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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

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Nr. 126 - 148 (2. Juni 1919 - 30. Juni 1919)
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Hindenburgs TeftamenL

Die Stadt Kolberg, der letzte Sitz der
deutschen Obersten Heeresleitung, in der Hin-
^enburg seine militärische Tätigkeit vollender
hat, hat dem Feldmarschall den Ehrenbürger-
brief überreicht. Der erste Vürgermeiller über-
reichte die Ehrenurkunde mit einer Ansprachc,
auf die der Generalfeldmarschall, nachdem cr
fich für die Ehre bedankt hatte, erwiderte:

„Wenn meiner Leistungen dxrbei gedacht wrrd, so

ich imrnver nur wroderkho-len, was ich stets aus-
isprecho: wenn es mir beschixÄ>"n ist, etwas zu *r-
rcich'n, da>nn dankc ich d>as nächst Eo-ttes nnd mei-
nes Könrgs nnL» Herrn Gnad'o dev Taoferkeit der
Mrmee. Ein Loib meiner Person iveise ich ab. Es
iist nnr ein-e große Ebre, von jctzt^ ab mich AU den
Dürgern Kolborgs su zählen. Als gutes Prcuhcn-
kind vst mir schon in der Jusend von der Verteidr-
Sring der Fcistung Kolberg im Jahve 1807 erzäbli
woldoii'/unld ich weih sehr wol>l, dah neben den Au.
meil Soldaten Gnevsenau und Schill hell leuch-
tet der Nam-c Nettelbeck. Un!d schon im Andeniten
an dissen Mann, dcn ich von Kind culf veroyrt
babe, vst es mir eine Ehre und Frerrde. so wie *-r
jetzt ein B'ürtM Kolibargs scin su kSnnen. Die
Ctadt bat, wre Sie evwähnt habeir, Herr Bürge^-
mei-ster. wie alle guten Deutschen unid ProuHen,
schwere Zeiten durchlebt, und da möchte ich die
Mahnung daran kmivsen, nicht su verzagen. Goit
Verläbt uns nickü, wenn wir vhn nicht verlassen,
urrd wenn wir uns Äemühen,- jeder an sernmn
Posien fome Schnldigkeit zn tun, daffür* zu sorgen,
dab das srvbe Werk Wilhelms I. und Bismarcks,
ein eiNiges Deutschland, jetzt nicht kärg-
lich zerbröckelt. T^nn wird auch Douüschland
und Preutzen fich wieder ausrichten. Das ist nrern
sostcr Mauibe. nnd ich kann nur bitten. in de>n
Sinne Au denten und, wenn die Stunde schlägr, su
hondeln. Jch werde immor gerne der Zeit geden-
ken. dre ich hier verlcbt hab-e, und in der mir die
Liebe nnd das Bertrauen der BArger dov Stadt
Kolberg, Ler ganzcn reichstreuen Provinz Pom-
mern so wese-ntlich über das Schwerc hinweggehok-
sen baben, was ich hier in mir^zu vevaübeiten
hatte. Das wird bis su meinem letzton Atemzuso
ein Dank sein für Sie, und so kann ich nur wüNschen,
datz es Jhnen allen, jedem Einzelncn und der Ge-
meinchwst, boschioden sein möge, die besseren
Zerten w iedev zu s e h en, deren Vorar.
beiten jetzt schon begonneiv halben, und
die, wills Eott, wiÄierkommen worden. Mir
dem Glauben gehe ich ins Era b."

Auf eine Ansprache des Stadtverordneten-
Vorstehers Schunke, daß der nationale Gedanke
im ganzen Volke wieder aufflammen möge, da-
mit dem deutschen Aar die Schwingen wieder
wachsen können, erwiderte der Generalfeld-
marschall:

„Molcn Dank! So ist es recht, wie Sie gcsagr
baben, und so wirds auch kommen. svbald wir wi-e-
der die drei Eigenschastcn in uns auflebcn lassen,
die leidor in deir kläglichen Zeit bei emeia Teil
des Volres verLoren gegangen find: Treue,
Würde und M n t, und ich weih, das wird bler
zu finden sein."

Hindenburgs Worte mögen der Leitstern al-
ler Deutschen werden!

