Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 126 - 148 (2. Juni 1919 - 30. Juni 1919)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3202#0782

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
lungen, die sich Deutschland seit Jahrzehn-
'en mit berechtigtem Stolz aufgerichtet hat,
-eseitigt werden sollen. Es bleibt
»ei einem Aufwaschen. Alles, was den Vor-
zug des deutschen Arbeiters ausmachte, ist in
den Augen der feindlichen Regierungen nichts
weiter als ein gefährlicher Anreiz für
ihre eigene Arbeiterschaft. Sie erblicken in
dem deutschen Sozialismus die Quelle der Be-
unruhigung für die übrige kapitalistisch-impe-
rialistische Welt und verschärfen die Friedens-
bedingungen bis zu dem Erad, daß der deutsche
Sozialismus, wie er sich heute in unserer Ne-
gierung verkörpert. nicht mehr führend und
nicht mehr verführerisch wirken kann. Der
deutsche Arbeiter soll zum Lohnsklaven degra-
diert werden, soll alle Achtung und Wertschätz-
ung in der übrigen Melt verlieren. Das i st
der Sinn der wirtschaftlichen Forderungen
der Entente. In begreisen nach und nach auch
die llnabhängigen. Nur vermögen sie
nicht so schnell auch die Konsequenzen aus der
rauhen Tatsache zu ziehen, nachdem sie sich ein-
mal in die einstweilige Annahme des Frie-
densvertrages verbissen haben.

Scheidemann hält an seinem „Unan-
nehmba r" fest, nachdem es eine Zeit lattg
schien, als ob er aus Furcht vor den Drohun-
gen der Unabhängigen ins Schwanken geriete.
Er weitz jetzt, was für die Sozialdemokratie
aus dem Spiel steht. Wäre es nur das nicht-
sozialistische Vürgertum, das durch die Frie-
densbedingungen getroffen wird, so würde die
Festigkeit der Reichsleitung einer harten Be-
lastungsprobe unterworfen sein. So aber ist
die Arbeiterschaft, die in der übergroßen
Mehrheit auf die Worte Scheidemanns
schwört, der Hauptleidtragende bei der natio-
nalen Katastrophe, die sich nicht mehr mit
schönen Redensarten, Verbeugungen vor Wil-
son und Schuldbekenntnissen abwenden läßt.
Scheidemann bleibt kein anderer Aus-
weg mehr als sich mit äußerster Kons e-
quenz gegen die Folgen des Unterjochungs-
friedens zu wehren, indem er seine Parteian-
gehörigen lehrt, patriotisch und national zu
denken und zu handeln.

Der bisherige Jnternationalis-
mus der Sozialdemokratie führt unfehlbar
die deutsche A r b e i t e r s ch a f t in den
Abgrund, in die Lohnsklaverei, zum V a n-
kerott derPartei. Daher zwingt die
Not, die materielle und geistige, unsere Arbei-
Lerschaft, wieder nationale Wege zu wandeln.
Noch hoffen sie auf Rettung durch die Jnterna-
tionale. Aber diese Hoffnung wird von Tag
zu Tag schwächer. Kommt die Rettung nicht
dann wird unsere betörte Arbeiterschaft unter
dem fürchterlichen und entehrenden Druck des
Feindes wieder nationale Forderungen, die
Eebote der deutschen Selbsterhaltung, begrei-
fen lernen. Dieser Entwicklungsprozeß rvird
furchtbar, aber nichtganzohneEe-
winn sein. /

Die deutsche Kriegsgefangenennote

haben wir bereits am Samstaa im Auszug ge-
bracht. Vei der enormen Wicktiakeit des Eegen-
standes geben wir nachstehend den Wortlaut der
drei Hauptpunkte wieder. Auf die Note Elemen-
ceaus vom 20. Mai erwidern wir folgendes:

Die Weigerung der Alliierten, durch
eine Aenderung der einschlägigen Bestimmungen
das Los der Kriegs- und Zivilgefangenen sofort
zu verbesiern. ist auf das tiefste zu bedau-
ern. Die Kommission, deren Einsetzung leider
an der Weigerung der alliierten und assoziierten

