Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 126 - 148 (2. Juni 1919 - 30. Juni 1919)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3202#0921

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
"U8 z. - r

"°u

fn». busZtztr^.ftz

^uve mö°, ^»sri

"'ZrLK

wer! ,

und E,s^"'!M

^-°ß°n 7"'-^

Albert K»^

^uguztl^appez
! nurHauptstLA

LclephoiiMl.

. ^einftt

Delikatetzheri

(markenfreysindbcimirm
Desgleichen einpfchle wei

!3. Fleisch-
und Fischkonsm

^ W

>>->»»>iiimrciiigktics,

empfehle weinn k

Fleisch-

s


r

Einmachgläser -

„nt echtem Eitmiri.

Einkochapparch
Dörrapparate,
Kochkisten. ^

Wch M

Heidelbcrg,Hauptsich

Lamstag, den 28. Iuni 1919

Badischer Landtag

Ziarlsruhe, 27. Juni.

Präsident Ko,,f eröffnete um 9 Uhr die Sihung.

Abg. Göhrra« lDem.) Ler-chtete ubcr den 5.
Nachtrag zuni^Staatsvoranschlag für 1918 bis
1919 und ^war über die Positionen, die sich auf
das Gewahren von A u s g l e i ch z u l a g e n an
die Bea iv t e n. ferner über die Petitionen der
Beaniren und Lehrer. die einen Ausgleich gegen-
übcr den den Ehfenbahnern gewährten Teuerungs-
^ulagen betreffen. Darnnch hat der §)aushaltaus-
fchu» die Norlage. die insg^amt 84 MUlioneii er-
fordert. beratcn. Der Berichterstatter wies im
Namen des Aiisschusscs die starkcn Angriffe ziu
rüct, die gegen den Finanzministcr und gegen den
Ministerialdirektor von e ncr Neihe Beamten cr-
hoben wurde. Der Redncr bcsprach die Verhand-
lungen in dem Haushaltausfchiisse und stellte für
den Ausschust den Antrag anf Genehmigung der
Anforderungen.

Finanzminister Dr. Wirth: Es ist mir a:g.
nehm, dan die Vorlage ohne Debatte genehmigt
werden soll. Die Veamten drautzen werden es zu
würdigen wissen. Leider w.rd dle

Potttik dcs ttltimatums fortgescht.

Diese Drohung sollte cndlich eiiigestellt werden.
lBe fall.) Man soll der jungen Republik doch nicht
unnotige Schwierigkeiten 'machcn. Eine offiziöse
Notiz hat in'den Kreisen der Beamten gros;e Auf-
regung erfahren. Dicse Noth; mar bcrechtigt, denn
unsere

badische finaii.ttelle Lüge ist bcsorgniserregeiid

Alle Hoffnungen. den Beamten einen Aufstieg ,;u
ermöglichsn. merdeu uicht zu erfiillen sein, wenn
das Vol! d e Lasten nicht mehr tragen kann. All-
mähttch werde ich Pessimist gegen den
Volksstaat. Man verlangt telegratihisch, das;
ich Gelder auszahlen soll, die noch garnicht geneh-
m gt sind. Der Eedanke der dsmokratischen Frei-
heit ist noch wenig im Volke oeranlert. Es ist
deshalb noch viel Erziehungsarbeit
n o 1 w e n d i g. Wir stehen vor einer Neu Rege-
tung der ttrlebensfrage, vor einer Neform der
Ecstaltung der persönlichen Atten. Durch die neue
Neichsvcrsassung wivd dic Orqanisation der Neichs-
Lehörden in Baden viel unifangreicher werden, so-
dasi man schw.'r ein Beamtenrecht für Baden vor-
her allein machen kann.