» « «

* Ein Buch Hindenburgs. Vom Eeneralfeld-
marschall v. Hindenburg erschemt dem „Lok.-
Anz." zufolge im Oktober ein stattlicher Band in
Eroßoktavformat. den er schlicht „M ein Leben"

Wer wird Wolfrums
Nachfolger?

Veranlaßt durch die Art wie Herr Dr. Weitz in
seinem die obige Frage behandelnden Artikel sich
mit meiner Person und Tätigteit beschäftigt. seye
ich mich — leider — genötigt. ihni auch meine
Ansichl darüber nicht vorzuenthalten. Wenn ich
dasselbe scheinbar verspätet tue. so lag der Grund
in der hochpolitisch gespannten Zeit. in der „an-
deve" Fragen begreiflicherweise weniger Beachtung
fmden. was ich aber vermeiden wollte.

Nach meinem Empfinden ist durch die, wie be-
tont wurde. persönliche Auffassung des Herrn
Weitz die ob ge Frage in ein ganz neues Fahr-
wasser gelenkt worden und sie heitzt, nach ihm.
nun nicht mehr: Wer wird WolfrunlS.Nachfolge^?
soicherp: Wer wich Dirigent des Heidelberger
Bach-Vereins? Alles andere ist Herrn Weih
nebensächlich. unw chtig und belanglos und „nach
ihm" hat die Universität bei Besetzung der Pro-
fessur nicht zuerst an sich zu denken, sondern dafür
Sorge zu tragen, datz der Bach-Verein einen erst-
klassigen — von der llniversstät besol-
deten — Leiter bekommt. Pflicht der Stadt aber
ist es. ohne' Rücksicht auf seinen künftigen Musik-
direktor. das Tbeater und die Orchestermitglieder,
nach wie vor das Städt. Orchester dem Bach-Ver-
einschor jederzest frag- und willenlos zur Verfü-
gung zu stellen. ihn pekuniär zu unterstützen und
zu hesten damit der Bach-Verein weiter als Elite-
gesangverein. weit über all dem „kleinen" Mufik-
hetriebs He dclbergs stehend. unter den Nubmes-
strahlen einer „Grötze". — denn nur diese könnte
Bach-Vereinsleiter werden — sein b"schauliches.
künstlerisch recht bequemes Dasein weiter führen
kann. bewundx?rt und verhatschelt. innerl'.ch stolz,
über alle andern erhaben.

„Der Wunsch" ist für ein Bach Veceinschor'Vor-
standsmitglied ja „begreiflich", für Nicht-Bach-
Vereinler etwas ..anspr i.'.jsooll umsomehr als
Herr Weitz dabei die reale. nur nicht sehr bekannte
Tatsache verschweigt datz nämlich die Bach-Ver-
einSkonzerte eigentlich keine solchen waren. son-
dern zu Recht hätten heitzen müssen, „Konzerte
des Städt. Orchesters unter Leitung des Herrn
Wolfrum". der im Iahre höchstens zwe'mal seineri
Privat-Gesangoerein, den Bach-Vereins-
chor zu diesen Konzerten zuzog.

Hätte die Stadt ihr Orchester nicht in uneigen-
l'ütz.gster Weise Herrn Wolfrum unterstellt, sejn-'

benennt. Der (nicht genannte) Verlag fügt seiner
Antündigung die Empfehlung hinzu: „Das Buch
des Generalfeldmarschalls wird nicht nur alle Er-
scheinungen über den Weltkrieg in den Schatten
stellen. sondern seit Bismarcks Erinnerungen das
berühmteste Memoirenwerk darstellen."

