vollzogen
ist 8 37 nnd 38, Abs. 1 und 2, die «lnzelne R chte
des Landtags bobaädelu,, wnidan als überflüsiig
gestrichon. 8 39 wurde folgendc-rmatzen seiabi:
.^Iadsm Mitglisd des Landt-cvgs ist nach Mahgaibe
de-r Goschäftsoridnuilg des Lanbtags di-e frcie Ein-
sicht in den gesamten Staatshaushalt zngc-sichert."
§ 39 wurde weiter dnrch Annllhme etncs deinokau--
tischen Antrllgs und eines Antrags des Zentrums
durch Ansilllhme des parlamentarischcn Enqneten-
rechtes ergänzt.

—-—-> > ..

Das versinfachle automatifche
WaWystern

beim Verhältniswahlreck)t ist am 11. Feburar von
der Verfassungskommission der badischen gesetz-
gebenden Verjammlun» mit 19 :2 Stimmen gemäü
dem § 24 des Negierungs-Entwurfes einer neu-n
badischen Verfassung angenommen worden.
Die Verfasiungsbestlmmung soll nach dem Kom-^
missionsbeschlutz lauten:

„Die Abgeordneten werden nach don Erund-
sätzen der Berhältniswahl in 4 Wahlkreisen ge-
waylt. Jede Partei oder Wählergruppe
erhält auf je 10 0 0 0 der für ihren Wahlvor»
schlag abgegebenen Stimmen und für einen Rest
von mehr als 5000 Stimmen je 1 Abgeordneten
Das Rcchere bestimmt das Landtagswahlgesetz."

Dazu schreibt uns das Mitglted des Verfasi
sungsausschusses Dr. Diez (Soz.): Vei einer bet
den Wahlen vom 5.—19. Januar 1919 abgege«
benen Stimmenzahl von rund 1 Million, würd-
aljo der künitige badische Landtag rund 100 Ab-
geordnete zäylen. Da eine dreijährige Legis«
laturperiode vorgesehen ist, so würde der Landta-
alle 3 Jahre, je nach der Zahl der abgegebenen,
Stimmen, einige Abgeordnete mehr oder wentger
zählen. Da doch alle Abgeordneten anwesend'
sind, erschien dieser geringfügige Wechsel der Kom-
mission. gegenüber den enormen Vorteilen des ver-
einfachten automatischien Systems. als nicht schwsr--
wiegend genug, um von ihm abzusehen. Das
vereinfachte automatische System
wird hiernach voraussichtlich in der badischen Ver--
fassung Aufnahme finden und damit zum
ersten Male in Deutschland zur Anwendung ge-
langen. Bei seinen auf der Hand liegenden Vor-
teilen, die das Proportionalwahlsystem ein für
allemal und ohne die Notwendigkeit späterer
Wahlkreisänderungen zu einem wirklich einfachen
und gereckten Systsm machen, ist zu hoffen. datz
auch fllr oie Reichswahlen und in den übrigen
Bundesstaaten dieses System, das alle wei-
tere Rechnerei überflüssig mackt und
dafür aarantiert, datz jeder Abgeordnete leweils
genau oie gleiche Wählerzahl hinter stch hat, Auf«
nahme finden wird. FUr die Retchswahlen würde
nach dem Ergebnis des 19. Ianuar, ansteüe der für
den badischen Landtag angenommenen Zahl von
10 000, die Zahl von 68 000, bezw. abgerundet
70 000 Sttmmen für je einen Abgeordneten als
matzgebend zu Grunde zu legen sein.