Wir haben grosie Sorge, der Landtag wird dem
Volke gros;e Opfer auferlegen. Jch habe den
Wunsch. das; der Landtag d'.e Steuervorlage so
rasch ertedigt, wie diese. Die Steuervorlage wird
sozial gestaltet sein. Ich will nicht weiter dar-
anf eingehen. denn es ist gefährlich siir eineu Fi-
nanzminister, mit einer Vorlage über Beamtenb '
ziige gleichzeitig iiber neue Steuern zu sprechen.
(Heiterkeit.) Die Vorbereitungen zur Auszahlung
der Ausgleichs-Zulage stnd getroffen. ssdast. wenn
sie heute bewllligt ist, die Auszahlung heute
abend erfolgen kaun. Die soziale Notlage
hat die Vorlage hervorgerufen. An der Bekäm-
pfung des Bruches wird die Regierung es nicht
fehlen lassen. Das deutsche Volk mus; aber hinter
dte Negierung treten. Nehmen Sie die Vorlage an,
wer schnell gibt, gibi doppelt. (Beifall.)

Dsr Landtag nahm darauf die Anforderuiigen
an. die eine Eesamtausgabe von 48 850 000 Markt
notrvendtg machen. Dann trat das Haus in d e
Fortsetzung Äer Berichtigung der Jnterpellation
Dr. Kcaus (Soz.) über die

Sozialisiernng in Baden
e n.

Abg. Dr. Schofer (Ztr ): Die Sozialdemokralie
hat in der lehten Zeit vieles umgelernt. Das ge-
r icht ihr nicht zur Unehre. Zu wünscheu wäre
nur, dast auch die Kapitalisten für sich das-
selbe sagen könnten. Wenn das der Fall wäre.

Spionage, Spione u. Spioninnen

Attem Anschein nach stchen uns troh d-rs Völk r-
bundes wi der icne Zeiten tiefster Erni ldrigung
b °.or. in denen dttrvoleon I., wie Ern!st Mritz
Mrrtdt fststcllt. über Deut>schland „oin Dcwobc d.r
Auflauere, und Späbcri'i aewovfen und Haus unv
Foii'ilie mit Angeberei umisvann". Die bcutige»
Fiaurchen wriden uns nicht nur mrt mrlitärischein
Spicneii allcr Art, soivdern auch, um unsoc volt-
t.sches und soziales Wiodererstarken ru verhinderm,
mit pol t schcn Ag'nten und Uusvcsiern begbückeu,
die N'Lmeirtlich unsere Zndmstrie- und Hamdrlsgc--
keimnisse vollemds auszusvähen halben.

Schon anfanäs ^ebruar st llte die dvutsche R -
g eiung sest, daß im besetzten (si .ibvot svaivchstsche
Agciit n auf jcdeWeise alle wichtigen Geheimnisio
der Fabritat on zu erfcrhren suchen und dem deui-
schcn Volkswiitjchaitsloben dadurch unüb^sehbaren
Sch. daiv zusüaeii.

Im Hiivblick cruf diese Gcsaihr rst e'rne neue Schrii'l
von W. F sch r, „Svionage, Spionc u n d
Sviininnen" (Verlag Nobert Lutz, Stutt-
gv.t, Prcis 8 M.) bösondcrs freudig ZU Legriitzen.
Jn crschöps'.uder W-ise we.den hier dve Kunstür.ire
und F'achgehe.mnisie der feindlichen Spione ge chil-
dcri, und i be-reich s Material zu ihrer Bekamp--
si'pg gegoben, dre nachgerade bei uns jedenna.-i
zur Pil cht g-word-n ist. machd ni die levdrge. arw
V> 'rrcherische grenzende 'und deshalb dappelt ge
fälrl che Vectrcru'nsscligkeit des deutschen Publ-
kii'M.s Fremden gegenüber viel zu dcm traurigon
Ausg^iig des Weltkrieges füc uns b igtt.agen hat.