Die Gärung unter den
Truppen

iist stärEer, a>ls es den Aüschein hat. Ist dke giötzte
Gefa«hr des Zevfulls durch die Vespr^chungen bej
Nvske <ruch boseitigt, so darf doch nicht verkannt
werden, datz dsv Uivwille unter dcn TvUVven fSKr
stark iist. Jn Weimar wäre es um em Haar zu
be-denklichen Zwsschenfälleu gckommen. Uctber d e
Versuche, Erzbergers habhatt zu werdeir, um Vm
an die Wand su stellen, habcn wir bereits berichtet.
Mie ernst die Lage war, geht auch daraus he-vvor,
L»atz zahlreiche Landesjäger mit Maschinengerochren
vor dio Nationalversammlung sogen. um sie zu
svrengen, wenn fie die Annahme des Friedens de-
lvegen nicht nur Abschiedsgesuche der Offiziere
gclang es nach vieler Mühe. die Soldaten sum M-
zu.g su beivcgen. Um die Wogen der Errogung »u
glätten, hat Ebert bei einem Avvell oine-begü«
ligende Ansvvache gehalten, die den Erfolg hatte,
datz dre Landesjäger sich beruhigten. Jm übrigen
liegen mcht nur A/bschiedsgSsvche von Offrziercn
vor, sondevn eine beträchtliche Ansahl von Unt« r-
osfizieren mid Mannschaften bat ihre
Kündtgung eingereicht.

General Märker. einex der bekanntesteni Füh-
rer dov Landesjäger, hat auf Anfrage einem Be-
richterstatter des L.-A. evklärt, datz man von ib-m
n'cht verlangen könne, dah er dauornd einer Re-
gierung dvene, die dadurch, datz fie den Frieden am
nahm, döe Auslieferung des Kaifexs a
erkann> ts. Trotzdcni bleibe or und mit thm die
anderen Führer von Freiwilligeivvevbänden vor-
läufig auf khren Posten, weil fie es süv unbo-
dingt erforderlich balten, das Baterland iiv die,er
fchweren Zeit su schützen. Mer sobald Ruche urv
Ordnuivg wicdor gosich rt seien. würde er von s e i-
nem Pvsten zurücktreten. Wüvde es n cht
zur Anerkennung der Auslicfferung d^s Kavfers
deutschcrseits gokommen sein, dann würde er a a
nach dcx Revolution weiter als Offirier tätig ge-
wescn sein, aber so sei das ausgoschlossen.

Jnzwischm haben die Geneväle der Re'chswehr
und die Führer dcr Freiwilligenkows crklärt, datz
sie auff ihrom Poisten bleihem würden.

An die Marine

Der Ehef der Adm.'alttcit hat fölgenden Erlatz
a" dbe Marine gerihtet'

Sichei'heit und Einigkeir dec Reichss forderi' als
höchstes E-cbot in diesec schweren Zcit. t-ah jcder
auf seinein Posten blestit, solange das Daterland
ihn Lraucht. Ich erwartc dahcr, datz die Marine
unter meiner Mhrung ibreDieust weit»
t u t. Uneischüttert uber lobt in uns die Ueb"rseu-
gung, dah die Schmahvaragravhe,-. der Friedcnsb^-
dingungen mitder So! 5§tenehre nnver-
einbar sind.

v. Trotha, Ck"f d?r Admiralität.

* Mexiko unter Völkerbundskuratel? D«r N<w-
york Sun zufolge hat man in WaHington -die Aiuf-
fassung, datz England den Austrag erhalten
werde, das Völkerbnndsmandat über
M-Liko cvusÄUÜbeiv. Wilson habe dicffe Re^elung
gebilligt. -

Neuerungs-Jdeen auf musikalisckem Eebiet aus-
gesührt. die Musikfeste pekuniär fundamentiert u.
garantiert. wäre sie nickt für Defizits schwe'äend
eingesprungen. Wer wützte non Heidelberger Bach-
Vereins-Konzerten? Eines ist sicher: Wolfrum
wäre ohne das städt. Orchester nie das geworhen,
was er heute g'lt denn seine Entwickluna. hängt
wi bei allen Dirigenten mir dem Orchester-Kör-
per zusammen: ist es doch eine bekannte Tatsache.
datz Nur-Chordirigenten uo>"- rchester als „Fach-
menschen" heil'.gen Respekt haben.