* Von den Soldatenrätcn. Me der Volkssreund
nlekde-t, taste crm 11. u-nd 12. in Durlack) e.ne von,
den Soldatenrätan gut bosuchte Versammlung, dis
sich mit dsn in sttzter Zeit immer häusiger hevaus-,
gcgebeiven Erlasien des Kriegsmrnistsriums Berli^
und des Genercvlikomnlandss befatzts, die daraus
hinllusgoheii, -die alten Zuständei im Heere wiedei
elirznfü'hren uäd das Mitbeftimmungsrecht der Sol.
datenväte völlrg -ausruschalten. Einstimmig wuvdr
beschlosien. „dts Regiorung aus die Gefahren, dk
ihr hier drohen, aiu'fmerksam zu mMen und ldahrn
zu wirken, dlltz die berechtigten Fordwungen der
Soldatenväte gewährleistet werden. Di-e Vschamnv
lung ist ru der Ueberseugung gekommen. datz deni
bcvdischen Volke die Errunsenschaften der Revolw
tio.r wisdor aus den Händen gewunsven wevdeu
scllen. Dte Vevhandlungen haibsn ergoben. dab dlß
gauzen Soldaten geschlosien hmter ihren S.--Räteq
stehen."

* Lehrerforderungen an die Kirchenbehörden.

In der Badischen Schul.zeitung vom 1. Febvuat
veröffonrlicht Lin Heidekiberaer evamgeli-
scher Leyrer eine Reihe van Forderungsn für dis»
..Zustimmungserklänlngen zwecks UntevschrMen-
sammlung" evbeten werden. Dte Fordevungen
illuton:

1. Anerkeimmng der staatltch aiuszusprecheitden.
Gewisiensfrecheit für die Lelwenden.

3. GleichstelllMg der Geilstbi-chsn und üehrer als
>der genreilNilLin die religiöse Erzlechung der Iu-
gsnd lvagendsn Kräfte: dsm entsprechend

3. Beseiti-gung des Ausiichts-- und Prüfungs-
vechtes der Ortsgeistlichen.

4. Aenderuna des söi-cherigen Prümngsmodus.

der den Stofs statt der Gosinnung mm Prüfungs-
ziel m-acht.__

Ossiziere!

»^ewltz: es tat von Uebermut verblendei.

Äcllnch einer Uebl-es. de-n die Zucht »erliek
Und hat im Krieg den grauen Nock geschändet.

Der uns das 'schönste Kveid der Chre hietz.

Manch einer lietz -auch seine Leute darben
Und schwelgt-e selber: m'ancher Fübrer fvug
Nicht l-ange noch. wie viete Kämpfer starben,
Wenn er am Hals imr setbst ^in Kreuttein tvug.,
Ssl-bst scilche gabs in unsres Heeves Mitte.

Für der Krieg oin ekler Schacher war.

Sie sich sewisienlos nach Krämertztte
Dir ei-gnen Taschen füllten, Iahr um Iwhr . . «
Wir wolltens nicht. dock ach! — wkr müsiens
glauben —

Drum stvaft die Schächer. stotzt sie aus de,n Hcker!
Doch Fvevel ists. die Guten zu berauben.

Jm Rausch der Wuit, des Vrotes und der Ehr l
Die grotze Mehrzahl hat in heitzom Streite
ckn Heldentum Unsterbliches getan.

Lttt Not und Qual an ihrer Krieger Seite.

Und gings zum Stuvm. so stüvmten ste oovank
Die Mehrzahl bljeb ein Vorbild reinsten Mutes.

fernste Nachwelt einst nock staunend preist.
Und selbstlos gab die Ströme edlen Blutes
Fur s Vaterland, in echtem, deutschem Geist .

Und mochten fünf vom Hundert auch verlteren
Jm rohen Kriea den Sinn für Recht und Pfllcht —
»s starben auch von hundert Offtzieren
"terztg den Heldentod — vergetzt das

ni ch t!

F. v. O. (in der „Iugend").

Kunst und Wissenschaft

* Eine Arbeit llber den Bolschewismus. Zur

^rkenntnis des wirtschaftlichen Bolschewismus tn
Rutzland erscheint dieser Tage als Heft 1 der
^uellen und Studien des Osteuropa-Infti-
»uts ta Breslau eine Monogcaphie über „Das
^.ussische Wtrtschaftsleben seit der
Serrschaft der Bolschewiki" (Verlag
A- G. Teubner, Leipzig). Die Arbeit.
7^? einen rein wtsienschaftlichen Charalter
^»8r, zejgt den Weg, der nicht betreten werden

darf, rvenn wir uns vor einem vollkommenei wirt-

schastlichen Zusammenbruch retten wollen. Die
Alonographie, der als Anhang ein ausführlicher
Literaturnachweis über den BolAewismus bei-
gesügt ist, ist geeignet und herausgegeben von
Dr. Wlad. W. K a p l u n - K o g a n, der als wrrt-
schaftlicher Beirat an das Osteuropa-Institut be-
rufen _