M,->n treibt die Spionage insgehcim. Dor
Spion wird in Kricg und Frieden von jcd m Staat
v:vw.'md.t urd von jodem Staat verleugnot.
Mögl'ch. dan hicrin der Grund lstgt. woshalb div
Srionage dcm a ohcn Publikum e>n B. ch m t sie
bc-n Siegeln gcchlie-beii ist, weshalb ihre Hilfsmil-

kjeidelberger Zeilung — Nr. 147

2. Veilage

dah beide GrUppen umgelernt hätten, dann käme
das richtiqe heraus. Mit Wirtschaftsgesetzen allein
ist es nicht getan. Nicht der Kapitalisnius. nicht
der Soziatismus, sondern der Solidarismus wird
die Besierung der Verhältnisie bringeu. (Beisall.)

Abg. Karl (Deutschn.): Die Frage ist, ob die
Sozialisierung in der Lage ist, die Produktion zu
steigern. Die Revolution hat den Achtstundentaa
und d'e Akkordarbeit gebracht. Nach dieser Seite
hin steigert also der Sozialismns die Produktion
nicht. Dazu brauchen wir Kredit. Den hat aber
nur der Kaufmann. der Industrielle. Daher leuch-
tet uns ein Lichtstrahl. diesen Kaufmann zu soziali-
sicren wäre also fcilsch, da der Staat oder ome
Eenossenschaft diesen Kredit nicht hat. Auch die
Landwirtschaft schafft Arbeitsmöglichkeit, sie mus;
diese ste gern. Wir werden bsstrebt sein, den
Landhunger der Landwirte zu stillen, wie das ge-
schieht, ist allerdings noch eine Frage. Wenn wir
nun den Grosigrundbesitz zerschlagcn, zerstören wir
cine Stelle. die zu unserer Ernäh'-una bciträgt.
Wir können die Verstcherung geben. das; mir be-
reit sind, bei einer vernünftigen Sozialisierung
mitzuarbeiten. . ,

Dr. Eothcin (Dem.)'. Minister Nuckert ba^
gesteril zunächst als Minister gesprochen, dann als
Partcimann, Ich mache den Vorschlag, datz. wenn
die Heiren als Parteimänner sprechen. sie von
ihren Plätzen sprechen sollen, denn wir wollen
wissen,

ob der Ministcr als Kutschcr dro Staates oder als
Kiichenchcf der Pyrtei

auftritt. Die Ausführungeii des Ministers über
deii Marxismus dürfen aber nicht ohne Wider-
spruch ins Land aehen. Es sollte das letzte Mal
sein. das; w.r solche theoretischen Debatten durch-
fübrcn. Sie stimmen nicht zu dem Ernst der Zeit.
ttnser Volk tanzt in den Abgrund und wir ver-
brinaen die Ze t mit theoretischen Erörtermrgen.
(Lebhafte Zustimmung.) - .

Nbg. Dr. Krans (Soz.) fübrte in seinem Srriru,;-
worte aus. Millionen von Arbeitern. bie wissen,
was sie wollen. nerlanaen heute zur sozialen Ver-
ständigung die Sozialisieruna und die Betriebs-
rätc. Die Planwirtschaft Wissels ist noch n>cht
die So'ialisterungswtrtschaft. aber der einzig mö^-
liche Weg dazu. .

ASq. Dr. Koeittqsbergsr (Soz.) begrundet seine
Interpcllation über

die Hochschulresorm.