Das mag in den Ohren des Bach-Vereins recht
hürt klingen. aber Herrr Dr. Weitz liebt > ja die
Offenheit. also nehme ich ste auch für mich in An-
spruch. Weiter: die Imperatorenstellung des Hrn.
Wolfrum. die gestützt auf feine Ärt, Lehxns- und
Schaffenskraft hatte. und deren W rkung der Bach-
Verein irrtüinlicherw-.se als „eigene Krast" für
sich in Anspruch nimmt. dürfte wohl mit ihm iu
Erad gesunken sein: die Zeff^r haben sich auch da
geändert und wie sehr. wird der „neue Herr" gar
bald am e'genen Leib erfahren. Jn Kürze wird
noch ein Bewerher um die sogen. Vach-VereinS-
Konzerte auftreten. der nach mcmein Dafürhalten
viel Aussicht auf Erfolg hat. Deshalb wird wohl
auch der Bach-Vereinschor gut tun umzulernen u.
auf die „bürgerliche" Erde zu treten vom Elite-
gesangvere n — der er doch stets sein wollte —
zum Pfleger der Kunst fürs „Volk" herabzustein''"
stch diesem auch zu widmen und nicht — wie bis-
her — „ihm" mit oornehmcr Herablassung ejne
bill'ge Eeneralprobe zukommen zu lassen. — Mas
ist der Bach-Verein ohne die matzgebende Hilfe..
besser bezeichnet Hautparbeit des stäot. Orch.'stc'rs?
Genau dasselbe wie alle andern biesigen Eesang-
vereine. nur versch'eden von diesem durch seine
„frühere" Zusammensetzung und durch die hilfr-ick"
Unterstützung der Stadt. die aber nicht dein Pach-
Vereinschor sondern seinem Leiter wurd" und —
damit w eder beim Ausaangspunkt ankommend —
eigentlich dem städt Orchester galt.

Nochmals Herrn Wolfrums pielhewundette. Le-
neidete und heitz erwünschte „Äusnahmestellung,,!
Liegt nicht gerade in der Betonung der „Aus-
nahme" das Unnatürliche derselben am besten ge-
kennzeichnet?

Was das Hineinziehen memer Person ln die
ganze Angelegenheit anbelangt. so habe ich zuv
Festellung der Wahrheit zu sagen, datz Herr Wcitz
entweder falsch unterricktet ist oder er im Inter-'
esse des Back-Vereinschors seinen KampfesLogen
stark überspannt hat. Meines Wissens — und
ich mützte es doch zuerst wissen — ist Lis heute

Nochmals Erzberger — der
Derräter l

Ersbevger hctt sich nicht umsonst immcr Kiner
alärsenden Be-ziehungen zuin Auslande ge-iühmi.
Aber er hat dabei offenbar in fiinem Ehrgeiz, in
drr ganzen Welt ein? Nolle zu svlelen. um seinen
Namen iv alleiv Zeitungen zu lescn, doch darauf
vergessen, dah auch dio Feindo diese Veziehungen
nicht blotz mn seiner stets lächelnden Miene witte-.
pttogen. Im Ecgcnteil, unsere Gcgn«r benutzten
das StrSbevtuin Erzbergers, um durch Liebenswür-.
dtgkeiten aller Mrt voiv sciner Ecschivätzi.gkeit das
su crfaliven, was vhren Zwecken dienlich war. So
waren die „Times" schon am 14. Iuni, also
oinem Zeitpmikt, wo Erzherger in eineui deut chcn
Jnterviow sich noch entschiedei'> mehr für die
Nichtunterzeichnung als für die Unterseich-
nung aussvrach, über die wirklichs Meinung des
jetzigan Rcjchsfiivanzmin'.sters orientiert. Der
Berlimer Vertreter des Blattes schrieb damals:

„Was Erzberger bctvisft, so höre ich von
einer ihm nahcstch ndcn Persönlichkeit. deh er -
trotz aller Dementts — der M-cinuug ist. der
Vertrag müsse unterzeichnet wirden,
mvd datz er bereit ist, die V e r a n t w o r -
tung dafür zu übernehmeiv. Sollte Erz-
bers r gar eine Negierung bilden, so würde er
auch die Mttglicder des bisherigen Kabinetts
auf seiver Seite haben, die für Unterzttchnung
des Fricdcus sind. Diesin Stcndrmnkt vertrcten
n. a. Wissell, der Ernährungsminister Schmidi
und, nach guter Quelle, auch Noske."

Wis sich die ErTgnisse inswischcn gestaltet habeir,
kann man der „Tiines" -niur das Zciugnls aussteMi,
dah iihre Jnformationen recht gut gcave-
sen sind. Mohim aber gehört der Verräter des
StMtsgehei mnisses?