Theater und Musik

" Richard Strautz op 1. Das einzige Werk von
Richard Strautz, das der grötzte Mu>llalienoerlag
des Kontinenls, Drettlopf u. Hartel in Leipzig, Ler
eben seine 200-Jahrseier beging verlegt hat, ist
eine Eelegenheitskompositlon oes da-
mals 17jähr. Tondichters. Der junge Mllnchener
Gymnasiast überreichte sein Opus mit dem solgen-
den Schreiben vom 8. Februar 1831: „Hochver-
ehrter Herr Breitkopf! Jndem ich Sie als ein
Ihnen völlig Unbekannter mit emem Auliegen
belästige, erlaube ich mir zuvor, mich. Ihnen brief-
lich vorzustellen. Mein Name ist Richard Strautz
und btn ich als Sohn des Kammermusikers und
Lehrers der hies. Musiksckule, Franz Slra.ltz,
am elften Iuni des Jahres 64 geboren, Lemche
gegenwärtig das Gynma>lum, und zwar in Uitter-
prima, werde mich aber vollständig der Musik und
zwar direkt der Komposition widmen. Uitterricht
im Kontrapunkt hatte ich bei Herrn Hofkapcll-
meister F. W. Heyer. Von meinen Komposittoilm
nun ist beilieyender Festmarsch einem Onkel von
mir, Herrn Vierbrauereibesitzer Eeorg Pschorr de-
diziert, welcher wünscht, datz derselbe in einer der
ersten Verlagsmusikalienhandlnugen im Druck er-
scheine, wobei er die Druckkosten bestreiten würde.
Jch wende mich nun an Sie mit der Vitte, dcn
Festmarsch gütigst in Verlag zu nehmest, indem
Jhr in jeder Beziehung in der Musikwelt becühm-
ter Name doch grotzen Emflutz darauf hat. dah
der Name eines jungen, strebsamen Musikcrs be-
kannt werde." — Der „ganz prächtig klingende
grotze Festmarsch, für den wesentlich bekannteren
Oheim Pschorr wurde von Breitkopf u. Härtel m
Verlag genommen, trotz gewisser grundsätzlicher
Verlegerbedenkett, dte Geheimrat v. Hase im An-
schlutz an den in seiner Gedenkschrast veröffentlich-

tvn Brief des jungen Strautz folgendermatzen glos-
stert: das Necht primae editionis wird einem mng-
fräulichen Komponisten gegenüber ungern geübt;
ein für die HerstellungslO,ren gezahlter Beitrag
wird nicht als die Mitgift für eine anhebmde Che
eingeschätzt, es hat sich vielmehr das gsflügclte
Wort eingebürgert „Opus 1 ist Gift." Spä-
tere Emsendungen des jungen Komponisten hat
Breitkopf u. Härtel abgelehnt. Der Verlag wird
das stcher sehr bedauern.

* Herbert Eulenbergs nisucssties Wsrk ,.Di e
Inslll". ein festtiickes Spiel in dveü ÄuffzüMN
erziett« bei der Uvillf'fübv''!rll im Dresdener
Schaiuispielhaus einon starken Erfolg.

s Änton Wildgans" neue Tragödie ..Dies
irae" wuvde -crm 8. Febvuar sowobl im Wie-
ner VurgthLater. >ails au-ck iim Staottihectter
in Halle uvaufgefübrt. Die Au.mMne war
kübl.