- Mächie gescheitert ist, hätte u. a. den Postverkehr
. der Kriegs- und Zivilgefangenen mit ihren Fa-
" milien erleichtern können. Es sind von uns zahl-
* reiche Fälle nachzuweisen, in denen deutsche

- Kriegsgefangene in den Händen der alliierten
i Staaten seit Abschluh des Waffenstillstandes ohne

- jedc Verbindung mit der Heimat sind. Fer-
ncr sei es ganz allgemein die Aufgabe der oorge-

^ schlagenen Kommission gewesen. Mittel und Wege
l zu finden, um durch höhere Entlohnung. bessere

- Unterbringung. bessers Post, erweiterte Bewe-
, gungsfreiheit. Eewährleistung der Sonntagsruhe
. usw. die Lage der Kriegs- und Zivilgefangenen in

jedcr Hinsicht zu besscrn und diese so vor dem
' völligen Zusammenbruch zu retten.

2) Die alliierten und assoziierten Mächte leh-
> nen m ihrer Note vom 20. d. Mts. die Freilas-

sung derjenigen Kriegs- und Zivilgefangenen
ab, die sich eines Verbrechens oder Vergehens
schuldig gemacht haben. Die deutsche Regierung
hat seinerzeit die u n t e r s ch i e d s l o se Frei-
gabe aller Kriegs- und Zivilgefangenen den
alliierten und assoziierten Mächten zugestanden.
Sie muß nun auch ihrerseits auf ihrem Anspruch
bcstehen. daß die Angehörigen des deutschen Nei-
ches von seiten der alliierten und assoziierten
Mächte in gleicherWeise behandelt wer-
den. D:e deutsche Friedensdelegation muß umso-
mehr auf ihrem Standpunkt beharren, als die
deutsche Regjerung aus den.ihr vertragsmäßig
von der französischen Negierung übergebenen
Straflisten cntnehmen konnte, daß deutsche Kriegs-
gefangene in Frankreich wcgen geringcr Vergehen
gegen die Disz'plin gerichtlich zu langer Frei-
heitsstvafe verurteilt worden sind.

3) Die deutsche Friedensdelegation muß die

e-inseitige Behauptung. daß kein Ver-
gleich gezogen. werden könne in der Behandlung
der Kriegsgefangenen durch die deutsche Negierung
einerseits und die alliierten und assoziierten
Asachte andererseits mit aller Entschiedenheit zu-
rückwcifen. Die deutsche Reqierung hat das
Urteil der Welt hinsichtlich der Behandlung
der Kriegs- und Zivilnefanaenen in Deutschland
nicht zu scheuen. Sie ist jederzeit bcreit. die
Frage der Vehandlung der Kriegs- und Zivilge-
fangenen durch die verschiedenen kriegführenden
Mäckte der Vi-üfung einer an-; Neutral-'n und nn-
beteiligten Mitgl'edern bestehenden Kommission
zu übertragen. Sie würde das Ansuchen einer
derartigen unparteiischen Stelle nur warm begrü-
ßen können. der sie mit dem gesamten Material
auch die zahlreichen Beweise unmenschl'cher Be-
handlung deutscker Kriegsgefanqener' vorlegen
könnte. In diesem Zusarnmenhanq lenkt die
deutsche Friedensdeleqation di- Aufinerksamkeit
der alliierten und assozllerten Mächte auf ein in
^bschrift beiaefüqt-'s an das internntionale Rote
Kreuz gerichtetes i>am 1b. Februar 1919

hin. m dem französiscke Arb-iterinnen als F^-",en
und Mütter emgezooener Franzosen ihre Stim-
men gegen die grausame Bebandlung deuts-ber
Kri.eqsgefanmsner im k^evartement Seine-In-
si'rieure erbeben. das in Tat nickt gemqnet isi.
die in der Note der alliierten und asi"i'i"rtrn
Mächte vom 22. Mai 1919 aufgestellten Erklänin-
gen zu rechtfertigen.

Aeußerungen Eberts und Scheidemanns

Reichspräsident Ebert hcrt sich ln einer llmer-
redung gegen bie Aufsasiung gewenidei. .daß eine
andere Regierung cvls dic gegenwärtige den
feind-lichen Friedensentwurf chex unterz.eich-
nen wevde, mit dein Hinweis, daß jede Mgierung
dazu der Zu sti mm un g !dex N-at i o n alver-
sammlung -bsdürfe.