Sie hat folgenden Wortlaut:

..Ein? Neform der ttniversitäts-Verfasiung ist
in Vorbereilung. Bei der Bedeutung der ttnlverst-
tät gls der Bildungsstatte für künftige höhero Be-
amte, Nechtsanwülte. Lehrer, Aerzte, bedarf eine
solche Reform eingehend'r Prüfung. Nicht nur d e
Verwaltung der Universität durch die Dozenten,
auch die Gcbühren für Unterricht uiid Examinas
und ihre Verwendung. die Ermöglichung des Stu-
diums sür Unbemittclte. ferner die Lehrpläne. bie
Arbeitsbeschaffung für die ausgebildeten Atadentt-
ler. die Berufsberatung auf den Mittelschuleii und
vieles andere mus; den heutigen sozialen Bedin-
gungen entsprechend rechtzeittg umgeändert wer-
den Eine paritätische Besetzung der
Lehrstellen in denjenigen Fächern. die je nach der
Weltanschauung geleyrt werden. 'st erfordcl.lich.
namentlich da die Analiederung der Volkshoch-
schule an die Universität in Aussicht genommen
wird. Gedenkt die Neg-erung der Volksvertretung
die Mitwirkung an dsr Neform zu ermöglichen?"

Der Znterpellant wünscht' unter anderem so-
zialdemokr. Professoren für Natio-
nalötonomie, Eeschichte und Philo-
ssophie. wandte sich g'gen dis übl. Art der Er-
nennung der Ehrendoktoren und wünschte eine
schärfere Kontrolle der ttniversitüten durch die
Volksvcrtretung. Manche Professoren hätten Ein-
tommen bis zu 40 000 Mi. das sei zu hoch. Ge-
rade diese Profesiorcn wollten aber die Kollegien-
gelder gesteigert wisien. Der Ii'.terpoltant brachte
dann noch verschiedene Eiiizclwünsche vor.

Um 1 tthr wurde die Sitzung abgebrochen.

In oer Nachmittaas Sitzung erklärt

Minister Hummel Ich biigrüste es. wenn die
DolksvertretU'wj, an dcr Hechfch'ltreiform mttar-
beitet Es ist nicht notw''ndig. dast der Stcvat iu
dvese altohrwürdigen Selbsbvrrwa,ttuiraskörpvr ein-
igreift. D s Universitäten sind eine Glanzlei-

stung dvutscher Wissenschaft. uini die uns das Aus-
land Lonsvdet. Der Interpellant hat den Muirsch
ausgosprochen. das; es ermöglicht werde-, daf; nvehr
ttnbsmvttelte studieren. Die ttirterrchtsverwal-
tuirg begrügt jede hierzu gooignete Masiivachme.
Das Mintsterium jst danvit beschäitigt. ein Gvsetz
über idve N e ch ts v e rh ä l t n is s e der Stu-
dierenden zu eivtwerfen. Notwenidig vst es.
der Studentenschaft oinen CinfLim ttn Rahmon
der Hcchschulen zu sichern. Bet der Immatriku-
lation sollen die niannlichen und wovblichen Stu-
diere»i!deii gloichmässig behandelt werden, Die
Universitätsn chaben daoan abgesehen, die Höchst-
sätze der Kollegieivgebder durchzuführen, um den
Krvogsteilnechmern zu ermöglichen. ihre Studien
zu den alteii Sätzen zn beendraen. D,ie Dezüge
der ovdentlichen Prc.fesioren sind vielsaä) zu choch
aiigegebein wovden. Zuläsiig ist es nicht. joiivanden
von einein Lehrstuchlo auszuschlü'esten wegen sciner
Zugechörigkeit zu einer Schule o-der wegen einer
Weltaivschaunng. aber wir müssen

auf strengste Wisienschaftlichkcit sehen
Ein Teil der Forderungen. die der Interpetlant
vorgebracht chat, sind vom Minvsterium bereits
früher durchgeführt worden. Zum grössten Teil
liegen dre Nefornivovschläge wenvger auf wisien-
schaftlichom. als auf o>rganiisatorischem Gobiete.
Danttt ist aber nicht alles zu erre-ichen. Der In-
terpellant hat gefordert, d-asi wir dve Lechrstüchle
nrtt Vertretern der verschredeiven WeltairsckMvun-
gen besetzen sollten. Dies stecht im 'Wtderspruch
zuni früheren Standpuirkt der Sozialdenvotratie.
denn früher hat sie die Voraussstzungslostskeit der
Wisievvschast vertreten. Vo>r dem Krveae hatteiv
rüir überall eii; Spe.stalistentum. dabvi ihat aber
der Geist der altgemeinen Bildung gelttten, sodasi
wir auf diesenr Wege uicht weitergehen können.
Mir nrüsien Qualitätsbvldung produzieren und die
Schule mus; jeden zu seinem iviachren Berufe hvn-
führen. Der Volkschochschulo erwächst oine grosie
Aufgabe für die Znkunft. sie soll kein Vorrecht
der Hochsctzulen sein.

