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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 51 - Nr. 60 (1. März - 12. März)
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Aus dem „Arbeiter-Paradies"
zurückgelehrt und geheilt
ErlrbnW eines Schwer iichen Kommunisten
(Brief unseres schwedischen Mitarbeiters.)


Das Mater der 2« «so aus dm ReichSsvvrtsrlt.
Im Rühmen des Ausbans des Reichs-Sportfeldes in Berlin, des Schauplatzes der nächstjäh-
rigen Olympischen Spiele, wird eine riesige Freilichtbühne geschaffen, die den Namen des
Dichters der nationalsozialistischen Revolution, Dietrich Eckart, führen wind. Der Ban, der
der Geländegeftaltung aufs glücklichste angepaßt ist und einen weiten Blick in die schön«
Havellandschaft gestattet, ist schon so -weit gefördert, daß man die riesige Freilichtbühne in
ihren Grundrissen erkennen kann, Laepre/?-Sl/ckmstern-Orenst Zer-lk».


Die erste Eisenbahn Ludwig»«
Hafen a. d. H.
Die Reichsbahndirektion Lud-
wigshafen kann in diesem 2ah»
auf ein 80jähriges Bestehen zu-
rückblicken. 1847 wurde bekannt-
lich die Strecke —>
Neustadt a. d. H. in Betrieb ge-
nommen, von 1848 ab bis 1K7
entstanden die nächsten größere»
Linien. — Unser Bild zeigt bi»
erste pfälzische Lokomotive, die
noch im Jahre 1924 die Streck«
Ludwigshafen — München au»
eigener Kraft zurücklegte. Diese»
ehrwürdige Schaustück fand da-
mals im Deutschen Museum Auf-
stellung.
(Bild: Heimatdienst im Bild.)


Deutschland ausgehmrde zwischenstaatliche
Fernsprechnetz übergeleitet werden.
Bei dieser neuen Fernsprechverbindung
zwischen Europa und Japan überbrückt der
drahtlose Weg eine Entfernung von rund
9000 Kilometer. Der Betrieb wird in der

Kiruna, im Januar 1935.
Bar zwei Jahren reiste der schwedische Holz-
arbeiter Alfred Badlund, ein bekannter Kom-
munist aus der lappländischen Eisenerzgruben-
stadt Kiruna, von dort mit einem Freunde
nach Rußland, weil sie sich viel von „ihrem
Land" versprachen. Arm an Geld und noch
ärmer an Illusionen ist Badlund jetzt nach
Kiruna zurückgekehrt, während sein Freund auf
dem Wege nach dort ist. Die Kirunaer Zeitung
„Norrlandsfolket", die zwar nicht kommuni-
stisch, wohl aber syndikalistisch ist, hat es unter-
nommen, den Zurückgekehrten um seine Ein-
drücke Über das heutige Rußland zu befragen.
Sehen wir, was sie darüber schreibt:
„Das war am 3. April 1933, als wir im
Bezirk Viborg die Grenze zur Sowjetunion
überschritten", erzählt Badlund. „In unserem
Eifer hinüberzukommen, ließen wir uns keine
Zett, um das Paßvisum der Behörden abzu-
warten. Wir wurden deshalb unmittelbar da-
nach verhaftet und in das Leningrader Kreis-
gefängnis eingeliefert. Die Verhältnisse im Ge-
fängnis waren fürchterlich, und um die
Aufmerksamkeit der Behörden aus unser Vor-
handensein zu lenken, traten wir in den Hun-
gerstreik. Das glückte. Man verhörte uns und
gab uns nach fünf Monaten frei, das fall hei-
ßen, wir blieiben „freiwillig" verwiesen — das
'heißt wirklich so — nach einem Waldkollektiv
in Sibirien, 5000 Kilometer von Leningrad
entfernt.
Während der ganzen Reise sahen wir wo-
gende Kornfelder, und wir begannen unsere
vorher so schwer geprüften Hoffnungen aus
Sowjet zurückzuerhalten. Wir wurden zur
Walldarbeit einige Meilen vor Tara verwiesen,
und dort schlugen wir mit frischem Mut los.
Irgendwelche bestimmte Arbeitszeit war das
nicht, aber das Tempo schrieb 6,2 Kubikmeter
gehauenes Holz pro Tag vor. Dafür erhielten
wir 2 Rubel und 23 Kopeken. Unser Mut und
unsere Hoffnungen sanken wieder unter den
Nullpunkt. In Schweden sieht man ja 4 Kubik-
meter für ein gutes Tagewerk an, und dafür
bekommt man doch 8 Kronen. Für das Essen
'bezahlten wir 1 Rubel und 20 Kopeken. Aber
das reichte nicht zu, um sich satt zu essen!
Wir erhielten später in einer Möbelfabrik
Arbeit und verdienten 4 Rubel am Tag. Tas
sah schon anders aus. Aber nach achtmonatiger
Arbeit in der Fabrik hatte ich 900 Rubel ver-
dient und ausgegeben. Wir machten unter
anderm auch Kinderbetten für das städtische
Waisenhaus. Aber sie kamen nicht zur Anwen-
dung, weil man keinen Stoff für die Böden
'hatte'
Badlund erzählt auch eine kleine Historie
aus dem russischen Familienleben: „Mein
Kompagnon heiratete", erzählt er. „Das war
iimHandumdrehen geschehen, und erlebte vier-
zehn Tage m glücklicher Ehe. Da brannte
'ine Frau durch und nahm den Kuhmagen