Wrn'bstervräisident Scheidemann verwahrt fich
in einom Artikel des Vorwärts mit großer Schärfe
gegen 'die Angriffe der konservativ-alldeutfchen
Presse, welche d"n Diktat-Frieden der Feinde -ans
den fvüher befürworteten Schoidemann-
Frieden hknlstellen.

Eine vernünftige Stimme aus England

Der Parifer Vertreter des Manchester Guardian
mel!det, es beiftehe die Möglichkeit. dcvß diö
dou.t!fchen Eegeiworfchläge verständigerweife
behcmdelt wevden. Man müsie bsLenten. daß das
franzöfifcheVolk den Frieden wolls.

Der Borniarl'ch der alliierten H'eeve und die W>'^-
derverhängnng: der Blockade würde in Paris nicht
als angenohms Aussicht angefehen. Manchefter
GuaUdian tritt in einem Leitartrkel sür den Ver-
handlungsfrieden ein und fordert eine
Volksaüstimmung in den strittigen Gebieo
ten, fernor sofortige Aufnahme Dsutschlands in
den Völkerbund.

Die Alliierten und Koltschak

Die Funkenstation München hat einen Lyoner
Funkspruch aufgenommen. der die Anerkennung
der ostrufsifchen Gegenregierung des Admirals
Koltfchat zum Eegenstand hat. Darin heißt
es: Die Entente erklärt sich bereit, die Regie-
rung von Omsk anzuerkennen. unter der
Bedingung, daß diese ihre Absicht erklärt. die
Freiheit der russifchen Bevälkerung zu respektie-
ren, und besonders, daß sie bereit sei, in einer
möglickst kurzen Fr'.ft eine gesetzgebende Versamm-
lung (Konstituante) einzuberufen. Die alliierten
und assoziierten Neqierungen werden dann offiziell
diese Regierung anerkennen und laden sie ein. ihre
Vertreter zur Friedenskonferenz nach Paris zu
fenden.

DeutWes Reich

Die Nationalversammlung

Die Abgeordnetett fämtlicher Parteien sind
telegraphisch nach Berlin berusen worden. Es ist
zu erwarten. daß noch in dieser Woche eine Ta-
gung der Nationalverfammlung in Berlin
stattfinden w.rd. in der die Verfassung schleu-
nigst durchberaten und wenn möglich noch an die-
sem Tage vcrabschiedet werden soll.

Die erste Lefung des Verfassungsentwurfs
wurde bereits am Samstag zu Ende geführt. Am
Montag und Dienstag treten die Fraktionen zu-
fammen, um Stellung zu den bisherigen Beschlüs-
sen zu nehmen. Die zweite Lesung beginnt dann
im Anfchluß am Dienstag und dürfte noch vor
Pfingsten durchgeführt seiir. Hinter den Kulisien
haben /nämlich Kompromißverhandlun-
gen zwischen den Mehrheitsparteien und
dem Staatenausschuß stattgefunden, die,
wenn sie auch noch nicht in allen Einzelheiten zum
Abschluß gekommen sind, doch so weit gebiehen
sind, daß sie für alle wichtigen Fragen e:.ne trag-
fähige Mehrheit geschaffen haben, die das ganze
Verfasiungswer! mit Zustimmung der Regierung
anzunehmen berelt ist. Die Neg'.-erung legt Wert
darauf, die Verfassung in denkbar kürzester Zeit
unter Dach zu bringen, vielleicht aus innerpoliti-
fchen Gründen. wegcn der Absplitterungsversuche
im Nheinland uno Westfalen, die sich aber auch
im Osten jeden Tag zeigen können. und um mög-
lWerweise der Entente den Trumpf aus der Hand
zu schlagen. wenn sie die Kompetenz der gegen-
wärtigen Rcgicrun.q mit Rücksicht auf das Fehlen
einer endgültigen Verfasiung bestreiten will.