Abg Dr. Eotheiii (Dem.). Es rst selbftverständ-
lich. das; bei der Nevolutvon auck die Uniiversitä-
ten in Mitlerdenschaft gezogen wurden. damit
wurde thre Evolution be s ch l e u n i-g t. Die
Evunidgadanken der Organrsation der Uivvversttä-
ten inüsisn bcstehen bleiben. demr die Universitä-
ten sbellen die richiige Mischung von Selbstoer-
waltung. Selbstbeschränkung uird LührfrvvhM dar.
Das Institut der Privatdozenten müssen wir trotz
aller llnzutraslichkeiteii be'Lehalten. allerdings
müsfe-n wir die llnzuträglichkeiten mr'ldern. Iede
Venachtovligung einer Korrfenicm oder Weltan-
schauung muf; msterble'rben. Schwieriger ails
die Dozentenfrage ist die F-vage der Asfisten-
t e n. Erfve.ulich ist es nmr. dak die Negler'U'NS
Richtkini-en für Assistenturen herausgeiseb-oir hat,
Dte Betovliguivg dsr Avbe'ster an dsn Bolkshock;-
schulkurfen ist netwendig. Wenn wir ein interna-
tionales Verständnis anstreben. kann dies irur anr
geistigonr Gebiete geschehen. Von dsim Völkerbund
ist nicht vvel zu halten

Abg. 'Dr. Schofeer <Zntrum>: Auch die Uni-
nersitätsn merdcn stch in ZuLunft elnsr weisen
Spars^mksit befleistigen müsien. Daran wevden
die Reformbsstrebungen ihre Grenzen finden Die
Eesch'ckte d"r Ui'iversttäten verlangt ebenfatls.
dtti i'- r nnt Bc'nti'. i ke'.t an dbe Neformen sshen
Endlich sinden dic Reformen ihre Evenzen an der
Wichtigkeit der Anstalten, Das Gigcrltuin. Far-
üei'.tnm und die Umnoral sollten ans dam Stu-
dentenlaben verschwinden. Notwendvg tst die Re-
form der Trmtsitten amrd die Ahchasfun.g der
Mensur.

Um 0'4 Uhr wurden die Bevhaivdlun-gen ab-
gsbrochsn. Fortsetzung Dienstag. vormittags 9
llhr. _

Ein Wischer sür die englische
Flotte

Im Zusanrmenhaiig mit der Versenkuiig der
deutschen Flotte in der Scapa Bucht gewimit ein
Bericht von Henri) Ai. Hyde in der „Chicago
Tribune" vom 12. Iuni 1919 erhöhtes Interesss,
in dem der Verfasser folgendes ausführt:

„Heute erfuhr ich vou eiuem Augenzeugen
etwas ganz Merkwürdiges. was sich am 81, Mai
in Scapa Flow zugetragen hat. An diesem Tage
bemerkte man mit nicht geringem Erstaunen, das;