nicht Übel; aber die Frau Harmonika ist ver-
stimmt."
„Wieso verstimmt? Fehlt der Schwägerin
etwas?"
„Fehlen tut ihr nichts. Im Gegenteil, sie
hat ein paar Sachen zuviel und meint, es wär
nicht mehr zu ertragen."
„Du sprichst wieder einmal in Rätseln. Red
deutlicher."
„Eine deutliche Red wird meistens lang, und
für einen langen Sermon sind meine Beine zu
kurz, da in der freien Weite zu stehen. Wir
wollen eine sitzende Gelegenheit aufsuchen."
„Du bleibst doch heute über Nacht bei uns?"
„Just deswegen hab ich die weite Reise ge-
macht von Neuraut herein, um bei dir über
Nacht zu bleiben."
Sie gingen miteinander, ohne noch viel zu
sprechen, ins Mesnerhaus hinab, das zwei-
hundert Schritte unterhalb der Kirche itan-d
und durch seine luftigen Söllerchen und die
grün umrahmten, blinkenden Fenster einen
sehr freundlichen Eindruck machte. Der Schirm-
macher wurde sowohl von der Mesnerin, der
Schwester seiner Frau, als auch von der Jung-
frau Petronilla ungemein herzlich bewillkommt.
Ehe er die Begrüßung in seiner breiten Art
erwidern konnte, hatten ihm die Frauen schon
den Ledersack und den roten Familienschirm
abgenommen, dann brachten sie schnell ein
leichtes Kamisöl und Filzpantoffel, entledigten
ihn der schweren Stiefel und des Schoßenrockes
und steckten ihn in die bequeme Hauskleidung.
Es dauerte auch gar nicht lange, bis ein vor-
zügliches Abendessen, das die zwei Frauen mit-
einander bereiteten, auf dem Tische stw.td.
Während des Mahles, dem Meister Wunibald
tapfer zusprach, machte dieser seine trockenen
'weitschweifigen Späße, die sich aber heute recht
gezwungen ausnahmen, so daß es den Mes-
nersleuten auffiel. Erst nach dem Essen, als
das Schirmmännlein etliche Glas Wein hinter
der Binde hatte, kam seine Rede glatter in
Fluß. Es erzählte von dem Aprilsturm, in den
«S geraten, und von 'den guten Geschäften, die