Die rreue bayrische Negierung

ist nun nach ziemlichen Schwierigkeiten doch noch
zu Stande gekommen. Das Kabinett Hoffmann
setzt sich aus folgenden Männern zusaminen: Kul-
tus und Präsidium: Hoffmann (Soz). Aeu-
ßeres: Ackermann (Soz.). früber Anwalt in
Frankenthal und Gesandter in Wien, Inneres:
Endres (Soz.). Soziale Fürsorge Segitz
(Soz.), Militär: S ch n e p p e n ho rst (Soz.),
Verkehr: Frauendorffer (Fachminister), sei-
ner politischen Gesinnung nach den bürgerlichen
Demokraten zuzurechnen, Finanzen: Speck (Ztr.),
Landwirtschaft: Freyberg (Ztr.). Iustiz: Dr.
Muller-Meiningen (Demokrat). Handsl:
Regierungsrat Hamm (Demokrat). Das Pro-
gramm auf das sich die Vereinbarung der bayri-
schen Volkspartei. der deutschen demolratischeii
Partei und der sozialdemokratischen Partei, und
auch der Bauernbund qericktet hat, geeiniqt hat,
hat kurz folqcnde qroße Richtlinien. Die Voraus-
fetzung für die neue Regieruna bildet die Aufqabe,
O'rdnung in die wirtschaftlichen und politischen
Verhältnisie des Landes zu bringen und eine ge-
regelte parlamentarische Lage herbeizuführen.
Besonders die Neqelung der vollständig zerrütteten
Staatsfinanzen ist als gemeinsame Auf-
gabe aller Parteien anzusehen. In Wirtschafts-

Fritz v. Unruhs „Ein Geschlecht"

^llll heute, Montug, im Heidelberger
Studttheater dargestellt werden. ein Werk,
das von der Zensur verboten war. grvßes Auffechen
^rr^at .hat und bi-slher in Verlin und Fucmkfiurt
«ruise-führt wurde. Es war gewisien Mvstverstnnd-
nrsien ausgesetzt. hat doch der Profesior der Lite-
raturgeschichte, Mar Koch. uubegreifbicherweife.
behauptet. in diesem Dranra werde di-e Blutschands
verherrlicht.

Will man stch rn den Anschalunmgskreis ver-
setzen, in dsm die Gefühlsgewalt di-eses Dramas
schwsbt, so erinnere mqn sich <rn gothische Figuren,
denen Spruchbändsr aus dsn Mündern quellen.
aber cruch -an Traumfiguren Hodlers. etwa die
Schlasenden. Diese Symbole sind Unrichs Stil-

welt nahe. Aber man muß meines Eracktens

auch auf dre italienischen Fntur'.sten hinuber-
schauen. etwa diSse Bilder aus dem Kreis Kkari-
^ttis, wo ein strahlender. ralender. ratternder
Schnellzug die dunkelträge Nacht mit unerhörter
Gewalt zerreißt. Das Neme. das Unruh in die
^ das Temipo, die Dynamik des

-uufschreis. Aber die Maler. etwa Ludwig Meid-
ner, hatten es vor ihm.

Zur^el Zähmimg. zuviel Dämme. zuvieil
A^Emn. zuviel Eleichförmiskeit. zuviel Scha-

Trieb'en ' Verdränsuua vo.n

Trveben war in der Melt. Die jungen schreien
^kupl-vung ins Leben binaus. Attt dem We-
sen dlefer Unrichschen Bühnenfiguren ist es wie
mit ornem Wasserschlauch. der unter einein unge^
heueren Druck jteht. Der Dichter-Zauberer IritL
her?/u. Ein Stich, Und es zischt das gohemmte ein
«vjperrte, eingezwängte Element in sausendem
Strahl hervor. Das Cestaute. Eingeengte. auf
kleinIsLen Raum Gepreßte srngt. siedet. wallt stößt
fchneidet. sticht in die Wsll. Bei der Aufsührung
wird es auf der Vühne wohl Linilgermaßen uii-
sanft zusehen miissei:. Die Fimren feuern gewis-
sermaßsn dauernd Raketen ab. so rM ihre Leiden-
schaft aus ihnen heraus. Auch die Menschsn die-
ses Dramias wollen init dvm Dnnamit ilhrer An-
klage das Ewig-gestrige zerspellen. Dies Ge-
schlecht, das alle Sü'ide in sich groß werden ließ.
Mutter und Tachter imd Söhne. beginnt den Weg
der Läuterung z„ sehen. den Glauben zu fassen

