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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 7.1893

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Nachtrag zu den Original-Beiträgen
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Dechy, Moritz von: Künstlerische Streitfragen in der Photographie, 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.47901#0559

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Künstlerische Streitfragen in der Photographie.

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seine Adresse gibt überhaupt einen guten Ueberblick über die
Errungenschaften des letzten Jahres auf photographischem
Gebiete.
Ein mächtiges Argument für die künstlerischen Rechte der
Photographie lieferte der Altmeister des photographischen
Bildes“, Mr. H. P. Robinson, mit seiner gleichfalls auf der
Convention zur Verlesung gelangten Arbeit über „Individualität
in der Photographie“. Es war dies einer der glücklichsten
Schachzüge gegen die eifersüchtigen Gegner photographischer
Kunst; in einem Erzeugnisse mechanischer Provenienz kann
nur durch geistige Thätigkeit sich accentuirende Individualität
nicht zur Geltung kommen. Im photographischen Bilde erscheint
die Individualität des Schöpfers dem Kennerauge oft scharf
ausgedrückt.
Interessant ist auch die auf der Convention gefallene
Aeusserung Davison’s bezüglich der Focusfrage: „Jedwedem
sei es anheimgestellt, so scharf als möglich oder gegenteilig
zu foeussiren, aber durchaus scharf kann keinem Bilde, welches
künstlerische Ansprüche erhebt, passen.“ Dieser Anschauung
gegenüber vertritt ein Leitartikel im British Journal of Photo-
graphy die Meinung, dass der öffentliche Geschmack noch
zwischen „definition“ und „differencirte“ oder gänzlich mangelnde
Schärfe zu entscheiden hat und heisst es weiter: „wir zögern
wenig, vorauszusagen, dass, wenn der allgemeine Vorzug sich
endgiltig zu Gunsten der ersteren — der Schärfe — entscheiden
würde, das Resultat, trotz des geringen und zeitweiligen Ein-
flusses fernstehender kritischer Impression, zu einer Zurück-
weisung der nicht scharfen Landschaft und anderer Gattungen
führen müsste, zu einer Position von künstlerischer Gering-
fügigkeit, wenn nicht Vernachlässigung.“
Dem Beobachter muss in der letzten Zeit die ausser-
gewöhnliche Thätigkeit aufgefallen sein, welche sich in Bezug
auf neue Methoden und Mittel, Material und Processe ent-
wickelte und welche alle hauptsächlich künstlerischen Zwecken
dienen sollen. Wir nennen nicht nur die kalten platinartigen
Töne, sondern im Gegensätze hierzu die Anwendung von Sepia
in den verschiedensten Abstufungen bis zu Roth, die Benutzung
von rauhen, körnigen Papieren. Orthochromatische Photo-
graphie zur Erzielung künstlerischer Zwecke scheint nicht sehr
in den Vordergrund zu treten. Dagegen wird der Land-
schaft, Himmel und Wolken erhöhte Bedeutung beigelegt und
mit verschiedenen Mitteln werden diese Effecte auch erzielt.
Wir glauben nicht, dass in Arbeiten mit der Lochcamera
etwas Bedeutendes geleistet wird, hingegen trachtet sich die
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