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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 12.1932

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Heft 1 (Januar 1932)
DOI Artikel:
Bornmann, Frida: Porzellanmalerei, eine neue Kinderkunst, eine alte Volkskunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.28170#0019

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Porzellanmalerei
13-15 jähriger Mäd-
chen einer Miliel-
scluile in Cassel
(Zeichenlehrerin
Pritlii Bornniann,
Cassel,
Luisenschule)


FRIDA BORN MANN-CASSEL:
Porzellanmalerei, eine neue Kinderkunst, eine alte Volkskunst

Volkskunst" — haben wir Deutschen heutzutage
eine solche? Nein, wir sind auch darin verarmtl Je-
der Museumsbesuch dagegen zeigt unsausvergangenen
Zeiten reiche Schätze ehemaliger Volkskunst, Abtei-
lung: Fayence- und Porzellanmalerei. Das sind Fund-
gruben von gutem Geschmack und reichem Können!
Sogar die Bauern bemalten mit Kunst und Geschick in
den Wintermonaten ihre Schüsseln und Teller.
Nun zieht man so gerne Parallelen zwischen Volks-
kunst und dem Kunstvermögen im Kinde. Lassen wir,
von hoher Warte aus betrachtet, das Wort „Kunst"
fort und reden wir von dem „Können" und der vor-
handenen, impulsiven, hervorquellenden Form- und
Verzierungsgabe im Volk und bei den Kindern.
Sie ist da, sie muß nur geweckt und auf die rich-
tige Art gefördert werden. Das ist nicht so schwerl
Das Arbeitsmaterial muß dazu einfach im Umfange und
billig sein. Eine Volkskunst muß nützliche Gebrauchs-
gegenstände für das tägliche Leben hervorbringen,
die ihren Besitzern, Mann wie Frau, täglich Freude
machen und immer aufs neue ihren Schönheitssinn
anregen.
Keine andere Kunst und Technik eignet sich, wie
mir scheint, so gut dazu wie die Porzellanmalerei. Es
wäre damit endlich auch eine wirkliche Handarbeit
für Knaben gefunden, die ihnen im späteren Leben
über so manche öde oder Krankheitszeit wohltätig
hinweghelfen könnte.
Das Gebiet, auf dem die Porzellanmalerei Anwen-
dung finden kann, ist erfreulicherweise groß. Neben
den vielen Teilen eines Services nenne ich Vasen,
Aschenbecher, Schalen, Dosen, Tafelaufsätze, Ehren-
preise mit persönlicher Widmung usw. und, eine zweite,
große Rubrik: Wandteller! — Wandteller mit ornamen-
talem Schmuck, mit humorvollen und ernsten Sprü-
chen, mit Tier- und Landschaftsmotiven. Wie kann bei
all diesen Aufgaben die Phantasie so recht schwel-
gen! Sah ich da einmal auf einer Jagdausstellung in
München ein altes Jagdservice, nur in Deiflerblau ge-

malt. Welche Fülle der verschiedensten Jagdtiere
waren anmutig, auch drollig (je eines in ganz schlich-
ter Pinseltechnik) auf den Tellern gemalt! Hier sprang
ein Hirsch vorbei, dort versteckte sich ein Hase, immer
andere Bilder, nie langweilig! Auf den großen Mänteln
von Blumenvasen sah man trompetenschmettemde
Vorreiter des Hubertuszuges. Unerschöpflich waren
die Ideen, man konnte sich nicht satt sehen,
Das Arbeitsfeld, das sich jeder Schüler selbst aus-
bauen und erweitern kann, ist somit gegeben und die
Technik ist nicht schwer zu erlernen, im Vergleich zu
guter Buchbinder-Arbeit ist sie leicht und einfach. Sie
wächst überhaupt aus dem Zeichenunterricht heraus,
indem sie Zeichnenkönnen und Handgeschicklichkeit
fordert, also daß man Kinder mit Note 2 sofort an das
Porzellanmalen setzen kann, denn ich gebe hier Re-
zepte weiter, die ich durch lange Versuche festgelegt
habe.
Mit dem Porzellanmalen in der Schule bei 13- bis
15jährigen Schülerinnen einer Mittelschule habe ich
meine besten Erfahrungen gemacht. Mit großer Lust
gehen sie an die Sache heran, um sie nach Verlassen
der Schule selbständig weiter zu betreiben. Ich lasse
im allgemeinen nur in einer Farbe arbeiten, in Delf-
terbiau Nr. 56, was auch vollkommen genügt. Haben
die Schüler darin Fortschritte gemacht, so verstehen
sie es von selbst, eine gelbe Ockerfarbe (Nr. 45) mit-
zuverwenden.
Die Bilder zeigen ganz selbständige Arbeiten meiner
Schülerinnen. Bei der ersten Aufgabe muß alle Auf-
merksamkeit dem Erlernen der Technik gewidmet
sein, darum werden die Muster zunächst kopiert, und
zwar auf das Zeichenbiatt in Tellergröße und mit
Aquarellblau in Pinseltechnik hingesetzt. Ein regel-
mäßiges Muster vom Mittelpunkt aus wird mit gefal-
tetem Pauspapier schneller hergestellt, dazu Blei
Nr. 1. — Diese Bleiseite legt man zum Abpausen auf
das Porzellan und fährt die Linien mit hartem Strich
nach. — Ist ein Museum am Ort, so laßt man dort

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