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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

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Nr. 27 - 50 (1. Februar 1919 - 28. Februar 1919)
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Heldelbeiger Zeitung

Meutag, den 24. Februae-1919

Ferniprecher Nr. 82 und 182

Nr. 4v

schiißen. Die Lcvddjche vortäunso Boillsrcaverunü
erklärt deotzu.I) t-icr-iint Lcn

Bellisteruip'ezusiand :ibrr die RcuuLlik Badeu.
Mit sofortiscr Wcrkung nxrdcn ver-
l> o t >c n. l. Alle. BcrsMvMunsein 2. Alle Mcn-
scheMusannulunücu uuf Stras-rir u.nL Plächen;
L. Um.riiM aver iilrt, -t. Das Tragcn v-on LtMffon
durch Pcrsoncn. dte nicht oon dc-r Rosveruirg odcr
thren L-el-örden da?,u ermächligt sinld; 6. Iicde
VerbrciitrMg von Fluüschrrftsn c.nid Aand.iettoln
so'chiis dcr V-rtricli von AeitunLou n-uf Siraßon
U.Ild PtLtiLN.

Dio Potl.; ei st undo Ivird auf 7 u - r f e ft-
gefetzt. aUe öffentltchen Lokalic. Wirtfthjateu,
VEidäLui'ü-rftäitcn, Theater. LichtsviolitmNem Mid
dergleichen sind <rb<udg 7 Us,r M schliüszen uad
diirscn oor nrorgciis 9 Uhr uicht geöffuet rverde-n.
Dor Stras;euverkehr ru d-m Sädten ift o>on
adTivds ch.UH,r a d verb-ote« foivÄt uichä dbr
Ba;irtsämtcr eiue Ausucchnre Mlassen. Dig Be-
schränAnrg dcr Strofprozegordnim.g hnnfichtlich dcr
Vcrhaftung VcfchloMiochnie -uich DurchKchnmig stnd
aufgeh obe n. Die Organe der sltegi-eung sind
ermäch'.ist, Jeden. der es rmterniiMit. die offcnt-
liclse Riuhe und Ordmnvg zu stören. oder den Ve-
stand des Staates oder der gegenMärtiMn Resie-
rui'.g M gesährd-em. Li verhaften.

Mitb- ür ger ! Wir wissen. dag hinter dicfen
4lvvrdniüngen auch der Wille der Reichsre-
.6 i e r >un g. des Reichüvräsrdonten Ebert rmd
>des RetchsmrnisteLMmo S ch eide.ma n n stelft
Wir wollen nicht Vorgänge wie im
Ruhrg.ebret, wie >n München und Ber-
l i n erloben. Eure Einsicht soll dafiir sorsein, dak
in Baden k ein Brud erblut fl>ies;t. Jhr
vevsteht os. dak wir inr Interesse der Ovdrmng
imL> der Rube >md .v>r Erbaltung der Errsmgsn-
schastan des 9. Noveinber diose srrenveii Vorschrif-
üen orlasseii müssen. Cure Vernamft und euer
kaLtos Blnt bezeugen d-crfür. dak w>ir diefe Be-
llim.muuson bald wieder aiufheben können.

K-arlsruhe. den 22. Febnvar 1919.

Die badische vorläufrge VolSsregierung
Der Präftdent:

Geih.

Dibe Minifter: Dietrich. Dr. HaaL. Atartzlosf. Ma-
runi, Rückert, Stockingsr. Tramk. Dr. Wirth.

Die demokratifche Partei, die Zentrumspartei
und die fozialdcmoküatische Partei veröffentlichen
gleichfalls eüien Aufruf, in dem sie mitleilen, dak
ste den Schrttt dier badischen Regierung über die
Erklärung des Belagerungszustandes billigen und
gefchlosten hinter der vorläufigen Volksregierung
stehen.