an oine neue Wslt der Versöhnumg und des
Nouen Miteinanderseins. —

Rudolf K. Eoldschmit. der aln Smnsias
vm Theaterkulturverband -oinen sut amd scharf
ancvlysierenden Vortrag über dies Drcvm>a hielt,
fagte. Unruhs Mei'schen 'seien nicht Typen. sondern
Symbole der ganzen leidenden Meinschheit. Die
Kimder fluchen der Mutter. die da,s Geschlecht ge-
boren. das zmlm Tiergeschlecht wurde. GalLschmit
zsichnete vor Alloni die Unnvelt. aus der heraus
Unrulh 1916—17 di-ese Dich-tung gescha'ffen hat. Die
Fvage: „Expressionist dder nicht?" ist hinsichtlich
Unrichs mieiner Ansicht nicht entschiedsn. feden-
falls K seine Kunst. worauf ich dben schon hin-
wies. ohne die modernste bildende Kunst nicht
denkbar. Die Poesie crls geistigste Kunst kann die
neuen Moden nicht so, leicht mitmachon als die
Musik. Maleroi. Vlcfftik und Architektur. Nach
deim Vdrtrag Goldßhmits. den das Publiku>m, das
schr zahlreich erschienen war. mit lobhaftom Doi-
fall aufnachm. las der Schcruspieler Martinelli mit
Ausdruck Stücke aus der ErzäMumg „Der Opfer
genug" und dem Drama „Louis Ferdinand" vom
demi Dichter Unruh. Von der Stilbunst des „Ein
Geschlecht" iist da nichts M spüren. X.

Theater und Musik

Mannheimer Ncrlionaltheater

^Schnitzler-Abend"

Der Puppenspieler. — Der Familientaq.

Unter Heinz W. Voiqts umsichtiqer LeUung
neueinstudiert, wurden dicse beiden Einakter, die
in ihrem Stimmungsqehalt und in ihrer literari-
schen Note von einander so grundverschieden sind,
mit qroßem Erfolq zur Aufführunq gebracht. Im
„Puppenspieler" fehen wir den Dichter an der Ar-
beit, wie er den stofflichen Reiz auch dieser dra-
matischen Studie, die Erotik. durch die Anwendunq
von Lebensphilosophie wirkunqsvoll erhöht. Be-
kanntllch mutet Philosophie besonders angenehm
dann an, wenn sie nicht zu überzeugen vermaq.
Ein qeschickter technifchsr Kniff licqt also auch in
dieser scheinbar ernsten Problemführunq. Der
Pi'-openspieler, der anderen. d:e ein Werkzeuq sei-
ner Laune waren, zu einer qesicherten hübschen
Existenz verhalf, hat für sich selbst nichts gewon-

nen, als jene Freiheit, die ein solches beschauliches
Lcben verachtet. Wenn mans glauben will. Das
Bewußtsein der Freihelt ist eine Einbildung, das
einziqe, was dem armen Narren geblieben ist.
Robert Garrison spielte ihn mit guter Äuf-
fasiunq. diesmal jedoch wieder einmal recht nach-
lässig nn Sprechen, wodurch das Tempo start ver-
schleppt wurde. Karl N e u m a n n - H o d i tz u.
Grete Berqer staken um so sicherer ick ihren
Nollen.