Erzbergers Flucht

Zu den Vorfällen rn Weimar am Moiitag wiid
m>ch herichffct: In den späten Nachmittagsstunden
verlcrngten möhrere beritteneLandesjäger
aus der Umgegend von Weimac, nachd^m sie vor
dein Natwnaltchectter von dcn Pferden gesttegen
waren. den Reichsminister Ersberger zu sprc-
chen. Es wurdv ihnen aber bedeutet, dah dleer
sich nn Schlosse befinde. Hievauff b gabcn sie sich^
zunr Schloh und verlcmgten die Auslieferung de>
Minrsters mtt dein Hinweis, sie wollten ihn
aufhängen. Much die Landesjäger in Weimar
selibst erklärtcn imffolgs dss Beschlusscs der Natio-
'ialvo-rffaininilung, der Regierung ke'rnen
weitervn Schutz mchr gewähren zu wollen,
und tatsächlich war cruch Dienstag morgen das
Schloh ochne Mache. Reichsimnister Erzberger
begab sich Dienstag im Automobil nach dem
rcvhen Ohmanstedt, um dort den Zug in der
Richtung nach Erffurt zu hesttigen.

Deutiches Reich

* Der deutsche Botschaster in Wien. Eraf W e-
del. beabsicht gt w-egen der bedingungslosen An-
nahme des Friedens zurückzutreten.

^ Zum Schutze dcr Angehörigen der Reichswehr
und ihrer Familienmitglieder gegen w rtschaftliche
Bedrohung und Schädigung hat für das noch im-
mer unter dem Belagerungszustande stehende Grotz-
Berlin der Oberbefehlshaber Npske eine Verord-
nung erlassen. di ederart ge Handlungen mit Ee-
fängnisstrafe bis zu einem Jahr bedroht. Das
Ele'che gilt für öffentliche Beschlmpfungen der
Reichswehr durch Druckschriften. _

offiziell dem Bach-Verein ein Ultiinatum nicht
gestellt worden. mich als Dirigenten nehmen zu
mussen wenn ich auch nicht leugnen will. datz ich
mit aller Kraft versuchen werde, Verhältnisse die
des He delberger städt. Musikdirektors nicht wür-
dig waren. in Zukunft zu verhindern und mir die
Stelle zu erringen. die in jeder andern Stadt dem
städt. Mlsikdirektor als ganz selbstverständl ch zu-
fällt. Wenn aber Herr Dr. Weitz glaubt mich av-
sc'.ntteln zu müssen. so war di- unaotig: ich habe
nüch nicht an ihn herangedrängt und bin stets von
Horrn Prof. Wolfrum sehr gern „gerufeir." wor-
den ahn zu unterstützen und ihm zu helfen. Wenn
ich also — ich sage heute leider — in den Bach-
Vereins-Konzerten in der verschiedensten Art tätig
war. so tat ich das nur Herrn Wolfrum m kolle-
gialem. freundschaftlich-'M Interesse. weil er mich
immer rvieder als ..seine rechte Hand" bszeichnete.
nv aber dem Vack-Vereinschor. der ja für mich
nicht in Betracht kam. Wie deshalb nun ein Herr
Dr. Weitz der doch noch reichlich jung im Heidel-
bcrger Müfikleben ist dcn ' >n"'nn s;h hi-räuszu-
nebmen inir meine künstler'sche Tätigkeit Legrenzen
und Mir mit Vack-Vere'ns-Eeste Volks-Kon-
zerte zubilljgen- zu wollen. erscheint mir. offen
gesagt, „lächerlich"! Was Herr Weitz persönlick
von mir denkt. kann ich ibm nickt verwehren.
nehme ich doch ein gleickes Neckt anck sür mick
in Anspruck: aber seine Me'nuna öffhntlich au.szu-
sprechen ist eine Ileberhebung selbst eines Back-
Verejns-Porstandsmitaliedes die ich scharf zurück-
weise und als gegen den guten Ton verstoftend d"m
Ilrtcil der Allgemeinbeit überlassen mutz: bl"ibt
mir doch dabei ein süf-er Trost. ick habe in d"r
..Äffäre" einen ..Genossen". der auch einmal fiir
Wolfrum im Bachverein ein Ehor Konzert di'-i'
aierte und der — nack Ansickt damaliger Bachner-
oins-Chorinitglieder nicht hervorragend war: Fe-
> ir Mottl. — und da befinde ich mich in bsster
Gesellschaft. —