Kommnnisten Versammlung in
Heivelberg

Der für sestern morgen «NSekMidigte Vor-
tras von Erich Mühf am miukie roegen Verlmi-
derrmg des Redners ausfallsn. Dir zachlvetch be-
ijuchte Verstmiinvluius üi der Turnballe nohm aber
troMem emen sehr Lvwegtem Derlauf.

Herr Leutner. als Leiite-r dsr VersQimmv^mg.
Mib chn-on Uöberblick über dbe Vorgänge in Mmm-
heim. -verwies darmvf. dak Vlutvergi>ekc.n verini-e-
?de>n rverden müfse und Mb bekcvnnt. dak im hiosi-
gsn Eewersschaftscho.-us ovne Kommsssion «iusMchr-
chsitssozialiston und UiniaLhängig-cn Msanim-ciige-
tretsn sei, um eiine Einigung m er-ielen.
Professor Ehrenber«. als Kommissionsin-it-
Skved füLrt« mis: .

Dsr AfÄuchelimoüd on Ersner hat die Emr-
giNLgsbestvSbuivgsn orustlich gsfcihrdet. Ich hcrbe in
der KonmirMon fvlgemd-m EiMMNgsvorschlag
tzomscht: 1. Sofortiger Rücktritt der soüalistischen
IMinisüer -alus der ReMrimg; 2. Amsfchreib-MK so-
ltzrtigsr NeumMen für die Völksräte. noch dem
iModulS. dak die crrbelitenden Klassen in St>cM und
Land die Räte wählen. Dio,bsutissn Räte sü>d
unfkuchtbar. Ls nmk unbedinst inn-srhalb der
stiAcäiWchen Parteien eine Klarlesmma dvEer
staitfinden. wslchsr Teil des wirklich aLbortsnden
Wolkes hinter dem Rätesustsm und dagSSSN stelit;
6. Die gogenwärtige Verfafpung und Resi-ening
bleibt im Krcvft. bis die nsuem Volksräte eewA/.t
stnd Dve Enülscheidnngen werden rniverbalb der
tzoOcvlMfchen Partsien durch die Vcckksräto «v-
troffen werben, über Zukunft. Zisle aind TaktiL
-itm Gan.ien und safortige Airfheblung des Belcnge-
VmigsMtandes. Dte Volksräts sollen gewählt
averden.

Ohne Bcteilülguiva des kavitaliftischen Bürger«
tmns. Wir wollen cen Wischir der «rbeitenden
V-evölkerung w-isfen. darnach richtet fich d-ann d>ie
Partei. Die Alel.rhettsfo^rlistiLii und Unabhäir-
-gigen haben beschlchson. nwrgeii cMontaa) srüh
9 llhr wioder ,^uHMUmenLukömnren. Es würde bis
L-ahiii'. nichts u'iernommeil Verden. Das hiefige
Fre-iwillige Vatuillon wird in koüvem svalle etmas
ge-ge,-. Ataiwnlxeim unter-wehMen. Iedes Blut-
vergieken muk vermieden werden.
Es muk aber ,auch auf der anderen. Seite der ernst-
hafte Willen vorhandcn soin, stch in die Sesle dcs
andcroii hmeinzuoerflchon. Das ganze ist ein
Wa f f e ii st i l 1 st a n d, Lsme. VerfchleppUngstak-
trk. es drM gar nichts. wir können i,c Riche ver-
HanLciln. Die Auchage ein.zolner Frauzosen jrber
eiwe günstige Hialtmrg boweist nichts. Es ist nicht
oin Wo>m des Bwweisscs vorhanden. das? oine folche
Eruppe wirkblch oiiie Aiacht hinter stch hätte. Wir
inüsse»! den Kampf gegon dio MaÄt der Lüse auf-
Nl'hnien >mvd an ihrer Stelle die Wahrhoit hetzon.
Das Rcvtessustom e in-ssach fchlnnkweg als Id e al
dazu ompfehileii. halte ich für fals ch Nach dem
Rätesystemwähtrechlt hät.en wir in Babem voraus-
sichtllich immer noch nicht die Ataforität erhalicu.
Denn keincswcgs ist heute fchoii ern fertiger Zu-
sband erreicht. Fhnen gehon aber dabei die Krüfte
die rhuen l-oute scha-.i Mr Seite stehen. nicht verla-
ren. ste. l-a>ben rer allen Dingen Zeit zur Propa-
'LkMda. EMei! oin tcrktisches Vorgohein des 6-e-
einten Sozialismms kcmn das Bürgertum imchts
unterncthmen. Line Vomegung die hcstorissch an
der Spiche m-arsschiert, limik das Nech> hcilbM, stch
durchMssetzem.

