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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 51 - Nr. 60 (1. März - 12. März)
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Gelte 4

Dienstag, den 12. MZrz 1935

Nr. W

Aus den Fastenhirtenbriefen unserer deutschen Bischöfe

II.
Die Fragen christlicher Erziehung, der
Elternaufgabe und der Schule nehmen auch
in weiteren Hirtenbriefen der deutschen Bi-
schöfe einen breiten Raum ein. Noch klingt
ja der machtvolle Aufruf des Herrn Kardi-
nals von München zur Wahrung des Rechtes
der christlichen Eltern und der Kirche auf die
Bekenntnisschule als des auch vom Konkor-
dat gewährleisteten Palladiums kirchlicher
Freiheit in unseren Ohren. Es ist selbstver-
ständlich. daß sämtliche deutschen Oberhirten
hinter diesen unabdingbaren Forderungen
des Müncheners Kardinals stehen. 2n be-
sonderen Ausführungen bespricht der
Mschss ven Osnabrück
an Hand des Rundschreibens des hl. Vaters
über die christliche Erziehung diese Fragen.
Mit Nachdruck betont er das Erzie-
hungsrecht der Familie, das an
erster Stelle Geltung heischt, nach seinem
Umfang und seinen Grenzen, gibt dann frei-
mütig und loyal dem Staate, was des Staa-
tes ist, und erläutert dann zuletzt die An-
sprüche der Kirche kraft des ihr von Gott,
dem höchsten Herrn aller Erziehung, ver-
liehenen, unveräußerlichen Rechtes. Nur in
der Erziehung kann eine Jugend gebildet
werden, die „körperlich und seelisch gesund
und stark, die charaktervoll und treu, die
fromm und heldisch ist, und die stets bereit
ist, Gott zu geben, was Gottes ist, und dem
Volk und Staat zu geben, was des Staates
und des Volkes ist."
Im zweiten Teile wendet sich der Osna-
brücker Oberbirt dann besonders an die Fa-
milie und erläutert eindringlich die Eltern-
verantwortung und die Elternpflichten. Er
fordert von den Eltern, daß sie ihre Aufgabe
erkennen und durchdringen, daß sie sich Klar-
heit verschaffen über das Erziehungsziel,
Menschen zu bilden, aus ihren Kindern, die
reif find für das Leben auf der Welt, aber
noch vordringlicher für das jenseitige Leben.
Daß sie die rechten Erziehungswege einschla-
gen in Wahrung ihrer gottgegebenen ge-
meinsamen Autorität, durch eigenes vorbild-
liches Leben, das Ehrfurcht, Liebe und Ver-
trauen schafft, durch Liebe und Freude, die
sie ihren Kindern darbieten. Er macht auf-
merksam auf die besondere Sorgfalt, mit der
sie die Reifezeit ihrer Kinder behüten und
leiten müssen, und spricht als Krönung von
der Erziehung zum religiösen Leben.
*
Aehnliche Gedanken entwickelt gleichfalls
im Anschluß an die päpstliche Enzyklika über
die Erziehung der Jugend der Hirtenbrief
des
AMojs vsn Limburg.
Auch er betont, daß das Elternrecht an
erster Stelle stehe und verbreitet sich über die

