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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Preis-Ausschreiben für den Entwurf eines Heft-Umschlages, [1]
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Böttcher, F.: Der Erker
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Nützliche Winke
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0157

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Seite 134.

„Fachblatt für Innen-Dekoration".

Nr. 16.

10. Oktober in verkleinertem Maaßstabe (etwa 10 x 16 ew) im „Fach-
blatt für Jnnen-Dekoration" ohne vorherige Namensnennung zur Abbil-
dung gebracht und sollen alsdann die Leser über die definitive Wahl
der schönsten Zeichnung selbst entscheiden. Falls keine genügende Be-
theiligung an der Abstimmung seitens der Leser stattfinden sollte, trifft
sodann die gewählte Kommission die endgültige Entscheidung.

Zu weiteren Auskünften ist der Unterzeichnete Verlag gerne bereit.
Darmstadt, 25. August 1890.

Zer Zerlag des «FaMatt für Jnnen-Dekoration"

ZltrH ^71 eil 2N.LM St il

ex Mvkex.

Von F. Böttcher.

jIer Erker ist eine uralte und nach G. Hirth orientalische Erfindung und von
^ den germanischen Völkern in allen
nur möglichen Formen kultivirt worden.

Hie Abbildungen alter Burgen, sowie noch
vorhandene Rittersitze und alte Bürger-
häuser beweisen dies zur Genüge, und
werden auch jetzt wieder Erker vielfach und
in verschiedener Weise angewendet, seit
man angefangen hat, die Wohnungen
zweckmäßiger und schöner zu gestalten.

Der Erker war rm deutschen Wohn-
zimmer nicht nur ein freundlicher Licht-
spender, sondern auch der Lieblingssitz der
Insassen, von wo aus der Blick in die
sonnige oder stürmische Landschaft hinaus-
schweifte oder dem Getriebe auf der Straße
folgte, der Lieblingsplatz der fleißigen
Frauen, der spielenden und neugierigen
Kinder, sowie auch der zechlustigen Männer.

Schon im Mittelalter ward der Erker
auch der Erbe des altgermanischen er-
höhten Ehrensitzes des Hausherrn; noch
heute lassen wir gerne eine oder zwei
Stufen zu ihm hinaufführen. Der echte
Erker will freilich, wie die Söller der
Burgen und die Chörlein der Patrizier-
häuser auch von Außen gesehen sein! —

Die Vorliebe für den Platz am Fenster
hat aber nicht nur zu erkcrartigen Ver-
tiefungen der Täfelung, sondern auch zu
künstlichen Abschlüssen im Zimmer selbst
geführt, und so baut man gern nach dem
Vorbild der Alten Erker oder Erkerstübchen,
setzt dieselben mit dem Speise- oder auch
dem Wohnzimmer in Verbindung, welch'
letzteres jedoch von demselben wieder durch
eine Ballustrade getrennt ist, gewöhnlich
etwas höher angelegt und demzufolge mit
einigen Stufen versehen wird. Ein meist
freistehendes Tischchen und zwei mit Kissen
belegte Bänke machen das Mobiliar eines
solchen Erkers aus. Während die Wände
mit Holzvertäfelung bekleidet und bald ein-
fach, bald reich gehalten sind, auf dessen
weit vorstehendem Hauptgefims Trink- und
Ziergesäße von Thon, Zinn, Porzellan und
Glas ausgestellt werden können. Von der
gleichfalls in Holz ausgeführtcn Decke hängt
ein Leuchterweibchen, ein mchrarmiger
großer Leuchter von blankem Kupfer oder
Messing, mattem Zinn oder ein solcher
aus Hirschgeweihen gebildeter oder auch eine Glasampel herab.

In unseren modernen Miethskasernen wird sich selten ein derartiger Erker
oder ein Erkcrstübchen angebaut vorfinden, und so ist der Miether gezwungen, wenn
er ein Freund eines derartigen kleinen lauschigen Plätzchens ist, sich selbst einen
solchen zu schaffen, wozu ihm allerdings ein geschickter Tischler, Holzbildhauer und
Tapezirer wohl behilflich sein muß. A. Pössenbacher (München) löste diese Aufgabe
häufig in der Weise zur vollsten Zufriedenheit des Bestellers, indem er zwei ent-
sprechend hohe und tiefe Bücherschränke an die Fensterwände stellte, wodurch diese
letzteren vertieft wurden und hierdurch ein Erkerstübchen entstand, das alsdann
in der beschriebenen Weise ausgestattet wurde.

Bei der Einrichtung eines derartigen Schmollwinkels, lauschigen Plätzchens,
Trinkstübchens, oder wie man sonst so ein Erkerstübchen nennen will, kann Tischler-
arbeit, sowie auch Dreherei und Schnitzerei, Tapezirer- und Schlosserarbeit so recht
zur Geltung kommen, sei cs an der Wandbekleidung, an dem Plafond, der Ballu-

Abbildung Nr. 75. Vfenfchivm.

Ausführung gedacht in Nußbaumholz, mit getriebenem und bemaltem Ledereinsatz.
Entworfen und gezeichnet

von Georg Zimmer, Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Kassel.

strade, dem Tisch, den Stühlen oder Bänken, nicht nur weil die Arbeit an und für
sich eine gute sein muß und vom vollen Tageslicht beschienen wird, sondern nament-
lich auch an der geschickten und geschmackvollen Anordnung des Ganzen, wie auch
des Einzelnen.

