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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 7.1893

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Nachtrag zu den Original-Beiträgen
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Dechy, Moritz von: Künstlerische Streitfragen in der Photographie, 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.47901#0558

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546

Künstlerische Streitfragen in der Photographie

Künstlerische Streitfragen in der Photographie.
Von M. von Dechy.
(Dritter Bericht1).
Die vom Sturme aufgewühlte See hat sich beruhigt, die
Wogen haben sich gelegt, — wir bezweifeln, ob der Titel:
„künstlerische Streitfragen“, den wir für unsere Betrachtungen
in den letzten Jahrbüchern gewählt hatten, heute noch richtig
ist. — Nicht als ob das Interesse an der künstlerischen Seite
der Photographie abgenommen hätte oder gar erloschen sei,
aber der kriegerische Ton, dessen sich gewisse streitende
Parteien beflissen hatten, ist verhallt, die Unduldsamkeit gegen
Andersgläubige scheint grossen Theils geschwunden zu sein.
Den bescheidenen Aspirationen der Photographie, sieh als
Kunstgattung geltend zu machen, stellten sich vorerst jene
entgegen, welche derselben jedes Anrecht absprechen, sich
unter den schönen Künsten ein wenn auch noch so bescheidenes
Plätzchen zu erobern. Fast scheint es, dass mit diesen Wider-
sachern der Kampf der leichteste war. Schwieriger gestaltete
sich die Sache unter den Parteigängern der künstlerischen An-
sprüche der Photographie selbst. Auf verschiedenen Gebieten
menschlichen Schaffens und Könnens machen sich gewisse
Richtungen geltend, es gibt Anhänger und Verehrer der einen
oder der andern: es wird Schule gemacht. Es ergeben sich
streitige Fragen. In der Photographie hatte jedoch eine
gewisse Unduldsamkeit, ein Uebereifer Platz gegriffen. Fast
scheint es, dass sich nunmehr ruhigere Anschauungen Balin
gebrochen haben, und als Resultat zu verzeichnen ist, dass
eine immer wachsende Zahl photographischer Arbeiter unent-
wegt künstlerischen Idealen nachstreben, und sowohl in ihren
Werken als Erörterungen bestrebt sind, den Beweis zu er-
bringen, dass die Photographie auch künsterischen Ansprüchen
genügen kann.
Diese, fast möchte ich sagen versöhnlichere Auffassung
wurde am schönsten durch die Präsidialadresse eingeleitet, mit
welcher im Sommer 1891 Mr. G. Davison die Conventions-
versammlung der englischen Photographen zu Edinburgh eröff-
nete. Herr Davison ist einer der tüchtigsten Vorkämpfer in
Wort und Bild für die künstlerischen Ansprüche der Photo-
graphie, welche er zum Theil in der Unterdrückung der Schärfe
und in einer diffusen Behandlung zu erreichen glaubt, und

1) S. Ed er’s Jahrb. für 1891, pag. 132; für 1892 pag. 160.
 
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