aus dem Elternrecht nach dem Willen des
Schöpfers hervorgehenden Elternpflichten.
Mit heiligem Ernst verweist er auf die
Schwierigkeiten der heutigen Zeit, auf die
Gefahren des Vielerlei in und außerhalb
der Schule, auf die Zurückdrängung der reli-
giösen Unterweisung und die vielfache Be-
hinderung und Gefährdung der Erfüllung
der religiösen Pflichten, auf die Gefahren
aus dem Kreise der Kameradschaft, die Ein-
flüsterungen gegen die Autorität der Eltern,
gegen die Kirche und den Glauben und seine
Gebote. Er betont, daß „gerade diese Schwie-
rigkeit überzeugen sollte von der Notwendig-
keit unserer kirchlichen Vereine, in denen
die Jugend angeleitet wird, die Eltern als
sichtbare Schutzengel zu ehren, zu lieben und
zu hören." Auch lobenswerte vaterländische
Bestrebungen, die heute mit Recht gepflegt
werden, wirkten mit der Religion in Ver-
bindung bleiben.
Ein äußerst „zeitgemäßes" Thema hat auch
der
Büches Matthias ven Würzburg
seinem Hirtenbriefe zugrunde gelegt. Er-
handelt von dem heute viel mißdeuteten und
mißbrauchten Begriff des „positiven
Christentums". Ausgehend von dem
Glaubensaufschwung im Segen des heiligen
Jubeljahres der Erlösung sieht er auch die
Gegenmächte am Werk und mahnt: Laßt euch
den Schatz des Christentums der Kirche nicht
rauben. Der neue Staat habe sich wohl „auf
den Boden des positiven Christentums" ge-
stellt" und den beiden Konfessionen seinen
Schutz zugesichert,, aber „im Gegensatz dazu
überschwemmen Wochen- und Monatsschrif-
ten. Bücher und Broschüren das Land, in
welchem das Christentum bekämpft und ab-
gelehnt wird. Die einen wollen es angeb-
lich von allem Orientalischen und Jüdischen
reinigen,' andere es durch eine arteigene
deutsche Religion ersetzen. Wieder andere
stoßen sich an Schuld und Sühne, an Kreuz
und Gnade in der Lehre des Christentums
— sie bezeichnen dies als negatives Christen-
tum — und anerkennen nur die heldenhaf-
ten Züge im Christentum und im Leben
Christi: das nennen sie positives Christen-
tum. Dabei wird Christus seiner Gottheit
entkleidet und die Kirche ihrer göttlichen
Sendung beraubt.
Demgegenüber hebt der Bischof von Würz-
burg die drei Grundgesetze positiven Chri-
stentums heraus, die da lauten: die uner-
schütterliche Treue zu Gott, den einen wah-
ren persönlichen Gott, die das unerschütter-
lerliche Vertrauen auf seine Vorsehung und
seine Offenbarung in sich schließt.
Die Forderung der Stunde für uns posi-
tive Christen ist katholische Tat und katho-

lischer Mut. Diesen brauchen wir für die
katholische Aktion und die katholischen Ein-
richtungen, katholische Jugend- und Standes-
vereine, katholische Elternschaft und katho-
lisches Vildungs- und Erziehungsideal. Wir
Katholiken Deutschlands dürfen uns nicht
von dem falschen Gedanken beirren lassen,
daß unsere Kirche anderwärts auch ohne
katholische Vereine und Schulen ihr Dasein
fristet. Gewiß, die Kirche hat auch die Kata-
kombenzeit und Katakombenluft überstanden.
Aber das war eine Notzeit der Kirche. Wollt
ihr für eure Kirche nur Notrecht oder Voll-
recht?" So schließt der Bischof mit der ern-
sten Bitte: Rührt und wehrt euch um das
Vollrecht eurer Mutter, der Kirche. Das erst
ist praktisches und positives
C hr i st e n t u m.
Die Hirtenbriefe der Erzdiözese Paderborn
und der Diözese Aachen nehmen das abqelau-
fene Jubeljahr der Erlösung zum Anlaß, den
Gläubigen gleichsam die Ernte dieses Jubel-
jahres im Ueberblick zu zeigen. Mit Dank
blickt
trr NKWsS von Mörrbern
auf die vielen Andachten, Wallfahrten,
Elaubenskundgebungen, Triduen und Mis-
sionen zurück, von denen der Segen des Ju-
belpaares sich über seinen Sprengel so reich
ergoß. Mit dem Dank für diese Gnaden
verbindet er die Mahnung, auch die der hei-
ligen Jubiläumszeit folgenden Jahre mög-
lichst fruchtbar zu gestalten, im Gedenken an
die Heilstaten Gottes, von denen ausgehen
soll „die wahre Wiedergeburt der Welt, des
christlichen Lebens und der christlichen Zivili-
sation." (Pius XI.) Er mahnt Frauen und
Männer, festzuhalten an dem im letzten
Jahre so oft wiederholten feierlichen Be-
kenntnis zu Christus. Mannes- und Frauen-
ehre dulden keinen Meineid und Verrat!
Jeder neue Tag legt uns neue Zeugenpflicht
auf für Christus, seine Lehre und seine Kir-
che, zumal angesichts der Anstrengungen des
Neuheidentums, das wir gerade auch als
treue Deutsche, die nach besten Kräften auch
die nationalen Güter sichern und fördern
wollen, bekämpfen müssen. Er mahnt, den
Gebetsmeinungen des hl. Vaters um Frei-
heit der Kirche auf dem ganzen Erdkreise,
Friede. Eintracht und wahres Glück unter
den Völkern, Fortschritt der Heidenmissionen
und Wiedervereinigung im Glauben, eifrig
nachzukommen.
Auch der
Büches ven Aachen
spricht von der Fülle des Segens, der im
Jubeljahr zu uns herabströmü Er mahnt
besonders, den noch verbleibenden Rest die-
ser Gnadenzeit durch Erfüllung der vorge-
schriebenen Werke sorgsam auszunutzen und