Di-e Ausführungen des Redners. dre sachlich
cuvf voller Höle standen. wurden mit allgemieincnr
Bsifall «ufgeiiommen. Von d>oa anderen Dis-
bussionsrcdnern sind ncch M NMNLN Herr W-eik-
mann. Ler Bericht cTsstatteteo über die Vor-
gän-ge üi Mannheiim. Herr Paasche. dvr stch
iiber die Zielo des Volschen<smius aiusLiek. H:rr
Steveking. der die Einvgung d>er SoMilisten
begrüstte uwd Angriff-e aiuf den Ere>n«chutz Mirück-
wies. Weüerhin imirde oiws oiner Droschüre die
Verfassung der riusslssch.n Sowretrekulbilik verlesen.
Herr Leutner botcüüe die SÄineinssaiinen Ziele
der H-and- »mld geistisen Arbeitor unb -beniühtd stch
in der orrogten Disbussion besscmrügeu/o auf d:e
Coinüter ein.Mwirken. was nicht imiwer gMiz lsicht
war. Eegon 12 sthr ging die Versammliung ons-
einander.

Die'Volksmarinedivisionen

Ueber die Volksmarin-cdivision, dio seit dep Re
vclution cmch M'. Binnoöland ausg'tai'cht ist/er-
fahvon wir von ztzstänidi-ger Stelle, D-ak bieft Mm
gröstten Te'ü aus Leuten bchtzcht, die überbauvt
n ichtin dor Marine gedie-nt haben, viel-
fach ntcht eimnal Soldat gewefen sind. Das Hauvt-
konctingent ftellen zweifelhafte Elemente,
die in Len Tagon des Umsturses aus dem Dunkel
der Erokfüadt hervorgekommLw find, daneben auch
Defertenre aus allsn möslichvn TrupVenteilen
Die MlÄimMiüformcn find sum Toil gekauft, teils
kvaft Lsni RechL der Rcwolution „erworbsn". Sehr
vrol foll auch H-err Liebkirscht gelicfert hnben. Di sse
WolkSniarfnllv-wisionen haben, wis main rms ver-
sichert, unss-ew Marinetruvpen s>u Unrecht biskredi-
tiert. Anch heute noch bestcht oin kernhafter, ehron-
f-ofter ErunÄstock der Flottcnm-arrwfchastew in der
fog-enannten eifernen Marinchvrgckdie.

Zn Kiel hat sich unmittelbar nach dem Umsturz
ein Verbcvnld drx aktiven A n i eroffisi e r e
dcr M a r i n o gobildet, der heute b-sretts 25 009
Mcmn umchakt und in allen Städten Berirotüngen
hat, in denen fich Marrnegarnisansn bcfmden. Der
Jweck dieser Truppsn ist der Schutz -dor Natiomab
verssammlmrg und dio Abwehr d-ev Volksma-
rinedivisionen. Die Truvpe beskiht aus-
schlceklich aus Uiitsroffizieren und DeckvffÄWon,
de in vatriotischer Entsagung auf allo Abzeichen
vcrsichtet halben und Mannschaftsdienst tMi. Dicfe
Truppe läkt fich Mich nicht auf Koisisn d«r Allgp-
meiinheit -ernähveii, vielmohr hot sio ibislher all-e
-Kosten, a-uch ihvoEimLlordmig, aus ds-r Ver-bandsLasse
der Untewffiziero bestr'üten. Eüron Solbateiimt

hat -dicsse Trnvve nicht. Sio untersteht der Fühiung
von Offisioren, vornehmlich Offizieren der M-
iiiee. Bei ber Riederwerfmig d«r Spartakusciuf-
stäwde und -der neuerlichen Unvichan in Dremon hat
disst oise r II e Marinebrig>a d e mil grokem
Erfola eingegriffen.