Jm „Familientaq". auch .^Komtesse Mizzi" be-
nannt, fanden diejeniqen ihren Schnitzler wieder,
die durch das Eedankl che des ersten Stückes etwas
überrascht worden waren. llebermut, Witz und
Bosheit schlinqen hier die Fäden, die wahrlich
verwirrt qenuq sind. Na, Schnitzler entwirrt sie
ja und hat selbst nicht die kle.nsie Freude dabei.
Verhältnisie spielen hier eine große Rolle. solche
von denen man weiß, und andere, von denen man
keine Ahnunq qehabt hat. Graf Pazmandy hat
jahrelang eine Tänzerin qeliebt: nun heiratet sie
einen re chen Wiener Fiaker, den Wasner, der
nur den höchstcn Adel fährt. Da kommt er auch
schon und brinqt den junqen Varon von Nadeiner.
Eigentlich heißt er qar nicht mehr so. sondern Ra-
venstein, wie sein richtiqer Vater, der Fürst der
ihn qestern adopt:>ert hat. Seine Mutter ist die
Komtesse Mizzi. Es mirst einen fast um. aber
der Iunqe erfährt nichts davon. Er vermutet ii,
der Tänzenn Lolo seine Mutter. die den Fiaker
bloß deshalb heiraten muß. weil der Furst Kom-
tesie M zzi, die Tochter seincs Freundcs Paz-
mandy, heiraten will. So ein Diplomat mit
17 Iahren! Leider hat er unrecht. Zur Verinäh-
lunq seines Vaters mit Mizzi scheint es zwar
kommen zu sollen, obwohl die Komtesse dem Für-
sten d:e Fetqheit nicht verziehen hat, die ihn sei-
nerzeit den Folgen seiner Verführungskunst aus
dem Weqe gehen ließ Mizzi hat sich unterdessen
von einem Malprofesior trösten lassen. Jetzt
muß er veraüschiedet werden. Daheim soll er
Frau und Kinder grüßen. Eraf Pazmandy aber
sieht in Mizzi noch immer „das klane Maderl."
Der E'naktcr wurde aber sckwn qlänzend qespielt.
Lore Vusch als Komtesie Mizzi war hinreißend
in ihrer vornehmen E'mfachheit. Grete Vercwr von
echt Wienerischer Anmut als Tänzerin. Wilhelm
Kolmar. ungarisch-deutsch. und Hans Godeck,

und Sozialpolitik 1) die im bayerischen Sta»!».'
qebiet geleqenen Berqwerke und die zur
lung der elektrischen Enerqie dienenden AßrnTÜ
krafte sind unverzüqlrch in Eemeinschaftswirtlck.^!
zu übernehmen. Der weitere Ausbau der Wattp
krafte hat raschestons zu erfolqen. 2i Es bat
planmäßige Beeinflussunq und Kontrolle d"r
Ernahrunq. Wohnunq und Kleidunq maßaebeniE»»
Vetriebe zu erfolqen; 3) die allqemeine Ue^!
fuhrunq der Apotheken in die gemeinschaktli^
Wirtschaft ist alsbald vorzubereiten. Dann w5

den eine Reihe roichtiger Sozialisierunqsmaßna^
men und solche fur die Krieqsbeschädiqtenfiirlorn-
vereinbart. Von den einzelnen Abmachunaen
bayerischen Heeres. Er hat sofort ent
sprechend der Reichsverordnuq zu qeschehen unb
d,e Landespolizei rst raschestens auszubauen Di-
Regierunq hat ferner dafür einzutreten däß d -
große Vermögensabgabe im Neich okmö
Verzuq beschlossen und durchgeführt wird uni'r
besonders kräftiqer Erfassunq der Krieqsqewin -
Die Fraqe der Soz'ulisierunq und des Nätewes- ^
wird in erster Linie als Geqenstand der Reichc-
politik angesehen. In einem besonderen Sckluß-
paraqraphen wird der Abschluß eines Sonder-
friedens mit der Entente als ausae-
schlossen bezeichnet.

Aus Stadt und Umgsgend

Erklärung

Die »Wahlvereinigu-nig Lreiex Jn-
teressen Heidelbergs" hat ein FluMatt
verbrcit-et, in dem fie sich gegen einselne biesige Zei-
tungen wendet und dann allgemein LsbauVtet:
„Die Pr"sie war während des ganzen Krieges ge-
kaufL, sie ist es auch heute noch, mehr als zu -
^ "

Die rm Verein Heidelberger Pvesis vertreteiren
unterAeichn-eten Tagesseitungen w"isen diöse ehren-
rührigen Vorwürfe mit aller Entsch edeiche't su-
rück und verlcmgen von dor „WahlvereMisung
svcter Jntcresien Heidekberg" btnnen 8 Tagei-
klare Veweis's sür ibre Bsbcmvtung.
Heidelberger Zeitung
Heidelberger Neueste Nachrichten
Heidelberqer Tageülatt
Pfälzer Vote

Vrandnnglück

In einer Mansarde des Hauses Hauptstraße
157 brach am Samstaq abend qegsn 11 llhr
Feuer aus, dem leider die Bewohnerin der Man-
sarde, eine 74jährige Frau zum Opfer stel. Das
Feuer konnte bald von der Feuerrvehr 'gelöscht
werden.