die übernatürlichen Früchte dauernd frucht-
bar zu machen. In diesem Zusammenhang
spricht er von dem eifrigen Besuch der hl.
Messe, von der Sonn- und Werktagsheili-
gung, von der Kreuzwegandacht und den An-
dachten zum leidenden Heiland mit ihren
vielen Ablässen, von der Andacht zur schmerz-
haften Mutter Maria, der Schutzpatronin der
Aachener Diözese, und läßt seine Mahnun-
gen ausklingen im Bekenntnis zum hl.
Kreuz, der Quelle unbesiegbarer Kraft und
dauernder Liebe, um das wir uns um so
inniger scharen müssen, je heftiger die Feinde
Christi gegen es anstürmen.
Von der immerwährenden unblutigen
Wiederholung des Kreuzesopfers Christi aus
Erden, dem hl. Meßopfer, spricht der
Bische! ven Münster
zu seinen Diözesanen. Er wird dazu bewo-
gen durch den traurigen Eindruck, daß eine
gewisse Gleichgültigkeit gegenüber der heili-
gen Pflicht, jeden Sonntag der hl. Messe bei-
zuwohnen, sich bei manchen offenbare, die
durch sonstige Veranstaltungen sich erfah-
rungsgemäß vom Besuch der Sonntagsmesse
abhalten. Allen Gleichgültigen will er wie-
der ins Gedächtnis zurückrufen, welche Stel-
lung die hl. Messe in unserm heiligen Glau-
ben hat, als erhabenster Gottesdienst, als
einzig reines und würdiges Opfer, als die
Kraftquelle darum auch des christlichen
Opferlebens.
Reich und vielgestaltig haben unsere Bi-
schöfe auch in diesem Jahre wieder in ihren
Fastenhirtenbriefen zum kath. Volk gespro-
chen. Aus ihren Kundgebungen klingt wieder
die Sorge um die Seelen in den Gefah-
ren det Zeit, die sie mit apostolischem Frei-
mut kennzeichnen. Das katholische Volk
Deutschlands wird die Stimme seiner Hirten
hören und ihr folgen.

Der älteste Pflug der Welt.
Museumsdirektor Professor Dr. Jacob Friesen
in Hannover übergab am Freitag abend den
älteten Flug der Welt, der aus der Zeit 3400 vor
Christi Geburt stammt, also über 5000 Jahre alt
ist, der Oeffentlichkeit. Er wurde vor einigen
Jahren im Kreise Aurich beim Torfstechen ge-
bunden und durch den Lehrer Kettler in Georgs-
seld geborgen. Er war vollständig in dem
„schwarzen Torf", dem älteren Bleichmoostorf,
eingebettet, der an dieser Stelle 90 Zentimeter
mächtig ist. Wegen der Einzigartigkeit des Fun-
des und wegen seiner großen Bedeutung für die
deutsche Vorgeschichte wurde er dem Landes-
museum in Hannover überwiesen, wo er jetzt in
einem großen Schaukasten aufgestellt wird.



kkomsn voa pslrcto
Lere^ttZt» lüebertrsßung su» ckcm 8x>kol»cben von Lsul» LsalmLQN
Cop^rtjzlrt K»rl Kübler L Lo., k«rltQ-2i«blevclort

Tür und nahm dem Hut ab, um sich die kühle

33) (Nachdruck verboten.)
„Und Sie selbst kannten ihn vorher nicht

nie der Gedanke an Verrat in meinem Her-
zen wirklich Wurzel gefaßt hat. Ich besitze
nicht annähernd die glänzenden Eigenschaften