ten. Der Verlust der Hausfrau schmerzte den
Russen weniger, aber daß sie unseren Kuh-
magen gestohlen hatte, das war schwer zu ver-
gessen. Wir trafen am Abend einen anderen
Russen, der in der Möbelfabrik arbeitete, und
dieser war auch darüber bekümmert, daß seine
Frau durchgebrannt war. Sie hatte nämlich
die Fensterrahmen herausgenommen
und auf dem Markt verkauft. Zur gleichen Zeit
blieb auch ein Polizist Strohwitwer. Er be-
richtete bekümmert, daß auch seine Hausfrau
geräumt und alles mögliche mitgenommen
habe. Der Polizist untersuchte die Sache und
konstatierte, daß die drei Frauen unter einer
Decke gesteckt und zusammen ausgeräumt hat-
ten, aber er konnte nicht dahinter kommen,
wohin!"
„Ich und mein Kamerad beschlossen nun
gleichfalls zu flüchten und nahmen das Boot
nach Omsk"/ setzt Badlund fort. „Mein Kame-
rad blieb Mach unmittelbar verhaftet, und
das ist der Grund, daß wir nicht zusammen
heimkamen. Ich reiste nach Moskau weiter und
setzte mich mit der Schwedischen Gesandtschaft
'in Verbindung. Es erwies sich, daß uns die
Gesandtschaft schon lange suchte, aber die russi-
schen Behörden haben nicht „gewußt" wo wir
uns befanden. Ich gab Bescheid um den Auf-
enthaltsort meines Kameraden, und die Ge-
sandtschaft hat nun die Ausreisegenehmigung
für ihn erwirkt."
Badlund faßt seine Eindrücke von der Sow-
jet-Union folgendermaßen zusammen:
„. . . . wogende Getreidefelder, so weit das
Auge reichte, aber es war ein Rätsel, wo es
blieb. Wir hungerten und das Volk
hungerte. Die einzigen, die es einiger-
maßen erträglich hatten, waren di« Beamten."
Badlund erzählt zum Schluß von den bür-
gerlichen Rechten in Rußland. Es liegt ein
wenig Jroni« in seiner Stimme, als er lagt:
„Urteilen Sie selbst, von Taras 1 2 000 Ein-
wohnern haben 183 Bürger Stimmrecht!"
Das war der Bericht eines schwedischen
Kommunisten, der aus Rußland zurückgekehrt
ist und ohne Haß über seine Eindrücke und
Leiden in dem „Weltvaterland der Arbeiter"
erzählt, und man kann ihm nur beiftimmen.
„Urteilt selbst!"

Drahtlos über dOvü Kilometer!
Die neue Funkfernsprechoerbindung
nach Japan.
Auf der vorjährigen Berliner Funkschau
führte Reichsminister Dr. Goebbels ein
Funkferngespräch mit einem deutschen Mon-
teur in der Südsee. Die Verständigung über
mehr als 7000 Kilometer war so klar und
lautstark wie bei einfachen Stadtgesprächen.
Diese Leistung wird demnächst noch überboten
werden.
Zu den zahlreichen von Deutschland aus-

es hernach in Altenthurn gemacht, dann blin-
zelte es mit den Augen und sagte scheinbar
gleichgültig:
„Aber eigentlich bin ich heute nicht Geschäfte
halber auf meinen Siebenmeilenstiefeln ausge-
ritten, sondern weil mir das Herzklopfen da-
heim zu stark geworden."
„Wer hat dir ans Herz geklopft, Schwager?
Doch nicht meine Schwester? Hühaha", lachte
die Mesnersfrau, deren funkelnde Aeuglein
und stumpfes Näschen in dem roten, frischen
Poffterggsicht ein luftiges Temperament ver-
rieten; „aber weißt du was, Wunibald? Wenn
ich ein Mann bin und meine Frau klopft mir
ans Herz, dann klopf ich ihr auf den Rücken,
und das sehr inbrünstig. Hahaha."
„Mmmm — Veronika!" knurrte der Mes-
ner und strich unwillig seinen Prophetenbart.
Die Jungfrau Petronilla, die auf einem
Seitentischlein an einer feinen Stickerei arbei-
tete, hüpfte schier vor Lachen und konnte ihrer
Lustigkeit nicht Herr werden, mochte der Oheim
noch so grimmig knurren.
„Die Frau Veronika und meine Harmonika
sind zwei ungleiche Schwestern", tat oas
Schirmmännlein Pfiffig. „Mit einem feinen
Musikinstrument heißt es zart umgehen, sonst
springt der Blasbalg, und die Brocken flieger
dir ins Gesicht. Im übrigen ist es nicht die
teure Ehehälfte Monika, die mir Herzbeklem-
mung verursacht, sondern meine Schwester
Kreszenz, die Grünhäuslerin."
„Was ist mit deiner Schwester? Hat sich ihr
Zustand verschlimmert?" fragte der Mesner.
„Der Zustand nicht, aber die Persönlichkeit
hat sich verschlimmert, die an dem Zustand
hängt. Doch ist der Zustand immerhin so, daß
die Person jeden Tag sterben kann. Wenn es
nach der ärztlichen Voraussage des Baders in
Neuvaut und des Physikus in Landskron ginge,
müßte die Kreszenz längst schon zu den Vätern
öder richtiger zu den Müttern versammelt sein.
. . . Das Allerschlimmste ist, daß 'sie noch kein
Sakrament empfangen >hat."
(Fortsetzung folgt.)

