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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 7.1893

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Wiedemann, Eilhard: Zur Geschichte der Lehre vom Sehen
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Zur Geschichte der Lehre vom Sehen.

Zur Geschichte der Lehre vom Sehen.
Von Dr. Eilhard Wiedemann, Universitätsprofessor in
Erlangen.1)
Zwei Hauptansichten waren es, die im Alterthum über den
Vorgang des Sehens bestanden: die eine, von Plato vertretene,
lässt von den Augen fühlfädenartige Strahlen ausgehen und
die gesehenen Gegenstände gleichsam von ihnen betasten die
andere, von D emocrit und Aristoteles verfochtene, dagegen
von den Gegenständen selbst die Lichtstrahlen aussenden,
welche dann die Augen treffen; eine vermittelnde Anschauung
lässt, wie Avicenna angibt, Sehstrahlen von dem Auge aus-
gehen, die sich mit der leuchtenden Luft vereinen, welche dann
als Werkzeug dient.
Bekanntlich siegte im Alterthum die erstere Ansicht.
Euklid und Ptolemäus nahmen sie an.
Die gewöhnliche bisherige Ansicht, wie wir sie in den
verschiedensten Geschichten der Physik vertreten finden, war.
dass Ibn al Halt am (Al Husen), gestorben 1038, der erste-
gewesen sei, der wieder die richtige Aristotelische Anschauung
sich zu eigen gemacht; in der That spricht und begründet
dieser arabische Gelehrte auch die Ansicht, dass das Sehen
durch Lichtstrahlen geschehe, auf das eingehendste. Indess
zeigt ein eingehenderes Studium, dass Ibn al Haitam Vor-
gänger und Zeitgenossen gehabt hat, die dieselbe theilten.
Es waren die arabischen Aerzte und Philosophen, die als Nach-
folger von Aristoteles und als Mediciner zu der richtigen An-
sicht geführt wurden.
Nach den Schriften der lauteren Brüder (Ichwän Al
Safä, sec. X n. Chr.) geht das Licht von den Körpern aus,
durchdringt die durchsichtigen Körper, nimmt ihre Farben auf
und führt diese den Augäpfeln zu, die dann mit deren Farben
gefärbt werden. Die andere Ansicht, dass von den Augen
Strahlen ausgehen, wird als thöricht verworfen.
Wenn es übrigens bequemer ist, so sprechen die Araber
auch noch von Sehstrahlen, so gerade Ibn al Haitam in
seiner Schrift über die Gestalt (die Configuration) der Welt,
die sich an Ptolemäus, wie er selbst sagt, auschliesst.
Ibn Roschd (Averroes, gestorben 1198) sagt übrigens
sehr passend in seinem Commentar zu der Meteorologie des
Aristoteles (lib. III, cap. II): Da der mit der Perspective

1) Eine vollständigere Behandlung des Gegenstandes findet sich in
Wiedemann' s Ann. 39, S. 470, 1890.
 
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