einige der deutschen Schisfe die deutschcn Flaggen
gehisst hatten. und das; die meisten mit Vannern
und heltfarbigen Signalflaggen geschmückt waren.
Die deutschen Mannschaften, die auf den inter-
nierten Schiffen Dienst taten, hatten ihren besten
weisien Anzug angelegt u. trreben athlet. Spiele
und sonstigen Sport. Aber das Erstaunen steigerte
sich zu unglaublicher Verwunderung. als plötzlich
auf einer Seite eines der grösiten deutschen Scyiffe
ein groges Banner heruntergelasieii wurde. auf
welchem in englischer Sprache „Z u Ehren des
Iahrestages des grotzen deutschen
Seesieges bei Iütland" gedrckt stand.
Von anderer Seite erfuhr ich dann hierauf, daf;
die deutscheu Atannschaften. die in grötzter Nieder-
geschlagenheit waren. als oie deutsche Flotte zu
ihrer schmählichen Uebergabe über die Nordsee
herangekrochen kam. äutzcrst übermütig geworden
sind. Sie scheinen zu glauben, datz sogleich nach
Unterzeichnung der Fricdensbedingungen die deut-
sche internierte Flotte Deutschland zurückgegebcu
werdeu wird. Wenn sie erfahren werdcn, datz
ganz sicherlich keme deutschen Kriqgsschifse von
donen. düe interittert waren. je wieder augelie-
fert werden. so wird die Enttäuschung fürchterlich
sein. Die britische Flotte mutz jetzt aufpas«
sen, datz ihre Entrüstung sich daivn nicht durch
irgend eine Beschädigung oder gar den Versuch
zum Versenien — womöglich durch Oeffuen der
Seitenklappen — eines der früheren grotzen
Schlachtschifse des Kaisers Ausdruck gibt."

Die bntisch,. Flotte hat schlecht aufgepatzt. Sie
hat aber vor allen Dingen nicht mit dem Helden-
tum der deutschen Seeleute gerechnet. die, von an-
derem Geist beseelt als die „Helden" der Revolu-
t'.on in Kiel. Deutschland die Schmach ersparen.
wollten, datz seine Flotte. die einst im Mai 1916
sich kühn nvit der englischen Weltflotte genvessen
hat. etn unrühmliches Ende finde. Wenn etwas
von Deutschland in diesen Tagen des Untergangs
in Ehren untergegangen ist. so ist es unsere Flotte
gewesen. die mit gehitzter schwarz-weitz-roter Flagge
unwiderbringlich in den Fluten des Ozeans ver-
sank.

Turnen,' Sport und Spiel

* V. f. B. Samstag. abenbs 8.80 Uhr. findet im
„Schwarzen Schtff" "ine S v i el e rzuf a m m e n-
kunft statt. Montag. abends 8^0 llhr. ist im
„?cassauer Hof" S v i e sau ss ch u tz s i tz u n g.

* F. C. Phönix-Neuennerm bringt nttt seiner
1. Elf am Sonntag auf de,n Neckavoorlairde seii»
letztes Verba n d ss v ie l hier zum Austrag.
VÄtoria 1912 Manmhoi'm ist dex Gegiver. Pbönix
gen dje I. Jug^ndclf vom Rase.nsvicler Manncheim.
gen die 1. Jvigenbokf vom Rascnchircler Neuenherm.
Phönix II, 'die sich ebenfalls zum Tecl in lsehr 6-u«
ter Fo.lm befindet, ivird im Voraus inrt der Ra»
seiisP!"ler-Elf ein auch sehr interesiantes Sviel Uv»
fern. Die HI- voni Pb'önix sviett um 2 Uhr vm> Ge-
scllsch'Vstsffprsl gegen III- Vcktoria.

" Schwimmverein „Nikar". Soni'-tag, 29. Juni.
uachni. 2 Ubr kommen im städt. Hallenbad hier
wcitere Eaunu.üstcvschaifts - W ass ei: b a l t w et ü
spiele sum Austraa. Es treffen sich dsr
S Hwim m - Vere in Mannhcim mit dsm S.
V. „N r k a r"-H ei 'delbera.

Gerichtszeitung

Hcidelberger Straskammer rrom 27. Iuui.