gehenden Funkfernsprechverbindungen nach
Uebersee wird voraussichtlich am 12. März
eine weitere, nämlich zwischen Berlin und
Tokio hiuzukommen. Zur Durchführung des
Betriebes wird sowohl auf deutscher als auch
auf japanischer Seite mit räumlich weit von-
einander getrennten Sende- und Empfangs-
stellen gearbeitet. Von diesen früheren Kabel-
leitungen zu einer gemeinsamen Fernsprech-
h al bestelle, wo die Sprache auf das Fernsprech-
netz übergeleitet wird.
Deutschland sendet über die weltbekannte
Großfunkstelle der Deutschen Reichspost in
Nauen (50 Kilometer westlich von Berlin)
und empfängt über die erst vor einigenJahren
ebenfalls von der Deutschen Reichspost nach
neuzeitlichen technischen Gesichtspunkten er-
richtete Ueberseefunkenempsangsstelle in Bee-
litz (50 Kilomewr südlich von Berlin). Nauen
und Beelitz sind durch Kabelleitungen mit dem
Fernamt in Berlin verbunden, von wo die
Gespräche auf das gesamte deutsche und von



An Stelle der Punkte sind die Buchstaben:
a e e f i i n n r s s s t u
derart in obenstehende Figur einzutragen, daß
dieselben in Verbindung mit den vorhandenen
Wort teilen hintereinander gelesen einen Sinn-

Zeit von 8 bis 12 Uhr (MEZ.) abgewickelt..
Dies entspricht in Japan wegen des Zeitunter-
schiedes von etwa 8 Stunden der Zeit von
16 bis 20 Uhr. Die Gespräch« nach Usberse»
können jederzeit wie ein gewöhnliches Fern-
gespräch beim zuständigen Fernamt angemel-
det werden.
Während dieser Versuche werden unter d««
verschiedensten Betriebsbedingungen Ge-
spräche abgewickelt, die nicht nur von deutschen,
sondern auch von größeren europäischen Or-
ten mit guter Verständigung geführt worden
sind. Auf japanischer Seite wurden auch mit
den wichtigsten Plätzen über Tokio hinaus,
beispielsweise Yokohama, Kobe, Osaka, Kioto
usw. gute Sprechergebnisse erzielt.

Wer errät den Text?
Rätselläsungen aus der vorigen Nummer
Geographisches Rebus: 1. Weser, 2. Rheur,
3. Neiße, 4. Pregel. „Unsere Ehre heißt Treue."
Doppel-Silbenrätsel: 1. Selbstzucht, 2. Ver-
eidigung, 3. Schikane, 4. Wandbekleidung, 5.
Hünefcld, 6. Hiltigsnlei, 7. Referat, 8. Oboist,
9. Mehrzahl, 10. Wertzuwachssteuer, 11. Als-
feld, 12. Brecheisen, 13. Dennewitz, 14. Spring-
flut^ 15. Vondel, 16. Mittelstand, 17. Beileid.
Selbst eine kleine Hilfe i st mehr
wert als eine Flut von M nt l e i d.
Da hat doch einer dran gedreht.. 1. Sel¬
ber essen macht fett. 2. In der Kürze liegt bis
Würze. 3. Alle Menschen müssen sterben. 4.
Neue Besen kehren gut. 5. Schulder siud kein«
Hasen. 6. Hunger ist der Speisen Würze.
Des Mannes Liebe geht durch den Magers
8. Die Dummen werden nicht allr. 9. Jede«
Mensch hat seine Fehler. 10. Wo TaiAe«
fliegen Tauben zu.

mit, von dem wir uns eine Suppe kochen woll-




Vilderrätsel
 
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