näher?"
„Ja und nein. Wir sind aus Denia. Castell
war einmal einige Tage dort, und ich tanzte
mit ihm im Hause von Bekannten, einige
Monate bevor ich Emilio kennenlerute. An
jenem Abend machte er mir den Hof, sagte
mir «tausend Schmeicheleien und machte mir
beinahe eine Liebeserklärung. Ich sah es für
das an, was es war: den Zeitvertreib eines
Fremden, der sich nach Kräften bemüht, sich
nicht zu langweilen. Tatsächlich verließ er
auch bald darauf Denia und Spanien und
reiste saft zwei Jahre dauernd umher. Als
er wiederkam, stand ich kurz vor der Hoch-
zeit mit Emilio."
Sie schwieg eine Weile und sagte dann, mich
mit ihren großen Augen teilnahmsvoll an-
seihend: „Aber Sie sind zu gut, Ribot! Wir
sprechen nur von meinem Kummer, ohne an
«den zu denken, den Sie soeben erfahren
haben."
„Ach was! Ganz im Gegenteil! Ich muß
Gott danken, daß mir beizeiten die Augen
ausgegangen sind. Zudem hatte ich immer den
Verdacht, daß Jsabelita in Castell verliebt sei,
obwohl Emilio und Sabas das Gegenteil be-
haupteten. Und, offen gesagt, ich empfand auch
nicht gerade eine innige Liebe."
„Warum wollten Sie dann heiraten?"
„Weil. . weil ... ich weiß nicht, war-
um, das heißt, ich weiß es wohl, und Sie
wissen es auch; aber es gibt Dinge, die ich
nicht einmal mir selbst eingestehen mag."
Bei diesen Worten zuckte es in ihren Zü-
gen, und im Mondlicht sah ich wieder aus
ihrer Stirn die .gefürchteten Falben.
„Nein, Christina, nein!" sagte ich stürmisch.
„Bitte kränken Sie mich nicht mit solchen
Gedanken, wie ich sie jetzt aus Ihren Augen
lese! Ich habe schmerzlich, verzweifelt mit mir
selber gekämpft, ich habe «geschwankt und mit
schlimmen Gedanken gespielt und bin auch
unterlegen; aber ich bin wieder ausgestanden
und darf Ihnen mit Genugtuuna lägen, daß

Castells, um die er von vielen bewundert
wird; doch wenn ich sie auch besäße, so würde
ich sie dach nie anwenden, um einem Freund
den Dolch in den Rücken zu stoßen. Denn
hoher als die Freuden der Liebe, höher als
alle Genüsse der Welt steht mir die Ruhe
meines Gewissens."
Der warme, aufrichtige Ton, in dem ich dies
sagte, ließ sie ausblicken und mich ein wenig
erstaunt ansehen, Ihre Stirn glättete sich,
und ein liebes Lächeln erhellte ihre Züge.
„Ja, ich sehe schon, Sie ftud ein eigenarti-
ger Mensch, anders, als ich ursprünglich an-
nahm. Es ist besser so!"
Damit reichte sie mir die Hand, die ich ehr-
erbietig drückte.
In diesem Augenblick kam ein Schatten hin-
ter uns herauf, und gleich darauf stand je-
mand vor uns und sagte: „Guten Abend!"
Christina und ich erschraken heftig.
„Du hier, Emilio? Ich glaubte, du würdest
schlafen gegangen."
„Nein. Ich fühlte, daß ich doch noch nicht
schlafen könnte. Ich las erst eine Weile, aber
es war mir warm, und ich wollte einen Gang
durch den Garten machen. Da hörte ich Stim-
men und ging ihnen nach."
Obwohl er das in möglichst unbefangenem
Tone sagen wollte, fiel uns in seiner Haltung
und im Klang seiner Stimme etwas Seltsames
auf, das uns sehr beunruhigte.
„Es ist eine sehr schöne Nacht", fuhr er fort
uUd ging, die Hände in den Taschen, auf und
ab. „Der September gibt dem August nichts
nach, höchstens, baß er morgens früh etwas
frischer ist. Ich habe noch gar keine Lust, zu
Bett zu «gehen."
Ich antwortete mit einigen ebenso nichts-
sagenden Worten. Er schien es nicht zu hö-
ren. Er lief gedankenverloren weiter auf und
ab, blieb dann an «der Balkontüre stehen, den
Rücken uns zugewandt, und blickte regungs-
los durch d«ie Scheiben. Dann öffnete er die