Im vergangeiien Friiihjabr entwowdcte die Dienst-
magd FMolino Böhler von Lörrach threr Disust«
herrin hier verjchiedeiis Sachen im Werte von
über 300 M. Einer iin gl.ichen Haus Wolmüde»
F:au untcrschlvg sie 13 Paar Strümpfe. die si"
einer Flükerin bringen sollte, Die schon »i briach
vc-vbcistrafte Angeklagte wurde zu 10 Monatcn Eo-
sängnis vecnrtvilt url-tcc Anrechnuna von bWochöi:
Untersuchungshast.

tel und die gsheime, dunkle, schleich nde und dabel
äutzevst gefährliche Tätigkeit 'der Spione stllbst bis-
h r noch fast koine „Literatur" gofu>niden hat. Uclbov
die Sp'.oivagogchetzgehunig sind allcrdings zachlrcia) ,
streiig juriftische laüdes- und völkerrechtliche Ab-
ban-dlung'n erschünen, über den Spion selbst urvd
sein gemeingefäihrliches Handwevk sast nichts. Hrer
st-tzt Fistheus Buch: „Spionage, Svione und Spvo-
nmnen" in anrcgendst r AÄlse ein.

Wis ivemg ist z. B. bekannt, datz zu den hervor-
ragendstm unld nötigsten Requistten eines gul-en
Svions ,n evstcr Linie die Kunst ver Entstellumz
und Bevwandlung der pcrsönlich-.n Evicheinung
mit möslichst gsringcn Mitt.lm gehört! Mit einsm
Ast>rt: Ein guter Spion mutz ein auter Schaujpicier
und Verwairdlunaskiiiistlcr sein, der vmstande ift,
feiii Aeristeres so verwcnrdeln zu tönnen. dab selbst
das jcharfe und gsübte Auge eincs Eeheimpoliziisten
ihn ir'icht erkennt. Tin guter Solon wlvd daihon
niemals eine Verkleidung wählcn. die i>hn irgei'd
wie blohstellen kann.

Im grotzen Publikum dürfte vii-dlich w'euig bs'
kannt se'rn, datz die Svi-one. w"nn sic banldenmätzig
arbeiten, w'rs Fischor in seinem intvresianten Buch
becichtet, ihre Nachclchten mitt ls Gaunerztnkcm,
wie sio die Verbrecher, die Laivdstl-eicher unld dbs
Wand rzi-geuner ähnlich hcnützen. woitergöben.
Will ein Spion einem anderc-w, mit dem ihn das
üleiche Zisl vorbindet, „cinen Zinken stccken". akso
ein's geheinie Botlchaft sukommcn lasien. so tut er
das, tndcnl cr ihm durch verabrcdete Zeichen, Ft-
gur-n andsutet. wo die Nachvicht selbst vevstcckt ist.
Das evrsicht er z. B. durch einsn Pfs'rl. etn Qu«-
drat mit cinor 8, das bedeutct: „Vier Schritte
von hi'r. in dcr Pfeilrichtulia, ltsgt sine Nachvicht
vorsteckt." Trifst der Spion ans "tnem
am Wcge stökcnden Bauin r. B. ein Stückchen
Riwde göschiritten und ein vaar au.feiiianderllcae>idc
Stom«, so saat lhm das. datz ec auf dsm richÜLeni

Wog vst. Ein Krcuz am Boden oder iw einein -
Sleine ciii.gekratzt. wauit ihn vor der i>l-m in dcr
Nähe drclhenden Gefahr. Ein Kreis, in doyi sich
ein Puivkt befindet, sagt: „Ich b.n nach Haüst
gegangen." Ein and res Kreuz X warnt. die)cn
Weg zil gühen, denn -er führe falsch und se'r g.:'
fährlrch ulsw.