Lettow-Vorbecks lehte Lage in
Ostafrika

„Nieuvwo Rotterdamsche Couuant" eiünimnü im
AüenLLckatt vom 7. Febvuar 19 dein in Pretoria er-
siheinenLen Bothablatte „De Volkstzm" eilvn Leit-
aiübol aus ,W^üa News" übsr Eoneral v. Lettoav--
Voibecks letzte Tage in Ostafrik-a: „Unter voller
Ausmchung Ler auberordentlichcml Vjedeiignngen,
wesschö das Land bietet, hat Emieral v. Lettow in
don letzten Monaten seine Eefechto seliefort. Auf
seincim Zuge von Port Am-elba nach dcm Süden hat
er oorsschiedeiie zähe Kämpfe mit den biit.fchen
Strsrchkräften gehabt, bei denen seine Verluste evnst,
äber auch unssere Vorlu-ste ziemlich schwer wMen. Er
verfuchte jedoch nrcht übsr den SaurLest zu gehen,
gr-cfi auch dis Stabt Ouiliiwane nicht «n. wte an-
fänglich crwartet ivurde. Er Lefürchtete offenbar,
dah or dort e'mgLikcilt werden würide. wähvend er
Mi dc-r Küfte in Kämpfe vevwickelt wäre. Zn Er-
wMtuing eines niöglichen Angrcsfs wae.xm dl'«
Frctzwen und Kinder in Qiülinrane an Vorb eines
iiMtra-len Sch'ifses in Licfeni Hafen gebracht wer-
den. Nach sei-nem Beutesuge in Ubamacurva. wo
or ephebltchcn Schaden an den Fctbuiken uird Lager-
häufern anrichtete, schwenkte Lettow-Voub ck wie-
der nach Rorden ab. Nachdem- er Lwei weitere E-v-
fechtö gelt-efert hatt-e. und nachchem er mvhrere Mdi-
bi'üanznaagon und crwise hundert PfcrL-o rii Leir
Rähe Lcs Eis-enbahnenLpunktcs von Monambique
crbontet hatte. setzte er some beliebte Takt'ik fort,
um imsseren nl'cht weniger -bcwegkichn Strcitkräften
amszuLvechew und anzugretfcn, wo er nur irg-end--
wie ctno Viög-lichkeit erbkickte.

Er Hatte albci.-dM-gs nur eine gsrin-W Anzahl
Lente zu seim-r Darfügung, ober st'ine Miochj be-
stnwd ganz ans Vetorausn^ die vie>r Zcihre being mit
ihm umchsrsröogen wav-M un-Ä .grkämipft hatten.
Dcese Mstnner, sorvohl Weitze wie Askaris, warciw
Mgeii jsde Entbe>hr-ung cvbgelhärtet, denn str wairen
die Uüberlebenden dex StärW-en se'n-2 ucssivvüng-
lichsn Hoeves. Sie war-en ohne Fiurcht und ohne
Tadel. Jn d<im E<fccht bei Nakoti ch-en sie gegein
unssere Eräbon achtmal gostürmt, und es rst nur
dem Siandhalten eiues Vataillons der „Kgl. Äfvik.
Scharfschützen" zu -dw.k-.'n, datz sie nichü iM d >o G.ä-
iben cindramgen.