Nachtluft ums Harrpt «wehen zu lassen.
Christina sah ihn unverwandt an, und aus
ihren Augen sprach angstvolle «Sorge. Sie
schien bestürzt. So vergingen in tiefem Schwei-
gen einige Minuten. Schließlich, wie «wenn sie
die Spannung nicht länger ertragen konnte,
stand sie mit einem Ruck auf, ging zu ihrem
Manne, legte ihm die Hand auf die Schul-
ter und sagte:
„Komm! Gehen wir nach Haus!"
„Wie du willst", entgegnete er trocken.
Wir verließen den Pavillon und gingen
durch die Akazienallee. Ich wollte mich zu
Marti «gesellen und ein Gespräch mit ihm be-
ginnen, doch merkte ich sofort, daß meine Ge-
sellschaft ihm unangenehm war; denn er ant-
wortete nur kühl und einsilbig. Ehe wir «das
Haus erreichten, bot er seiner Gattin den
Arm und ging so eilig mit ihr voran, daß
ich zurückblieb. Diese stumme Verachtung tat
mir sehr weh. Ich folgte ihnen traurig. Doch
diest Stimmtung wich bald einer dumpfen
Gereiztheit, als ich bedachte, wie ungerecht er
mich «behandelte. Ilnd mehr und mehr
drängte sich mir der Gedanke auf, mich offen
und klar mit ihm auszusprechen und ihn wis-
sen zu lassen, was vorging.
Wir kamen an die Haustür und blieben
unter dem Glasdach stehen. Durch die offe-
nen Fenster des Eßzimmers sah ich die Ge-
stalten Castells, Jsabelitas und Donna Am-
paros.
„Nun denn", sagte ich mit gespielter Gleich-
gültigkeilt, „Sie gehen zu Bett und ich zur
Stadt."
„Wollen Sie nicht warten, bis wir haben
anspannen lassen?" fragte Christina schüch-
tern.
„Ich möchte noch einen Spaziergang ma-
chen", erwiderte ich und wollte Emilio die
Hand geben.
„Nein", sagte er mit ungewohntem Ernst;
sich werbe dich bis zum Parktor begleiten; auch
ich möchte mir noch etwas Bewegung ma-
chen."
Ich reichte Christina die Hand, und sie
drückte sie mir zum ersten Male seltsam «hef-
tig und sah mich dabei flehend und angstvoll
an. Aufs tiefste bewegt, schloß ich die Äugen,
um ihr zu verstghen zu -geben, baß sie sich
auf gnich .verlassen könne

Wir trennten uns, Marti und ich schlugen
langsamen Schrittes den Weg zum Parktor
ein. Marti hielt den Hut in der Hand und
schwieg beharrlich. Ich erwartete, daß
er sprechen würde, ehe wir uns verabschiede-
ten, und nahm mir vor, das stumme Ver-
sprechen. das ich Christina gegeben habe, um
Men Preis zu halten. Und richtig, als wir
uns dem Ausgang näherten, blieb er stehen
und sagte, wobei er es vermied, mich anzu-
sehen:
„Wir verheirateten Männer, Ribot, Pfle-
gen in gewissen Dingen äußerst empfindlich
zu sein. Nicht nur «die Eifersucht, die so quä-
len kann, sondern auch die Furcht vor «der Lä-
cherlichkeit nötigt uns zuweilen, mißtrauisch
zu «sein, wenn wir auch von Natur aus ver-
trauensselig sind. Und die Freunde solcher
Menschen müssen eben alles vermeiden, was
ihre Empfindlichkeit verletzen könnte, und sich
in jeder Hinsicht sehr vorsichtig und feinfüh-
lend benehmen; so befestigt sich die Freund-
schaft durch dankbares Vertrauen."
„Du hast recht," erwiderte ich; „bis heute
war ich bemüht, diese Verpflichtung, die «wir
alle haben, nicht nur «den Freunden, sondern
allen unseren Mitmenschen gegenüber zu er-
füllen. Ein verhängnisvoller Zufall hat mich
vorhin in eine Lage «gebracht, die deine Eigen-
liebe, wenn auch nicht deine Ehre, verletzen
könnte. Du mußt jedoch wissen, «baß Chri-
stina ..."
„Lassen wi-r Christina aus dem Spiel!"
unterbrach er mich und sah mir fest in dis
Augen. „Jeden Abend vor dem Einschlafen
danke ich Gott, daß er sie mir gegeben hat,
und das wird Heute abend so sein, wie im-
mer!"
„Nun denn, so sprechen wir von mir. Ich
wiederhole, ein unglückseliger Zufall hat mich
in eine Lage gebracht, die geeignet ist, die
Empfindlichkeit zu verletzen, von der du eben
gesprochen hast. Es «tut mir von ganzem
Herzen leid, wen ich auch nicht schuldig bin
oder höchstens eine Unbesonnenheit begangen
habe. Jedoch sind «derlei Dinge so heikel, daß
eine noch jung Freundschaft die Nachwirkun-
gen solcher Unstimmigkeiten nicht erträgt.
Und da du, wie ich sehe, dich verletzt fühlst,
bin ich «entschlossen, fovtzugehcn und den Fuß
nicht mehr über deine Schwelle zu setzen."
(Fortsetzung folgt.)
 
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