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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Ueber Innen-Dekoration im Allgemeinen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0019

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insbesondere der

Ecnevas

kür alle Hr^evgnijss von Hebranchr nnd AnMK-Oe-enkünde»
?»r KnKschmückung und Hinrichtung der Kohnränme

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Das „^achblatt für ^imen-Dekoration" ist
bei der deutschen Reichs-Post unter Nr.
2V22 der Post-Zeituugsliste eingetragen.

verbreitet in Deutschland, Vesterreich-Ungarn und der Schwei,.

V^" Vertrieb f. Bester.-Ungarn: SpiellMgeit ^ Schilvlch, Wien !, Annipfg 7.
Bezugspreis des Blattes s^jährl. ijst. fl. 2.—. Lrhälllich durch sede Luchtzandlmig.

kleinere Beträge sind stets vorausznbe-
zaisten. Einzelne Nnnnnein kosten -zo Pf-
Tclcgra nin-Adr.: vcrlagkoch, Varmstadt.

I. Jahrgang.

Warmstavt, 2§. Januar jSW.

Nnntmer 2.

R'achdruck unserer Original-Artikel ist nur mit unserer Erlaubnis; gestattet.

Lieber Inttett-Meboratlon im Allgemeinen.

It0U86 18 m.y 6it8bl6^, sagt der stolze Sohn Albious, der
Engländer: „Mein Haus ist mein Schloß", — so sollte es auch bei uns
heißen. Nach des Tages Plag' und Müh' soll nicht Zerstreuung uns erfreuen,
sondern unser Heim uns N u h e und E r h o l u n g bieten. Ein traulich
stilles Heim wirkt wohlthütig auf das Gemüth, die Seele, und ein
Fluch des aufreibenden, nerveuerregendeu Fortschrittes ist -— die moderne
Wohnung. Denn modern im wirklichen Sinne des Wortes ist nur das,
was bizarr, verzerrt, gekünstelt ist, und in der Sucht nach Effekthascherei
vergessen wir ganz, daß unsere Vorfahren, unsere Altvorderen, wir
selbst, ja auch unsere Kinder stets dem Einfachen, Natürlichen ungetheilte
Bewunderung zollten. Was ist im Laufe der Zeit aus unserer Wohnung
geworden, was aus den Gemächern der Reichen, aus den Hütten der
Armen ? Erstere ist ein Museum zusammengewürfelter Zierraten aller
Arten, Gattungen und Zeitalter, letztere ein Wirrwarr der Unordnung,
des nicht zusammen Passenden. Die Kultur hat eben Alles beleckt
und das Bett, auf dem wir ruhen, den Tisch, auf dem wir unsere
tägliche Nahrung zu uns nehmen, den Sorgenstuhl, in welchem wir mit
dem Weltall durch die Zeitung in Verbindung traten, umgeformt; unser
Geschmack gerietst auf Verirrungen, die von unberechenbaren Folgen
sind, und wenn wir erschreckt das Geschehene feststellen, fragen wir
uns ängstlich: „Wer trägt die Schuld daran?"

Wie wir uns auch immer drehen und wenden mögen, so lautet
die Antwort auf obige doch stets, daß jene Gewerbetreibende hieran
Schuld sind, die an der Jnnen-Dekoration der Wohnung betheiligt sind.

Das Wort „Dekoration" bedeutet die Ausschmückung, doch vergessen
wir nicht, daß auch das, was nicht zun: Schmucke, sondern zum Noth-
wendigsten, zur Einrichtung einer Wohnung gehört, in erster Reihe berufen
ist, eine hübsche Ausschmückung zu bilden. Der Fehler, in den die mo-
derne Wohnungseinrichtung verfallen ist, nahm eben darin seinen !
Ursprung, daß wir nicht mehr zufrieden waren, unsere Wohnung nur !
einzurichten, wir mußten dieselbe verzieren. Der Dekoratör wurde zur
Wohnungseinrichtung beigezogeu und später, fiel ihm der Hauptautheil zu.

Das tonnte der Gewerbsmann, der die Einrichtungsgegenstände lieferte,
auf die Tauer nicht ertragen; er verzierte, vermengte seine Erzeugnisse
mit Zierrat, damit nicht nur die Dekoratio.ii, sondern auch das Mobilar
in die Augen falle, und im Wettkampf des Fortschrittes sind wir heute
dahin gelangt, daß Zierrat, schreiende Disharmonie, und Unschönes —
als modern gilt.

Allerdings muß der Gewerbsmann, der mit seiner Zeit gleichen
Schritt halten will, öen an ihn gestellten Anforderungen gerecht werden;
er darf nicht untersuchen, ob das von ihm Geforderte, Verlangte nicht
zum Nachtheile des Gesammteiudruckes werden wird, ihm obliegt, den Auf-
trag nach bestem Wissen und Können zn vollsühreu, er setzt seinen ganzen
Stolz darein, mit seinen BerufSgeuossen zu wetteifern und sein Handwerk
künstlerisch zu betreiben, seine Kunst dem Wunsche des Auftraggebers
anzupasseu und zu unterjochen.

Und doch war es in der Hand des Gewerbetreibenden gelegen,
sein Gewerbe ungehindert auözuüberr, in demselben Fortschritte
dasselbe bis zu einer gewissen Kunstfertigkeit, bis zur Künstlerschaft zu
vervollkommnen und dabei dem Begriffe des allgemein Schönen, dem
ästhetischen Gefühle, der Harmonie des Ganze» treu zu bleiben. Wenn
der Gewerbsmann in seinem Fache eine wirkliche Tüchtigkeit besitzt,
wenn er sein Gewerbe derart inue hat, daß er ans alle Wünsche seiner
Kunden mit stolzem Bewußtsein der künstlerischen Ausführung eingehen
kann, so wird er, oft ohne es zu wollen, über den Besteller, der doch
in den meisten Fällen ein Laie ist, eine derartige Macht gewinnen,
daß es nur von seinem eigenen Ermessen abhängen wird, nach welcher
Richtung hin er die Anforderungen des Bestellers ausbreiten, nach welcher
Seite hin er dieselben umschränken soll. Wenn aber bei dem Gewerbs-
mann dieselben Beweggründe vorherrschen, die den Besteller veranlassen,
zum Außergewöhnlichen zu greifen, dann wird er mitgerissen von ver
Sucht: „A nderen über zu sei n". Nur dieser Wunsch beseelt den,
der Außergewöhnliches bestellt, aber auch den, der dieses ausführt.

Das heißt: Es wäre die krasseste Rückwirkung bei dem Gewöhnlichen
und dem althergebrachten Leisten bleiben zu wollen. Der Gewerbe-
treibende, der in seinen! Handwerke nicht nach-dein Fortschritte trachtet,
nicht dem Zeitgeiste Rechnung trägt, sinkt zum mechanische» Handlanger,
 
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