Was Lettow-Vovbeck felber betrifft, fo wi-rd offen
änerbannt, Lasi er enre Mct vom, U - be r mens ch.
und ein horrlicher Kriegsmann i.st, dc-sfen
Name als Mhrcr einen mehr als güuftigen Ver-
gleich mÄ Eeueval Ds Wet -crushält. Letztercr hatte
nicht nur e-in off-ories Land. um zu nMilöbri.oven,
son^ern er bcssast aiuch eine gr-cHs Bcweglichke-t da-
durch, datz a-lle seine Lcuto brrittcn waren. wäh'wd
Ler dcutssche Oberbcf-blshaber urd sseine N'nre
StreitniAcht cu'Mstieklich zn Mk waren in einein
L-ande. wo Pfcrd-e rnir knrze Zort 7-cben können."

- FäLiakeit der Mili-är dreuten am 26. Fsbr.
Die Auszahlung der Militär Renten findü künüig
in der Baketanna h m e des Postamts 1. Ein-
gang Plock. von 8—12'/L Ubr vormittaqs und von
3—6 Ukr nachmittags statt. Es wird nochmals
darauj hingewiesen, dasi zur diesmaligen Zählüng
av.sier der Quittung noch die polizeilich be-
cilaubigte Defcheinigung und. soweit er-
forderlich, auch die E i n ko m m e ns e r k l ä r u n-
gen oder Steuerzettel mitzubringen sind.
Empfänger, die ihre Rer.tenbezüge auf ein Konio
überwsiscn lasten, haben autzer der Lebensbefchei-
nigung auch eine Quittung für März bis zum 24.
' FeSruar beim Postamt vorzulegen.

Die Lage in München

Die Reichsregierung bat beschloffen, salls in Biün«
chcn die Rätcrepubük ausgerufcn wcrden sollte,
diese nicht a n z n c r k c n n e n. Die Regierung
hat diefen Vcschluk bcrcits dem baycrifchen Ee,
sanvten mitgeterlt

Dieser Beschlusi hat geholsen. Von einer Räte-
republik in Bayeru ist keiiie Rede*mehr. Schon
haben sich die beiden mehrheitssozialistifchen Miiü-
ster Hoffmann und Timm. über devcn Ver-
bleib zwei Tnge lang llngewrkhcit herrjchte. wie-
der eingefiuiden, und fo tonnten die Verhandlun-
aen über die Neubildung der Regierung zu eincm
vo.rläufigen Ergebnis geführt wprden. Danach foll
der Mehrheitsfozialist Ho.ffmann die Minifter-
präsidentfchafl ubernöhmen und zugleich das Kul-
tusmiiüsteriuiii beibehalten. Der lrnksdemokratü,







fchs Verkehrsnünister v. Frauendorffe.r, der
Mehrheitssozialist Zuftizminister Timim sowie die
beiden Unabhängigen, Finanzminister Zasfe u.
Milüster für foziale Fürforge Unterleitner
werden fämtlich im Amte kleiben, ebenso dsr an
feinen Wunden fchwer darniederliegende Mehr-
heitsfozialist Miiüster des Znnern Auor. Diefe
Zufainmensetzung der Regierung, die zwar noch
nichi als unbedingt endgültig A:-lten kann, zeigt,
datz die Entwicklung in ruhigere Bahnen cinzu-
lenken beginnt. Das Kräfteve-rhältiüs der Par-
teien im Miiüstcrrat wird dasfelbe bleiben wie
znletzt. fogar noch eine Note nach rechts sich ver-
fchieben. Die Kommuniften und Spartakisten se-
hen sich wider ihr Erwarten einer geschlostenen
Phalaux allcr üürigen radikiilen und revolutio-
nären Eruppen gegenüber.