Wie anheimelnd solche Plätzchen sind, konnte man auf den Ausstellungen,
wie solche in den letzten Jahren mehrfach in München, Nürnberg, Düsseldorf, Leipzig,
Berlin, Breslau, Hamburg usw. stattfanden, zur Genüge sehen. Dieselben wurden
auch vielfach bewundert sowie mehrfach bestellt, und trugen derartige Ausstellungen
wesentlich zur Förderung der Möbelindustrie, speziell zur Förderung und Verbreitung
der Erker, mit bei. Vor Allem sind es auch die bemalten Fenster, welche zum Ge-
lingen des Ganzen und zur Stimmung ganz wesentlich mit beitragen und den Be-
schauer fesseln. Wie angenehm ist aber auch ein solches mit gemalten Scheiben ver-
sehenes Zimmerchen und wie herrlich läßt es sich in einem solchen sitzen, plaudern
und trinken, und bieten die Museen in Salzburg, Nürnberg und München, die
Schlösser Albrechtsburg in Meißen, Tratzberg in Tirol (vergleiche Beilage), Traus-
nitz bei Rothenburg a. d. T., sowie die Firmen Pössenbacher in München, Eysser in
Nürnberg re. treffliche Beispiele. Für den bunten Schmuck der Fenster kann es keinen
traulicheren Raum, wo die Ruhe und Einsamkeit wohnt, geben, als solch ein kleines
Stübchen und von welchem Jlg so treffend sagt: „Dem andächtigen Beter der Vor-
zeit sollte das farbendunkle Glasgemälde
in der Kirche eine schön geschmückte Scheide-
wand sein zwischen dem Treiben, dem grellen
Licht, dem lauten Tag da draußen und
seinem beruhigten und gequälten Gemüthe
hier innen, das im Bedürfniß der Ein-
samkeit und der Sammlung dem Drange
seiner Stimmung sich hingeben will."
Wir fragen nun nicht weiter, auf welche
Weise, aber sie überkommen auch uns,
diese Stimmungen, diese Sehnsucht oder
diese behagliche Freude am Alleinsein, und
sicher, wie in eine holde Traumwelt
würden wir in das stille Stübchen treten,
dessen gemalte Scheiben dann ebenso will-
kommen uns, wie auch dem frommen Beter
die Außenwelt, das störende Licht abhal-
ten und die Gedanken in ihrem bunten
Farbenkäfige festhalten. Wie wundersam
gestalten sich da nicht die Umrisse aller
Möbel, wie zittern die bunten Farben und
Flämmchen um die glänzenden Metall-
gefäße, Gläser und Becher? Die schief
einfallenden Stränge der Sonnenstrahlen,
bei deren Anblick die Alten die Vorstellung
gefaßt haben, daß auf einem solchen
Lichte der heilige Geist über der Jungfrau
schwebte, stiegen auch in unser Gemach
in purpurnen und azurnen Scheinen, und
auch über unserm Gemache senkte sich dann
ein heiliger Geist des Friedens und der
weltvergessenen Ruhe. Wie Shakespeare
es vom Weine gesagt hat, es sei gut, sich
einmal davon begeistern zu lassen, so soll
es auch von Träumen gelten, da unser
heutiges Leben ja ohnehin so rauh und
rasch genug verscheucht; es ist derselbe ur-
eingeborene Impuls des Menschenherzens,
der zuweilen auch uns und allzu häufig
allerdings die Vorfahren trieb, heimzu-
kehren mit allen Gedanken in den stillen
Winkel des Gemüthes.

Und darum ein Wort für diese alte
und doch so schöne und mit Unrecht fast
ganz vergessene Zierde des Hauses, den
gemalten Fenstern, sowie auch dem an-
heimelnden, lauschigen und traulichen „Erker
und Erkerstübchen"!

Nützliche Winke.

Hausschwamm. Obwohl das Carbolineum ein ganz gutes Mittel gegen den
Hausschwamm ist, so erreicht man den Zweck doch mit Petroleum noch billiger. Wem
es um eine braune Farbe des Anstrichs zu thun, setze etwas Steinkohlen- oder
schwedischen Holztheer dazu. Wer jedoch Wohnzimmer davon befreien und ein ganz
geruchloses erprobtes sicheres Mittel anwenden will, der nehme Chlorzink; da dasselbe
nicht überall zu haben, so kann man sich dasselbe schnell selbst anfertigen. 100
kryst» Zinkvitriol werden mit 250—300 Wasser gelöst und zugesetzt: 50 Kochsalz,
man erwärmt etwas, und stellt dann alles kalt. Am anderen Tag, zumal wenn
man das Gefäß in den Keller stellt, ist der größte Theil des gebildeten schwefel-
sauren Natrons auskrystallisirt. Man gießt von demselben die Chlorzinklauge ab,
und erhält eine Lauge, die annähernd 16 Prozent Chlorzink enthält, mit etwas
Kasseler Braun kann man auch diese beliebig färben, wen es nicht genirt, kann circa
5 Prozent Phenolsäure zusetzen. (Mälerzeitung.)
 
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