Solche Listen stnd ^o alt wie die Spionag'. Im
Burei'kciege sand n d:e Englünd.r im Bü.o eine»
buren.sroundlichcn Stationsvoistshers cin Eignal-
buch, ^ vn dem sich folgender „Schlüssol" bofand:
'Schwellen für Brigaden. Svanten für Batterien,
Klötze sür Klanonc». Veibandstück für Bataillone.
Querbalken fllr Schwadronen, Bohleiv sür Kom-
pagni-en. Nach diesec Stichvrobe können wir Fi-
schsrs hüchst zeijgemätzes Buch „Spionag". Svlone
u-üd Sviontnnen" unseren Lesern angelegentl ch
smpfshlen.

Bekenntnisse des Generals von
Mausewitz 1812

Ich sage m'cch los: von dc'r lcichtsimrigen Hosst
nuwg einer Ercettung durch di" Hand des Zusalls;

von der dumpfen Erwardung dcr Zukunst. die ein
stumvfer Sttin nicht erkennen will:

von d"ri kiwdischen HofsMng, d"n Zorn cines Ty-
r-anusil durch froiwtllige Entwaffnung zu bcschwo-
rsn, durch niedrvgs Untertänigkeit und Schmeicheler
sein Bertvausn! zu g.wimien:

von der falschen Resignation eines untevdrückten
Eelstesoermögens:

von -d>em mwcrnstnftigen Mitztraucn i,v die uns
von Eott gegcbeiisn Krüfte:

uon, dav sündhaften Vergesienheit allex Pflichten
fiir das allgoinc'ine Deste:

von der schamloseir Aufopferimg aller Ehrc des
Staates und Volkes, aller pettö''.lick n und Men-
schonwürds.

Jch glauhe imd bekenue, dah "in Vc-lk nichis hö»
her su achten bat als die Würde mrd Frciheit seb»
n es Dasoins:

datz es diese m'rt dcm letzten Nlutstiovs",! verte^
drgen soll:

dab es keiiie heiligere Pflicht zu orfüllen, k-'inon»
höhorcn Ecsetze zu gehorchen hat^

datz d r Schandsleck einer feigen tliitovwerfimg >'-:-e
zu vevwischcn rst:

datz dieser Gifttropfen in d"m Blute elnes Vo.-
kes in die Nackikonunenschast übergeht. und -ovo
Kraft spät'rsv Ecischlechter läbmen iind un'tcrgvaben
wivd:

oatz nian die Ehre nur einmal verlreren kami:

dai; die Ekre des Königs und dor Reglerung eins
ist mit der Ehre d's Volkes mrd das einzige Pal-
ladruni serires Woliles: ^

datz sin Vol>k miter den mc.sten Vevhältnisieu
unüberwindlich ist in dein grotzmütigen Kampf um
scine Freiheit:

datz selbst der llntergang di'.scr Frciheit nach
eii'em bkutigcn uad ehrenvolleir Kampse bi? Wl -
derge-burt des Volkes sichert und d"r K<rn des
Lebens ist. aus dem eiiist ein neusr Vaum die sicherv
Murzel jchlägt.

Ich erkläre mid betenere dcr Melt u»d Nachwslt,
>da>; ich die falsche Klugbcit, die sich der E fabr enr-
zieben will. für das VerderblickKe ba-lte, wa«
Furcht uud Augst einflöistn köimen. datz ich die wi!--
deste Verzweiflung für wei ee balten wllrde, wcim
es uns du.chaus veisagt wäre. mit elnem mäimi
lichcn Mitc. d. b. nttt ruhig in, ab.r ststcm E,rb
schl '-c md klarem Bewutztsein dec Gcsabr zu bs
gegnen;

datz ich d'ic w.vruend"n BLgOb"nbv'lte,i alter m>d
nei'.er Zeit, dl^we'sen L<h:en ganzer Iastbmic'ert",
die edl m Beisui' l" becühinter Völker n cht in dem
Tamnel dor A"gst unserer Tage vcrgesi« ur.d d-S
 
Annotationen