Man glaubt fetzt auch in der Persou des 32-
jährigen Aietzgers Alois Lindner den Mann
zu kenneu, der als orster Lei dem Attent.at in den
Sitzungsfaal essndrang und die Waffe gegen dsii
Minister Auer richtete. Lindner. der Mitgüed des
Mllnchener Arbciierrates ist, hält fich feit der Tai
verborgen. Ministerialrat E>areis ist feüier
schweren Verwundung erlegen. Um das Vefin-
den Auers steht es nach wie vor sehr fchlecht.
Zwei Ecküste haben die linte Brustfeite getroffen.
und da ste aus nächster Nahe abgefeuert waren,
als Querfchläger gewirkt. das Zwerchfell und die
Lunge zerristen. Auch ist ein grokes Blutgcsag
nngefchlagen worden. Auer ist zwK zeitweife bsi
Bewusitssein. dann aber zu schwach, um fsirechen zn
könyen. Zmmerhin haben die Aerzte im Vwr-
tmuen auf felne stcirks Natur nocb lücht nlle Hofs
nung ausgegeben. Eisn>srs Leiche. die lm O;ü
friedhof aufgebahrt ist und Mtttwoch morgen im"
dortigen Krematorium verbrannt werden foll, wirs
täalich von zahlloien Menfchen bo.fucht. Der Gs
sichtsausdruck des Toten ift frieLlich. Eine Miui o
an der Stirn zeigt die Austriitsstelle der totbrrn-
gendcn Kugel.

" U-Bsots-Abliescrun«. Erne w-eitere U-Boot-
stMe-l von n-smi Boote-n bat nüt der Bcsstimniunü
n-ach Eag-land die Elbs verlassog.

» Wer eine Stiefmutter hat, hat auch einen
E Sliefvater. Sprichwort ^

Oassels verhastung

Humorist. Berliner Roman von Friedxich Heq.

, (96. Fortsetzung.)

AchtesKavitel.

'Jn füvstlichen Schlössern i stes Sitte, dak profa-'ie
«^ucher — bofft.r gchagt: Bcfichtiger — sur Scho-
iumg der spiegolslalten Fufchödeir Frlzpantoffe.ln
Werr'cehen. unld dann husschen sis lautlos und ehr-
Mrchtig Lie Sal« und Korr'idore d-ah'm. Höchsst-
-vxchrsschesMch hat von diesser Eepftogei'heit her >dor.
^ktzsLvuck ,-au.f -Frlzssocken gehen" sseine weite-re über-
tr.agbaire BeLsutung erlangt: W-.mn uämlich d-i-e
Lssute sscheu unid let'fe Lurch Lie Geinäche-x sschl-öichen
unL niemand ausszutrcten wagt, Lami> sggt man, es
göhe -alles au-f Ftlzsohlen. Unid dcmn licgt entwe-
Ler oin Totcr im Hausse -cLer -es hcrrfcht E-uvittöL-
'sschwiAe, banve Furchtsstnnmun-g vor Lonr Los-
br-echrn des hochgcssvannten Zormes eines übc-lae-
-lo.unten Eclbreters.

-Nun, ersstcres war ra- glücklicheiirvetsse im> Pcckais
Dastel nicht Lcr Fall. Dasür letzteres an Liesscmr
M-orgen umsomehr.

' Mjartha, Mnt'io tinL Lin.a lieien nur a-.if Len
-Zehenspitzcn n-nihcr, ssliissterten sich nur Las Mlernot-
;rveiiidi-üstö Lii, nnld- in Lex Kiiche hvrrschte tiefes. ah-
> mm-SübaiUes SHweigcn. Nlles natürlich uur, um
ltzie Herrsschaft nicht im Schlu-mimer zu sstören.

' So sc-gen nc'lin Uhr kam Mttz Lie Hintertreppe
,-eM.Mrsschlichen. Er ss-ah ssehr übernächtig mis.
Wuch ihnv war ossssontbar nicht wohl zumiite.

' „KruLerssch". fonfztc er lerse unld üeklomiiien, .chas
««r ii-nn« Rächt, Ltefe Nacht heide nacht! — Evtt

Stramlbach noch ämal! Das sschläst ussss L-e Närfen!
Da kennte- Ler stärlsste Männ ännr kleene Stär>kmig
g-ebrauchen! Mac-iechen, sin Se dc-ck' >o gut un gucken
Se nttvl nlach en Dc-vvchen Bayrisch!"

