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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 7.1893

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Schwarz, Rudolf: Ueber Aufnahmen lebensgrosser Porträts mit einfachen Mitteln bei Magnesiumlicht und bei Tageslicht
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https://doi.org/10.11588/diglit.47901#0048

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lieber Aufnahmen lebensgrosser Porträts etc.

Versuchen mit deit einfachsten Mitteln ermöglicht, ein
scharf ausgezeichnetes, richtig beleuchtetes, reich
modulirtes lebensgrosses Porträt mit solcher rea-
listischer Treue herzustellen, dass sogar die Structur
der Haut und die Härchen auf derselben deutlich er-
kannt werden können. Anderseits hat man es je
nach Wunsch und Geschmack durch weniger scharfe
Einstellung in der Macht, diese Details zu ver-
wischen und ein weicheres, jedoch bei weitem lebens-
wahreres Bild zu erzielen, als nach den bisher ge-
bräuchlichen Methoden. Der Retouclie bleibt bei meinen
Negativen wenig Spielraum zur Entfaltung; sie hat.sich nur
mit der Austilgung von Hautfehlern und mit der Milderung
von zu intensiven Faltenschatten zu befassen, weil beide auf
der lichtempfindlichen Platte stets markanter erscheinen, als
das Auge dieselben am Original wahrnimmt. Mehr zu thun.
um dem verdorbenen Geschmack des Publicums zu entsprechen
und dessen Eitelkeit zu schmeicheln, wäre jedoch vom üebel
und hiesse die photographische Leistung dort herabsetzen, wo
sie sich vom Alltagsniveau zu künstlerischer Höhe empor-
zuschwingen im Begriffe steht.
Als Objectiv bei meinen Aufnahmen dient mir entweder eine
einfache periscopische Convexlinse, ein einfaches Brillen-
glas von 40 bis 50 mm Durchmesser oder eine achro-
matische Landschaftslinse von 78 mm Durchmesser für
Platten von 60X70 cm. Beide besitzen bei einer Brenn-
weite von 70 bis 115 cm und einer Abblendung auf F/Q0 bis
jF/40 genügende Tiefe der Schärfe, um ein lebensgrosses Brust-
bild in allen Theilen scharf auszuzeichnen. Die Entfernung
der Camera vom Modell, sowie die Auszugslänge der ersteren
beträgt bei Aufnahmen in Originalgrösse bekanntlich etwa das
Doppelte der Brennweite, also ca. 140 bis 230 cm, eine Ent-
fernung, welche erfahrungsgemäss stets genügt hat, eine Ver-
zeichnung der Formen oder eine Uebertreibung der Perspective
zu vermeiden. Es ergibt sich dies von selbst aus folgenden
Betrachtungen: Der Maler malt ein Brustbild in Lebensgrösse
kaum in einem grösseren Abstand vom Modell als zwei Meter
und bedient sich hierbei zum Vergleiche der plastischen Wirkung
eines Auges, also eines seiner Objective, indem er das andere
schliesst. Ein lebensgrosses Porträt betrachtet der Beschauer
aus ähnlicher Entfernung und den lebensgrossen Eindruck
einer Person erhalten wir auch nur, wenn wir dieselbe aus
geringer Entfernung betrachten. Somit ist nicht einzusehen,
warum die entsprechend abgeblendete, also von der ihr inne-
 
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