Aber wie dem auch sei: ich weitz genau — ohne
Herrn Dr. Weisi — was ich, aber auch was der
Vach-Vere'.n leistet. bin über jungen Kapcllmeister-
Ehrgeiz — man hat ihn mir hier abgewöhnt —
lange hinaus und so kann ich als alter genau be-
urteilen. was gewisse Ehrenstellen wirklich wert sind.
Und deshalb werde ich ruhig abwarten. ob der
Bach-Verein seinem Meistcr tn die Eruft folgt
oder ob er unter e'mar neuen „Erötze" in ungc-
ahnte Höhen steigt: das städt. — in diesem Falle
„inein" Orchester — wird nach wie vor der
Hauptfaktor dieses Erfolgs sein.

P. Radig, städt. Musikdirektor.

Aus LLadt und -UmgEbur.g

L?artosselnöte

Seit Krie-ssbclginn lagcrt die Stadt einen Tel
ihrcr Kartofffeln in dcn Kcllerräumen der> Höh e
ren Mädchenschule. Diese Lagerung wurde
aber so uivffachgemätz vorgcnoinmen. dcch eiu
Teil der KcrrtoGeln im Wintcr erfror. dsc Tejr
aber, der die Winlerkälte gut übeifftanden hatte ;n
der wävmeren Icchreszeit rn Fäulnis über-
g i ng und einen abF-eulichm Eeruch verbrcitete
ANe Bclschwerden der Schuldirektiorv blebm erjol^
los. Auch in dicffem Iahre sind dic Karloffeln wä-
der verfMvlt und haben in den letzten 8 Tagen
ciiven geradezu ve st i l? n z i a l iff chen Eeruff
verbveitet, der auch die ganze Nachbarschast Le!
lästigte. Die Leitunig d r Höheren MädchenschuiV
hat rn der letztcu Woche tägl ch um AbsteNung

der auchin gesundheitlicher VeztehLng

schädlichen Zustände erffucht, . ohne jedoch
emen Erfolg damit zu haben. Eestcrn sind nuiv
Lehrorschast und Schülerinnen der Höh rcn MM-
chcnMle rn bcrechtigter Selbsthrlffe in Äen Streik
einÄetreten. Die Schülerinnen haben dieser neucn
Art von Fericn einen Namen beigelegr, den wn
lieher verschwevgen wollen. Die Hcruvtsachs ifi
datz die Schlietzung der Schule bei den matzg benden
Stellen Erfolg gohabt hat. Die faulen Kcrrtofseln
stnd wegg schafft wordeü und sind fi tzt in den mei-
sten Go^chcrften zu kauffcn. Dcrtz über tcrvffend Kin-
der wochenlcrng in dieffer vergisteten Atmosvhäre
cvushalten mutzten, ifft m-ehr als traurig.

Auch die holländischen und englischen
Kartoffeln. die z. Zt. von dev Stadt verkauffi
werdcn, find in einem Zustand, datz fie binnen w-..
niiger Tage in Fäulnis übergsh'M. Die Vevhrauq
chec sollten sich deshalb mit dem Einkauff Leeilen,
Lie Kattofffeln dänn re'mrgen, schäl"n und> abkocheii
und, dex st ädt. Tr o ck n un g s st e l I e zu>m Trock,
neu übergeben. Eetrocknet halten fich die Kattof-
ffcln vovzüglich und können zu den verWedensren.
Speisen vevwendct werden.

Die badiscke Kartoffelversorgung
hctt bestrmmt, dcrtz der Preis für den Zentnex Friih-
kartofffeln aus der Ernte 1919 beiin D rkai ff du ch
den Erseuger, mtt Wirkung vom 1. Iiili an 11 Dl
niicht überffteigen darff. Der Preis wird allmäh,
lich herabgesetzt werden, bis er crm 15. Sev-
tembcL den noch zu bestimmenden Höchstvreis M
Herbstkcrrtoffeln erreicht hat.