Aber Mrrrio nlahm nicht -Lie sevingsstv Noüz von
sshm.

„Sve heer'n wohl schwer? QLcp is Zhn Ler
Schreck ussf d-e Blauze g-efchlüLe-n, dak Se nu n:ch
airüvort'n kenn, mct Mariechon?"

Urid sr versnchte sie in den Arp.i zu k'ieifen. Da
ssvhr die Jungssi.au heru-m:

„Hörn' Se nür man ja ussss r.iit Zhrer Bettclei!
Zeh'n Ee zu en Maler mid lasten 2e ssich 'nc Fl sche
Biex malon. Un 'ue recht jroke, di)k Ss jcnug-
ha-ben!"

,M?,rs? Erlooben Se mal gidLigsst! Gre Me
Kratziberschte, Sie! Mas w-är' ich? Ae -Bettl-er?
Saaen Se iner das nur noch eem'l! Was bin ich?"

Mariechc.n riicktc ihnr Licht rmtcr Lie Nasse:
„'n Schcrsskopp sin Si-e! Na, nu wipcn S'e's!"

„Nu heer'ir Se mal, mcsswe Gudcsstv! Das is doch
änne BeloiLiguiig! Mie konini' C c denne ussss eenral
d-ersu. wir niisscht, dir nicht . .

„Scht!" ricss Akjartha Laswisschen. „Die- Herrsschasst
schllüt!"

Acjavre setzte ihver Stimme einc-ir Dämipför auss
vn>d ssliiftcrte: „Wie ick daM komma? Von wejcn
Zhren Lämlichöni Quatsch jestern Eend! Von we-
jen Zuchthaus und V-evhaftung! Nischt is wah>r
dranl De Horvfchasst is wiÄrer Lu!"

„Das weeh ich alleene, un viel frilher wie Sie!
Zch habbe die -Sache ooch gar nich ussf-gcbracht! Zch
horch nich an Lie Diercn mid gucke -Lorch de Schlisssel-
löcher! Das is ganz alleene Weibseiiarbeit?"

Jm LiesAN^.Mugc,i-blick sank Martha cruss die Kü-
che.rbank n-rcider und heulta hinter rhrc-in Taschen-
tuch. Lina griente. Marie aber. gerührt durch
das Schluchzen Martbas mrd ininier solidarisch

MblcivL, wenn es galt, Las schnach: wecblichr Ee-
schlerht segvn Len Mauiii su verteiL-ssgen, snann L-ei'

Faden wccitcr:

:o? Iln wissrn wir denn sowat

von fo'üo Dcpcchunterschlaguns? Don Bank-erott
un WZpvans? lln wat Sie sunft noch allcs aus
Zhrem Jrrivvsse jezogon hwben? Sic woll'n a
MunnÄbild ssein nnL schämeii sich >üch. un-schiildi.se
Mä'Lchen su verdächtijen?"

„Herrjobm>er1chnce! Sie un unischuW'ge Msid-
chen!" rief Fritz, dem die Sgche sselber schon lüiisft
veriLächssrs unL rmhcinrlich gcüvorLen wär. ,Mn
brat' mev eener än Storchl Wer hat Len Quatsch
genvacht? Sie ader iche? Mas ich gemeent habbe,
das war nur ännc Nermutung — da krnu m-er
keeucr usssss Dach steigen! Jch ha-bbe niir iu-ner-ha-lh
Ler pier Mniide gerxvrt, ich bin nich — hcr-ste. was
kmuistv — bei 'de BouLjohsssrau gesau-st. dio alde
Mährissuft, un kaibba d-e-r de s-stnze Eofthichto ürsseh-
wavm Mis'n H-aus vorgcdiatscht wje S:e! Dnrch
M'ch is uisscht rum-s-ekomm'! Zcmoc'U. da kcnn' Se
nischt lelgnen! He-I-Le ssrieh, ischon hcrlb siom, La
go.nimt Le Minua von näbenan 3U mir rilbber
FeiLestall, ncigierig wie 'ne Dohle, un ssrogt, wo
uusser Härre denn nu -ccgentlich brumm-en dät, in
Moud'lt öde-r m Blctzensee. Das wiktc L- Frau
Kleensschmidten nich, ssonstc-ns widte die alles g-.iuz
im eeusek-nirn, L-enu se hntte's ja von Sie! SIn
Sie ja skllle, mei guL'ftes Mmrsecheu!"