Neues aus aller Wett

Die letzt n U-Boot-Helvert

Ein englttches Blatt erzäbtt folMivde Episode.
die sich bei dor Aiktteserimv Äer deutickm tt-Booie
llbsespielt haden soll:

Als die Waff^mftillitMldsLcdlnMnaen Mt allen
Einzelheiton bekannt wurden. weüten st-e an vie-
len Stellen in Dontscksiand l6bhafte,tt Zorn. Bc-
sonders stark war die MiMmnnmg im Seeosfi-
ziertorps, als inan lersubr. datz die U-Bo-oke mmd
em grotzer Teil der übrlgou Kriegsflotte lvem
Feinde ausgeliefert werden foltten. Im allMniei-
nsn -eugte nilln sick iädoch lonal de,n Befchl der
Regiovung und der barten Notwendigtttt. die
Verpsttchtungen des Waffenstillstandes emz halten.
Es gab llber -auck Ausnnbmen. Ein U-B>oot. dis
„ttt deuttcke-n S eoffiziereii bemannt war, be-
schlost sick nächt den Englcin'dern auszu'äefern.
sondern zu kämpfen und in Ebren lii'.ter'! g hen.
Es stemrte. nrit einer grotzen Anza-Hl Torp dos
nnsgerüstet, g,"vade auf den wicktigeu ongtt' ch.a
FlotyenstUtzpunLt Scapa Flow los wo ein gro>;er
Teil der Soestrc-itkräfte des briti'cken Reiches za-
fammengozogen w-ar. Es b'abstcktigtc. dovt ein-
Mdringen iunid dori s-o viel Schaden iv'>° moc,?>'ich
anzurichten. Die Chance. datz es glückte. mar
höcUtens 1:1000, Di>e Ehance. ll»s dem waghal-

sigen Unt-eruebmvn mtt dem Leben davonzukom-
»!en. war gleich Null. -And man verichweiiidele auch
gar keinen Gvdankvn darcmlf. Vovwärts gmg es.
i-nliuer vorwärts nach dem erfehnten Z.ele. Sollte
es de»n kühnen Frvebouter glücken. das auszuifüh-
ren. was man wähvenld des ganzen Krieges ver-
gobens versuckt hatte? Wille und Mu-t waren
da. >aber das half nichts. Dickt vor dem Hafen-
pier wurde das U-Boot snkdackt. In dem zuiam-
mengefatzten Fvuier dsr engttfcken Küstenbattenen
und Kri-egsschWe war alle Hosfnung zu Ende.
Nichts llnderes blieb mehr. als vn den Tod zu
gehen. Anstatt sich zu ergsben drückte der Kom-
-inandant >auf den eileikt-rji chein K-novf: 'eine
f ü r cht e r li ch e Explostron unid von dem U-.
Boot und svmer B-stitzuna waren nur Trümm-or
übrig. Svlhst auf englischer Ssttie mutz nmn stine
Achtung vor sblcheiil Beweis von Mut und Opfev
willigkeit bei den deutschen Helden bezeugen.

Die eiserne HochzeiL feiert in Urloffen bei
Offenburg das Ehepciar Konstantin Kiefer.

Jsolde von Bülow Fräu Hoftapellmeister
Jsolde Beidler, eine Tochter von Cosima
Wagner aus ihrer ersten Ehe mit Hans v.
Bülow, ist hier nach längerer Krankheit gestor-
ben. Wie erinnerlich. klagte sie im Iahce 1914
gegen ihre Mutter auf Anerkennung als Wagners
l. cckter, doch wurde sie damals vom Bayreuther
Eericht m erster Jnstanz abgewiesen. Der KrieK
hinderte die Fortsetzung des Prozesses, doch hak
Frau Veidler seitdem auf autzergerichtlichem Wege
mit der Familie Wagner um ihr vermeintliches
Nccht gcstritten.

Aus der rötesten deutschen Republik. Dvm
St>andbild des «lten Hcrzogs Wilhelm in Br-aun-
schwcia wurdo vor einigen Tagen ein Blakat um-
lllckänkit. das fol-gvniden. den Vrästdenten Braun-
schmeigs, Schncider /ÜNerges. verhöhnenden V>.rs
enthielt'

Lieber Wilhelm. steig hernielder.

Und regicre du uns wiöderl
Latz in diesen schlechten Zeiten
Lieber Schneildee Mergens
i' Lauscfr'riett. Das 'st d ' - "eucsto ^

schnift der Marbumer SclvstiuM.-d ^

tung erzwungen.
 
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