* Für unsere Gefangenen. Zu Empfang und
Fürsorge für die Heimkchrgeffangenen wird auf
Vevanlassu-ng des Badsschen Laudesvereins vom
Roten Kvsuz im Benehmen mit veü'chiiedenen
Bchörden und Organisationen denmächst eine all -
gemeine Geldsammlung in Men Ke-
meinden des Landes erfolgrn. die durck dio Be-
zirks- und Ortsausschüsse oom Roten Kreuz örtlich
durchgeMrt werden soll. — D>e Ortsgrüvve
Heidelbers des Volksbundes zu>m Schutze
der deutschen Kriegs- und Zivilge-
fangenen hat mchrere Verkauffsfftellen von
Pvstkatten und Geffangenenbückern erttchtet. Der
Reinertrcvg wird ffür unliere Eeffangenen verwen-
det.

* Volksbund zum Schutze der deutschen Krieas-
und Zioilgesangenen, Ortsgvuppe Heidelberg. Am
Freitcvg, den 27. Iuni findet ahends 8 Mr im
Kaffee HoheMvllcrn eine Mitglieder - Ver-
sammlun« statt.

* Dcr Durchstrom vertriebener Elsatz-Löthringer
hat noch nicht nachgelassen. Auch in dex Wocye
vom 16. bis 22. Iuni kamen 1990 Per oncn, dcivon
crus Offfenburg angemeldet 1865, der Abt. 9 des Ro-

n Kveuzes hicr vor, im wesentlichen Leim Bahn-
»ffsdienfft. Erffrischt wurden 1200, verpslegt 25,
!übergt 25. während bei den übrtgen eine Obsorge
cht veranlatzt war.

* Das Neserve-Miliz-Bataillon hält am Frei-
g nachniiitag 5 Uhr ssinen ersten Appell

^ Die Haudwerkskammcrwahlen - sollen in der
ichssten Zeit stattfinden. Wir machen alle In-
ressenten cvuff die heutige Bekannimachung im
nzeigenteil auffmerksam.

* Ein Landesverhand der städtischen Slnge-
:lltenausschüsse tst in Baden - Vaden ae-
ündet wvvdon. Rer Sitz des Landesverbandcs

Mannheim. Der Derband lmt sich
el gesteckt sämtliche städt'i>schs.ü Angestelltenaus-
Me in sich zu veroinigen. mn die wrrt-
»aftliche Beffserumg der städtiffchen An-
fftellten zu erreicken.

* Von der Harmonie-Gesellschaft wlrd uns m>t-
teilt: ,.Die gestrige gut besuchte autz-rorden!-
che M i t gliede ro e rsamm lung genebmigte e>n-
üimig den Ankauf des Günthevchen Hames,
auptsttatze 108. Wcn Preise von 110 000 Mark
ie Anive'lvü dev „Harmonie" an der Haupt,triüir
rd Theaterstratze erffahren durch die.sen Ernero
ne seit langem ersehnte Ergänzung "t'd
ing, und eine früiher ödcr sväter lmabfiää'at
uulichc Veränderimg. dürfte auch zur Versckone-
mg der Tbciatersttatze beitragen. Dcr A'MNü

<rlso nicht nur für die Gesellsamff. londrn
rch für die Sta>dtgememde von grotzer Beor.i-

-^Herabsetzung der Pre'se für OÜst und Ke-
üse. Heidelberger und Mannbeimer Hanvnr
iben ern Abkommen getroffen. wonach ^

rei'e für O>»st und Gemüse wesentlick

tzt werdeu snllen. Diese Abmachung'konne noer

ir durchgoffihrt werden. wenn die autzcr -

ischen Händler vom Emkauff m Vnm»
isgchchlostc.n werden. ^

Fleischversorauug. Tjas Nalnnngslnittelam

ilt mit: In d'eler Woche gelangen 125 Eramm
ieffch auff'den Kioaiff der Bevölkernng zur

U. a. wird den Metzgern auck Hammc-


* Die Schlachtviehprcrse w"iden mit soffort gc.
Wirknng erhöht. Die neuen Preiesätze bct a>n
in Wertklasse ^ 180 M., ini Klasse O 110 M.. ""
in Klass- L 80 M. (statt bishcrigen 90 -95 M-,
80 B(. nnd.55 M.) ffür den Zcntn> r L>ckcnbchw ch-
Die Vercrdnung bedingt a"ch eine Neuordni>iia
Höchstpreise für Nrndflcijch und aus solch-l.'
hergest' llte Wu r st.
 
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