iForlsetzmig folgt!

Kunst und Wissenschast

- Wimpfen foll entscheidLn. Jn der „Neuen
Bad. Landeszeituna" wird die Auflölung der
hessischen Lntrlave Wimpfen verlangtz da-
bei wird betont, dcch Wimpfon, das zwischcn der
württembergischen und badischen Erenze am Nek-
kar.ltegt, stch zu enlschciden haben wird, welchem
Siaa 1 es fich angltedern wtll.

Theater und Musik

S?«^mmcr-Kuttftabettdvott (Serd Mattrer

Zn Lie Füllo dcr musikalifchen Aeraiistaltuiigen
ichob fich am Samstag abend ein von Gerd
Maurer, einer geborenen Hesdelbergerin gege-
bener Rezitationsabend, der sich von andcroii Dar
bietungen ähnlicher Art dadurch abhob. dasz sie die
verwandte Kunst der Musir als Jllustratioiu Ver-
tiesung und Hüücrgrund hoxanzog. So nahw sie
sür die Novelle Eoethes, dis die etwas trocken ge-
rntene Erzählung von dem Löwen enthält. der in
folge eines Vranoes qusgebrochen und dann durch
einen Knaben nüt Hilfe ferner Flöte wiedcr cin-
gefangen wüd, jewciks die 'weichen Klänge dieses
Znstruniöiüs — von Herrn Schmiodel vorlreff-
lich geülasen — zu Hü'fe, was zweisellvs das Sium
fällige der Erzahlung verlLbendigte. alftr doch nicht
ausreichtc im Einveriichmeii nüt der Nezita-
tion ihr pulsendes Leben zu verleihsn. Mir
deucht. dafz Gerd Maurer diefe Urt des Stoifes
fowohl wie des Vortrags nicht recht lü'gt. Da-
aegen ist sie eine gnnz anderc. wenn sie
Modcriiies — Prosa oder Lyrit — vorträgt. Hier
erreicht ihre Etiii'me sast müsikalische Möglichlei-
tcn. dic Worte formcn stch zu halb uud ga.iz
plastiken, andere wieder, wie beifpielsweiss die
Szenc ror dem Spiegel in L>.n: psycholoaifch unqc-
mem reizvollen Erzählung Oskar Wildes „Der
GeLiirtstag dcr Zttfantiir". in der dem armen mitz
gestaltetcn Zwcrg der Begriff seiner Scheusäliakeit
ai'fgebt, wirkte wie .e»albrelies. Dasi Eerd Asi-u-
rers Seele, Feuer, Sinirlichkeit und Eemütstieft
zu veroolmetschen veüteht. zeig!,' sie in Daiühen-
deys, leider arg vcrkurzten Halbluri? „Der Nackjt-
Mn voir KarafaU" (erqänzt durch eine von Alw.
Mötzlinger techn boiiierkcnwert voraokrugene
Vertonung voir Debussy. Mit beidsu Vüiiräq.'n er»
zielte sie sichtltck tiesen Eindruck auf di- Zuhörsr.
dte dann ihrcrseits auch rücht nüt Beifall und
Blumen kargten Eerd Maurcr ist ein starkes
^alent eigener Ari. die man gern einu'al in einer
modernen'Nolls auf der Bühne sihen möchtc.

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