Der Polizeibericht meldet: In der Nacht von
Samstag abend auf Sonntag brach im Hausi
Hauptstxaße 157. in der im 4. Stock Leleqenen
Wohnung der 74jährigen Wwe. Helene Eich'
l e r, Feuex aus. Jm Verein mit der rasch alar-
mierten Feuerwehr gelang es den Hausbewohnern
das Feuer zu löschen. Die Witwe Eichler wurde
erstickt und mit Brandwunden Ledeckt aufqe-
sunden. Allem Anschein nach ist die alleinstehende
alte Frqu beim Zubettqehen mirt der Lrennenden
Kerze gefallen, sodaß das Bett in Brand geriet.
Der Gebäudeschaden beträqt etwa 1000 Mk., der
Fcchrnisschaden 250 Mk.

Bei dieser Eeleqenheit zeigte sich wieder, wie
veraltet und unzuverlässig imser
Alarmsystem in Heidelberg ist. Möqlich. datz
diefem Umstand der Verlust eines Menschen
zuzuschreiben ist! Es ist uns bekannt, datz von
dem Kommando der Freiw. Feuerwehr schon seit
einigen Iahren ein Plan zur Reorganisat.on un-
seres Feuerlöschwesens. insbesonoere d:r Alarm-
vorrichtunq. ausqearbeffet worden ist. Man hat
in der Stadtverwaltunq bis jetzt aber dieser wich-
tigen Frage n'.cht die gebührende Beachtung qs°
schenkt, trotzdem verschiedene Brandfälle (Schub
bankfabrik!) eine deutliche Mahnung und
Warnung hätten sein sollen, die Sache nichi

der e:ne der Graf, dieser der Fürst. das war öster-
reichischer Adel. zum Minister sowohl als zum
Erzbischof geeignet. Fritz Odemar spielte den
plötzlichen Sohn. fesch und frech. wie ihn Schnitz-
ler zeichnete. Georq Köhler den Malprofessor
Windhofer und Alsred Landory den Fiaker
Wasner, den er als echte Wiener Volkstype auj
die Bühne stellte.

Alfred Maderno.

Molfrnm-Gedächtnisfeier in der
Chriftnskirche

Eine Feier sanz im Geiste Wvlfvchns. SeW
in der trauri-ge Anlaß gefehlt hätte. selbst,
m das Pro-gvamm in seinen -Einzelheiten em
z -cm-deres gewesen wäre. in ihrer Eesa nr t -
it zeigte die Fei-er, wie Wolfrum aus dis
;ge der eoangelischön Kirchenmusik heilsain wr-
cd wirkte. in seiner Geschlo-sienheit zeigte da->
gvam-m den Geist des Fördevers. Orgölwerw,
ze.lgesänge und Chöre von Wolfrum, .'i- ^
ch und Max Reger waren. untevbroch-m

verb-indendeni Vi-belwort und GememdelieS

einer für Kircheiimusikalische Feiern seradM
nldl'ichen Neihenfolge vereinigt. Eme
; im Geisto Wo-lfrums. nicht etwas Mie er
:t sein wollte (deim. wenn er iwch etwas
könnte. wollte er gar keine). sondevn E e
t zu feiern pflegte. Dem entsprach aucb u
dergabe. Wo,lfrunis letzter Asiistent. Oska
sfner, an der Orgel, die Schwester som
gängers, Dora Poppen. als Eesangsw,
beide mittelbar oder u-nmittelbar von Wdsi
er.zogen, gaben trefflichs Proben bwser .
r Art einzigartigen Schule. Sebr aut b
auch der Lho-r unter sevnem Dirigenten /

: Neitter. Im ganzen ein markaiiter >
zur großen Wolfrum-Gedäcbtnisfeier ov

?vereins, die für don Juli geplant ist.

FUr das Opernhaus in Frankfurt wurden

>e Werke zur Urauffüh-runq "iia

men: Franz Schreler: „Der SchatzM „
ünand Delius: „Fennimore und^Eer -
i Stephan: „Die ersten Menschen. ^
Das Naturtheater Nebenstcin bei ShenM i
> am 1. Iuni mit der dramat'.schen Dick

Dj

ift

'essfle

K i» :

die
 
Annotationen